Description: Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung des bundesweiten Bodenbiodiversitätsmonitorings durch das Fachgremium „Monitoring der Bodenbiodiversität und -funktionen“ Leipzig, 26.09.2022 Einführung Das Eckpunktepapier wurde dem Grundsatzfachgremium zum 03.06.2022 erstmalig vorgelegt und in dessen 3.Sitzung am 21.06.2022 diskutiert sowie im Nachgang mit einer Frist von 3,5 Wo- chen kommentiert. Am 26.09.2022 erfolgte die Wiedervorlage zur Kenntnisnahme beim Grund- satzfachgremium im Umlaufverfahren. Die Fachgremienmitglieder sind Dr. Anneke Beylich, Prof. Dr. Dr. François Buscot, Prof. Dr. Nico Eisenhauer, Dr. Bernd Hommel, Dr. Heinrich Höper, Dr. Frank Glante, Dr. Erik Grüneberg, Dr. Moritz Nabel, Dr. Heike Puhlmann, Prof. Dr. Martina Roß-Nickoll, Dr. Jörg Römbke, Dr. David Russell, Prof. Dr. Stefan Scheu, Prof. Dr. Christoph Tebbe, Dr. Andreas Toschki, Dr. Lina Weiß, Roswitha Walter, Dr. Christina Weißbecker Das Nationale Monitoringzentrum zur Biodiversität (NMZB), das am 26.03.2021 eröffnet wurde, arbeitet an der Weiterentwicklung des bundesweiten Biodiversitätsmonitorings und wird hierfür zum Ende der Aufbauphase im Sommer 2023 ein Gesamtkonzept anfertigen. Hierbei wurde die Bodenbiodiversität als ein Schwerpunktthema identifiziert und für die unterstützende Bearbei- tung die Einrichtung des Fachgremiums „Monitoring der Bodenbiodiversität und -funktionen“ beschlossen, das am 29.09.2021 zur konstituierenden Sitzung zusammen trat. Das Fachgremium ist ein zeitlich befristetes Gremium und wird mindestens bis zur Fertigstellung des Gesamtkon- zepts bestehen, möglicherweise auch darüber hinaus bspw. zur weiteren Begleitung von initiier- ten Projekten. Das Fachgremium wird grundlegende fachliche Inhalte und Empfehlungen für eine kurz- bis mittelfristige Umsetzung von bundesweiten Modulen im Bodenmonitoring unter beson- derer Berücksichtigung vorhandener Monitoringprogamme und Synergiepotenziale geben und die Grundlagen zur weiteren umfassenden Konzeptionierung bereitstellen. Dies wird in ei-nem Abschlussbericht, dem Basiskonzept dokumentiert. Dieses Eckpunktepapier legt die aktuellen Hintergründe zur 1) Bedeutung der Bodenbiodiversität, Gefährdung und Handlungserforder- nisse, den 2) Status Quo der Erfassung der Bodenbiodiversität, und 3) die Aufgaben und Ziele des Fachgremiums „Monitoring der Bodenbiodiversität und -funktionen“ dar. 1 1 Bedeutung der Bodenbiodiversität, Gefährdung und Handlungserfordernisse Böden sichern die menschliche Ernährungsgrundlage, regulieren über ihre Kohlenstoffspeiche- rung das Klima, reinigen Wasser, ermöglichen Stoffkreisläufe und sind Lebensraum für eine Viel- zahl von Organismen. Zur Bodenentwicklung tragen sowohl Verwitterung als auch Bodenorganis- men bei. Die Verwitterung der verschiedenen Ausgangsgesteine führt zu deren Zerkleinerung und die Bodenorganismen leisten über Prozesse wie Verklebung und Humusbildung die Bildung eines stabilen funktionalen und nährstoffhaltigen Gefüges. Die Bildung von wenigen Zentimetern frucht- baren Bodens benötigt mehrere Jahrhunderte [1]. Ein Verlust der Bodenbiodiversität bedeutet gleichsam eine Reduzierung oder gar den Verlust der Bodenbildung. Ebenso wird die Funktionali- tät der Böden größtenteils über die Aktivität der Bodenorganismen realisiert. Eine vielfältige Bo- dengemeinschaft bringt eine Vielzahl von Ökosystemleistungen hervor, darunter z. B. die Auf- rechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit, die natürliche Schädlingsregulation, die Pufferfunktion gegenüber Klimaeinwirkung und Schadstoffeinträgen und die CO2-Fixierung in Böden. Durch in- tensive Nutzung, zunehmende Flächenversiegelung, Nutzungskonversionen, Schadstoffeinträge sowie durch den Klimawandel bedingte Veränderungen sind Böden heute im Wandel und hinsicht- lich ihrer strukturellen und chemisch-physikalischen Qualität sowie Funktionen stark gefährdet. Infolge dessen gehen in gestörten Böden zunehmend Lebensräume für Bodenorganismen verlo- ren. Somit stellt die Bodenbiodiversität ein Querschnittsthema im Bereich des Umwelt- und Na- turschutzes, der Land- und Forstwirtschaft, aber auch im Bereich der Siedlungs- und Verkehrsent- wicklung dar. Der Verlust der Biodiversität im Boden ist auf internationaler [2], europäischer [3] und nationaler Ebene [4] dokumentiert. Die Bodenbiodiversität steht aufgrund ihrer Bedeutung mit den interna- tionalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) in enger Verbindung (kein Hunger (SDG 2), Luft- qualität (SDG 3,13), Wasserqualität (SDG 6,14), Erneuerbare Energie (SDG 7), Maßnahmen zum Klimaschutz (SDG 13), Leben an Land (SDG 15) ([2]). Die Vielfalt und die Entwicklung der Boden- gemeinschaften sind bisher nur unzureichend durch nationale Gesetze geschützt [4]. Bisher etab- lierte Naturschutzmaßnahmen zielen auf den Erhalt der oberirdischen Artenvielfalt ab [5]. Auf eu- ropäischer Ebene wurde Ende 2021 die Europäische Bodenstrategie 2030 veröffentlicht, die unter anderem den Schutz und die Förderung der Bodenbiodiversität beinhaltet [6] und dazu für 2023 ein Bodengesundheitsgesetz ankündigt [7]. Im Koalitionsvertrag 2021-2025 ist der Aufbau eines nationalen Bodenmonitoringzentrums vorgesehen sowie die Abänderung des Bundesboden- schutzgesetzes zur besseren Abbildung der Bedeutung der Bodenbiodiversität. Ein bundesweites, standardisiertes Monitoring von Bodenorganismen und Bodenfunktionen soll den Zustand und Veränderungen der Bodenbiodiversität und deren Dynamik dokumentieren. Die Daten sollen die Grundlage dafür liefern, Ursachen der Veränderungen zu erforschen, Maßnah- men zur Erhaltung biodiversitätsbedingter Bodenfunktionen und -leistungen abzuleiten und deren Erfolg zu überprüfen. Hierzu sollen für die jeweiligen Ökosystemfunktionen relevante Indikator- gruppen erarbeitet werden. Beim Aufbau eines bundesweiten Bodenbiodiversitätsmonitorings könnten mögliche Synergien mit bestehenden Monitoringprogrammen genutzt werden. Ebenso ist es möglich, klassische Me- thoden-Ansätze mit neuen bzw. noch zu entwickelnden Methoden zu kombinieren. Potenzielle Schnittpunkte existieren z. B. mit dem derzeit im Aufbau befindlichen bundesweiten Insektenmo- nitoring hinsichtlich bodenlebender Arthropoden. Bereits existierende, aber bundesweit noch zu etablierende Methoden (z. B. DNA-Metabarcoding) stellen vielversprechende Ansätze dar, deren 2 Nutzen für die Bewertung von ökologischen und naturschutzfachlichen Qualitäten allerdings erst noch zu validieren ist. 2 Status Quo der Erfassung der Bodenbiodiversität 2.1 Fortlaufende Erfassungsprogramme von Bundes- und Landesbehörden Bundesweit sind folgende fortlaufende Erfassungsprogramme von Bundes- und Landesbehörden mit dem Thema Bodenzustand befasst: Die Bodendauerbeobachtung (Bundesländer, UBA) mit ca. 800 Stichprobenflächen fokussiert auf eine Vielzahl chemischer und physikalischer Parameter. Einige Bundesländer erheben zusätz- lich bodenbiologische Parameter, wie zum Beispiel Regenwürmer, Kleinringelwürmer oder die mikrobielle Biomasse. Es werden nur wenige taxonomische Gruppen untersucht und diese nicht bundesweit. Diese Erfassungen variieren stark hinsichtlich ihrer räumlichen und zeitlichen Auflö- sung sowie der methodischen Durchführung. Eine länderübergreifende Vereinheitlichung der Methoden und zu erfassenden Parameter, auch hinsichtlich der Bodenbiologie, wäre wün- schenswert, da sich hierdurch die Möglichkeit zur Integration bereits vorhandener Probeflächen in die Kulisse eines Monitorings zur Bodenbiodiversität bietet [8]. Aufbauend auf diesen Flächen der Bodendauerbeobachtung wird vom Umweltbundesamt der- zeit die Etablierung eines Klimafolgen-Bodenmonitoring-Verbunds mit den vier Schwerpunktthe- men organische Substanz, Bodenbiologie, Bodenwasserhaushalt und Erosion angestrebt [9, 10]. Hierfür wurden aus den Bundesländern und zahlreichen Institutionen 9.000 potentielle Stand- orte gemeldet. Dazu gehören auch die weiter unten angeführten Programme (z. B. BZE). Aus dem Bericht zum Forschungs- und Entwicklungsprojekt geht hervor, dass für die Bodenbiologie in Deutschland derzeit noch keine bundesweiten Aussagen anhand vorliegender Daten möglich sind. Die Vereinheitlichung der Methoden und Durchführung von Forschungsvorhaben zur Ver- gleichsanalyse verschiedener Methoden ist vorgesehen. Die Bodenzustandserhebungen Wald (BMEL, Thünen Institut; ca. 1.900 Probenflächen) und Landwirtschaft (BMEL, Thünen Institut; ca. 3.100 Probenflächen) umfassen regelmäßige Erhe- bungen von Bodenzustandsgrößen/-indikatoren. Bisher werden keine Bodenorganismen erfasst. Aktuell laufen jedoch Initiativen, die die Lücke zum Monitoring der Biodiversität schließen sollen (s. u. „Übersicht in Entwicklung befindlicher Erfassungsprogramme zur Bodenbiodiversität“). Die Umweltprobenbank (BMU, UBA) ist ein Archiv, in dem u. a. Bodenproben von 11 verschiede- nen Standorten eingelagert werden [11]. Diese können für spätere Auswertungen, z. B. Analysen der darin enthaltenen Organismen, genutzt werden. Des Weiteren untersuchen wissenschaftliche Forschungsplattformen den Zustand der Bodenor- ganismen. So sind zum Beispiel in Deutschland 205 sogenannte Landwirtschaftliche Dauerfeld- versuche (DFV) etabliert, die spezifisch zur Beantwortung verschiedener Fragestellungen betrie- ben werden [8]. Neben physikalisch-chemischen Parametern werden auch biologische Daten zur mikrobiellen Biomasse und Diversität, Enzymaktivität, pflanzenpathogenen Fadenwürmern und Regenwürmern aufgenommen. Da es sich bei den DVF um experimentelle Feldversuche handelt, bilden mögliche Veränderungen in der Bodenbiodiversität nicht das Geschehen in der Gesamt- landschaft ab. Seit 2006 werden auch innerhalb der Biodiversitätsexploratorien Daten zu Bo- denorganismen und deren Funktionen erhoben. Diese umfassen ein Monitoring der Bakterien, 3
Text { text_type: Report, }
Origin: /Bund/BfN/NMZB
Tags: Regenwurm ? Leipzig ? Arthropoden ? Nematoden ? Synergistische Wirkung ? Bodenbiologie ? Bodenversiegelung ? Erosion ? Bodenzustandserhebung ? Globale Nachhaltigkeitsziele ? Biodiversitätsmonitoring ? Bodenfruchtbarkeit ? Erneuerbare Energie ? Schutzgesetz ? Organisches Material ? Bakterien ? Biodiversitätsverlust ? Naturschutzfachliche Bewertung ? Nachhaltigkeitsziel ? DNA-Metabarcoding ? Bodendauerbeobachtung ? Artenvielfalt ? Bodenfunktion ? Bodenqualität ? Bodenorganismen ? Umweltprobenbank ? Wasserqualität ? Bodenprobe ? Bodenzustand ? Verwitterung ? Klimaschutz ? Bodenmonitoring ? Bodenwasserhaushalt ? Bodenbildung ? Monitoringprogramm ? Ökosystemleistung ? Ökosystemfunktion ? Forschungsprojekt ? Bodenbiodiversität ? Bewertungsverfahren ? Abschlussbericht ? Pflanzenkrankheit ? Landwirtschaft ? Biodiversität ? Siedlung ? Forstwirtschaft ? Freilandversuch ? Klimawandel ? Stoffkreislauf ? Krankheitserreger ? Biomasse ? Landschaft ? Stoffeintrag ? Wald ? Naturschutz ?
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