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von externer Seite: Umgang mit Amphibienkrankheiten (pdf)

Description: HINTERGRUND | AMPHIBIENKRANKHEITEN Handlungsempfehlungen des BFA (Bun- desfachausschusses) Feldherpetolo- gie/Ichthyofaunistik zur Freilandarbeit in und an aquatischen Lebensräumen Hygienemaßnahmen zur Vermeidung unbeabsichtigter Verbrei- tung von Pathogenen bei der Amphibienkartierung und prakti- schen Amphibienschutzmaßnahmen Zu den zahlreichen Gefährdungsfaktoren für Amphibien gehören auch Pathogene, also Erreger von Amphibienkrankheiten, die entweder in heimischen Amphibienbeständen neu auftreten oder aufgrund veränderter Umweltbedingungen stärkere Auswirkungen auf Populationsebene verursachen. Diese Handlungsempfeh- lungen richten sich an alle in der Freilandarbeit in und an Gewässern tätigen Perso- nen, aber in erster Linie an NABU-Gruppen, ehrenamtliche Amphibienschützer und den beruflich mit Amphibienschutz befassten Biologen. Der Bundesfachausschuss möchte mit diesen Handlungsempfehlungen über die aktuelle Situation der derzeit auftretenden Pathogene informieren und Empfehlungen aussprechen, die einen adä- quaten Umgang mit dieser Problematik bei der Freilandarbeit gewährleisten sollen. 1. Pathogene – eine „neue“ Gefahr? Infektionskrankheiten sind Bestandteil natürlicher Interaktion zwischen Organismen. Zu den Erregern (Pathogenen) gehören Viren, Bakterien und andere Einzeller sowie Pilze und Flechten. Diese haben sich häufig im Laufe einer kontinuierlichen Koevolution mit ihren Wirten entwickelt und sind auch Motoren der Evolution. Allerdings hat der Mensch heute die Umwelt auf vielfältige Weise so verändert, dass Krankheitserreger zu einem Gefährdungsfaktor geworden sind; etwa durch den weltweiten Tierhandel, durch den auch eine Verbreitung von Pathogenen gefördert wird, den Klimawandel, der die Bedin- gungen für die Ausbreitung von Pathogenen begünstigt oder die Bedingungen von Am- phibienpopulationen negativ beeinflusst, oder eine Vielzahl von Stressoren (z.B. Agro- chemikalien), welche die Fähigkeit von Amphibien schwächen, mit Pathogenen „fertig zu werden“. Heute ist klar, Pathogene gehören zu den wichtigsten Faktoren des weltweiten Amphibiensterbens. Auch wenn die Forschung insbesondere in den letzten zwei Jahr- zehnten zu enormen Zuwächsen an Kenntnis über Amphibienkrankheiten geführt hat, so wissen wir heute noch immer vergleichsweise wenig über die Auswirkungen vieler Kontakt NABU Bundesfachausschuss Feldherpetologie/ Ichthyofaunistik Sascha Schleich BFA-Sprecher Dr. Holger Buschmann Stellvertretender BFA-Sprecher Tom Kirschey Stellvertretender BFA-Sprecher Dr. Helmut Winkler Stellvertretender BFA-Sprecher NABU Bundesgeschäftsstelle Charitéstraße 3 10117 Berlin Sascha.Schleich@Amphibienschutz.de Holger.Buschmann@NABU- Niedersachsen.de Tom.Kirschey@NABU.de Helmut.Winkler@uni-rostock.de www.amphibienschutz.de www.NABU.de HINTERGRUND | AMPHIBIENKRANKHEITEN | HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN DES BFA (BUNDESFACHAUSSCHUSSES) FELDHERPETOLOGIE/ICHTHYOFAUNISTIK ZUR FREILANDARBEIT IN UND AN AQUATISCHEN LEBENSRÄUMEN Krankheitserreger und die aktuelle Betroffenheit heimischer Amphibienpopulationen. Pathogene können an Individuen nachgewiesen werden, ohne dass diese im Einzelfall erkranken. Ob die Krankheit bei einem Individuum ausbricht, hängt neben den bereits erwähnten allgemeinen Faktoren auch von der Aggressivität des Pathogens, dem indivi- duellen Ernährungszustand, dem Status des Immunsystems, dem Lebensalter und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab. Bei der so genannten Prävalenzrate spricht man von dem Anteil der Population bzw. der untersuchten Tiere, bei denen das Pathogen nachgewesen werden konnte, unabhängig davon, ob es eine Erkrankung der betroffenen Individuen hervorgerufen hat, oder nicht. Diese Handlungsempfehlungen beschränken sich zunächst auf die drei am besten bekannten und nach allgemeinem Kenntnisstand für Deutschland relevanten Pathogene, die beiden Chytridpilze Bd und Bsal sowie die Ranaviren (aus der Familie der Iridioviren). 2. Pathogene vorgestellt Bd – Batrachochytridium dendrobatidis Seit einigen Jahren wird weltweit über den Amphibien-Chytridpilz (Batrachochtytrium dendrobatidis - kurz genannt Bd) im Zusammenhang mit dem globalen Amphibiensterben berichtet, da diese Infektion zum Auslöschen ganzer Amphibienpopulationen und Arten geführt hat. Bd tritt weltweit auf, über seine Ausbreitung gibt es unterschiedliche Hypo- thesen. Bd wird bei Froschlurchen (Anura, also Fröschen, Kröten und Unken) und bei Schwanzlurchen (Urodela, also Molchen und Salamandern) nachgewiesen. Nach derzeit vorliegenden Erkenntnissen ist der Erreger deutschlandweit verbreitet, ohne dass es bislang zu bekannten Bestandseinbrüchen gekommen wäre. Anders ist die Situation in anderen Teilen Europas, wo bereits Massensterbeereignisse z.B. bei der Geburtshelferk- röte (Alytes obstetricans), Feuersalamander (Salamandra salmandra) und Erdkröte (Bufo bufo) aufgetreten sind. Offenbar sind nicht alle Amphibienarten gleichermaßen betroffen und auch innerhalb des Areals einzelner Arten können große Unterschiede auftreten. Einige Arten sind sogar Bd-tolerant bzw. Bd-immun, wie z.B. der Teichfrosch (Pelophylax esculentus) und der Kleine Wasserfrosch (Pelophylax lessonae). Der optimale Tempera- turbereich von Bd liegt bei 17-25 °C. Die von Chytridpilzen wie Bd verursachte Krankheit wird Chytridiomykose genannt. Chytridiomykose wurde 1998 erstmals in Australien und Südamerika festgestellt, wo die Krankheit Massensterbeereignisse bei Amphibien verur- sacht hat. Bsal – Batrachochytridium salamandrivorans Der Hautpilz Batrachochytridium salamandrivorans (kurz Bs oder Bsal) wurde erst im Jahr 2013 wissenschaftlich beschrieben. Der nach derzeitiger Kenntnis erst vor wenigen Jahren mit dem Lebendtierhandel aus Asien eingeschleppte Pilz wurde seit seiner Ent- deckung in Europa bei einer Reihe von Schwanzlurch-Arten prävalent gefunden, ein- schließlich der auch in Deutschland vorkommenden Arten Bergmolch (Ichthyosaura alpestris), Kamm-Molch (Triturus cristatus), Fadenmolch (Lissotriton helveticus) und Teichmolch (Lissotriton vulgaris). Anlass der Entdeckung war ein Massensterben in einer der letzten niederländischen Populationen des Feuersalamanders (Salamandra salamandra) im Jahr 2010 in Süd-Limburg und die pathologische Untersuchung der tot aufgefundenen Tiere. Weitere Ausbrüche in Belgien, den Niederlanden und Deutschland sind dokumentiert, darüber hinaus bei in Terrarien gehaltenen Tieren in Deutschland, Großbritannien und in der Schweiz. Die verendenden Tiere sitzen tagsüber an der Ober- fläche und sind dadurch relativ gut zu finden bzw. werden von Spaziergängern gemeldet. Dokumentierte Massensterbeereignisse traten bislang „nur“ beim Feuersalamander auf, auch wenn Bsal prävalent unter anderem bei Bergmolchen gefunden wurde. Der optima- 2 HINTERGRUND | AMPHIBIENKRANKHEITEN | HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN DES BFA (BUNDESFACHAUSSCHUSSES) FELDHERPETOLOGIE/ICHTHYOFAUNISTIK ZUR FREILANDARBEIT IN UND AN AQUATISCHEN LEBENSRÄUMEN le Temperaturbereich von Bsal (10-15°C) unterscheidet sich von Bd (17-25°C). Im Unter- schied zu Bd verursacht Bsal im späten Stadium deutlich sichtbare Hautulzerationen, anders als Bd frisst Bsal buchstäblich Löcher in die Haut – der durch die Medien verbrei- tete Name „Salamanderfresser“ ist also durchaus passend. Die Schweiz reagierte bereits mit einem vorübergehenden Einfuhrverbot für asiatische Schwanzlurche, die USA verboten Anfang 2016 den Import fast aller nicht- nordamerikanischen Molch- und Salamanderarten sowie den Transport und Handel in- nerhalb des Landes. In Belgien, den Niederlanden und auf EU-Ebene erfolgen aktuell Abstimmungen zu Handelsbeschränkungen bis hin zum Verbot der Einfuhr von Sala- mandern und Molchen. Ranavirus (Iridioviridae) Im Gegensatz zu vielen bakteriellen Erregern und Pilzen, die oft einen sehr begrenzen Kreis von Wirten befallen (die Wirtsspezifität reicht dabei von art- oder gattungsspezifisch bis hin zur Spezifität auf eine ganze Tierklasse), befinden sich unter den Iridioviren und darunter auch der Gattung Ranavirus Formen, die sowohl Amphibien, als auch Fische und Reptilien (also das gesamte Spektrum exothermer Wirbeltiere) befallen können. Kennzeichnend für virale Erreger allgemein und auch für Ranaviren ist, dass sie sich in relativ kurzen Zeiträumen verändern und neue Stämme bilden können. Das von Ranaviren ausgehende Gefährdungspotenzial ist noch immer unzureichend erforscht. Es gibt Hinweise dass z.B. in Großbritannien ein Bestandseinbruch beim Grasfrosch (Rana temporaria) binnen weniger Jahrzehnte mit hohen Prävalenzraten von FV3-Ranaviren in Verbindung steht. Drei Ranaviren sind aktuell bekannt, welche Amphibien infizieren kön- nen, FV3 (Frog Virus 3), ATV (Ambystoma tigrinum Virus) und BIV (Bohle Iridovirus). Lediglich FV3-ähnliche Viren wurde bislang bei einer Reihe europäischer Arten in ver- schiedenen europäischen Staaten, darunter auch Deutschland nachgewiesen, darunter die Erdkröte (Bufo bufo), die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) und der Teichmolch (Lissotriton vulgaris). Weder Panikmache noch Ignoranz werden dem Problem gerecht! Die Übertragungs- und Ausbreitungswege von Chytridpilzen und Ranaviren sind noch unzureichend erforscht. Bekannt ist, dass alle drei Pathogene durch direkten Kontakt sowie durch Wassertransport verbreitet werden können. Darüber hinaus sind Ranaviren auch auf vollständig abgetrockneten Substraten noch fähig, Wirte zu infizieren. Als Amphibienschützer sollten wir besonnen mit Pathogenen umgehen und die bisweilen durch Medien geschürte Hysterie nicht zum Maßstab unseres Handelns machen. Uns ist bewusst, dass wir als Amphibienschützer nur eine Minderheit unter den in der Landschaft aktiven Menschen sind. Dennoch kann man nur für ein Problem überzeugend sensibili- sieren, wenn man selbst mit gutem Beispiel voran geht und nicht unbeabsichtigt selbst Pathogenen zur weiteren Ausbreitung verhilft und wichtige praktische Amphibienschutz- maßnahmen in Verruf bringt. Daher ist bei der Freilandarbeit an und in Gewässern sowie an Amphibienschutzzäunen die sorgfältige Einhaltung minimaler Hygieneanforderungen geboten. 3. Handlungsempfehlungen Um eine weitere Verbreitung dieser Pathogene zu verhindern oder zumindest nicht als Amphibienschützer unbeabsichtigt zu ihrer Verbreitung beizutragen, empfiehlt der NABU Bundesfachausschuss Feldherpetologie/Ichthyofaunistik folgende Maßnahmen bei der 3

Types:

Origin: /Land/Baden-Württemberg/LUBW

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Region: Baden-Württemberg

Bounding boxes: 7.511871829775875° .. 10.49574877933999° x 47.53236022056467° .. 49.79147764980276°

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Language: Deutsch

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