Description: Informationsdienst Gewässerkunde | Flussgebietsmanagement 1/2016 Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Ergebnisse und Aspekte zur Belastung der niedersächsischen Oberflächengewässer mit Schadstoffen Stand der Umsetzung der EU-Richtlinien WRRL, HWRM-RL und MSRL Ergebnisse und Aspekte zur Belastung der niedersächsischen Oberflächenge- wässer mit Schadstoffen Neben der ökologischen Einstufung ist die chemische Bewertung der Oberflä- chengewässer ein wesentlicher Aspekt bei der Umsetzung der Wasserrahmen- richtlinie. In den letzten Jahren hat sich einiges verändert: Die Stofflisten wurden erweitert, Umweltqualitätsnormen wurden festgelegt oder verschärft. Ergänzend führt der NLWKN eine ganze Reihe weiterer Untersuchungen zum Thema Schad- stoffe durch. Inhalt Von Dr. Dieter Steffen, NLWKN Betriebsstelle Hannover-Hildesheim und Petra Heidebroek, NLWKN Betriebsstelle Lüneburg Ergebnisse und Aspekte zur Belastung der niedersächsischen Oberflächen- gewässer mit Schadstoffen S. 2-3 Stand der Umsetzung der drei EU- Richtlinien – Wasserrahmenrichtlinie, Hochwasserrisikomanagement- Richtlinie und Meeresstrategie- Rahmenrichtlinie S. 4-6 Detailstrukturkartierung ausgewählter Fließgewässer in Niedersachsen und Bremen – Ergebnisse liegen vor S. 7 Hochwassermeldedienst Elbe S. 8 Die Stoffe, die für die Bewertung des chemischen Zustands zugrunde gelegt werden – sogenannte prioritäre Stoffe – stammen aus den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen. Schwermetalle und Industriechemikalien gehören dazu, aber auch Pflanzenschutzmittelwirkstoffe oder andere Stoffe, wie die polyzykli- schen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Mit der Umsetzung der Richtlinie 2013/39/EU sind zukünftig auch neue Stoffe zu überwachen, unter anderem weitere Pflanzenschutzmittelwirkstoffe. Durch die europäischen Vorgaben ändern sich die Liste der zu untersuchenden Stoffe, die Umweltqualitätsnormen für verschiedene Stoffe aber auch das Un- tersuchungsmedium. Je nach Stoff sind Untersuchungen im Sediment, im Wasser oder in Biota, zum Beispiel in der Musku- latur von Fischen, erforderlich. Untersu- chungen in Biota sind immer dann durch- zuführen, wenn sich bestimmte Stoffe bevorzugt in Lebewesen und somit in der Nahrungskette anreichern. Das bekann- teste Beispiel ist Quecksilber, welches mit dem Schutzgut „Sekundärvergiftung“ (Stichwort: Kormoran, der Fisch frisst) belegt ist. Für alle prioritären Stoffe wurden Um- weltqualitätsnormen festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen, wenn ein guter chemischer Zustand erreicht wer- den soll. Grundsätzlich beziehen sich die Umweltqualitätsnormen für prioritäre Stoffe auf das Schutzgut „aquatische Lebensgemeinschaften“. Da in der Richtlinie 2013/39/EU für elf der prioritären Stoffe eine Biota-Umweltquali- tätsnorm eingeführt wurde, ist in diesen Fällen das Schutzgut auf „Sekundärver- 2 giftung“ oder auf „menschliche Gesund- heit“ erweitert worden. In Niedersachsen werden im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie etwa 140 Mess- stellen regelmäßig, verteilt über mehrere Jahre, beprobt. Da nicht alle 1.605 Was- serkörper in Niedersachsen untersucht werden können, werden die Ergebnisse, wo es fachlich vertretbar ist, auf andere Wasserkörper übertragen. Für die Bewertung im aktuellen Bewirt- schaftungsplan war die Oberflächenge- wässerverordnung (Stand 26.07.2011) die Basis. Um den neuen Aspekten der Richtlinie 2013/39/EU jedoch Rechnung tragen zu können, wurden für sieben Stoffe, soweit möglich, die neuen Vorga- ben, berücksichtigt. Veränderungen des chemischen Zustands sind daher im Einzelfall zu betrachten. Es ist zu prüfen, ob die Veränderungen gegenüber den vorherigen Untersuchungen auf den tatsächlichen Zustand der Gewässer zurückzuführen sind oder ob eine festge- stellte Änderung des chemischen Zu- stands auf geänderten Bewertungsgrund- lagen basiert. Bundesweit und auch in Niedersachsen wurde an den untersuchten Messstellen die Umweltqualitätsnorm für Quecksilber in Biota (Fisch) überschritten. Dazu kommen in Niedersachsen Überschrei- tungen durch: • • • • • • Tributylzinn Verschiedene PAK Cadmium Hexachlorbenzol Isoproturon Hexachlorcyclohexan Die Stoffe spiegeln die Bandbreite ver- gangener und aktueller menschlicher Aktivitäten wider. Viele Stoffe sind sehr stabil und haben eine lange Verweildauer im Gewässer. Während Tributylzinn und die polyzyklischen aromatischen Kohlen- wasserstoffe in verschiedenen Gewäs- sern verteilt im ganzen Land vorkommen, sind die Überschreitungen der Umwelt- qualitätsnorm für Cadmium in Gewässern im Harz zu finden. Ursache dafür ist der ehemalige Bergbau im Harz. Nicht immer ist die Ursache für die Belas- tung eindeutig zu benennen. Tributylzinn wurde lange Zeit als Schiffsanstrich ver- wendet und dann verboten. Gleichzeitig wurde und wird Tributylzinn auch in ande- ren Bereichen verwendet, wie beispiels- weise in Textilien. Um erfolgreich Maß- nahmen hinsichtlich des Stoffes Tributyl- zinn ergreifen zu können, ist zunächst die Ermittlung der Eintragsquellen durchzu- führen. Bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen zum Beispiel, han- delt es sich um ubiquitäre Stoffe, die hauptsächlich bei der Verbrennung fossi- ler Brennstoffe entstehen und über die atmosphärische Deposition diffus in die Gewässer gelangen. Somit sind mögli- chen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen zu deren Reduzierung Grenzen gesetzt. Hierbei sind in erster Linie andere Politik- bereiche, wie zum Beispiel das Immissi- onsschutzrecht, gefordert. Neu im Blickpunkt stehen Arzneiwirkstof- fe aus der Tier- und Humanmedizin. Von Seiten des NLWKN sind bereits 2006 erste Untersuchungen auf Humanarznei- mittelwirkstoffe durchgeführt worden, die 2010/2011 intensiviert wurden. Es zeigte sich, dass insbesondere der schmerz- und entzündungshemmende Wirkstoff Diclofenac als sehr problematisch anzu- sehen ist, da dieser in konventionellen Kläranlagen praktisch nicht abgebaut wird. Aktuell hat der NLWKN eine Veröffentli- chung zum Thema „Biota-Monitoring in ausgewählten Gewässern – Untersu- chungen von Tierarzneimitteln in Fischen“ herausgebracht. Während sich bei Hu- manarzneimittelwirkstoffen gezeigt hat, dass diese überwiegend durch kommuna- le Kläranlagen in die Gewässer gelangen, Bewertungsergebnis für Tributylzinn: blauer Punkt = Messstelle ohne Überschreitung der Umweltqualitätsnorm, roter Punkt = Messstelle mit Überschreitung der Umweltqualitätsnorm ist dieses bei Tierarzneimittelwirkstoffen wesentlich komplexer. Tierarzneimittel- wirkstoffe, gelangen über das Ausbringen von Gülle, Jauche oder Festmist auf landwirtschaftlich genutzte Flächen. Unter bestimmten lokalen Bedingungen, wie beispielsweise intensiven Regenereignis- sen, können diese dann gegebenenfalls diffus in die Gewässer gelangen. Sezieren eines Fisches (Muskulaturprobe) Ziel der Pilotstudie war es, an acht Mess- stellen in Niedersachsen zu prüfen, ob sich durch Untersuchungen bei Fischen Nachweise von Wirkstoffen aus Tierarz- neimitteln erbringen lassen. Untersucht wurden insgesamt 87 Wirkstoffe, die unter anderem als Antibiotika oder gegen Endoparasiten eingesetzt werden. Nur drei Wirkstoffe, die zum Beispiel gegen Faden- und Bandwürmer eingesetzt wer- den, konnten in Aallebern nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis ist somit als durchaus positiv anzusehen. Es ist jedoch zu beachten, dass die meis- ten der betrachteten Wirkstoffe überwie- gend gut wasserlöslich sind und sich weniger stark in Biomasse akkumulieren. Es lässt sich somit nicht belastbar klären, ob die Wirkstoffe in den untersuchten Gewässern nicht vorhanden waren oder ob sie durch die Methodik der Biotaunter- suchungen nicht nachgewiesen werden konnten. Um eine fundierte Aussage treffen zu können, ob Tierarzneimittel- wirkstoffe in wesentlichen Mengen in Oberflächengewässer gelangen und dort Probleme bereiten, sind weitere Untersu- chungen im Medium Wasser nötig. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Belastung der Oberflächenge- wässer mit Tierarzneimittelwirkstoffen, im Gegensatz zu den Humanarzneimittel- wirkstoffen, in der laufenden Diskussion überbewertet wird. Weitere Informationen zu Untersuchungen der Gewässergüte finden Sie hier: www.nlwkn.niedersachsen.de > Service > Veröffentlichungen / Webshop > Schriften zum Downloaden > Downloads Gewässergüte 3
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Origin: /Land/Niedersachsen/NLWKN
Tags: Gülle ? Kormoran ? Lüneburg ? Festmist ? Antibiotikum ? Pflanzenschutzmittel ? Niedersachsen ? Sekundärvergiftung ? Brennstoff ? Fisch ? Aromatischer Kohlenwasserstoff ? Messstation ? Zinn ? Tierarzneimittel ? Bremen ? Schiffsanstrich ? Wasserstoff ? Cadmium ? Quecksilber ? Tributylzinn ? Fließgewässer ? Schwermetall ? Gewässerbelastung ? Elbe ? Hexachlorbenzol ? Isoproturon ? Hexachlorcyclohexan ? Endoparasit ? Fischtest ? Wasserrahmenrichtlinie ? Prioritäre Stoffe ? Schadstoffdeposition ? Biozidwirkstoff ? Arzneistoff ? Industriechemikalien ? Humanmedizin ? Umweltbelastung ? Gülledüngung ? Chemischer Zustand ? Sediment ? Wasserkörper ? Gewässerzustand ? Bergbau ? Gütekriterien ? Flussgebietsmanagement ? Oberflächengewässer ? Umweltqualitätsnorm ? Biomasse ? Wasserwirtschaft ? Naturschutz ? Pilotprojekt ? Schadstoff ? Landwirtschaftliche Fläche ? Nahrungskette ? Textilien ? Gewässeruntersuchung ? Anthropogener Einfluss ?
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