Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Wildbienen (Hymenoptera: Apidae) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Frank BURGER und Haike RUHNKE unter Mitarbeit von Manfred DORN (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Wenn man den Namen Biene hört, denkt man für gewöhnlich als erstes an die Honigbiene. Dabei ist einem oftmals nicht bewusst, dass weltweit mehrere zehntausend Bienenarten bekannt sind. Für Deutschland nennen WESTRICH & DATHE (1997) immerhin 548 Arten. Bei dieser hohen Artenzahl ist es natürlich nicht verwunderlich, dass die Lebensweise der Arten recht unterschiedlich ist. Bienenweibchen betrei- ben eine ausgeprägte Brutfürsorge. Sie versor- gen ihre Nachkommen mit einem Pollenvorrat (meist als Pollen-Nektar-Gemisch) bzw. mit Öl (Gattung Macropis). Einige Bienenarten sind sogar auf einzelne Pflanzenarten als Pollenlieferanten spezialisiert (Oligolektie), so sammelt z.B. Osmia adunca nur den Pollen vom Natternkopf (Echium vulgare). Oligolektische Bienenarten sind somit auf das Vorkommen spezifischer Pflanzenarten als Pollenquelle angewiesen. Die Nistweise der Bienenarten unterscheidet sich deutlich und ist ebenfalls artspezifisch. Die Nes- ter werden in der Erde bzw. oberirdisch angelegt. In der Erde nistende Arten graben selbst Hohl- räume oder nutzen bereits vorhandene Struktu- ren. Oberirdisch nistende Arten nutzen vor allem Höhlungen in Totholz, Pflanzenstengeln bzw. lee- ren Schneckenhäusern. Seltener werden mark- haltige Pflanzenstengel verwendet bzw. die Nes- ter als Freibauten an Steinen bzw. zwischen Gras- halmen errichtet. Auch das verwendete Nistma- terial variiert, es reicht vom umgebenden Erdma- terial über Pflanzenwolle, Harz, Blattausschnitten, bis zu Drüsensekreten wie dem Wachs der Hum- meln und Honigbienen. schen Nahrungs- und Nistressourcen, werden Wildbienen gern als Bioindikatoren für Natur- schutzfachplanungen verwendet. So treten sie immer mehr in den Vordergrund als Anzeiger für gestörte Mosaikstrukturen, da sie mehrere Res- sourcen auf engstem Raum benötigen. Bienen besitzen eine herausragende Bedeutung als Be- stäuber entomogamer Wild- und Kulturpflanzen. Sie werden häufig gezielt im Freiland oder in Ge- wächshäusern zur Bestäubung eingesetzt und haben dadurch ebenfalls eine hohe wirtschaftli- che Bedeutung erlangt. Datengrundlagen und Bemerkungen zu ausgewählten Arten Als Datengrundlage für diese Arbeit diente die Zusammenstellung von DORN (1993). Hier sind u.a. bereits die Ausführungen von TASCHENBERG (1866), FRIESE (1883), BLÜTHGEN (1925, 1929, 1937, 1942), RAPP (1945) und STOECKHERT (1954) eingegangen. Weiterhin wurden die Sammlungen von SCHMIE- DEKNECHT (Bad Blankenburg), JÄNNER (Gotha) und PETRY (Nordhausen) ausgewertet. Neuere Daten wurden von DREWES (2001) und SCHWENNINGER & SCHANOWSKI (2000) zum Elbegebiet sowie von VI- SCHER (2002) zum Saale-Unstrutgebiet bekannt. Damit hat sich der Bearbeitungsgrad für Sachsen- Anhalt gegenüber dem Stand der Roten Liste von 1993 verbessert, er ist jedoch immer noch nicht zufriedenstellend. Die meisten Bienenarten nisten solitär, d. h. ein Weibchen legt allein ein Nest an und verprovian- tiert dieses. Daneben gibt es jedoch verschiede- ne Stufen der Sozialität bis hin zu den hoch sozi- alen (eusozialen) Hummeln und Honigbienen, die ein Kastensystem mit eierlegender Königin und Arbeiterinnen ausgebildet haben. Jedoch fertigen nicht alle Bienenarten selbst Nester an. Ein Teil der Spezies sind Brutparasiten, d.h. sie legen ihre Eier in das Nest anderer Arten, so z.B. die Gat- tungen Coelioxys, Nomada, Sphecodes. Sie wer- den daher auch als Kuckucksbienen bezeichnet und sind für gewöhnlich auf einzelne bzw. wenige Wirtsarten spezialisiert.Für Sachsen-Anhalt sind derzeit 405 Bienenar- ten belegt. Diese deutliche Erhöhung der Arten- zahl gegenüber DORN (1993) mit 342 und DORN & RUHNKE (1999) mit 384 Arten kommt zum einen durch die Auftrennung einiger Arten zu Stande, so werden z.B. Andrena anthrisci, A. albofascia- ta, A. confinis, A. nigrospina, A. propinqua und Nomada minuscula als eigenständige Arten auf- gefasst. Zum anderen sind zahlreiche Neunach- weise für Sachsen-Anhalt zu verzeichnen (And- rena angustior, A. enslinella, A. gelriae, Bombus jonellus, B. semenoviellus, Hylaeus punctatus, Lasioglossum sabulosum, N. moeschleri, N. sym- phyti, Osmia villosa, Sphecodes majalis sowie als historische Funde Andrena granulosa, Halictus sajoi [vid. EBMER], Lasioglossum breviventre und Sphecodes cristatus). Zwei Arten sind gleichzei- tig Erstfunde für Deutschland (Anthidium tenellum [vid. SCHWARZ] und Halictus tetrazonius [vid. EB- MER]). Aufgrund der oftmals hohen Ansprüche an das Mikroklima und dem Vorhandensein von spezifi-Die Nachweise pontisch verbreiteter Arten wie Anthidium tenellum, Camptopoeum frontale und !#$ Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 49 12,1 G 11 2,7 Gefährdungskategorie R 1 2 6 71 70 1,5 17,5 Kategorien D V 1 25 0,2 6,2 17,3 3 67Rote Liste 263 16,564,9 Sonstige Gesamt 37 Gesamt 405 Gesamt 405 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Wildbienen Sachsen-Anhalts. Tab. 2: Übersicht zur Einstu- fung in die sonstigen Kategori- en der Roten Liste. 9,1 Halictus tetrazonius (sowie H. sajoi als historischer Beleg) im mitteldeutschen Trockengebiet westlich von Halle/Saale sind die nördlichsten Vorposten der Arten in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet und völlig isoliert, doch offenbar bodenständig. Weitere Arten sind in diesem Gebiet zu erwarten, was der Region einen besonderen Stellenwert beimisst und zwingend in weitere Schutzbemü- hungen münden sollte. Für Sachsen-Anhalt zu streichen sind Colletes flo- ralis EVERSMANN, 1852, die irrtümlich von DATHE (2001) gemeldet wurde und Nomada errans LE- PELETIER, 1841, deren Angaben (Rottleben) sich auf Thüringen beziehen (RAPP 1945). WESTRICH & DATHE (1997) melden erstmals L. breviventre, die bei DORN & RUHNKE (1999) und DATHE (2001) nicht berücksichtigt wird. DREWES (2001) meldet Noma- da symphyti, somit muss als ihre einzige Wirtsart auch Andrena symphyti SCHMIEDEKNECHT, 1883 potentiell vorkommen. A. symphyti wurde bereits früher in Sachsen im Elbtal nachgewiesen, wes- halb der Neufund des Parasitoiden in Sachsen- Anhalt nicht so überraschend erscheint. Vermut- lich ist sie jedoch auf das dem Elbtal nahe Gebiet beschränkt. Das Vorkommen von Bombus mag- nus VOGT, 1911 ist ebenfalls nicht auszuschließen, doch war die Art im bisher geprüften Sammlungs- material nicht enthalten. Zu bedenken ist die schlechte aktuelle Bearbeitungsintensität im Harz. Bereits bei einem Besuch im Frühjahr 2003 wur- den drei Neunachweise erbracht. Auch B. wurfle- nii sollte hier noch aktuell vorkommen. Eine Be- sonderheit stellt Xylocopa violacea dar, die aktu- ell auf einen Totfund von 1973 im Botanischen Garten Halle zurückgeht. Eine Einschleppung des Tieres ist nicht auszuschließen. Historische Nach- weise belegen allerdings die Bodenständigkeit der Art in Anhalt (Zeitzer Forst ein Nest im Pflaumen- baum leg. CONRAD, vgl. BLÜTHGEN 1925). Osmia cornuta wird z. Z. aus einer Wiener Population im Botanischen Garten Halle gehalten, der letzte Beleg der Art aus einer Wildpopulation stammt aus dem Jahr 1984 aus dem Saalkreis (leg. DORN). - Beseitigung geeigneter Biotope (z.B. Feldrai- ne, Ödländer, Röhrichte) oder Strukturen (z.B. Totholz, abgestorbene Pflanzenstängel, Ab- bruchkanten, Lehmbauten, Trockenmauern) durch Nutzungsänderung, Mahd, Aufforstung, Bebauung usw., - Verlust der Blütenpflanzen durch intensive Nut- zung, Begiftung, Mahd, Verbuschung usw., - Ungeeignete Behandlung bestehender Bioto- pe (wie z.B. Wiesen, Gärten) oder Strukturen (z.B. Verputzen von Fachwerk, vollständiges Imprägnieren von Holz, Verfugen von Trocken- mauern). Daraus lassen sich die wesentlichen Gefähr- dungsursachen ableiten. Wichtig erscheint es, ein natürliches Verständnis für Wildbienen aufzubau- en. Nur dies ermöglicht einen bewussten Umgang mit der Natur. Aus der nachfolgenden Tabelle lassen sich 263 Arten (ca. 65 %) als gefährdet bzw. verschollen ableiten. Das entspricht in etwa der bei DORN (1993) getroffenen Einschätzung (70 % der Arten gefährdet bzw. verschollen). In der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt 300 Arten aufgenom- men, wovon 37 Arten auf die Kategorien G, D und V entfallen. In der Nomenklatur folgen wir weitgehend SCHWARZ et al. (1996), die Großgattungen betreffend WE- STRICH & DATHE (1997), bei taxonomisch umstritte- nen Arten teilweise SCHMID-EGGER & SCHEUCHEL (1997), SCHEUCHEL (1995) und aktuellen Namens- änderungen GUSENLEITNER & SCHWARZ (2000). Danksagung Dank gebührt Frau S. DETERS (Oldenburg) und den Herren W. GRUSCHWITZ (Staßfurt), S. KALUZA (Bor- na), O. SCHWEIGER (Halle), E. STOLLE (Rottlebero- de) sowie Frau M. VISCHER (Münster) für die Über- lassung von Daten und Material. Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Trotz eines Artenzuwachses ist nicht zu verken- nen, dass eine Vielzahl der Wildbienenarten in ih- ren Populationsdichten erheblich zurückgegangen bzw. inzwischen verschollen ist, was sich auf fol- gende Gründe zurückführen lässt: !#% Art (wiss.)Art (deutsch)Kat.Bem. Ammobates punctatus (FABRICIUS, 1804) Andrena agilissima (SCOPOLI, 1770) Andrena alfkenella PERKINS, 1914 Andrena angustior (KIRBY, 1802) Andrena anthrisci BLÜTHGEN, 1925 Andrena apicata SMITH, 1847 Andrena argentata SMITH, 1844 Andrena barbareae PANZER, 1805 Andrena barbilabris (KIRBY, 1802) Andrena bimaculata (KIRBY, 1802) Andrena chrysopus PÉREZ, 1903 Andrena chrysopyga SCHENCK, 1853 Andrena cineraria (LINNAEUS, 1758) Andrena clarkella (KIRBY, 1802) Andrena coitana (KIRBY, 1802) Andrena combinata (CHRIST, 1791) Andrena confinis STOECKHERT, 1930 Andrena curvungula THOMSON, 1870 Andrena denticulata (KIRBY, 1802) Andrena distinguenda SCHENCK, 1871 Andrena enslinella STOECKHERT, 1924 Andrena ferox SMITH, 1841 Andrena florea FABRICIUS, 1793 Andrena floricola EVERSMANN, 1852 Andrena florivaga EVERSMANN, 1852 Andrena fulvago (CHRIST, 1791) Andrena fuscipes (KIRBY, 1802) Andrena gallica SCHMIEDEKNECHT, 1883 Andrena gelriae VAN DER VECHT, 1927 Andrena granulosa PÉREZ, 1902 Andrena hattorfiana (FABRICIUS, 1775) Andrena humilis IMHOFF, 1832 Andrena hypopolia SCHMIEDEKNECHT, 1883 Andrena intermedia THOMSON, 1872 Andrena labialis (KIRBY, 1802) Andrena lapponica ZETTERSTEDT, 1838 Andrena lathyri ALFKEN, 1899 Andrena lepida SCHENCK, 1861 Andrena marginata FABRICIUS, 1776 Andrena mitis SCHMIEDEKNECHT, 1883 Andrena morio BRULLÉ, 1832 Andrena nana (KIRBY, 1802) Andrena nanaeformis NOSKIEWICZ, 1925 Andrena nigriceps (KIRBY, 1802) Andrena nigrospina THOMSON, 1872 Andrena nitidiuscula SCHENCK, 1853 Andrena niveata FRIESE, 1887 Andrena nycthemera IMHOFF, 1868 Andrena ovatula (KIRBY, 1802) Andrena pandellei PÉREZ, 1895 Andrena pilipes FABRICIUS, 1781 Andrena polita SMITH, 1847 Andrena potentillae PANZER, 1809 Andrena praecox (SCOPOLI, 1763) Andrena propinqua SCHENCK, 1853Sandgänger-Biene Blauschillernde Sandbiene2 2 V G 3 0 0 0 V 0 2 1 V 1 1 2 1 2 3 1 G 0 3 3 1 3 2 1 2 0 3 3 2 2 3 3 3 0 2 2 0 1 0 1 2 2 2 0 2 2 V 2 1 V 3§ BA § BA § BA § BA 2002 01) § BA § BA vor 1925 02) 08) § BA 1944 03) § BA 1929 04) § BA § BA vor 1925 05) § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA 06) § BA § BA § BA § BA 07) § BA 1923 02) 08) § BA § BA § BA § BA § BA § BA 47) § BA 10) § BA 1919 11) § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA § BA 1919 12) § BA § BA § BA 1961 02) § BA 13) § BA 1948 14) 16) § BA § BA 15) § BA § BA § BA vor 1954 16) § BA 17) § BA § BA 15) § BA § BA § BA § BA 18) !#& Spargel-Sandbiene Braunschuppige Sandbiene Heidekraut-Sandbiene Knautien-Sandbiene Hellrote Sandbiene Schwarze Sandbiene Graue Weiden-Sandbiene Grauschuppige Sandbiene Glanz-Sandbiene Fingerkraut-Sandbiene
Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
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Language: Deutsch
Issued: 2005-06-16
Modified: 2005-06-16
Time ranges: 2005-06-16 - 2005-06-16
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