Description: Rote Liste der Großpilze des Landes Sachsen-Anhalt Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Bearbeitet von Ulla TÄGLICH unter Mitarbeit von Heinrich DÖRFELT, Gunnar HENSEL, Manfred HUTH, Wolfgang HUTH und Dieter PENKE (3. Fassung, Stand: Februar 2004) Verbreitungs- und Gefährdungsgrades beurteilt. Eine Reihe von Irrtümern oder Fehlern der vorhe- rigen Roten Liste konnten durch diese Herange- hensweise ausgeräumt werden. So wurden z.B. bei den hypogäisch wachsenden Pilzen (Basidio- myceten und Ascomyceten) aus den neuen Er- kenntnissen heraus verschiedene Arten anders bewertet, u.a. Tuber aestivum VITT. von Kat. 1 in Kat. 3; Arcangeliella borziana CAVARA von Kat. 2 in Kat. 3; Hysterangium crassum (TUL. & C.TUL.) E.FISCHER und Hysterangium pompholyx TUL. & TUL. von Kat. P in Kat. 3. Darüber hinaus mussten vor allem zahlreiche neu- und auch wiedergefun- dene Arten kritisch eingeschätzt und davon viele in die Rote Liste aufgenommen werden (u.a. 24 neu aufgenommene hypogäische Arten). Einführung und Datengrundlagen Die Pilze gehören mit bisher über 3.000 in Sach- sen-Anhalt nachgewiesenen Spezies zu einer der größten Artengruppen, die in den Roten Listen betrachtet werden. Nach vorsichtigen Schätzun- gen gibt es in Deutschland über 6.000 Großpilz- arten. Man muss davon ausgehen, dass bedingt durch die reiche Biotopausstattung in unserem Bundesland eigentlich mit einer höheren Arten- zahl zu rechnen ist. Im Jahre 1989 entstand die erste Rote Liste der ausgestorbenen, verschollenen und gefährdeten Großpilze der Bezirke Halle und Magdeburg (RICHTER & DÖRFELT 1989). Resultierend aus der Erarbeitung der Roten Liste (2. Fassung) der Großpilze von Sachsen-Anhalt (DÖRFELT & TÄGLICH 1992) wurde eine Checkliste aller bisher im Land nachgewiesenen Arten erstellt (TÄGLICH et al. 1999). Sie enthält neben den Taxa die publizier- ten und nicht publizierten Quellen zu Pilzvorkom- men im Bundesland. Die Arbeiten an dieser Checkliste und fortgesetzte Kartierungstätigkeit führten im Vergleich zu dem Stand vor 10 Jahren zu einem erheblichen Erkenntniszuwachs und verbessertem Durchforschungsgrad der Flora. Trotz all dem gibt es noch immer viele Probleme: Probleme bei der Bestimmung schwieriger Gat- tungen, Probleme der Taxonomie und nach wie vor weiße Flecken bei der Erfassung der Arten des Gebietes. Allerdings erfolgte die Kartierungs- tätigkeit viel intensiver und es wurden genauere Kenntnisse über Vorkommen von Pilzarten in Sachsen-Anhalt gewonnen. Im Moment wird auf dieser Datenbasis die Pilzflora des Landes Sach- sen-Anhalt erarbeitet. Mit ihrer Fertigstellung kön- nen Verbreitungs-, Bestands- und Rückgangsten- denzen der einzelnen Arten wesentlich besser ein- geschätzt werden. Von einer großen Artenanzahl ist es noch immer nicht möglich, Verbreitung, Bestand oder mögliche Rückgangstendenzen einzuschätzen und zu erken- nen. Diese Arten wurden in die Kat. D Daten defizi- tär eingestuft. Sie sind ausdrücklich nicht Bestand- teil dieser Roten Liste und werden hier auch nicht mit abgedruckt. Da häufig die Gefährdungsursachen durch Unkenntnis der Lebensgewohnheiten der ver- schiedenen Pilzarten nicht eindeutig bekannt sind, gab es große Probleme bei der Einstufung diverser Arten in die Gefährdungskategorien. Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Die Analyse der Gefährdung muss bei jeder Pilz- art auf die spezifische Ökologie der entsprechen- den Sippe abgestimmt werden. Meist sind es mehrere Faktoren, die zu einer Gefährdung der Art führen. Das Absammeln von Pilzen spielt für den Artenrückgang kaum eine Rolle. Nur wenige wegen ihrer Essbarkeit bekannten Arten wie z.B. Pfifferling, Rotkappen u.ä. sind durch massives Absammeln gefährdet. Sie könnten in Einzelfäl- len durch Sammelverbote geschützt werden. Allerdings gibt es dabei große Probleme bei der Kontrolle dieser Verbote. Für die jetzt vorliegende Rote Liste wurden alle in der Checkliste aufgeführten und darüber hinaus bis zum jetzigen Zeitpunkt neu für Sachsen-An- halt nachgewiesenen Pilzarten bezüglich ihres Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) %" 0 46 Gefährdungskategorie R 1 2 3 356 55 83 163 1,511,6 1,8 G 16Kategorien D V - -sonstige Kat. 16 0,5-0,5 - 2,7 5,3 Rote Liste 703 Gesamt 3.060 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Großpilze Sach- sen-Anhalts. 23,0 Gesamt 3.060 Tab. 2: Übersicht zur Einstufung in die sonstigen Kategorien der Roten Liste. Für den Artenrückgang kommen jedoch Verände- rungen von biotischen und abiotischen Faktoren, wie z.B. des Mikroklimas und der Bodenverhält- nisse, Schädigung oder Verlust von Partnerpflan- zen und Substraten in Betracht. Vor allem führen Biotopveränderungen durch menschliche Eingrif- fe in Land- und Forstwirtschaft zur Veränderung und Verarmung der Pilzflora. Somit erwachsen Gefährdungen aus verschiede- nen Ursachen: Melioration, Entwässerung, hohe Grundwasser- entnahmen führen im Allgemeinen zur Absen- kung des Grundwasserspiegels. Da Pilzmyze- lien normalerweise oberflächennah wachsen, kommt es durch Wassermangel zur Schädigung derselben. Außerdem verschwinden u.a. auch Moospolster, die für Pilze ein günstiges Mikro- klima schaffen. Umwandlung naturnaher Laubwälder in Nadel- holzforste und Anpflanzung gebietsfremder Gehölze wie Quercus rubra (Roteiche), Robi- nia pseudoacacia (Robinie), Larix sp. (Lärche), Populus x canadensis (Bastard-Pappel) führen zur Reduzierung der Lebensräume vor allem der Mykorrhiza-Partner bodenständiger Laub- holzarten. Das schlägt sich z.B. im Rückgang der Arten der Gattungen Russula (Täubling), Boletus (Röhrlinge) und Cortinarius (Schleier- linge) nieder. Durchforstung der Waldkulturen durch Heraus- schlagen der Begleitholzarten wie Betula (Bir- ke), Salix (Weide), Populus tremula (Espe) re- duziert ebenfalls die Anzahl der Mykorrhiza-Pil- ze, die diese Baumarten bevorzugen. Kahlschläge berauben Mykorrhiza-Pilzen ihrer Symbionten und führen zum Absterben der Myzelien. Nach Aufforstung regeneriert sich die Pilzflora nur sehr zögernd, bzw. es entwickelt sich ein viel artenärmeres Spektrum. Starkes Auslichten von Altbeständen führt durch verstärkten Lichteinfall in den betroffe- nen Wäldern meist zur starken Zunahme der Krautschicht bzw. zur Vergrasung, zur Reduk- tion der Waldmoose und somit zur starken Ver- änderung des für die Pilze so entscheidenen Mikroklimas. Mykorrhiza-Pilze werden meist zurückgedrängt, oft gedeihen nur noch sapro- phytisch lebende Pilzarten. Beseitigung alter und abgestorbener sowie umgestürzter Stämme gefährdet viele seltene, oft substratspezifisch wachsende Porlinge, z.B. Aurantioporus croceus (PERS.: FR.) KOTL . & POUZ.; Buglossoporus quercinus (SCHRAD.) KOTL. & POUZ.; alle Stachelbart-Arten (Hericium sp.). Düngung und Kalkung von Wäldern führt zur Veränderung des Nährstoff- und Bodenhaushal- tes und somit zur Veränderung der Pilzflora. Düngung von Magerrasen sowie Verbuschung von Halbtrocken- und Trockenrasen bewirken einen Rückgang von Arten, die diese Standorte bevorzugen, z.B. Hygrocybe- (Saftlinge), Ento- loma- (Rötlinge), Geastrum-Arten (Erdsterne). Einsatz von Fungiziden in Forsten schädigt nicht nur die forstschädlichen Pilze. Es werden auch Mykorrhiza-Pilze in Mitleidenschaft gezogen. Nicht zu vergessen sind Umweltveränderungen durch Eintrag von Schadstoffen, durch allge- meine Luftverschmutzung. Resultierend aus diesen Erkenntnissen sollte Bio- topschutz deshalb die wichtigste und dringlichste Maßnahme des Pilzschutzes sein. Dabei spielt die Erhaltung und auch Neuausweisung von Natur- schutzgebieten und anderen geschützten Flächen eine nicht unerhebliche Rolle, da deren Pflanzen- gesellschaften oft auch eine mannigfaltige Pilz- flora ausweisen, die durch die Bedrohung dieser Biotope ebenfalls gefährdet sind. Leider spielt die Berücksichtigung der Pilzvorkommen bei der Aus- weisung neuer Schutzgebiete immer noch eine viel zu geringe Rolle. Bisher waren es nur Aus- nahmen, die zur Unterschutzstellung spezieller, mykologisch interessanter Gebiete führten: FND Kleine Probstei - HUTH (1995, 1989) und FND Lat- dorfer Kalkteiche - THIEL (1989). Danksagung Die Liste wurde durch eine Arbeitsgruppe des Landesfachausschusses Mykologie im Natur- schutzbund Deutschland erarbeitet. Von folgen- den weiteren Personen gingen Angaben in die Liste ein: Hans BERNDT (Dessau), Eberhard HUTH (Freyburg), Rudolf KNOBLICH (Halle), Dr. Jürgen MIERSCH (Halle), Dr. Rosemarie RAUSCHERT (Frey- burg) und Udo RICHTER (Merseburg). Art (wiss.)Art (deutsch) Kat. BasidiomycetesStänderpilzeAgaricus comtulus FR.Triften-Zwerg-EgerlingAgaricus cupreo-brunneus (J. SCHFF. & STEER) MOELL.Purpurbrauner Egerling1 Agaricus excellens (MOELL.) MOELL.Schneeweißer EgerlingR Agaricus gennadii (CHATIN & BOUD.) ORTONScheiden-EgerlingR Agaricus impudicus (REA) M.LGE.Braunscheckiger EgerlingR Agaricus maleolens MOELL.Übelriechender EgerlingR Agaricus purpurellus (MOELL.) MOELL.Purpur-EgerlingG Agaricus spissicaulis MOELL.Gedrungener EgerlingR Bem. 3 %# Art (wiss.)Art (deutsch)Agaricus stramineus (J.SCHFF. & MOELL.) SING.Strohgelber Egerling2Agaricus subfloccosus (LGE.) PIL.Flockiger EgerlingRAlnicola amarescens (QUÉL.) ROMAGN.Bitterer Erlen-SchnitzlingRAlnicola luteolofibrillosa KÜHN.Gelblichfaseriger Sumpf-SchnitzlingRAlnicola paludosa (PECK) SING.Geriefter Erlen-SchnitzlingRAmanita aspera (FR.) S.F.GRAYRauher WulstlingRAmanita ceciliae (BERK. & BR.) BASRiesen-StreiflingRAmanita eliae QUÉL.Kammrandiger Streifling2Amanita friabilis (KARST.) BASErlen-StreiflingRAmanita lividopallescens GILL.Ockergrauer Streifling3Amanita mairei FOLEYSilbergrauer StreiflingGArmillaria tabescens (SCOP.: FR.) SING.Ringloser HallimaschRBolbitius coprophilus (PECK) HONGORosahütiger MistpilzRBoletus aereus BULL.: FR.Bronze-Röhrling2§ BA Boletus appendiculatus SCHAEFF.Anhängsel-Röhrling2§ BA Boletus calopus FR.Dickfuß-Röhrling2Boletus depilatus G.REDEUILHBlaßhütiger RöhrlingGBoletus fechtneri VEL.Sommer-RöhrlingR§ BA Boletus regius KRBH.Königs-Röhrling2§ BA Boletus rhodoxanthus (KRBH.) KALLENB.Purpur-RöhrlingRBoletus satanas LENZSatans-Röhrling3Boletus speciosus FROST.Falscher Königs-Röhrling2Boletus torosus FR.Ochsen-Röhrling1Calocybe constricta (FR.) KÜHN.Gegürtelter Schönkopf3Camarophyllopsis schulzeri (BRES.) HERINKGraubrauner SamtschnecklingRCamarophyllus colemannianus (BLOX.: FR.) RICKENGraublättriger Ellerling2Camarophyllus fuscescens (BRES.) MOS.Mittigbrauner Jungfern-Ellerling2Camarophyllus pratensis (PERS.: FR.) KUMM.Wiesen-Ellerling2Camarophyllus russocoriaceus (BERK. & MILLER) LGE.Juchten-Ellerling2Catathelasma imperiale (QUÉL.) SING.Doppelring-Möhrling1Chroogomphus helveticus (SING.) MOS.Filziger GelbfußRClitocybe amarescens HARMAJAStarkriechender TrichterlingRClitocybe gallinacea (SCOP.: FR.) LGE.Bitterer TrichterlingRClitocybe tornata (FR.) KUMM.Gedrechselter TrichterlingRClitocybe truncicola (PECK) SACC.Weißer Holz-TrichterlingRClitopilus daamsii NOORDEL.Großsporiger RäslingRCollybia fodiens (KALCHBR.) FAVREGefurchtstieliger RüblingRCollybia prolixa (HORNEM.: FR.) GILL.Kerbblättriger RüblingGCollybia putilla (FR.) SING.Zimtrötlicher RüblingRConocybe intrusa (PECK) SING.Ansehnliches SamthäubchenRCoprinus cortinatus LGE.Beschleierter TintlingRCoprinus erythrocephalus (LEV.) FR.Rotbestäubter TintlingRCoprinus extinctorius (BULL.) FR.Zähstieliger Tintling0Coprinus gonophyllus QUÉL.Kleiner Kohlen-TintlingRCoprinus stanglianus ENDERLE, BENDER & GRÖGERBeigegrauer Tintling3Coriolopsis trogii (BERK.) DOM.Blasse BorstentrameteRCortinarius acutus (PERS.: FR.) FR.Spitzer WasserkopfRCortinarius albidus PECK ssp.europaeus MOS.Weißlicher KlumpfußRCortinarius aleuriosmus MRE. non LGE.Mehlgeruch-KlumpfußRCortinarius amarescens (MOS.) MOS.Bitterlicher KlumpfußRCortinarius anthracinus (FR.) FR.Dunkelroter HautkopfR %$ Kat. Bem. § BA 1968
Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
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Language: Deutsch
Issued: 2005-06-15
Modified: 2005-06-15
Time ranges: 2005-06-15 - 2005-06-15
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