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12_Lurche

Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Lurche (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Frank MEYER und Jürgen BUSCHENDORF (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Lurche (Amphibia) besitzen sehr komplexe Habi- tatansprüche, wobei ihr Jahreslebensraum in mehrere Aktionszentren zerfällt. Sie suchen für eine unterschiedlich lange Zeit aquatische Lebens- räume auf, um hier zu reproduzieren und die Lar- valentwicklung zu vollziehen. Die Sommer- und Winterlebensräume befinden sich dagegen in der Regel an Land, wobei einige Arten eine bemer- kenswerte Laichplatztreue zeigen. Zwischen den einzelnen Teillebensräumen finden oft ausgepräg- te saisonale Wanderungen mit stark standort- und artabhängigen Distanzen statt, was die Gefähr- dungsdisposition dieser Artengruppe gegenüber Zerschneidungs- und Isolationseffekten stark er- höht. Die Lebensraumansprüche der meisten Lurch- und Kriechtier-Arten werden in der Kultur- landschaft in immer stärkerem Maße beschnitten, so dass sie zu den gefährdetsten Tiergruppen überhaupt gehören. Alle Arten unterliegen dem gesetzlichen Schutz der Bundesartenschutzver- ordnung, viele sind darüber hinaus auch EG-recht- lich geschützt (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie). Von den 21 in Deutschland heimischen Lurchar- ten kommen 18 auch in Sachsen-Anhalt vor, wäh- rend von den 14 bundesweit nachgewiesenen Kriechtierarten (Reptilia) 7 in Sachsen-Anhalt au- tochthon sind. Die erste Rote Liste der Amphibi- en und Reptilien des Landes Sachsen-Anhalt (BU- SCHENDORF & UTHLEB 1992) basiert auf den Beob- achtungsdaten, die ab 1978 in den Bezirken Hal- le und Magdeburg durch die Mitarbeit zahlreicher Feldherpetologen gewonnen wurden. Damals wurden 13 Amphibienarten (68,4 % der für Sach- sen-Anhalt potentiellen Arten) und 6 Reptilienar- ten (85,7 %) in die Rote Liste aufgenommen. Datengrundlagen Inzwischen wurde im Zeitraum von 1995 bis 2001 durch den Landesfachausschuss Feldherperpe- tologie des Naturschutzbundes Deutschland ein ehrenamtliches Projekt zur landesweiten und flä- chendeckenden Kartierung der Herpetofauna Sachsen-Anhalts durchgeführt, dessen Veröffent- lichung kürzlich erfolgte (MEYER et al. 2004). So- mit zählen die Lurche und Kriechtiere sicherlich zu den am besten untersuchten Tierartengruppen Sachsen-Anhalts. Zur Beurteilung des Gefähr- dungsgrades sind allerdings sowohl detaillierte Kenntnisse über die historische Verbreitung und Populationsgrößen als auch über Bestandstrends erforderlich. Diesbezüglich aussagefähige (also quantitative) Fakten fehlen für die meisten Arten "" weitgehend. Nur in wenigen Fällen - zum Beispiel an straßenbegleitenden Amphibienschutzanlagen - ist man in der Lage, Bestandsrückgänge von Arten konkret nachzuvollziehen. Als erschwerend wirkt sich weiterhin aus, dass bei einigen Arten teilweise recht große Unterschiede im Gefähr- dungsstatus zwischen einzelnen Regionen oder Naturräumen Sachsen-Anhalts bestehen. Die ersten Ergebnisse des Landeskartierungspro- jektes veranlassten BUSCHENDORF & MEYER (1996) bereits zu einigen Novellierungsvorschlägen. Im Rahmen der Erstellung der jetzigen 2. Fassung der Roten Liste sind die Vorschläge der Autoren der Artkapitel in MEYER et al. (2004) maßgeblich berücksichtigt worden. Vergleicht man die Einstu- fung in die Gefährdungskategorien im Jahr 1992 mit der vorliegenden Fassung, fällt auf, dass es zu einer Vielzahl von Umstufungen gekommen ist, wenngleich sich in der Bilanz Herauf- und Abstu- fungen in etwa die Waage halten. Diese Unter- schiede bei der Beurteilung der Gefährdungssitu- ation haben folgende zwei Hauptursachen: - Mit den Vorgaben des BfN (BINOT et al. 2000) steht jetzt eine größere Auswahl von Kategori- en zur Verfügung, welche die Einschätzungs- möglichkeiten erweitern und qualifizierter aus- fallen lassen. Dass diese Kriterien teilweise dennoch schwierig anzuwenden und von einander abgrenzbar sind, soll hier nicht weiter ausgeführt werden. - Im Zeitraum nach der von 1992 von BUSCHEN- DORF & UTHLEB (1992) erfolgten Einschätzung haben sich die Kenntnisse über die Verbreitung der Arten durch die intensive Kartierungsarbeit in den 1990er Jahren entscheidend verbessert. Dies führte dazu, dass die Situation einiger Ar- ten momentan als weniger kritisch als noch vor 10 Jahren eingeschätzt wird (z.B. Kammmolch, Springfrosch, Kreuzotter). Die daraus resultie- rende Abstufung darf jedoch nicht als grundle- gende Entwarnung fehlinterpretiert werden, sondern ist als durch zahlreiche Daten gestützte und damit realistischere Bewertung der aktuel- len Gefährdungssituation zu betrachten. Her- aufstufungen erfolgten hingegen in Fällen, wo eine Verschärfung der Gefährdungssituation als erwiesen oder hochgradig wahrscheinlich gilt (Rotbauchunke). Bemerkungen zu ausgewählten Arten und zur Einstufung in die einzelnen Kategorien Nachfolgend sollen einige Anmerkungen zu den Arten gemacht werden, bei denen sich der Ge- fährdungsstatus im Vergleich zur 1. Fassung der Roten Liste geändert hat.mit teilweise großen Beständen aufweist, wird seine Einstufung in die Kat. R vorgenommen. Löschung aus der Roten Liste Bereits BUSCHENDORF & MEYER (1996) schlagen vor, sowohl die Gelbbauchunke als auch die Smaragd- eidechse aus der Roten Liste herauszunehmen, da es bisher keine sicher belegten Nachweise bei- der Arten vom Territorium des heutigen Sachsen- Anhalts gibt. Auch die in BUSCHENDORF (1984) auf- geführten Funde von Smaragdeidechsen aus dem Fläming gelten als unsicher und können nicht als Beweise für ein autochthones Vorkommen der Art in diesem Gebiet gelten. Beide Arten werden nicht mehr in die aktuelle Rote Liste aufgenommen.Einstufung in die Gefährdungskategorie 2 Bei der Rotbauchunke verläuft ein Teil der westli- chen Arealgrenze durch Sachsen-Anhalt. Im Rah- men der Erarbeitung des Artenhilfsprogramms war eine massive Verringerung der Nachweis-Anzahl außerhalb des Elbtals, ein Zurückweichen des Arealrandes im letzten Jahrzehnt sowie eine star- ke Abnahme der Populationsdichten erkennbar (RANA 2003). Daher muss die von BUSCHENDORF & UTHLEB (1992) getroffene Einschätzung der Rot- bauchunke als gefährdete Art verschärfend korri- giert werden. Außerdem werden die Knoblauchkröte und die Waldeidechse gelöscht, weil das vorliegende Da- tenmaterial keine hinreichend konkrete Gefähr- dungssituation indiziert und eine solche auch nicht zwingend zu vermuten ist. Es ist natürlich mög- lich, dass sich bei der nächsten Novellierung eine (Wieder-) Aufnahme, zumindest in die Vorwarn- liste, erforderlich macht.Die Kreuzotter war bisher als „Vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Entsprechend den nur 70 Fund- daten in den Jahren 1990 bis 2000, wonach die Art als seltenste Schlangenart Sachsen-Anhalts zu gelten hat, wäre eine solche Beurteilung wohl ge- rechtfertigt. Doch lassen diese Beobachtungen auch die Feststellung zu, dass bei intensiver Su- che weitere Vorkommen entdeckt werden können. Wenn 67,2 % aller aktuellen Nachweise im Harz gelangen, ist das auch unzweifelhaft auf die inten- sive Kartierung in diesem Gebiet zurückzuführen. Auch die bemerkenswert hohe Individuendichte der Art in einigen Gebieten muss als Grund angese- hen werden, die oben angeführte Einschätzung der Gefährdung der Art zu revidieren. Einstufung in die Gefährdungskategorie 0 BUSCHENDORF (1984) und GASSMANN (1984) führen zwar aus den ehemaligen Bezirken Halle und Mag- deburg einige Funde der Sumpfschildkröte an. Da diese aber in der Folgezeit nicht bestätigt werden konnten und es sich bei einem Teil der beobach- teten Tiere nachweislich um südosteuropäische Exemplare handelte (z.B. Steckbyer Heide), kann ein früheres autochthones Vorkommen der Art in Sachsen-Anhalt weder mit Sicherheit behauptet noch ausgeschlossen werden. Deshalb wird auf eine Streichung der Art zunächst verzichtet und eine Aufnahme in die Kat. 0 vorgenommen. Alle Hinweise auf Vorkommen von Sumpfschildkröten sollten jedoch intensiv verfolgt werden. Einstufung in die Gefährdungskategorie R Unter dieser Kat. werden Arten zusammengefasst, deren Vorkommen nur auf wenige Landesteile beschränkt sind. Im Falle von Fadenmolch und Geburtshelferkröte bilden die auf den Harz be- schränkten Vorkommen die Ostgrenze ihrer Ge- samtverbreitung. Da die Beobachtungen im ver- gangenen Jahrzehnt zwar nicht auf Bestandsein- bußen hindeuten, die Vorkommen aber geogra- phisch sehr eng begrenzt sind, werden die Arten in die Kat. R eingestuft. In den beiden letzten Jahrzehnten haben sich die Kenntnisse über die Verbreitung des Springfro- sches wesentlich verbessert, so dass nunmehr die 1992 erfolgte Einstufung in die Kat. 1 revidiert werden muss, worauf schon BUSCHENDORF & MEY- ER (1996) mit dem Vorschlag hinwiesen, die Art als stark gefährdet einzustufen. Sie ist in den ge- eigneten Habitaten augenscheinlich aktuell nicht gefährdet. Da der Springfrosch in den genannten Verbreitungsgebieten eng begrenzte Vorkommen Einstufung in die Gefährdungskategorie 3 Einige Arten, wie Feuersalamander, Moorfrosch und Zauneidechse, können nicht länger als un- gefährdet betrachtet werden. So sind beim Feu- ersalamander außerhalb des Hauptverbreitungs- gebietes - dem Harz - seit längerem deutliche Bestandsrückgänge bekannt und beschrieben worden, vor allem bei den Tieflandvorkommen, wie z.B. im Flechtinger Höhenzug. Der Moorfrosch war bisher nicht in der Roten Lis- te vertreten, doch plädierten schon BUSCHENDORF & MEYER (1996) für dessen Aufnahme. Den aktu- ellen Kartierungsergebnissen zufolge ist die Art als gefährdet (Kat. 3) zu bewerten, wobei sich aber die Hauptvorkommen auf nur wenige Landesteile konzentrieren, vorrangig die eiszeitlich geprägten Tieflandgebiete. In den Randbereichen der Mag- deburger Börde und im südlichen Harzvorland konnten die historischen Nachweise aktuell nicht belegt werden. Entsprechend der Anzahl der Fundpunkte ist die Zauneidechse zwar die häufigste Reptilienart in Sachsen-Anhalt und die Nachweise sind über das ganze Land verteilt, doch überwiegen Einzelfun- de oder Beobachtungen weniger Exemplare. Die Art ist vor allem in den landwirtschaftlich intensiv genutzten Landesteilen nur spärlich verbreitet und unterliegt in den übrigen Landesteilen infolge ab- nehmender Eignung vieler Habitate (z.B. Verbu- "# schung von xerothermen Offenlandbiotopen) ei- nem Bestandsrückgang. Somit erscheint es not- wendig, die Art in die Kat. 3 aufzunehmen. Gründe für das Verschwinden der Art aus ihren angestammten Lebensräumen. Da bei keiner an- deren Reptilienart so große Unklarheiten über Verbreitung und Bestandssituation bestehen, kann die bisherige Einstufung in die Gefährdungskate- gorie 2 nicht aufrecht erhalten werden. Beim Kammmolch erfolgt hingegen eine Herab- stufung. Zwar wird die bereits von BUSCHENDORF (1984) und GASSMANN (1984) beschriebene lücki- ge Verbreitung in Sachsen-Anhalt auch durch die aktuelle Kartierung bestätigt. Seine regionale Sel- tenheit der Art ist aber nicht mit ihrer Gefährdung in den Gebieten ihres Vorkommens verbunden. Die Bestandsstärken werden methodenbedingt normalerweise sehr unterschätzt. Wenn auch un- verkennbar ist, dass die Art in Teilen des Bundes- landes Bestandseinbußen hinnehmen musste, ist die Einstufung in die Kat. 3 berechtigt. Einstufung in die Kategorie D Beim Kleinen Wasserfrosch sind bei Feldkartie- rungen vor allem Determinationsprobleme die Ursache für die Schwierigkeiten, sowohl die Ver- breitung als auch Populationsdichte dieser Art zu bestimmen. Es ist von größeren Dunkelziffern fehl- bestimmter Tiere auszugehen. Deshalb wird die Art der Kat. D zugeordnet. Einstufung in die Kategorie V In die neu eingeführte Vorwarnliste werden die zwei häufigsten Lurcharten eingestuft. Erdkröte und Grasfrosch sind in der bisherigen Roten Lis- te nicht verzeichnet, doch korrigieren das BUSCHEN- DORF & MEYER (1996) schon mit dem Vorschlag, sie als potentiell gefährdet zu betrachten. Die jet- zige Einordnung in die Vorwarnliste entspricht die- sem Ansinnen. Die Populationsstärken der Erd- kröte sind trotz der vielschichtigen Gefährdung der Art noch recht hoch, was vor allem die Zahlen an einigen straßenbegleitenden Amphibienschutzan- lagen belegen. Dennoch sollte diese Feststellung nicht dazu verleiten, die Situation der Art zu über- schätzen. Gerade sie muss infolge ihrer Laich- platztreue und der Neigung, große Distanzen zwi- schen den Teillebensräumen zurückzulegen, gro- ße Verluste hinnehmen und ist damit im Vergleich zu anderen Arten überproportional von Land- schaftszerschneidung und Straßenverkehr be- droht. Einstufung in die Kategorie G Der in Sachsen-Anhalt disjunkt verbreitete Berg- molch weist im letzten Jahrzehnt keine Verände- rungen in der MTB-Präsenz auf, aussagekräftige Angaben über Bestandsgrößen und -entwicklung liegen nicht vor. Die Harzvorkommen werden je- doch in zunehmendem Maße durch den Verlust der Laichgewässer infolge verstärkten Ausbaues der Forstwege und durch Fischbesatz in die Berg- bäche bedroht. Da eine konkrete Einstufung in eine der Gefährdungskategorien 1 bis 3 nicht möglich ist, wird dem Bergmolch die Kat. G zuge- ordnet. Auch die im Gelände nur sehr schwer nachweis- bare Schlingnatter weist in Sachsen-Anhalt eine sehr disjunkte Verbreitung mit Schwerpunkten im Südharz, dem Schichtstufenland und Muschel- kalkgebiet um Freyburg/Naumburg und im Wei- ße-Elster-Tal bei Zeitz auf. Bestandseinschätzun- gen fehlen, doch sind die wenigen Beobachtun- gen Indiz für eine Gefährdung der Art, welche die Annahme rechtfertigen, dass isolierte Vorkommen bald erlöschen werden. Die zunehmende Verbu- schung ihrer Habitate und der Rückgang der für die Art lebensnotwendigen Strukturkombination Halbtrockenrasen-Hecke/Gebüsch sind weitere Gefährdungskategorie R 1 2 0 Amphibia Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Reptilia Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Amphibia Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Reptilia Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) "$ Der Grasfrosch ist zwar von den drei Braunfröschen die häufigste Art in Sachsen-Anhalt und auch nach der Erdkröte die zweithäufigste Amphibienart im Bundesland, doch sind abnehmende Individuen- zahlen der einzelnen Reproduktionsgemeinschaf- Rote ListeGesamt 318 -3-2510 -16,7-11,127,855,6 1--225 14,3--28,628,671,4 Kategorien D VSonstige GesamtGesamt G1124185,65,611,122,21--114,3--14,3 7 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Lurche und Kriechtiere Sachsen-Anhalts. 7 Tab. 2: Übersicht zur Einstufung in die sonstigen Kategorien der Roten Liste.

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

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Issued: 2005-06-15

Modified: 2005-06-15

Time ranges: 2005-06-15 - 2005-06-15

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