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39_Bockkäfer

Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Bockkäfer (Coleoptera: Cerambycidae) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Volker NEUMANN unter Mitwirkung von Wolfgang BÄSE, Wolfgang CIUPA, Wolfgang GRUSCHWITZ, Manfred HUTH, Matthias JENTZSCH, Manfred JUNG , Herbert KÜHNEL , Lutz LANGE , Torsten PIETSCH, Andreas RÖSSLER, Gunter SCHMIEDTCHEN, Peer Hajo SCHNITTER, Sebastian SCHORNACK, Günter SIERING, Eckart STOLLE, Wilko TRAPP und Martin TROST (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung HORION (1974) gibt für die Familie der Bockkäfer (Coleoptera: Cerambycidae) in Mitteleuropa 256 vermutlich vorkommende Arten an. HARDE & SE- VERA (1988) nennen 231 (247) Arten aus 85 (90) Gattungen. KÖHLER & KLAUSNITZER (1998) führen für Deutschland 192 Arten auf, wovon 20 der Be- stätigung bedürfen. Zur autochthonen Fauna Sachsen-Anhalts gehö- ren 136 Arten. Dabei sind die durch Einschlep- pung, Verfliegen usw. gegebenen Gelegenheits- nachweise nicht berücksichtigt. Die für Sachsen- Anhalt vermutete Artenzahl ist als bedeutend hö- her einzuschätzen. In dem Versuch, den tatsäch- lichen Artenbestand von den faunenfremden Elementen zu trennen, ist die Subjektivität in der Wertigkeit der angegebenen Nachweise als Feh- lerquelle mit enthalten. Hinzu kommt, dass für län- ger zurückliegende Nachweise Belegexemplare mitunter nicht mehr auffindbar sind (Kriegseinflüs- se usw.) und somit eine Überprüfung dieser An- gaben unmöglich ist. Dies erschwert die Einschät- zung und Wertung der aus der Literatur bekann- ten, aber strittigen Meldungen (z.B. Chloropho- rus varius, Corymbia (Leptura) fulva und Pe- dostrangalia (Strangalia) pubescens). Datengrundlagen Zur Analyse des gegenwärtigen Artenbestandes und der Gefährdungssituation der Bockkäfer wur- den Daten einer Datenbank herangezogen, die sich hauptsächlich aus Angaben der genannten Mitarbeiter, aus eigenen Funden, aus Sammlungs- auswertungen von Museen und des Zoologischen Institutes Halle sowie Literaturauswertungen von lokalen faunistischen Erhebungen, u.a. DIETZE & SCHORNACK (1999), MALCHAU (1992), NEUMANN et al. (2001) und SPRICK (2000) zusammensetzt. Die Nomenklatur der Arten folgt BENSE (1995), bei den deutschen Bezeichnungen werden vielfach Bezeichnungen von KLAUSNITZER & SANDER (1981), HARDE & SEVERA (1988) und GEISER (1992) genutzt. Bemerkungen zu ausgewählten Arten Der überwiegende Teil der Cerambyciden hat eine xylobionte Lebensweise. Nur ein kleiner Teil der Arten lebt phytophag und meist oligophag an krau- tigen Pflanzen. Eine Übersicht über die Entwick- lung der Bockkäfer gibt u.a. DEMELT (1966). WECKWERTH (1954) erwähnt ein Vorkommen des Alpenbockes (Rosalia alpina) in den Buchenwäl- dern zwischen Helmstedt und Weferlingen, über welches WAHNSCHAFFE (1883) und FEUERSTACKE (1913) bereits berichteten. Rosalia alpina entwi- ckelt sich meist in alten, absterbenden und bereits abgestorbenen Rotbuchenstämmen in aufgelo- ckerten Bergmischwäldern. Seit Jahren konnten trotz intensiver Nachsuche keine neuen Nachwei- se erbracht werden. Offensichtlich wurde die Art in Sachsen-Anhalt durch forstwirtschaftliche Maß- nahmen ausgelöscht. Erfreulich ist das Wiederauffinden von Stenopte- rus rufus in den letzten Jahren an verschiedenen Örtlichkeiten unseres Bundeslandes sowie von Acmaeops marginatus, Obrium cantharinum und Phymatodes rufipes, die nach NEUMANN (1993) als „Ausgestorben oder verschollen“ galten. Bei an- deren Arten dieser Kategorie, wie z.B. Callidium coriaceum, Leiopus punctulatus, Pogonocherus ovatus könnte mit einem Wiederfund gerechnet werden. Anisathron barbipes, Judolia sexmacu- lata und Trichoferus pallidus wurden in Sachsen- Anhalt neu aufgefunden. Sie konnten als autoch- thone, bisher übersehene Arten betrachtet und dementsprechend in die Neufassung der Roten Liste aufgenommen werden. Für Stenostola dubia und S. ferrea fehlen aufgrund systematischer Probleme und damit durch Deter- minationsschwierigkeiten weitgehend exakte An- gaben zum Vorkommen. Deshalb wurde in der Erstfassung der Roten Liste (NEUMANN 1993) zunächst der Auffassung von BRINGMANN (1989) gefolgt, dass ein sicherer Nachweis von S. ferrea für das Gebiet der neuen Bundesländer noch zu erbringen ist. Inzwischen zeigten morphologische Artkriterien und Genitaluntersuchungen einen ein- deutigen Nachweis der Art für Sachsen-Anhalt. Hier ist somit das Vorkommen beider Arten als gesichert zu betrachten, die genaue Datenlage jedoch als „defizitär“ einzuschätzen. NÜSSLER (1976) erwähnt als boreomontane Spe- zies der neuen Bundesländer für unser Faunen- gebiet Acmaeops pratensis, Callidium coriaceum '' Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Gefährdungskategorie R 1 2 - 28 23 0 20 14,7 - 20,6 16,9 3 31Rote Liste 102 22,875,0 G -Kategorien D V 2 5Sonstige Gesamt 7 -1,55,2 3,7 (s.a. HORION 1975), Corymbia (Leptura) maculicor- nis, Lepturalia (Strangalia) nigripes, Lepturobos- ca (Leptura) virens, Monochamus sutor, Pachyta lamed und P. quadrimaculata. Für Lepturobosca (Leptura) virens und Lepturalia (Strangalia) nigri- pes stellt der Autor ein autochthones Vorkommen in Frage und vermutet zufällige, mehrmals impor- tierte Exemplare. Acmaeops pratensis wäre er- neut nachzuweisen. Dies gilt nach unserer Sicht auch für Callidium coriaceum, obwohl MÖLLER (1996) bei seiner Bearbeitung der Holzinsekten- fauna der Kernfläche Brockenurwald des NP „Hochharz“ den Fund einer Flügeldecke angibt, „deren Zuordnung nicht mit letzter Sicherheit mög- lich war“. Auch bei einer eindeutigen Determinati- on hätte dies nichts über das Alter der Flügelde- cke ausgesagt. Diese Art muss nach wie vor als „Ausgestorben oder verschollen“ gelten. Aktuell werden von den von NÜSSLER (1976) aufgeführten boreomontanen Arten des Landschaftsraumes Harz nur Corymbia maculicornis und Pachyta qua- drimaculata nachgewiesen. Bemerkenswert ist auch das Vorkommen von Gaurotes virginea, Evo- dinus clathratus und Oxymirus cursor. Für Letzte- ren gibt SAXESEN (1834) noch ein vereinzeltes Vor- kommen im Oberharz an. Inzwischen ist durch das Baumsterben und den damit großen Totholzan- teil im Harz dieser Bockkäfer hier häufiger gewor- den. LEIMBACH (1886) nannte in seinem Verzeich- nis für den Landschaftsraum Harz insgesamt 92 Bockkäferarten. Zu den phytophag bzw. von Wurzeln lebenden Arten zählt der Erdbock Dorcadion fuliginator. Er ist eine Charakterart von Trockenstandorten, die im Mittelelbegebiet ihre östliche Verbreitungsgren- ze erreicht. Nach HORION (1974) ist jeder Fundort dieses Käfers publikationswürdig. Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Die xylobionten Bockkäferarten entwickeln sich in Holz verschiedener Zerfallsstadien (KLAUSNITZER 1994). Viele Arten zeigen einen ausgesprochen hohen Spezialisierungsgrad hinsichtlich der Ha- bitatansprüche. ”Neben einer oft sehr ausgepräg- ten Abhängigkeit von verschiedenen abiotischen Faktoren im Brutsubstrat kommt bei zahlreichen xylobionten Käfern eine ganz spezifische Anpas- sung an die Entwicklungspflanze (Baum- oder Strauchart) ...” hinzu (BENSE 1992). Diese diffe- renzierte Lebensweise bewirkt eine oft sehr emp- ! Gesamt 136 Gesamt 136 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Bockkäfer Sach- sen-Anhalts. Tab. 2: Übersicht zur Einstufung in die sonstigen Kategorien der Roten Liste. findliche Reaktion auf Veränderungen im Lebens- raum, die sich in der Gefährdungssituation wider- spiegelt. In der Roten Liste erscheinen nunmehr von den 136 Arten Sachsen-Anhalts 102 (75%)! Viele Arten sind Anzeiger von noch vorhandenen reliktären Restbiotopen der ehemaligen Urwald- Xylobiontenfauna (GEISER 1992). Sie finden in den jungen Wirtschaftswäldern kaum Entwicklungs- möglichkeiten. Ein „Vorkommen solcher ”Relikt- arten” ist ein wichtiger Beweis für eine lückenlo- se, weit zurückgehende Biotoptradition...” (BENSE 1992). Als ein Refugium solcher Arten hat sich das Biosphärenreservat „Flusslandschaft Mittle- re Elbe“ mit seinen Alteichenbeständen und Soli- täreichen erwiesen (KÜHNEL & NEUMANN 1977). So entwickeln sich in der Stamm- und Wipfelregion von Eichen hier u.a. noch Cerambyx cerdo, Aki- merus schäfferi und Phymatodes pusillus. Im Gebiet ist ein Großteil der in Sachsen-Anhalt be- kannten Bockkäferarten in bisher stabilen Popu- lationen zu finden. Zum Erhalt einer artenreichen Bockkäferfauna sind Schutz und eine Gestaltung entsprechender Biotope unbedingt notwendig. WINTER & NOWAK (2001) erklären die hohe Bedeutung von Totalre- servaten für an Alt- und Totholz gebundene Le- bensgemeinschaften. Für viele Bockkäferarten sind gut strukturierte Alt- holzbestände mit hohem Totholzanteil und Berei- che mit entsprechender Sonnenexposition für die Entwicklung lebensnotwendig. So stellen ehema- lige Hutewälder, Parkanlagen, Alleen, Baumgrup- pen und auch Einzelbäume essentielle Refugien dar. Dies erfordert auch ein Umdenken in der Durchführung forstwirtschaftlicher und baum- chirurgischer Sanierungsmaßnahmen im Sied- lungs- und Erholungsbereich des Menschen. Besonders bei alten Bäumen „erwächst dem Ge- setzgeber durch Änderung der Haftungspraxis für herabfallende Holzteile eine sehr dringende Auf- gabe“ (GEISER 1981). Verkehrswegebau, Bebauung, Zersiedlungsmaß- nahmen, Agrartechnik, Biozideinsatz, Fallenwir- kung nächtlicher Beleuchtungsquellen, Straßen- tod, die Entfernung von Alleen, Feldgehölzen, Deichbäumen, Hecken und Streuobstwiesen, großräumige Landschaftszerstörung sind wesent- liche Gefährdungsursachen. Ausführlich gehen auf diese Problematik u.a. GEISER (1980, 1981) sowie MÖLLER & SCHNEIDER (1992) ein. Sämtliche Bockkäferarten (Ausnahmen: Hylotru- pes bajulus, Monochamus spp., Tetropium spp.) gehören nach der „Verordnung zum Erlass von Vorschriften auf dem Gebiet des Artenschutzes “ vom 21.10.1999 zu den besonders geschützten Arten der Bundesrepublik Deutschland. Art (wiss.)Art (deutsch) Acanthocinus aedilis (LINNAEUS, 1758) Acanthocinus griseus (FABRICIUS, 1792) Acanthoderes clavipes (SCHRANK, 1781) Acmaeops marginatus (FABRICIUS, 1781) Acmaeops pratensis (LAICHARTING, 1784) Agapanthia violacea (FABRICIUS, 1775) Akimerus schaefferi (LAICHARTING, 1784) Anaesthetis testacea (FABRICIUS, 1781) Anastrangalia dubia (SCOPOLI, 1763) Anastrangalia sanguinolenta (LINNAEUS, 1761) Anisarthron barbipes (SCHRANK, 1781) Anoplodera rufipes (SCHALLER, 1783) Anoplodera sexguttata (FABRICIUS, 1775) Aromia moschata (LINNAEUS, 1758) Asemum striatum (LINNAEUS, 1758) Axinopalpis gracilis (KRYNICKI, 1832) Callidium aeneum (DEGEER, 1775) Callidium coriaceum PAYKULL, 1800 Callidium violaceum (LINNAEUS, 1758) Cerambyx cerdo LINNAEUS, 1758 Cerambyx scopolii FUESSLINS, 1775 Chlorophorus herbsti (BRAHM, 1790) Chlorophorus sartor (MÜLLER, 1766) Chlorophorus varius (MÜLLER, 1766) Clytus tropicus (PANZER, 1795) Cortodera femorata (FABRICIUS, 1787) Cortodera humeralis (SCHALLER, 1783) Corymbia fulva (DEGEER, 1775) Corymbia scutellata (FABRICIUS, 1781) Corymbia maculicornis (DEGEER, 1775) Dorcadion fuliginator (LINNAEUS, 1758) Ergates faber (LINNAEUS, 1767) Evodinus clathratus (FABRICIUS, 1792) Exocentrus adspersus MULSANT, 1846 Exocentrus lusitanus (LINNAEUS, 1767) Exocentrus punctipennis MULS. et GUILL., 1856 Gaurotes virginea (LINNAEUS, 1758) Grammoptera abdominalis (STEPHENS, 1831) Grammoptera ustulata (SCHALLER, 1783) Hylotrupes bajulus (LINNAEUS, 1758) Judolia sexmaculata (LINNAEUS, 1758) Lamia textor (LINNAEUS, 1758) Leiopus punctulatus (PAYKULL, 1800) Leptura aethiops PODA, 1761 Leptura arcuata PANZER, 1793 Menesia bipunctata (ZOUBKOFF, 1829) Mesosa curculionides (LINNAEUS, 1761) Mesosa nebulosa (FABRICIUS, 1781) Molorchus kiesenwetteri MULSANT et REY, 1861 Molorchus umbellatarum (SCHREBER, 1759) Monochamus galloprovincialis (OLIVIER, 1795)Zimmermann Braunbindiger Zimmerbock Scheckenbock Gelbrandiger Kugelhalsbock Gelbbrauner Kugelhalsbock Metallfarbener Distelbock Breitschulterbock Kragenbock Zweifelhafter Halsbock Rosthaar-Bock Rotbeiniger Halsbock Gefleckter Halsbock Moschusbock Düsterbock Messerbock Metallischer Scheibenbock Platter Fichten-Scheibenbock Blauer Scheibenbock Heldbock Kleiner Spießbock Wollkraut-Widderbock Weißbindiger Widderbock Variabler Widderbock Wendekreis-Widderbock Schwarzer Tiefaugenbock Eichen-Tiefaugenbock Schwarzspitziger Halsbock Haarschildiger Halsbock Grauflügliger Erdbock Mulmbock Fleckenbock Weißgefleckter Wimperhorn-B. Wimperhornbock Rüstern-Wimperhornbock Blaubock Schwarzer Blütenbock Eichen-Blütenbock Hausbock Sechsfleckiger Halsbock Weberbock Schwarzhörniger Splintbock Bogenförmiger Halsbock Schwarzbock Großer Augenfleckenbock Binden-Augenfleckenbock Dolden-Kurzdeckenbock Bäckerbock Kat.Bem. V 3 2 1 0 1 1 1 0 V 1 3 3 V 3 1 3 0 3 1 3 0 0 0 2 2 3 0 1 3 2 3 2 3 2 1 3 1 3 3 1 1 0 3 2 1 2 2 0 3 2§ BA § BA § BA § BA 01) § BA 1974 § BA § BA § BA 01) § BA 1974 § BA 06) § BA 1966 § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA 1974 01) § BA § FFH II/IV, BK § BA 01) § BA 1974 § BA 1974 01) § BA 1974 01) § BA § BA § BA § BA 1974 01) § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA 2000 02) § BA 01) § BA 1974 § BA § BA § BA § BA § BA 01) § BA 1974 § BA !

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Language: Deutsch

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Issued: 2005-06-16

Modified: 2005-06-16

Time ranges: 2005-06-16 - 2005-06-16

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