Description: Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Großpilze (Ascomycota p. p., Basidiomycota p. p.) Bestandssituation Ulla Täglich Einführung Von den über 6.000 in Deutschland vorkommenden Großpilzarten wurden nach gegenwärtigem Wissens- stand in Sachsen-Anhalt 3.232 Arten (incl. Varietäten und Formen) nachgewiesen, darunter 794 Ascomycota und 2.438 Basidiomycota. Die vorgelegte Liste basiert auf der „Checkliste der Großpilze Sachsen-Anhalts“ (Täglich 1999), für die die Literatur und alle anderen verfügbaren Quellen (Daten zahlreicher Mitarbeiter, nichtpublizierte Arbeiten, Fundlisten, Nachlässe sowie Herbarbelege) ausgewertet wurden sowie auf der „Pilz- flora von Sachsen-Anhalt“ (Täglich 2009). Bearbeitungsstand, Datengrundlagen Pilzfloristik hat in Sachsen-Anhalt eine lange Tradi- tion. Bereits ältere historische Werke der Botanik füh- ren einzelne Pilzarten mit Angaben aus dem Gebiet, z. B. Thal (1577) oder Silberschlag (1779). Mit der Entwicklung der wissenschaftlichen Mykologie setzte auch hier verstärkt die mykofloristische Erfassung des Arteninventars ein. In verschiedenen Lokal- oder Ge- bietsfloren von Leysser (1761, 1783), Sprengel (1806, 1807, 1832), Schwabe (1839), Wallroth (1815, 1833), Garcke (1856) und Staritz (1903, 1913, 1917) wer- den auch Pilze im Rahmen der Kryptogamenerfassung genannt. Im 20. Jahrhundert wurde die Pilzfloristik weiter vorangetrieben. Karl Kersten, Lehrer und auto- didaktischer Mykologe, ist es zu verdanken, dass zahl- reiche Pilzfreunde, vor allem aus dem großen Kreis der Pilzberater heraus, gewonnen wurden, um Daten zum Pilzvorkommen zusammenzutragen. Später bildete sich unter dem Dach des Kulturbundes der DDR eine Reihe mykologischer Fachgruppen, die territorial durch die Bezirksfachausschüsse bzw. republikweit durch den Zentralen Fachausschuss Mykologie angeleitet wurden. In diese Zeit fallen auch die Herausgabe der ersten Kar- tierungsserien und die Zielsetzung, Verbreitungskarten zu erstellen. Inzwischen sind zahlreiche Serien mit Ver- breitungskarten publiziert worden (Otto & Scholz 1996). Ein Meilenstein war die Herausgabe der „Pilzflora der Deutschen Demokratischen Republik“ (Kreisel 1987). Von ihr gingen neue Impulse aus, die zu erneutem Auf- schwung in der Pilzfloristik führten. So entstand durch den aus dem Bezirksfachauschuss Mykologie Halle (BFA) hervorgegangenen „Landesfachauschuss Mykologie im Naturschutzbund Deutschland e. V.“ (LFA) die bereits genannte Checkliste von Sachsen-Anhalt (Täglich 1999). Diese war als Vorarbeit zur „Pilzflora von Sach- sen-Anhalt“ (Täglich 2009) zu bewerten, die mit Un- terstützung durch den Landesverband des NABU beim Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie herausgegeben wurde. An ihr arbeiteten 25 Pilzfreunde, fast ausschließ- lich Amateurmykologen. Sie erfassten Fundmeldungen, bearbeiteten und bewerteten eine Vielzahl an Informa- tionen. Daraus resultierend sind in der nachstehenden Artenliste alle bisher für das Gebiet von Sachsen-Anhalt nachgewiesenen Großpilze enthalten. Die Nomenklatur ist mit der in Täglich (2009) identisch. Sie enthält die Vertreter der Basidiomycota und Ascomycota (exkl. der phytoparasitischen Arten). Die Auflistung der Arten erfolgt abweichend zur „Pilzflora von Sachsen-Anhalt“ in alphabetischer Rei- henfolge, getrennt nach Ascomycota und Basidiomy- cota. Dort richtete sich die Anordnung der Taxa ent- sprechend der systematischen Stellung nach Kirk et al. (2001). Die vorliegende Liste enthält alle Taxa, die in der „Pilzflora von Sachsen-Anhalt“ enthalten sind. Darüber hinaus sind ausgewählte Neufunde aufgenommen wor- den. Die deutschen Artnamen sind Täglich (2009) bzw. Bollmann et al. (2007) entnommen. Um eine Nachvoll- ziehbarkeit zu den in der Checkliste (Täglich 1999) ge- nannten Arten zu gewährleisten, werden die Artnamen, die in Täglich (2009) durch die dortigen Gattungsbear- beiter nicht mehr als gültig erachtet werden, in der Spal- te Synonyme genannt. Dort werden die zum unmittel- baren Verständnis notwendigen Synonyme aufgeführt. Der wärmeliebende Zweifarbige Knorpel-Porling (Gloeoporus dichrous) ist Folgezersetzer an Laubholz (Eiche, Birke, Weide). In Süddeutschland schon längere Zeit bekannt, wird er jetzt auch in Sachsen-Anhalt nachgewiesen. Jüdendorf, Oranien- baumer Heide, 14.11.2010, Foto: G. Hensel. 327 Mit Bearbeitung der Funga im Rahmen der nunmehr vorliegenden „Pilzflora von Sachsen-Anhalt“ war es für die Bearbeiter möglich, eine relativ objektive Einschät- zung der Verbreitung der einzelnen Arten im Bundes- land vorzunehmen (Bezugsraum). Dabei wird deutlich, dass die Verbreitung oft nicht hinreichend bekannt und die Kenntnis über mögliche Gefährdungsursachen un- zureichend ist. Vorrangig kommt dem Schutz und der Erhaltung des Lebensraumes, vor allem spezieller Bio- tope, die größte Bedeutung beim Artenschutz zu. Ganz besonders aufgrund veränderter Bewirtschaftung des in den letzten Jahrhunderten entstandenen Kulturlandes, wie beispielsweise durch fehlende Beweidung der Trif- ten, Aufforstung von Wiesen, Überführung von Nieder- wald in Hochwald sowie andere moderne Methoden der Bewirtschaftung und wegen des damit einhergehenden Einsatzes von Mitteln, die der Ertragsmaximierung die- nen, ist neben dem allgemein zu beobachtenden Land- verbrauch eine Veränderung der Kulturlandschaft zu verzeichnen. Pilze fruktifizieren nicht so regelmäßig wie Pflan- zen. Eine ganze Reihe äußerer Faktoren nimmt auf die Bildung von Fruchtkörpern aus dem eigentlichen Pilz, dem im Substrat verborgenen Mycel, Einfluss. Deshalb ist es schwierig, die wirkliche Bestandsentwicklung ein- zuschätzen. Dazu müssten die Beobachtungszeiträume sehr viel weiter gefasst werden. Die Spalten „Gefähr- dungsursachen“ und „Schutzmaßnahmen“ sind nur für ausgewählte Taxa ausgefüllt. Unter „Bemerkungen“ werden u. a. Hinweise auf Neomyceten (eingebürger- te bzw. ephemere Arten) nach Kreisel (2000), (2006) und DAISIE (2009) gegeben. In der Spalte „Nachweis“ wurde vor allem auf Täglich (2009), als „PF“ hinge- wiesen. Bei sehr seltenen und vor allem bei neu für Sachsen-Anhalt nachgewiesenen Arten wurden die entsprechenden Finder genannt und gegenfalls auf Li- teratur verwiesen. Wichtige Belege werden nach Index Herbariorum abgekürzt. Anmerkungen zu ausgewählten Arten Ascomycota 1) Holwaya mucida: Die Nebenfruchtform Crinula ca- liciiformis Fr., 1821 ist verbreitet. 2) Monilinia johnsonii: Das Konidienstadium ist ver- breitet, das Ascus-Stadium selten. Basidiomycota 3) Craterocolla cerasi ist vorwiegend im südlichen Sach- sen-Anhalt verbreitet. 4) Donkiopora expansa: Der Schutzstatus ist nicht ge- rechtfertigt. 5) Hydnellum aurantiacum: Inklusive H. floriforme, die von Täglich (2004) mit dem Rote-Liste-Status 0 ge- führt wird. 328 6) Phellinus igniarius: Die Art wird jetzt in verschiede- ne Varietäten unterteilt. 7) Phellinus torulosus ist vorwiegend in trockenwarmen Gebieten anzutreffen. 8) Piloderma croceum: Nur unbelegte historische An- gabe verfügbar. Literatur Andersson, H. (2006): LFA-Exkursion Harbke. – un- veröff. Manuskr. Bollmann, A.; Gminder, A. & Reil, P. (2007): Abbil- dungsverzeichnis europäischer Großpilze, 4. Aufl. – Jahrbuch der Schwarzwälder Pilzlehrschau, Vol. 2 – Hornberg, 301 S. Buch, R. (1940): Hypogäen im Gau Sachsen. – Zeit- schr. f. Pilzkunde 19: 90–94. DAISIE (Delivering Alien Invasive Species) (2009): Handbook of Alien Species in Europe (Invading Na- ture Springer Serie in Invasion Ecology). – Springer, Dordrecht, 400 S. Garcke, A. (1856): Flora von Halle. Band 2. Teil: Kryp- togamen. – Wiegandt, Berlin, 276 S. Kirk, P. M.; Cannon, P. F.; David, J. C. & Stalpers, J. A. (2001): Ainsworth & Bisby’s Dictionary of the fun- gi. 9th ed. –CAB International, Wallingford, 655 S. Kreisel, H. (1962): Die Lycoperdaceae der Deutschen Demokratischen Republik. – Feddes Repert. (Berlin) 64: 89–201. Kreisel, H. (Hrsg.) (1987): Pilzflora der Deutschen Demokratischen Republik. Basidiomycota (Gallert-, Hut- und Bauchpilze). – Fischer, Jena, 281 S. Kreisel, H. (2000): Ephemere und eingebürgerte Pilze in Deutschland. – In: NABU: Was macht der Hals- bandsittich in der Thujahecke? Zur Problematik von Neophyten und Neozoen und ihrer Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt. NABU-Natur- schutzfachtagung vom 12. bis 13. Februar 2000 in Braunschweig, Ratgeber Neobiota, Bonn S. 73–77. Kreisel, H. (2006): Global warming and mycoflora in the Baltic Region. – Acta mycol. (Warszawa) 41 (1): 79–94. Leysser, F. W. (1761): Flora Halensis exhibens plantas circa Halam Salicam crescentes secundum systema sexuale Linneanum distributas. – Selbstverl., Halae Salicae, 224 S. Leysser, F. W. (1783): Flora Halensis exhibens plantas circa Halam Salicam crescentes secundum systema sexuale Linneanum distributas. Editio altera et refor- mata. – Selbstverl., Halae Salicae, 305 S. Otto, P. & Scholz, P. (1996): Verbreitung von Pilzen (incl. Flechten); Übersicht über die ostdeutschen Karten. – unveröff. Manuskr. des BFA Mykologie im Naturschutzbund Deutschland e.V. Peitzsch, J. (1995): LFA-Exkursion Grillenberg II. – Großpilze (Ascomycota, Basidiomycota) unveröff. Manuskr. Peitzsch, J. (2003): LFA- Frühjahrsexkursion Hainro- de. – unveröff. Manuskr. Russwurm, H. (1992): LFA-Exkursion Bremer Teich bei Gernrode. – unveröff. Manuskr. Schultz, T. (1995): Beiträge zur Pilzflora des Kreises Wernigerode. AMW, AG-Info 2/95. – unveröff. Ma- nuskr. Schultz, T. (2004): 15 Neufunde für den Nationalpark Harz. – unveröff. Manuskr. Schultz, T. (2007): LFA-Exkursion Drei Annen. – un- veröff. Manuskr. Schwabe, S. H. (1839): Flora Anhaltina. – Reimer, Be- rolini, 425 S. Silberschlag, J. E. (1779): Beschreibung des Brocken- berges. – Beschäftigungen berlinische. Ges. Natur- forsch. Freunde (Berlin) 4: 332–407. Sprengel, K. (1806): Florae Halensis tentamen novum, cum iconibus XII. – Kümmel, Halle, 420 S. Sprengel, K. (1807): Mantissa prima Florae Halensis addita novarum plantarum centuria. – Kümmel, Hal- le, 58 S. Sprengel, K. (1832): Flora Halensis. Editio secunda aucta et emendata. Sectio II Cryptogamica. – Küm- mel, Halle, 763 S. Staritz, R. (1903): Beiträge zur Pilzkunde des Herzog- tums Anhalt. – Verh. Bot. Ver. Prov. Brandenb. (Ber- lin) 45: 59–96. Staritz, R. (1913): Zweiter Beitrag zur Pilzkunde des Herzogtums Anhalt. – Verh. Bot. Ver. Prov. Bran- denb. (Berlin) 55: 55–86. Staritz, R. (1917): Dritter Beitrag zur Pilzkunde des Herzogtums Anhalt. – Verh. Bot. Ver. Prov. Bran- denb. (Berlin) 59: 62–111. Täglich, U. (1998): LFA-Exkursion Hohes Holz. – un- veröff. Manuskr. Täglich, U. (Hrsg.) (1999): Checkliste der Pilze Sach- sen-Anhalts. – Ber. Landesamt. Umweltschutz Sach- sen-Anhalt (Halle) SH 1/1999: 1–216. Täglich, U. (2003): Gesamtfundliste BFA-Tagung Gün- tersberge. – unveröff. Manuskr. Täglich, U. (Hrsg.) (2004): Rote Liste der Großpilze des Landes Sachsen-Anhalt. – Ber. Landesamt. Um- weltschutz Sachsen-Anhalt (Halle) 39: 74–90. Täglich, U. (2009): Pilzflora von Sachsen-Anhalt (As- comycota, Basidiomycota, Aquatische Hyphomy- ceten). – Hrsg. Leibniz-Institut für Pflanzenbioche- mie [in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund Sachsen-Anhalt e.V.]. – Halle (Saale), Weissdorn Verlag Jena, 719 S. Thal, J. (1588): Sylva Hercynia. – In: Rauschert, S. (1977): Johannes Thal, Sylva Hercynia. Neu her- ausgegeben, ins Deutsche übersetzt, gedeutet und er- klärt von Stephan Rauschert. – Zentralantiquariat der DDR, Leipzig, 133 S, 9 Tafeln. Wallroth, C. F. W. (1815): Annus botanicus sive sup- plementum tertium ad Curtii Sprengel Floram Ha- lensem. – Kümmel, Halle, 200 S. Wallroth, C. F. W. (1833): Flora Cryptogamica Ger- maniae. Pars posterior, continens Algas et Fungos. – Schrag, Nürnberg, 923 S. Anschrift der Verfasserin Ulla Täglich Alte Lauchstädter Straße 22 06217 Merseburg E-Mail: ulla.taeglich@web.de Tab. 07.1 (Schlauchpilze) und Tab. 07.2 (Ständerpilze) Zusätzliche Abkürzungen: Bezugsraum (BR) Die Unterteilung des Bezugsraums „Tiefland“ wurde nicht bei jeder Art vorgenommen: Auegebiet TA Pleistozänes Tiefland TP Börde TB Angabe des Bezugsraums in Klammer ( ): dort selten. Bestandssituation (BS) ss sehr selten (1–5 Fundstellen) s selten (6–10 Fundstellen) mh mäßig häufig (11–20 Fundstellen) h häufig (21–50 Fundstellen) sh sehr häufig (> 51 Fundstellen) Rote Liste (RL) Bezug auf Täglich et al. (2004) Bemerkungen (Bm) WF Wiederfund 1)–8) Anmerkungen zu einzelnen Arten 329
Origins: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
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Language: Deutsch
Issued: 2016-12-28
Modified: 2016-12-28
Time ranges: 2016-12-28 - 2016-12-28
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