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Description: 7 Prof. Dr. Dirk Furchert Systemische Führung in unsicheren Zeiten LSA VERM 1/2016 Systemische Führung in unsicheren Zeiten Von Prof. Dr. Dirk Furchert, Magdeburg Zusammenfassung: In einer komplexen und unsicheren Welt greifen bewährte Führungs- und Steuerungstechniken nur noch bedingt. Gesellschaftliche und technische Auslöser machen einen neuen Denkansatz notwendig. Um den Wandel zwischen Konsolidierung und Fachkräftemangel zu bewältigen, ist ein systemisches ("vernetztes") Herangehen an Veränderungen in öffentlichen Verwaltungen notwendig. Gerade Führungskräfte im mittleren Management sind dabei besonders gefordert. 1 "Vuca-Welten“: Vor welchen Herausforderungen öffentliche Verwaltungen stehen Moderne Organisationsgestaltung für öffentliche Verwaltungen funktioniert „an- „Vuca“-Welten ders“ als bisher. Organigramme, Stellenbeschreibungen, Verfahrensvorschriften und ähnliche Artefakte klassischer Organisationsarbeit haben hier zwar nach wie vor ihren Platz, spiegeln aber nicht den zentralen Kern dessen wider, worum es aktuell und künftig geht. „Unsicherheit ist keine angenehme Voraussetzung, Gewissheit jedoch eine absur- de.“ Dieser Gedanke von Voltaire scheint heute aktueller denn je. Grund dafür ist eine sich scheinbar „immer schneller drehende Welt“ um die öffentlichen Verwal- tungen. In einer solchen „Vuca-Welt“ (Vuca steht für volatil = flüchtig, beweglich – unsicher – komplex – ambiguitativ = mehrdeutig) wächst die Kluft zwischen der Dynamik von (internen und externen) Erwartungen und den zu ihrer Befriedigung zur Verfügung stehenden Ressourcen [Eppler 2015]. Digitalisierung, demographi- scher Wandel mit Generationenwechsel und Budgetdruck, so die aktuelle Studie des „Zukunftspanel Staat und Verwaltung 2015“, gestalten sich als zentrale Heraus- forderungen der Zukunft, denen sich öffentliche Verwaltungen stellen müssen [Wegweiser Research & Strategie, Hertie School of Governance 2015]. Doch wie können demographieorientierte, kluge Personalpolitik und zeitgemäße Organisati- onsentwicklung in kommunalen Verwaltungen gelingen? Worauf kommt es dabei an? Mühen sich öffentliche Verwaltungen nicht schon seit Jahren redlich, der wachsen- Modernisierung den Dynamik in der Umwelt zu entsprechen? Das ist sicher zutreffend. Die zahlrei- der Verwaltung chen Projekte der Verwaltungsmodernisierung mögen Beleg dafür sein. Diese rei- chen von der Überarbeitung von Strukturen über Bemühungen um mehr Transpa- renz im Ressourcenverbrauch, die Einrichtung von aus Kundensicht „bequemen Ladentheken“ (Stichworte: Telefonische Servicecenter 115, EU-Dienstleistungs- richtlinie), die Einrichtung spezialisierter Leistungserbringer (Stichworte: Dienstleis- tungszentren, Shared Service Center), „Ombudsleute“ (Beauftragte für aktuell- politische Fragestellungen, z. B. Migration) bis hin zu spezifischen Aktionen zur Verbesserung der Kommunikation mit verschiedenen Teilöffentlichkeiten (Stich- worte: Open Data, Informationszugang). Doch vermögen es diese eher formalisier- ten und segregierten Ansätze nicht, Antworten auf die modernen Herausforderun- gen für öffentliche Verwaltungen zu geben [Bischoff et al. 2014]. LSA VERM 1/2016 Prof. Dr. Dirk Furchert Systemische Führung in unsicheren Zeiten 8 Demografische Die Verwaltungen aller Ebenen stehen vor gravierenden Herausforderungen. Deren Herausforderung Auslöser sind gesellschaftliche Entwicklungen (z. B. der Wertewandel), der dynami- sche technologische Umbau durch die Digitalisierung (z. B. Industrie 4.0) und der bevorstehende Generationenwechsel mit massiven Einschnitten bei dem zur Verfü- gung stehenden Arbeitskräftepotenzial. Allein der demografische Wandel führt, wie die Abbildung 1 zeigt, zu umfangreichen Auswirkungen auf die Arbeitswelt in öffent- lichen Verwaltungen. Zu ihnen gehören Nachwuchsprobleme, eine Kluft zwischen steigenden Anforderungen an die Qualifikation und dem qualitativ zur Verfügung stehenden Personalbedarf. Hinzu kommen ein Verlust von Know-how, insbesonde- re an Erfahrungswissen, Leistungspotenzial und steigende Kosten für das Gesund- heitsmanagement. Abb. 1: Überblick über die Zusammenhänge im Zeichen des demografischen Wandels [Armutat et al. 2009] Sicht auf den Der Hebel für einen tiefer greifenden Wandel in Struktur, Form und Arbeitsweise Menschen von Verwaltungen liegt nach Einschätzung des Verfassers deshalb an anderer Stelle. Anstelle einzelner Maßnahmen, die sich bemühen, isolierte Phänomene „in den Griff“ zu bekommen, ist ein in sich geschlossenes, systemisches Bündel von Schrit- ten notwendig. Dieses unterscheidet sich im Kern von den tradierten, oben ge- schilderten Vorgehensweisen dadurch, dass es weniger Formalia (im Sinne von Ordnung, Vorschriften, Regelungen, technischen Details), sondern vielmehr den Menschen in der Organisation als entscheidenden Hebel zur Bewältigung der Prob- leme sieht. Umfassende Um es anders auszudrücken: Ein „Immer mehr vom Gleichen für alle“ bringt Ver- Eingriffe nötig waltungen nicht weiter. Umfangreiche Probleme, die in der Tabelle 1 dargestellt sind, erfordern umfassende Eingriffe in die Verwaltungen. Gezielte Maßnahmen der Organisationsgestaltung und -Entwicklung, präzise dosiert und optimal miteinander abgestimmt, sind stattdessen notwendig. Variationen im Denken und ein „sich ein- Prof. Dr. Dirk Furchert Systemische Führung in unsicheren Zeiten 9 LSA VERM 1/2016 lassen“ auf systemisches Denken, Führen und Handeln sind gefragt. Dieses Heran- gehen ist gerade für öffentliche Verwaltungen nicht leicht, da es sich vom tradierten „linearen“ (scheinbar „klaren“ Ursache-Wirkungs-)Denken unterscheidet. Es ist jedoch der einzige Weg, um mit Komplexität und Dynamik in „Vuca“-Welten an- gemessen umzugehen. HerausforderungenHandlungsoption FachkräfteverlustTalentmanagement Stärkenorientiertes Führen Lebensphasenorientiertes Personalmanagement Komplexität kultivierenSystemisches Denken und Handeln WissensverlustCommunities of Practice Mentorenmodelle Checklisten Wiki-Systeme Führung im WandelLeadership statt Management Führungskräfteentwicklung Wertschätzende Führung Systemische Führung GenerationenwechselAltersgemischte Teams Alternsgerechtes Arbeiten ArbeitsverdichtungAgile Arbeits- und Informationsorganisation Strategisches Denken und Handeln Systemische Steuerung Tab. 1: Herausforderungen und Handlungsoptionen (eigene Darstellung) Um den Wandel zwischen Konsolidierung und Fachkräftemangel zu bewältigen, ist Systemisches Agieren eine veränderte Sicht auf Organisationsentwicklung notwendig. Systemisches („ver- netztes“) Herangehen vermag die drei verschiedenen Perspektiven (kulturelle, soziale und technisch-instrumentelle Organisation) und die sieben Ebenen einer Organisation (Identität, Strategiekonzepte, Aufbau und Führung, Mitarbeiter und ihre Beziehungen, Funktionen, Abläufe sowie materielle Ressourcen) so zu beein- flussen, dass nicht ein „Mit-sich-selbst-beschäftigen“ dabei zentraler Motivator ist. Vielmehr müssen Verwaltungen so „beeinflusst“ werden, dass relevante Impulse Resonanz im inneren „System“ erzeugen und die eigene Veränderungsbereitschaft für Effizienz, Effektivität und klare Kundenorientierung wieder wecken und stärken.

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LVERMGEO

Tags: Magdeburg ? Flechte ? Demografischer Wandel ? Regeltechnik ? Open Data ? Öffentliche Verwaltung ? Studie ? Wertewandel ? Schule ? Ressourcenverbrauch ? Verfahrensvorschrift ?

License: all-rights-reserved

Language: Deutsch

Persons

Issued: 2016-04-28

Modified: 2016-04-28

Time ranges: 2016-04-28 - 2016-04-28

Status

Quality score

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