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Description: Heiko Sievers, Hans-Peter Bahnemann Die erste bodengebundene SAPOS-Referenzstation in Sachsen-Anhalt 131 LSA VERM 2/2020 Die erste bodengebundene SAPOS-Referenzstation in Sachsen-Anhalt Von Heiko Sievers und Hans-Peter Bahnemann, Magdeburg Zusammenfassung Wenn ein Kind geboren wird, ist dies eigentlich nichts Besonderes, außer es ist das Eigene! Als 2013 die Idee, die Vorteile einer klassischen Referenzstation und eines am Boden vermarkten Geodätischen Grundnetzpunktes zu vereinen, in Sachsen-Anhalt aufgegriffen wurde, war nicht abzusehen, mit welchen Geburtswehen so ein Vorhaben verbunden sein wird. Dieser Weg zu einer „SAPOS-Bodenstation 2.0“ wird nachfolgend beschrieben. 1 Motivation Als vor mehr als 25 Jahren die erste SAPOS-Referenzstation (RSP) in Sachsen-Anhalt in Betrieb genommen wurde, war der naheliegendste Ort einer Antenne und damit die Vermarkung eines Referenzstationspunktes an oder auf einem Gebäude.Aus da- maliger Sicht gab es zahlreiche und gute Argumente für eine solche Entscheidung. Die wichtigsten Kriterien wie horizontfreie Sicht zwischen Satelliten und RSP, Strom- und Datennetzanschlüsse, Unterbringung des GNSS-Empfängers in geschlossenen Räumen wie auch unkomplizierte betriebliche Regelungen zur Unterhaltung dieser Infrastruk- tur auf den meist öffentlichen Gebäudegrundstücken sind schnell genannt. Seither ein- gerichtete Stationen befinden sich in Sachsen-Anhalt bis heute alle auf oder an Ge- bäuden. Die Erfahrungen der letzten Jahre, erweiterte Anforderungen und Weiterentwicklun- gen des Qualitätsmanagements zeigten die Schwächen der bislang als idealer Stand- ort betrachteten Gebäudestationen auf.Verwaltungsreformen und damit verbundene Standortverlagerungen von Behörden führten zu Eigentümerwechsel und neuen An- sprechpartnern. Dachflächen unterliegen oft Nutzungsänderungen (Photovoltaik, Mo- bilfunkanlagen). Die Gebäude werden energetisch saniert oder restauriert. Fast jede dieser baulichen Maßnahmen ist mit schlechteren Empfangsbedingungen verbunden, die in der Regel zu erhöhten Mehrwegeeffekten führen.Viele Gebäudestationen wei- sen periodische oder unregelmäßige Instabilitäten auf, die heute im Koordinatenmo- nitoring eindeutig nachgewiesen werden können.Terrestrische Messverfahren zur lo- kalen Sicherung des Referenzstationspunktes auf den Gebäuden können nur eingeschränkt eingesetzt werden. Die Realisierung und Bereitstellung des amtlichen geodätischen Bezugssystems der Lage ist zweistufig organisiert. Die Bereitstellung des amtlichen Bezugssystems der Lage erfolgt über die 18 sachsen-anhaltischen SAPOS-Referenzstationspunkte, die Realisierung des amtlichen Bezugssystems der Lage hingegen über die Geodätischen Grundnetzpunkte (GGP), über die Festpunkte des Sachsen-Anhaltischen Referenznet- zes (SANREF) und des Deutschen Referenznetzes (DREF). Diese Punkte sind als Gra- nitpfeiler im Boden vermarkt und liegen an einem für Satelliten abschattungsfreien und so meist von der Bebauung weit abgelegenen Ort. Die Bestimmung der Koordi- naten der GGP erfolgt in bundesweiten (ca. alle 12 Jahre) oder regionalen GNSS- LSA VERM 2/2020 Heiko Sievers, Hans-Peter Bahnemann Die erste bodengebundene SAPOS-Referenzstation in Sachsen-Anhalt 132 Kampagnen, bei welchen die Punkte mindesten 2 mal 24 Stunden besetzt werden. So fanden 2008 die Erstmessung des GGP-Rahmennetzes bundesweit und 2013/2015 zwei mitteldeutsche „Verdichtungskampagnen“ zusammen mit Sachsen und Thürin- gen erfolgreich statt. In den beschriebenen GNSS-Kampagnen wurden die GGP und die RSP miteinander verknüpft. Diese Kampagnen haben gezeigt, dass die Koordina- ten eines GGP mit einer kleineren Standardabweichung bestimmt werden können, als die eines RSP. Die Vermarkung eines GGP besitzt darüber hinaus eine bessere Lang- zeitstabilität. GGP können aber nicht 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr beob- achtet und so permanent überwacht werden. Für die Bereitstellung des Raumbezugs sind sie somit nicht geeignet. Eine ganz neue Wenn man nun die Vorteile eines GGP mit denen eines RSP vereint, entsteht eine ganz Qualität eines neue Qualität eines Festpunktes, quasi ein aktiver GGP. Die Idee einer bodengebun- Festpunktes entsteht. denen Referenzstation war geboren. So begannen die Vermessungsverwaltungen ver- schiedener Bundesländer und der Bund bodengebundene Referenzstationen an geo- logisch stabilen Orten zu errichten. Eine Bodenstation versprach die Verringerung von Mehrwegeeffekten und Signalstörungen und somit die Möglichkeit einer Bereitstel- lung von Daten in besserer Qualität. Ein Zugang zu der Bodenstation ist an 24 Stun- den an 365 Tagen gegeben. Saisonale Effekte auf Grund der Eigenbewegung des Punkt- trägers sollten viel geringer ausfallen. Damit sind perspektivisch viel bessere Rückschlüsse z. B. auf großräumige oder regionale Bewegungen der Erdoberfläche möglich. Dieser Artikel beschreibt den Weg von der ersten Idee über die Standortsuche, die Bauphase, die Hintergründe der Punktgruppengestaltung bis hin zu der feierlichen Er- öffnung der ersten bodengebundenen Referenzstation in Sachsen-Anhalt. 2Von der Idee zur Realisierung 2.1Der Standort In der Wertermittlung werden als die drei wichtigsten Merkmale eines Grundstückes mit einem Augenzwinkern „die Lage, die Lage und die Lage“ gerne aufgezählt. In fast allen Bundesländern sowie beim Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) fingen die Kollegen an, Bodenstationen zu konzipieren und einzurichten. Im Erfah- rungsaustausch wurde schnell klar, dass die Standortsuche die größte Herausforde- rung darstellt, so auch in Sachsen-Anhalt. Der entscheidende Bei der Suche nach einem geeigneten Standort für eine Bodenstation ist die Lage des Faktor ist der Punktes von elementarer Bedeutung. Einige wesentliche Lagefaktoren seien hier ge- Standort. nannt: ♦ langfristige Nutzungssicherung bei geringen Kosten ♦ unverbaubare Horizontfreiheit ♦ fern von störender Infrastruktur (Elektrische Anlagen,Antennen, Störquellen, Solaranlagen,Windräder usw.) ♦ Anschluss an das Stromnetz und an das Landesdatennetz (natürlich BSI-kon- form) ♦ geologische Stabilität ♦ gute Erreichbarkeit, aber nicht zu dicht zum Schwerlastverkehr ♦ Schutz gegen Vandalismus und Diebstahl usw. Heiko Sievers, Hans-Peter Bahnemann Die erste bodengebundene SAPOS-Referenzstation in Sachsen-Anhalt 133 LSA VERM 2/2020 Wenn alle Faktoren erfüllt sein sollen, wird deutlich, dass es nicht ganz ohne Kompro- misse gehen kann. In der Zwischenzeit zeichnete sich ab, dass der vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt (LVermGeo) angemietete Standort in Staßfurt und damit auch die SAPOS-Referenzstation in Staßfurt, die im Jahr 1996 in Betrieb ge- nommen worden ist, aufgrund des endenden Mietvertrages aufgegeben werden muss. Darüber hinaus wurde an dem RSP Staßfurt mittels des Koordinatenmonitorings eine kontinuierliche Bewegung in Richtung Nordost festgestellt (siehe Abb. 1). Der Bereich Staßfurt befindet sich in einem Kali-Abbaugebiet und ist großflächig von Bodenhebun- gen und -senkungen betroffen. Abb. 1: Referenzstation Staßfurt als Geosensor (Koordinatenänderungen im Zeitraum von 2008 bis 2013) GeoBasisDE/LVermGeo LSA Aber auch aus Sicht von Mehrwegeeffekten (Multipath-Index, MPI) entwickelte sich die Station zum Sorgenkind (siehe Abb. 11). Der MPI an der RSP lag nie unter 30, ein Wert, bei dem bereits Maßnahmen zur Minderung des Mehrwegeeffektes getroffen werden sollten.Werte von 0 bis 20 gelten für eine RSP als gut. Das bedeutet, dass die Verlegung der Station nicht nur wegen des endenden Mietvertrages, sondern eben- falls aus fachlicher Sicht sinnvoll und notwendig war. Damit konzentrierte sich die Suche auf den Raum Bernburg/Staßfurt, da das SAPOS- Netz genau dort wieder geschlossen werden musste. Das machte die Sache aber nicht einfacher, denn welcher Standort auch betrachtet wurde, es gab Störquellen oder er war schlichtweg „unterhöhlt“ bzw. geologisch instabil. Den Durchbruch brachte die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB). Bei einer Fahrt zu einer Standorterkundung mit Kollegen des LAGB wurde ein Grundstück bei Hohenerxleben entdeckt, das ideal in das SAPOS-Netz passt, das durch das LAGB als geologisch stabil eingeschätzt wurde, eine gute Horizontfreiheit besitzt und gut an- fahrbar war. 2.2 Lost Place Bei dem Grundstück in Hohenerxleben handelte es sich um einen ehemaligen zivil- militärischen Luftüberwachungsbunker der DDR-Zeit, der dem Verfall preisgegeben und nur noch von Geocachern, sogenannten Fußball-Fans und Abfallrowdys genutzt wurde (siehe Abb. 2), quasi ein vergessener Ort – ein sogenannter „Lost Place“.

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LVERMGEO

Tags: Magdeburg ? Sachsen-Anhalt ? Sachsen ? Stromnetz ? Farn ? Solaranlage ? Gebäude ? Kartographie ? Kind ? Satellit ? Schwerlastverkehr ? Qualitätsmanagement ? Mietvertrag ? Geoinformation ? Solardach ? Geodäsie ? Geologie ? Messverfahren ? Nutzungsänderung ? Windrotor ? Erdoberfläche ?

License: all-rights-reserved

Language: Deutsch

Persons

Issued: 2020-11-17

Modified: 2020-11-17

Time ranges: 2020-11-17 - 2020-11-17

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