Description: Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Dezernat Bodenschutz/Altlasten Halle (Saale), 18.12.2002 Hausruf: -440/-441/-443 Schadstoffbelastung in Hochwassersedimenten (Schlussbericht) Veranlassung Mit Schreiben des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt vom 21.08.2002 wurde das Landesamt für Umweltschutz aufgefordert, ein Untersuchungsprogramm in den Überschwemmungsgebieten durchzuführen. Durch Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt vom 06.09.2002 wurde das vom Landesamt für Umweltschutz vorgeschlagene Untersuchungsprogramm bestätigt und ver- fügt, die Berichte der Schadstoffbelastung in Hochwassersedimenten regelmäßig nach Eingang von Untersuchungsergebnissen fortzuschreiben. Nach Möglichkeit sollten auch Untersuchungsergebnisse anderer Stellen einbezogen und nach einheitlichen Gesichtspunkten bewertet werden. Nach Eingang letzter Laborergebnisse wird hiermit der Schlussbericht vorgelegt, er ergänzt die Zwischenberichte vom 30. August und 30. September. Untersuchungsziel Die vom Landesamt für Umweltschutz und anderen Stellen vorgenommenen Untersuchungen dienten dem Ziel, Hinweise auf die Schadstoffbelastung zu erhalten, die in den überschwemmten bzw. über- fluteten Gebieten durch das extreme Hochwasser selbst und die Ablagerung der Sedimente entsteht. Mit den Untersuchungen verfolgten weder das Landesamt für Umweltschutz noch die anderen unter- suchenden Stellen das Ziel einer Gefährdungsabschätzung nach den Vorschriften der Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung. Diesen Anspruch können die mehr oder weniger an zufällig gewählten Stellen gezogenen Proben trotz aller Sorgfalt bei der Probennahme nicht erfüllen. Die ge- wonnenen Untersuchungsergebnisse werden zwar mit Prüf- und Maßnahmenwerte der Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung verglichen, doch konnten die Anforderungen der Verordnung an die Planung von Bodenuntersuchungen1 nicht eingehalten werden. Weil eine Gefährdungsabschätzung im Sinne des Bodenschutzrechts weder möglich noch beabsich- tigt war, stand im Vordergrund des Interesses die Frage, ob nach dem Hochwasser vom August 2002 andere als aus den Vorjahren bekannte Verhältnisse festzustellen sind. Dieses Untersuchungsziel ist am besten zu erfüllen, wenn an jenen Stellen Proben gezogen werden, zu denen aus früheren Pro- bennahmen bereits Untersuchungsergebnisse vorliegen - alle vom Landesamt für Umweltschutz ge- zogenen Proben stammen von solchen Stellen. Sofern bei diesen Untersuchungen außerdem Hinweise darauf entstehen, dass Prüf- oder Maßnah- menwerte nicht nur zufällig, sondern regelmäßig überschritten werden, ist vom Vorliegen von Anhalts- punkten im Sinne des Bodenschutzrechts zu sprechen. Die zuständigen Bodenschutzbehörden sollen dann die nach Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung notwendigen Maßnahmen treffen. Probennahmen Im Zeitraum vom 23.08.02 bis 07.10.02 wurden auch vom Landesamt für Umweltschutz Proben aus den Überschwemmungsgebieten und den durch Deichbrüche überfluteten Gebieten gezogen. In Ab- stimmung mit anderen Behörden des Landes Sachsen-Anhalt betrafen die Beprobungen die freie Flä- che und nicht die kommunalen Innenbereiche. Die Probennahmen erfolgten mehrheitlich dort, wo schon aus früheren Untersuchungen Ergebnisse vorlagen. Abbildung 1 (S. 4) zeigt typische Verhältnisse in den Überschwemmungsgebieten zum Zeitpunkt der Probennahmen. Wenige Tage nach Ablaufen des Hochwassers steht im tiefergelegenen Gelände noch immer Wasser, während an benachbarten Stellen der Boden bereits wieder fest und trocken ist. Im Bild befindet sich die Elbe im Rücken des Betrachters etwa 400 Meter entfernt. Der Blick ist über das hier als Grünland genutzte Überschwemmungsgebiet auf den Deich gerichtet. Der Grün- landaufwuchs ist gänzlich abgestorben und wurde vom Wasser in Strömungsrichtung flach auf den Boden gewalzt. Unter der Wasserlast entstand eine glatte Grasschicht (ähnlich Skisprungmatten), 1 Die Beprobung einer Fläche hat nach den Vorschriften der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung im Rasterverfahren zu erfol- gen. Bei Flächen bis zehn Hektar sind bis zu zehn, mindestens aber drei aus 15…25 Einzeleinstichen zusammengestellte Proben vorge- schrieben, gleiche Bodenbeschaffenheit vorausgesetzt. Bei mehr als zehn Hektar großen Flächen überlagert die wechselnde Bodenbe- schaffenheit in der Regel die hier geringer mögliche Beprobungsdichte. Zum Vergleich: Das Landesamt für Umweltschutz hat nur 75 Pro- ben aus dem mehrere Hundert Quadratkilometer(!) großen überschwemmten bzw. überfluteten Gebiet gezogen. Seite 1 Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Dezernat Bodenschutz/Altlasten Halle (Saale), 18.12.2002 Hausruf: -440/-441/-443 welche die Strömungsgeschwindigkeit vermutlich kaum verringerte. Die Sedimentablagerung war an vielen Stellen gering und erschwerte die Probennahme. Wo in Senken, Wirbelzonen und anderen Stellen hingegen die Strömungsgeschwindigkeit genügend verringert wurde, findet sich ein für die Probennahme ausreichendes Sediment. Die Schichtstärke beträgt aber selten mehr als wenige Millimeter. Ein Schmutzfilm haftet hingegen an allen vom Wasser berührten Oberflächen. Ergebnisse Insgesamt liegen Untersuchungsbefunde von 176 verschiedenen Stellen vor, an denen Proben von Sedimenten, Boden, Raumluft oder auch Pflanzen gezogen wurden2. Das Hauptinteresse bestand an der Aussage, welche Veränderungen das Hochwasser bewirkte. Im Ergebnis ist festzustellen, dass durch das Hochwasser im August 2002 keine Verschlechte- rung der stofflichen Belastung der Böden in den Überschwemmungsgebieten der Elbe und Mulde eingetreten ist. Im Wesentlichen unterscheiden sich die Beprobungsergebnisse vor und nach dem Hochwasser nicht. Abbildung 2 (S. 6) zeigt Diagramme der Unterschungsergebnisse von Schwermetallen und Arsen für die Überschwemmungsgebiete der Elbe. Die Werte wurden über die Länge des Flusses angeordnet und nach Werten 'vor dem Hochwasserereignis' und 'nach dem Hochwasserereignis' getrennt. In allen Diagrammen liegen die aktuellen Werte in offensichtlicher Übereinstimmung mit früheren Untersu- chungen. Auffällig ist die große Schwankungsbreite. Bedingt durch die auf kleinem Raum stark wech- selnde Bodenbeschaffenheit werden am gleichen Flusskilometer sowohl hohe wie auch geringe Werte gemessen. Es konnten 184 einzelne Proben ausgewertet werden. Bei organischen Schadstoffen ist die Probenanzahl vergleichsweise gering. Gefundene Höchstwerte zeigt Tabelle 1 (S. 5). Organische Schadstoffe stellen mit Ausnahme der Überschwemmungsgebiete der Mulde kein sonderliches Problem dar. In der Muldeaue hat insbesondere die Kontamination mit beta-HCH schon im Jahre 1994 zum Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung geführt. Die bekanntgegebenen 62 Bodenuntersuchungen in kommunalen Bereichen weisen überwiegend Schadstoffbelastungen mit Kohlenwasserstoffen auf (Tabelle 2, S. 5). Die Probennahme erfolgte nicht an schon früher beprobten Stellen, auch kann oft nicht von Bodenproben gesprochen werden, weil Heiz- und Schmierölrückstände, Haufwerke vor Kanaleinläufen und ähnliches beprobt wurde. Refe- renzwerte früherer Beprobungen liegen also hier nicht vor. Die Bundes-Bodenschutz- und Altlasten- verordnung sieht gegenwärtig keine Prüf- und Maßnahmenwerte für Kohlenwasserstoffe vor. Hilfswei- se wurden zu Vergleichszwecken die "Empfehlungen der LAWA für die Erkundung, Bewertung und Behandlung von Grundwasserschäden" von 1994 herangezogen, die im Land Sachsen-Anhalt per Erlass für die Altlastenbearbeitung anzuwenden waren. Dort sind Orientierungswerte für Bodenbelas- tungen enthalten, die Einfluss auf das Grundwasser haben. Für Kohlenwasserstoffe ist ein Maßnah- menschwellenwert von 1.000 bis 5.000 mg/kg angegeben. Beim Vergleich der Messwerte ist festzu- stellen, dass lediglich fünf Proben (vier in Jeßnitz) über 5.000 mg/kg liegen, der Höchstwert wurde mit 12.500 mg/kg gemessen. In drei Fällen wurde die Raumluft in belasteten Gebäuden von Prettin auf Kohlenwasserstoffe, BTEX, LHKW und Lösungsmittel, mit speziellen Probenaufgabemethoden für die Spurenanalytik, analysiert. Die in dieser Untersuchung in Spuren gefundenen Verbindungen sind typische Schadstoffemissionen aus Kohlenwasserstoffmischungen (z.B. Diesel, Heizöl). Darüber hinausgehend wurden keine weite- ren Verbindungen gefunden. Die teilweise an (Nutz)Pflanzen gefundene Überschreitung zulässiger Schadstoffgehalte geht haupt- sächlich auf die äußere Verschmutzung mit Schwebstoffen zurück - ein Transfer von Schadstoffen aus dem Boden in die Pflanzen ist auch nach früheren Untersuchungen eher nicht anzunehmen. Ins- gesamt hat das Hochwasser im August 2002 die landwirtschaftlichen und gärtnerischen Pflanzenbe- 2 An 75 Stellen hat das Landesamt für Umweltschutz Proben gezogen (nur an 65 Stellen auch Sedimentproben). Bekanntgegebene Unter- suchungen wurden außerdem veranlasst durch die Landkreisverwaltungen Wittenberg, Bitterfeld, Jerichower Land und die Stadt Dessau an 65 Stellen (darunter drei Raumluftmessungen in Prettin), durch das Umweltforschungszentrum an zwölf Stellen (in Sachsen-Anhalt) und durch die amtliche Futtermittelüberwachung an 24 Stellen. Bei allen Probennahmen in den kommunalen Bereichen und einigen Pro- bennahmen der Futtermittelüberwachung, wurden keine Koordinaten erhoben; diese Proben können örtlich nicht zugeordnet werden. Seite 2 Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Dezernat Bodenschutz/Altlasten Halle (Saale), 18.12.2002 Hausruf: -440/-441/-443 stände mehr physisch vernichtet als dass ihre Verwertung durch die stoffliche Belastung einge- schränkt worden wäre. Die Beachtung der Handlungsempfehlungen, wie sie vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt gemeinsam mit dem Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen- Anhalt für den Umgang mit landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Flächen in den Über- schwemmungsgebieten herausgegeben wurden, mindert die Hochwasserauswirkungen auf die neue Vegetation. Alle ausgewerteten Untersuchungsergebnisse wurden in einem Tabellenwerk zusammengefasst. Dar- in sind auch jene Ergebnisse enthalten, welche sich aufgrund fehlender Koordinatenerfassung einer Auswertung im Landesmaßstab entziehen. Des Weiteren wurde eine Fotodokumentation der in Abbildung 3 (S. 4) im Übersichtsmaßstab gezeigten Probennahmeorte erstellt. Ausblick Dass durch das Hochwasserereignis im August 2002 keine Verschlechterung der stofflichen Belas- tung in den Überschwemmungsgebieten der Elbe und Mulde eingetreten ist, kann über die insgesamt bestehende Belastung nicht hinwegtäuschen. Den zuständigen Behörden3 obliegt es, den Anhalts- punkten für das Vorliegen schädlicher Bodenveränderungen nachzugehen. Die Forderungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung an die Beprobungsdichte empfehlen dabei eine Kon- zentration der Beprobungskapazitäten auf Teilflächen, wenn Vorkenntnisse eine Hypothese über die räumliche Verteilung der Schadstoffe gestatten. Bisherige Kenntnisse deuten auf eine enge Kopplung der stofflichen Belastung mit der Bodenbeschaf- fenheit hin, die ihrerseits von den Sedimentationsbedingungen und damit von der Geländegestalt ab- hängt. Bodenkartierungen im notwendig großen Maßstab sowie digitale Geländemodelle stehen je- doch nicht flächendeckend zur Verfügung. Eine Ausgrenzung der zu untersuchenden Teilflächen ist gegenwärtig nicht möglich. Erst eine beabsichtigte Scannerbefliegung der Überschwemmungsgebiete sowie die bodenkundliche Interpretation der vorliegenden digitalisierten Bodenschätzungsdaten kön- nen die Lücken schließen, wenn sie für die Ableitung eines Überschwemmungsmodells und für Aus- sagen zur Bodenbeschaffenheit benutzt werden. Auenböden sind durch kleinräumigen Wechsel der Bodenart gekennzeichnet. Sie können ein hohes Potential für die Rückhaltung von Schwermetallen und anderen Stoffen besitzen. So muss kein Anlass zur Besorgnis bestehen, wenn in den Überschwemmungsgebieten an manchen Stellen teilweise auch sehr hohe Schadstoffgehalte gefunden werden. Wo sich in den Überschwemmungsgebieten hingegen Böden befinden, die dieses Potential in der jahreszeitlichen Bilanz nicht besitzen, kann eine Gefahr im Sinne des Bodenschutzrechts bestehen. Hier sind dann weitere Untersuchungen erforderlich.4 3 Das sind für die Überschwemmungsgebiete der Elbe die Landkreise bzw. kreisfreien Städte Stendal (110,1), Anhalt-Zerbst (80,6), Witten- berg (78,1), Jerichower Land (49,0), Schönebeck (32,9), Dessau (24,1), Magdeburg (21,5), Ohrekreis (16,5), Köthen (9,3) und für die der Mulde Bitterfeld (28,6) und Dessau (13,0). In Klammern stehen die Überschwemmungsgebietsflächen in km². 4 Seit dem Jahre 2001 fördert das Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt ein Forschungsvorhaben des Umweltforschungszent- rums Leipzig-Halle zum Thema "Gefahrenabschätzung für Grundwasser und Nutzpflanzen bei erhöhten Gehalten von Cadmium, Zink, Kupfer, Chrom, Nickel, Blei, Quecksilber und Arsen in Auenböden der Elbe". Das im Frühjahr 2004 abzuschließende Vorhaben soll den zuständigen Behörden eine prototypische Bewertung der stofflichen Belastung in den Überschwemmungsgebieten bereitstellen. Seite 3
Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
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Language: Deutsch
Issued: 2006-09-21
Modified: 2006-09-21
Time ranges: 2006-09-21 - 2006-09-21
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