Description: Waschbär – Management- und Maßnahmenblatt zu VO (EU) Nr. 1143/2014 Seite 1 Waschbär Management- und Maßnahmenblatt 1 Metainformationen 1.1 Dokument Management- und Maßnahmenblatt zu VO (EU) Nr. 1143/2014 1.2 Rechtlicher Bezug • Verordnung (EU) Nr. 1143/2014, hier „VO“ genannt • Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141, hier „Unionsliste“ genannt 1.3 Version Nach Öffentlichkeitsbeteiligung, Stand: Februar 2018 1.4 Ziele dieses Dokumentes • Das vorliegende Dokument beschreibt die Managementmaßnahmen nach Art. 19 der VO. • 2 Artinformationen 2.1 Betroffene Art/ Artengruppe Waschbär 2.2 Wissenschaftlicher Name Procyon lotor Linnaeus 1758 2.3 Status, Verbreitung und Datenlage Status in Deutschland: etabliert Status und Verbreitung im Bundesland: siehe länderspezifische Anlage Datenlage: überwiegend gut (gesichert) 2.4 Wesentliche Einführungs-, Ausbringungs- und Ausbreitungspfade • Der Waschbär wurde im vergangenen Jahrhundert gezielt angesiedelt, daneben haben entkommene Farmtiere zur Etablierung der Wildpopulation beigetragen. • Starkes Populationswachstum führte zur spontanen Ausbreitung, wodurch bundesweit nahezu flächendeckend alle Landschaftstypen besiedelt wurden. 3 Nachteilige Auswirkungen Nachteilige Auswirkungen auf Ökosysteme: • Prädation durch Waschbären stellt eine erhebliche Gefahr für die in Deutschland vom Aussterben bedrohte Europäische Sumpfschildkröte (Schneeweiß & Wolf 2009) und lokal auch für stark gefährdete Amphibienarten wie z. B. die Gelbbauchunke dar. • Der omnivore und ökologisch äußerst anpassungsfähige Waschbär kann effektiv Baumverstecke wie Spalten und Höhlungen und auch künstliche Nisthilfen auf Nahrung kontrollieren. Er ist dabei wahrscheinlich autochthonen Prädatoren (u. a. Baummardern) überlegen. Daher ist der Waschbär vermutlich in der Lage, zusätzlich Verluste bei Fledermäusen (Rasper 2000) und höhlen- sowie baumbrütenden Vögeln (u. a. Günther & Hellmann 2002; Schwab 2015) zu verursachen. Waschbär – Management- und Maßnahmenblatt zu VO (EU) Nr. 1143/2014 • Seite 2 Relativ häufig wurden Waschbären in jüngerer Vergangenheit als Prädatoren bei Greifvögeln und koloniebrütenden Vogelarten (besonders Graureiher und Kormoran) sowie an (insbesondere flachen, temporären) Amphibiengewässern beobachtet. Für den Rückgang des Graureihers und insbesondere den Verlust an teilweise über Jahrzehnte bestehenden Großkolonien wird der Waschbär als Verursacher angenommen (Helbig 2011). Zumindest lokal kann der Waschbär auch bei anderen Greifvogelarten und Amphibien (insbesondere Gelbbauchunke) Rückgänge durch Prädation von Eigelegen und Nestlingen bzw. Kaulquappen und Adulten verursachen (Beinlich 2012, Nicolai 2006, Nehring et al. 2015, Schneeweiß 2016). Inwieweit dadurch großräumig eine Gefährdung dieser Arten verursacht wird, ist ungeklärt. Die schon längerfristig bestehenden Verbreitungsschwerpunkte mit hohen Dichten des Waschbären in Brandenburg und Hessen weisen keine geringere Verbreitung von Graureiher und Greifvogel-Arten auf (Gedeon et al. 2014), verglichen mit den Bereichen Deutschlands, in denen dieses Neozoon noch selten ist. Eine Untersuchung zum Nahrungsspektrum des Waschbären im Müritz‐Nationalpark (Mecklenburg‐Vorpommern) formuliert als Ergebnis, dass bestandsgefährdende Auswirkungen des Waschbären auf naturschutzrelevante heimische Arten nicht bestätigt werden können (Michler o. J.). Der Nachweis, ob und in welchem Umfang der Waschbär in bestimmten Gebieten unter den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen eine lokale Bestandsgefährdung heimischer Arten verursachen kann, bleibt in jedem Einzelfall aufwändig und schwierig. • Wie andere Prädatoren kann auch der Waschbär Gelegeverluste bei gefährdeten Bodenbrütern verursachen. • Als Vektoren u.a. für Staupe oder auch Leptospirose können Waschbären auch andere geschützte Tierarten wie den Luchs infizieren. Nachteilige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit: • Der Waschbär kann den ebenfalls aus Nordamerika eingeschleppten Spulwurm Baylisascaris procyonis auf Menschen übertragen. Krankheitsfälle sind in Deutschland allerdings bislang extrem selten (nur ein wahrscheinlicher Fall: Bauer et al. 1992, Küchle et al. 1993), obwohl der Spulwurm in der deutschen Waschbärenpopulation mittlerweile häufig ist (Gey 1998, Helbig 2011). Die Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung sind in Deutschland unerheblich. In Nordamerika sind durch diesen Parasiten hervorgerufene Erkrankungen ebenfalls sehr selten, es sind aber Einzelfälle schwerer Krankheitsverläufe sowie Todesfälle bekannt (u. a. Park et al. 2000; Fox et al. 1985). • In Amerika stellen neben Stinktieren, Fledermäusen und Füchsen Waschbären die Hauptreservoire der klassischen Tollwut dar (http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Tollwut.html) Nachteilige Auswirkungen auf die Wirtschaft: • In Einzelfällen und lokal verursacht der Waschbär wirtschaftliche Schäden, z. B. an Feldfrüchten (z. B. milchreifer Mais), Obst, Geflügel oder durch Zerstörung von Dämmmaterialien, Verschmutzung und anderweitige Belästigung in Gebäuden. Die Schäden an Gebäuden können teilweise erheblich sein, sind aber gesamtwirtschaftlich betrachtet unerheblich. Waschbär – Management- und Maßnahmenblatt zu VO (EU) Nr. 1143/2014 Seite 3 4 Maßnahmen 4.1 Ziele des Managements • Kontrolle der negativen Auswirkungen des Waschbären auf heimische Arten. • Eindämmung der Weiterverbreitung über geographische Grenzen, die die Art ohne Hilfe des Menschen nicht oder nur sehr schwer überwinden kann. In Deutschland betrifft dies in erster Linie bislang von der Art unbesiedelte Nord- und Ostseeinseln. • Lokale Populationskontrolle in Bereichen, in denen der Waschbär eine erhebliche Gefährdung oder möglicherweise sogar das Aussterben heimischer Arten verursachen kann. Dies betrifft in Deutschland in erster Linie die Vorkommensgebiete der Europäischen Sumpfschildkröte und lokale Populationen gefährdeter Amphibienarten (z. B. der Gelbbauchunke) sowie Brutgebiete gefährdeter oder besonders schutzbedürftiger Vogelarten. • Regulierung des Umgangs mit in menschlicher Obhut befindlichen Waschbären • Öffentlichkeitsarbeit zur Verminderung der direkten und indirekten anthropogenen Förderung der Art 4.2 Managementmaßnahmen M 1: Anbringen von Überkletterschutzmanschetten an Horst- und Höhlenbäumen gefährdeter oder besonders schutzbedürftiger Arten (vgl. Gleichner & Gleichner 2013; Schönbrodt 2015) Aufwand und Wirksamkeit: Bei Nutzung von Wellpolyester mit einem durchschnittlichen m²- Preis von ca. 15,00 € und einem durchschnittlichen Bedarf von einem 1x2 m großem Stück zur Sicherung eines Brutbaumes fallen pro geschütztem Baum an reinen Materialkosten durchschnittlich etwa 30,00 € an (Schönbrodt 2015). Derzeit nicht bilanziert werden können die Kosten für die Anbringung, Kontrolle und Beseitigung der Schutzvorrichtung sowie für die Ermittlung der Horstbäume, da diese Arbeiten (z. B. in Sachsen-Anhalt) überwiegend auf ehrenamtlicher Basis erfolgen. In der Regel sicher wirksame Maßnahme. Zu beachten ist, dass ggf. mehrere Bäume geschützt werden müssen, um ein Überklettern des Waschbären von Nachbarbäumen zu verhindern. Ergänzend oder als Alternative kommt auch das Entfernen von als „Brücke“ wirkenden Ästen infrage (rechtzeitig vor der Brutzeit). Als Überkletterschutz können auch andere Materialien wie beispielsweide PET Verglasungsfolie zum Einsatz kommen. Regelmäßige Kontrolle auf Beschädigung. Ist der Schutz nicht mehr erforderlich oder unbrauchbar geworden, ist für eine ordnungsgemäße Beseitigung/Entsorgung zu sorgen. In Gebieten, in denen regelmäßig Fälle illegaler Greifvogelverfolgung auftreten, empfiehlt sich diese Maßnahme nicht. Wirkung auf Nichtzielarten: Keine negativen Auswirkungen. Erfolgskontrolle: Durch Prüfung des Reproduktionserfolgs der Zielarten. M 2: Einzäunung (mit Überkletterschutz) von Vorkommensgebieten gefährdeter Arten (z. B. Bodenbrüter, Europäische Sumpfschildkröte) Beschreibung: Bei geeigneter Ausführung der Einzäunung kann auch der Waschbär ziemlich sicher ausgeschlossen werden. Empfehlenswert sind insbesondere feste Einzäunungen mit zusätzlicher Sicherung durch Stromlitzen. Gegenüber Marderartigen (außer Dachs) ist die Einzäunung kaum wirksam. Ist der Schutz nicht mehr erforderlich oder unbrauchbar geworden, ist für eine ordnungsgemäße Beseitigung/Entsorgung zu sorgen. Aufwand und Wirksamkeit: Gegenwärtig sind pro Kilometer Zaunlänge mit Untergrabe- und Überkletterschutz mit Kosten von ca. 42.000,00 € pro km Zaunlänge zu veranschlagen. So kostete ein 2012 gebauter Schutzzaun im Havelländischen Luch (30 ha, 2,4 km Zaunlänge) 100.000,00 €. Derzeit nicht bilanziert werden können die Kosten für Zaunkontrolle,
Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
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Language: Deutsch
Issued: 2018-08-17
Modified: 2018-08-17
Time ranges: 2018-08-17 - 2018-08-17
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