Description: veröffentlicht am 17.04.2025 Einflüsse auf den Bodenwert von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken 1Umrechnungskoeffizienten für Ackerland 1.1Vorbemerkung Bei den Kaufpreisen auf dem landwirtschaftlichen Grundstücksmarkt ist eine breite Streuung zu beobachten. Zum einen sind die verschiedenen subjektiven Interessen der Vertragspartner für das breite Spektrum der Kaufpreise verantwortlich. Andererseits sind objektive grundstücksbezogene Faktoren kaufpreisbestimmend. Obwohl die Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses bereits zahlreiche Grundstücksmerkmale enthält, besteht weiterer Informationsbedarf. Aus diesem Grund wurde ein detaillierter Fragebogen entwickelt, der seit 2012 zu jedem Vertrag an beide Vertragsparteien verschickt wird. Die Ergebnisse dieser Verkäufer- und Käuferbefragung werden von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses in die Kaufpreissammlung übernommen. Darüber hinaus werden zusätzliche Grundstücksmerkmale, die zugänglichen In- formationsquellen zu entnehmen sind, regelmäßig von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses erfasst und ausge- wertet. Dazu gehört beispielsweise die Lage in strikten Schutzgebieten, wie Fauna-Flora Habitate (FFH), Europäische Vogelschutzgebiete (SPA), Naturschutzgebiete (NSG) und Biosphärenreservate (BIO), deren räumliche Geltungsbereiche nach dem Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt durch Verordnung der zuständigen Naturschutzbehörde bzw. oberen Naturschutzbehörde festgelegt werden. Zusätzlich werden Gebiete mit Nitratbelastung (N-Kulisse) und Phosphat- belastung (P-Kulisse) gemäß Verordnung über zusätzliche düngerechtliche Vorschriften (DüngeRZusVO) vom 08.01.2021 und mit Inkrafttreten der neuen Gebietsausweisungen ab 30.03.2023 nur noch die N-Kulisse mit dem Kaufpreis registriert. Darüber hinaus werden per Landesverordnung festgesetzte Hochwasserschutzgebiete (HQ100) bei der Erfassung der Erwerbsvorgänge berücksichtigt. Für die angemessene und sachgerechte Untersuchung mittels aktueller Forschungsmethoden, besteht bereits seit meh- reren Jahren eine projektbezogene Zusammenarbeit zwischen dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte und der Fakultät für Agrarwissenschaften der Universität Göttingen, in der das vertiefte Verständnis der Entstehung von Kaufprei- sen landwirtschaftlicher Flächen das prioritäre Ziel ist. Bei dem Forschungsvorhaben der Fakultät werden die praktischen Anforderungen des Gutachterausschusses bei der Beurteilung der aktuellen Marktverhältnisse einbezogen, um die rechtlichen Vorgaben der ImmoWertV bei der Wahrneh- mung seiner Aufgaben zu berücksichtigen. Hiernach ist bei der Ableitung von Boden- und Bodenrichtwerten vorrangig das Vergleichswertverfahren anzuwenden. Insbesondere in Teilmärkten wie dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt, in denen allgemein auf eine ausreichende Anzahl von Kauffällen zurückgegriffen werden kann, liegt der Schwerpunkt der Arbeit des Gutachterausschusses bei der Ermittlung von Boden- und Bodenrichtwerten in der Umrechnung der registrierten Kauf- preise auf ein normiertes Grundstück. Hier hat der Gutachterausschuss mit der Bereitstellung von Umrechnungskoeffi- zienten und Indexreihen dafür zu sorgen, dass die Merkmale der vorliegenden Vergleichspreise und die Merkmale des Bewertungsobjektes oder des Bodenrichtwertgrundstückes weitgehend in Übereinstimmung gebracht werden können. In Anlehnung an die Untersuchungen des Gutachterausschusses, die bisher im landwirtschaftlichen Bodenmarkt durch- geführt worden sind, sind die Kaufpreisdeterminanten Kaufzeitpunkt, Lage, Qualität, Größe und Restpachtdauer unter- sucht worden; und darüber hinaus zusätzliche Einflussmerkmale wie die Lage in Schutzgebieten, Hochwassergebieten, nitrat- und phosphatbelasteten Gebieten und Vorrang- und Eignungsgebieten für Windenergie entsprechend des Landes- entwicklungsplans Sachsen-Anhalt 2010 (im Folgenden „Windvorranggebiete“). Die wissenschaftliche Untersuchung befasst sich ausschließlich mit Ackerflächen. Erstmalig konnte dabei der Einfluss aller Grundstücksmerkmale in einer Regressionsfunktion dargestellt werden. Eine Ausnahme bildet die Restpachtdauer. Zur Ermittlung des Preiseinflusses der Restpachtdauer wurde eine Sonderauswertung vorgenommen. Dies ist insbesondere dem Fakt geschuldet, dass das Merkmal der Restpachtdauer nicht vollständig in der Kaufpreissammlung erfasst werden kann, da dieses Merkmal häufig nicht von den Vertragsparteien mitgeteilt wird. Dies hätte eine Entfernung einer großen Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Sachsen-Anhalt 1 veröffentlicht am 17.04.2025 Anzahl von Beobachtungen zur Folge gehabt. Infolgedessen wäre insbesondere die Schätzung des Preiseinflusses ande- rer Merkmale mit nur geringer Beobachtungszahl mit hoher Unsicherheit belastet gewesen, insbesondere bezüglich der Merkmale Windvorranggebiet, Nitrat-Kulisse und Phosphat-Kulisse. In der Sonderauswertung wurde daher der Datensatz auf jene Beobachtungen reduziert, welche zum Kaufzeitpunkt verpachtet sind und für welche eine Restpachtdauer vorliegt. Nachfolgend erfolgt eine Modell- und Stichprobenbeschreibung der Uni Göttingen sowie die sich daraus ergebenden Er- gebnisse: Der Grunddatensatz enthält alle Ackerlandtransaktionen in Sachsen-Anhalt im Zeitraum vom 01.01.2017 bis zum 24.08.2022. Berücksichtigt wurden Transaktionen ab einer Größe von 0,25 ha. Des Weiteren wurden Transaktionen mit ungewöhnlichen oder persönlichen Umständen entfernt. Nach einer statistischen Ausreißerbereinigung sowie der Entfer- nung von Transaktionen mit fehlenden Informationen in den Hauptvariablen wurden für die Analyse 8.640 Transaktionen berücksichtigt. Davon entfallen 1.409 und 667 Transaktionen auf die Jahre 2021 beziehungsweise 2022. Der Untersuchung liegen Kauffälle mit folgenden Merkmalen zugrunde: MittelwertMedianStdAbwMinimumMaximum Preis (€/m²)1.971.900.890.406,00 Losgröße (ha)3.881.599.440.25416.04 Bonität (AZ)64.066.022.811.0104 Pachtstatus (ja/nein)0.9010.301 Windvorrang (ja/nein)0.0100.0901 Schutzgebiete0.0700.2501 HQ1000.0300.1801 Nitratkulisse (ja/nein)0.0100.1101 P-Kulisse (ja/nein)0.0100.1201 Im Durchschnitt wurden die Lose im Beobachtungszeitraum zu 1,97 €/m² gehandelt, wobei die durchschnittlichen Trans- aktionspreise von 1,83 €/m² im Jahr 2017 auf 2,11 €/m² im Jahr 2021 anstiegen. Im Durchschnitt waren die gehandelten Lose 3,88 ha groß mit einer durchschnittlichen Bonität von 64. Von den 8.640 Transaktionen waren 7.779 Transaktionen (90%) zum Zeitpunkt des Verkaufs verpachtet und 77 Transaktionen (<1%) lagen in Windvorranggebieten. 602 Transak- tionen (ca. 7%) liegen in mindestens einem Schutzgebiet, wobei Naturschutzgebiete, Vogelschutzgebiete SPA, Fauna- Flora-Habitate und Biosphärenreservate berücksichtigt wurden. 283 Transaktionen (3,2%) lagen in einem als HQ100 klas- sifizierten Gebiet; für 49 dieser Transaktionen lag zudem ein Schutzgebiet (NSG, SPA, FFH, BIO) vor. Im Datensatz wur- den zudem für die Jahre 2021 und 2022 insgesamt 115 Transaktionen in Nitratkulissen und 122 Transaktionen in Phos- phatkulissen beobachtet (ca. 6% der jährlichen Transaktionen). Auf Basis der Daten wurde der Einfluss der Loseigenschaften auf den Preis mittels einer hedonischen Regression unter- sucht. Dafür wurde auf ein logarithmisches Modell zurückgegriffen, wobei der logarithmierte Preis je m² als abhängige Variable verwendet wurde. Losgröße und Ackerzahl wurden separat als Wurzelfunktionen sowie als Interaktion der linea- ren Terme berücksichtigt. Die verbleibenden Faktoren wurden als binäre Dummyvariablen modelliert, sodass die jeweiligen ermittelten Koeffizienten als prozentualer Preiseinfluss interpretiert werden können. Als zusätzliche Kontrollvariable wurde für die Zeit-Komponente ein kubischer Quartalstrend modelliert (𝛽𝑡1 𝑡 + 𝛽𝑡2 𝑡 2 + 𝛽𝑡3 𝑡 3 ), wobei die Trendvariable t die Werte t=1,2,3,… für Transaktionen in Q1 2017, Q2 2017, Q3 2017 usw. annimmt. Zusätzlich wurde eine Dummyvariable für alle Transaktionen im dritten Quartal eingeführt. Diese Modellierung der Zeitkomponente ermöglicht sowohl die Erfas- sung eines dynamischen, aber variablen Preisanstiegs über den Beobachtungszeitraum als auch die über diesen Trend hinausgehenden empirisch beobachteten Preisaufschläge im dritten Quartal. Zur Erfassung der räumlichen Heterogenität wurden insgesamt 87 Dummyvariablen für jede einzelne Bodenrichtwertzone im Modell berücksichtigt. Dabei wurde auf Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Sachsen-Anhalt 2 veröffentlicht am 17.04.2025 den Zonenzuschnitt 2020 zurückgegriffen und ältere Beobachtungen wurden entsprechend ihrer Lage in diesem Zuschnitt erfasst. Der ermittelte Zusammenhang ist durch folgende Funktion gegeben: log (𝑃 𝑖𝑛 € ) = 𝛼 + 𝛽1 √𝐿𝑜𝑠𝑔𝑟öß𝑒 + 𝛽2 √𝐴𝑐𝑘𝑒𝑟𝑧𝑎ℎ𝑙 + 𝛽3 (𝐿𝑜𝑠𝑔𝑟öß𝑒 ∗ 𝐴𝑐𝑘𝑒𝑟𝑧𝑎ℎ𝑙 ) + 𝛽4 𝐿𝑜𝑠𝑠𝑒𝑙𝑏𝑠𝑡𝑠𝑡ä𝑛𝑑𝑖𝑔𝑘𝑒𝑖𝑡 𝑚2 + 𝛽5 𝑃𝑎𝑐ℎ𝑡𝑠𝑡𝑎𝑡𝑢𝑠 + 𝛽6 𝑆𝑡𝑟𝑖𝑘𝑡𝑒𝑠_𝑆𝑐ℎ𝑢𝑡𝑧𝑔𝑒𝑏𝑖𝑒𝑡 + 𝛽7 𝐻𝑄100 + 𝛽8 𝑛𝐾𝑢𝑙𝑖𝑠𝑠𝑒 + 𝛽9 𝑝𝐾𝑢𝑙𝑖𝑠𝑠𝑒 + 𝛽10 𝑊𝑖𝑛𝑑𝑣𝑜𝑟𝑟𝑎𝑛𝑔𝑔𝑒𝑏𝑖𝑒𝑡 + 𝛽11 𝑄3𝐷𝑢𝑚𝑚𝑦 + 𝛽12 𝑡𝑟𝑒𝑛𝑑 + 𝛽13 (𝑡𝑟𝑒𝑛𝑑2 ) + 𝛽14 (𝑡𝑟𝑒𝑛𝑑3 ) 87 + ∑ 𝐵𝑅𝑊𝑍𝑜𝑛𝑒𝑘 𝑘=1 Der mittels Regressionsfunktion abgeleitete Zusammenhang liefert insgesamt einen hohen Erklärungsgehalt mit einem Bestimmtheitsmaß R²=0,70. Die ermittelten signifikanten Einflussgrößen sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Signifikante EinflussgrößenKoeffizient 95%-Konfidenzintervall Konstante-0.851***(-0.982,-0.719) Wurzel Losgröße0.105***(0.096,0.113) Wurzel Bodenpunkte0.121***(0.113,0.130) Losgröße × Bodenpunkte-0.0001***(-0.0001,-0.00004) Los ist verpachtet-0.067***(-0.088,-0.046) HQ100-0.054***(-0.087,-0.022) Schutzgebiete-0.044***(-0.069,-0.018) N-Kulisse-0.051**(-0.097,-0.005) Signifikanzniveaus: *p<0,1; **p<0,05; ***p<0,01 Bezüglich der neu berücksichtigten Variablen weisen die Ergebnisse folgende gerundete und statistisch signifikante Ab- schläge auf: 4% für strikte Schutzgebiete (NSG, SPA, FFH, BIO), 5% für Flächen in Nitrat-Kulissen und 5% als HQ100- klassifizierte Flächen. Der ermittelte Preistrend ist S-förmig mit einer Abflachung der Preisdynamik in den Jahren 2019 und 2020, welche in den letzten zwei Jahren des Beobachtungszeitraums jedoch wieder an Fahrt aufnahm. Die ermittelten Koeffizienten für die Bodenrichtwertzonen weisen eine deutliche Varianz auf und deuten auf eine substanzielle räumliche Heterogenität hin. Durch die hohe Granularität der Bodenrichtwertzonen als Kontrollvariablen ist es dabei denkbar, dass es zu einer Unter- schätzung der Preiseinflüsse der Variablen mit regional/lokal konzentrierten Ausprägungen kommt. Auf Basis des mittels Regressionsfunktion abgeleiteten Zusammenhangs wurden Umrechnungskoeffizienten für die Los- größe und die Ackerzahl ermittelt. Dafür wurden mittels der vorstehenden Regressionsfunktion Preisprognosen für Lose mit Variation in nur einem dieser Merkmale bei anderweitig identischen Eigenschaften ermittelt. Binär kodierte Eigenschaf- ten wurden entsprechend der höchsten relativen Häufigkeit gesetzt, d.h., der Pachtstatus wurde als ja angegeben, da mehr als die Hälfte der Lose im Datensatz verpachtet sind. Gleiches gilt für die Losselbstständigkeit. Schutzgebiete, HQ100 und Nitrat-Kulisse wurden auf nein gesetzt. Die Umrechnungskoeffizienten für die Losgröße wurden für Lose bis 50 ha mit der Ackerzahl 60 ermittelt, da das statisti- sche Modell für größere Lose eine steigende Unsicherheit in der Prognosequalität aufweist. Analog wurden die Umrech- nungskoeffizienten für die Ackerzahl ermittelt, wobei das Los auf 5 ha normiert wurde. Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Sachsen-Anhalt 3
Origins: /Land/Sachsen-Anhalt/LVERMGEO
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Language: Deutsch
Issued: 2025-04-30
Modified: 2025-04-30
Time ranges: 2025-04-30 - 2025-04-30
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