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60_Schwebfliegen

Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Schwebfliegen (Diptera: Syrphidae) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Frank DZIOCK, Matthias JENTZSCH, Eckart STOLLE, Martin MUSCHE und Hans PELLMANN (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Schwebfliegen (Diptera: Syrphidae) gehören auf- grund ihrer oftmals auffälligen Färbung und als vielfach markante Blütenbesucher zu den allge- mein bekannten Fliegen innerhalb der Dipteren. Nahezu alle terrestrischen Habitate werden von ihnen besiedelt, wobei die größten Artenzahlen in der Regel in Feuchtgebieten, naturnahen alten Wäldern und im Gebirge registriert werden (SSYMANK & DOCZKAL 1998). Einige Arten zeigen ausgeprägtes Wanderverhalten und überwinden dabei aus dem Süden kommend auf dem Weg nach Mitteleuropa sogar die Alpen. Die Imagines ernähren sich von Pollen und Nek- tar und spielen deshalb eine wichtige Rolle bei der Blütenbestäubung. Die Larven hingegen ha- ben sich artspezifisch zahlreiche andere Nah- rungsquellen erschlossen. Zoophage Arten ernäh- ren sich vornehmlich von Blattläusen, andere wiederum leben phytophag, indem sie in verschie- denen oberirdischen Pflanzenteilen minieren, aber auch z.B. Zwiebeln oder andere unterirdische Speicherorgane befallen können. Schließlich gibt es die große Gruppe saprophager Arten. Sie er- nähren sich von organischem Material aus Pfüt- zen, aus Sedimenten an Gewässerufern, oder verwerten Säugetierkot, den Schleimfluss von Bäumen oder in Zersetzung befindlichen Holz- mulm. Schwebfliegen haben bei weitem noch nicht die Relevanz für die Landschaftsbewertung erreicht, wie z.B. Heuschrecken, Libellen oder andere be- kanntere Indikatoren unter den Insekten. Dennoch weisen eine Reihe von Veröffentlichungen (z.B. SSYMANK 1994, ARNDT & PELLMANN 1996, VUBD 1999, DZIOCK 2000, SPEIGHT & CASTELLA 2001) dar- auf hin, dass den Syrphiden für die Zukunft in die- ser Hinsicht mehr Beachtung zu schenken sein wird. Dazu tragen sicherlich auch die bereits in einer Reihe von Bundesländern vorliegenden Roten Listen der Syrphidae bei. Datengrundlagen Die Checkliste Deutschlands enthält aktuell 458 Arten (SSYMANK et al. 1999, DOCZKAL et al. 2002). Die für Sachsen-Anhalt, Stand 1999, umfasst 247 Spezies (JENTZSCH & DZIOCK 1999) und diente als Grundlage zur Erstellung der ersten Roten Liste für dieses Bundesland (JENTZSCH 1998). Seit dem führten zahlreiche weitere Untersuchungen zu ei- nem sprunghaften Erkenntniszuwachs über das aktuelle Artenspektrum. Erstmals wurden bei- spielsweise die Syrphiden der Elbauen und des Havellandes systematisch erfasst (BARKEMEYER et al. 2003, DZIOCK 2001a,b, 2003) und Daten aus der Region um Salzwedel (LANGE, briefl. Mitt.) und aus dem Südharz (STOLLE) gesammelt. Auch konn- ten die Archivierung von bestehenden und geplan- ten Naturschutzgebieten in unterschiedlichen Landschaftsräumen fortgesetzt (JENTZSCH 1999, 2000a, 2001, JENTZSCH & KÖBERLEIN 2000, UTHLEB 2000) und die Vorkommen einzelner bemerkens- werter Arten näher beschrieben werden (DZIOCK 2001a, JENTZSCH 2000b, JENTZSCH & STOLLE 2002, JESSAT & DZIOCK 2000). Für die Auswertung stan- den insgesamt 6.548 Datensätze von 290 Arten zur Verfügung, die von E. STOLLE in das Arterfas- sungsprogramm WINART des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt eingegeben wur- den und dessen Laufendhaltung er auch in Zu- kunft übernehmen wird. Die nachfolgenden 14 Arten wurden nicht in die Datenbank aufgenommen, da es zwar publizierte Fundmeldungen aus Sachsen-Anhalt gibt, die sich jedoch entweder als Fehlbestimmungen erwiesen, oder bei einer Überprüfung der entsprechenden Sammlung nicht auffindbar waren bzw. sich aktu- ell in Revision befinden: Cheilosia antiqua (MEI- GEN, 1822), C. laticornis RONDANI, 1857, C. melan- opa (ZETTERSTEDT, 1843), Chrysotoxum octoma- culatum CURTIS, 1837, Dasysyrphus lunulatus (MEI- GEN, 1822), D. nigricornis (VERRALL, 1873), Epis- trophe ochrostoma (ZETTERSTEDT, 1849), Eristalis cryptarum (FABRICIUS, 1794), Eumerus tricolor (FA- BRICIUS, 1798), Eupeodes lundbecki (SOOT-RYEN, 1946), E. nielseni (DUŠEK & LÁSKA, 1976), Ferdi- nandea nigrifrons (EGGER, 1860), Heringia fulvi- manus (ZETTERSTEDT, 1843), Pipiza notata MEIGEN, 1822 (DZIOCK et al. in Vorb.). Auf der Grundlage dieser Datenbasis und unter Berücksichtigung der Einstufungskriterien für die einzelnen Gefährdungskategorien (DOCZKAL et al. 2001) erfolgte die Neufassung der Roten Liste. Die Nomenklatur folgt der Checkliste Deutsch- lands (SSYMANK et al. 1999, DOCZKAL et al. 2002). Bemerkungen zu ausgewählten Arten und zur Einstufung in die einzelnen Kategorien Einstufung in die Gefährdungskategorie 0 Hammerschmidtia ferruginea: Für Sachsen-Anhalt liegen insgesamt vier Sammlungsbelege vor, die vor mehr als 100 Jahren gefangen wurden (1874: 1 Weibchen Ballenstedt, 1884: 1 Männchen Mäg- "! desprung, 1885: 2 Männchen Mägdesprung, alle leg. VICTOR VON RÖDER, Coll. MLU Halle). In ganz Europa gilt die Art als ausgesprochen selten. Die Imagines sind an Stämmen alter Zitterpappeln bzw. Birken zu finden und die Larven konnten im Baumsaft unter der Rinde von vor zwei Jahren gefällten Zitterpappeln oder in stehenden Baum- stümpfen derselben Baumart nachgewiesen wer- den. Dieses Larvalhabitat besteht nur für eine kurze Zeit nach dem Tod eines Baumes (ROTHE- RAY & MACGOWAN 2001). Trotz dieser Kenntnisse, die eine gezielte Suche ermöglichen, fehlen aktu- elle Nachweise aus Sachsen-Anhalt. Daher gilt die Art hier als ausgestorben/verschollen. Einstufung in die Gefährdungskategorie R Dasysyrphus friuliensis: Die Art ist allgemein nur im montanen Bereich nachweisbar und in Sach- sen-Anhalt beschränkt sich das Vorkommen auf den Hochharz. Eine Bindung an seltene oder sel- tener werdende Lebensräume ist nicht erkennbar, weshalb eine Bedrohung trotz des sehr lokalen Vorkommens derzeit auszuschließen ist. Einstufung in die Gefährdungskategorie 1 Merodon avidus: Aus Halle (Saale) liegt ein Fund aus der 1. Hälfte des vorigen Jahrhundert vor. Aktuell gibt es in Sachsen-Anhalt zwei Fundorte im Biosphärenreservat Mittlere Elbe (NSG Saal- berghau und Schöneberger Wiesen bei Steckby). Beide Fundorte sind trockene, gemähte Sandma- gerrasen im Biotopverbund mit strukturreichen Au- enwäldern. Das Habitat wird durch die hohe Lage nur bei Extremhochwässern (wie im August 2002) durch die Elbe überschwemmt. Ob eine regelmä- ßige Überschwemmung für den Fortbestand der Art erforderlich ist, kann aufgrund der geringen Kenntnis um ihre Biologie nicht entschieden wer- den. Auf der Fläche im Saalberghau kommt die Art trotz fast vollständiger Überschwemmung des Fundortes während des Augusthochwassers 2002 noch vor. Mit Sicherheit ist das Mahdregime für den Fortbestand des Habitates notwendig. Des- wegen und aufgrund der Seltenheit der Art und des durch historische Funde belegten überregio- nalen Rückgangs der Art (z.B. in Sachsen, Thü- ringen, Niedersachsen, Baden-Württemberg) (PELLMANN & SCHOLZ 1996, DZIOCK et al. 2001, STU- KE et al. 1998, DOCZKAL et al. 2001) stufen wir die Art als vom Aussterben bedroht ein. Einstufung in die Gefährdungskategorie 2 Pyrophaena granditarsa: Als Bewohner von Feuchtbiotopen, hier vor allem der nassen, arten- reichen Wiesen konzentrieren sich die Nachwei- se auf Vorkommen nahe der Saale (Halle) und an der Elbe (u.a. Steckby, Sandau, Wörlitz). Es fällt dabei auf, dass historische Funde nur aus Halle/ Saale vorliegen, während aktuell mehrere Nach- weise im Auenbereich der Elbe zu verzeichnen sind. Die Art zeigt dort eine enge Habitatbindung und kommt zudem nur in kleinen Beständen vor. Da diese Lebensräume auch in Sachsen-Anhalt "" vom Rückgang bedroht sind und vielerorts quali- tativ verarmen, ist von einer starken Gefährdung der Bestände von P. granditarsa auszugehen. Einstufung in die Gefährdungskategorie 3 Merodon rufus: Sachsen-Anhalt verfügt im Süden und Südosten aufgrund der Lage im Regenschat- ten des Harzes großflächig über klimatisch wär- mebegünstigte Habitate, zu denen überregional bedeutsame Xerothermrasen-Komplexe gehören. Auf den wertvollsten Trockenrasen tritt M. rufus in z.T. großen Individuenanzahlen auf. Die dort vorkommenden Graslilien-Bestände sind als Pol- lenlieferant für die Imagines wichtig. Vermutlich lebt die Larve in den verdickten Rhizomen dieser Pflanzen. Vergleichbare Vorkommen gibt es deutschlandweit nur noch in Baden-Württemberg und Thüringen, woraus sich eine besondere Ver- antwortung der drei Bundesländer für den Erhalt dieser deutschlandweit gefährdeten Spezies ab- leiten lässt. Aufgrund dessen und zudem wegen der fortschreitenden Verbuschung der Trocken- rasen infolge Nutzungsaufgabe wird Merodon ru- fus für Sachsen-Anhalt als gefährdet eingestuft. Einstufung in die Kategorie G Eriozona syrphoides: Nachweise gibt es aus Frey- burg/Unstrut und aus dem Harz. Insbesondere im Harz dürfte sich der Verbreitungsschwerpunkt der als montan eingestuften Art befinden. Obwohl es sich um große und auffällig gefärbte Fliegen han- delt, die sich im Larvenstadium zudem von Blatt- läusen ernähren, gelingen nur selten Beobach- tungen. Es ist von einer Gefährdung auszugehen, ohne dass jedoch eine genaue Einstufung mög- lich ist. Einstufung in die Kategorie D Baccha obscuripennis: Für Sachsen-Anhalt gibt es nur spärliche Nachweise, wobei die Art offen- bar gemeinsam mit der weitaus häufigeren und morphologisch sehr ähnlichen B. elongata vor- kommt. Fehleinschätzungen hinsichtlich der tat- sächlichen Häufigkeit sind daher anzunehmen. Der taxonomische Status der Art ist zudem um- stritten. Auf diese defizitäre Situation weist die Einstufung in die Kategorie D hin. Einstufung in die Kategorie V Platycheirus fulviventris: Auf naturnahen, extensiv genutzten Feuchtwiesen zeigt die Art individuen- reiche Vorkommen, die sich fast alle im Bereich der Mittleren Elbe finden. Belege sind erst ab dem Zeitraum von 1989 an dokumentiert. Die Bestands- situation ist befriedigend, jedoch erfolgt eine Ein- stufung in die Vorwarnliste aufgrund der Bindung an einen seltener werdenden Lebensraum. Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Als Hauptgefährdungsursache für den Rückgang der meisten bedrohten Arten ist der Verlust an naturnahen Lebensräumen einzuschätzen. Die Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 19 6,6 Gefährdungskategorie R 1 2 1 19 22 0,3 6,6 Kategorien G D V 27 13 15 5,2 4,5 9,3 7,6 3 23Rote Liste 84 7,929,0 Kat. Gesamt 55 Gesamt 290 Gesamt 290 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Schwebfliegen Sachsen-Anhalts. Tab. 2: Übersicht zur Einstu- fung in die sonstigen Kategori- en der Roten Liste. 19,0 anhaltende und nahezu flächendeckende Inten- sivierung in der Landwirtschaft führt lediglich zur Förderung einiger Generalisten, während exten- sive, blütenreiche Mähwiesen und Feuchtgrünlän- der als Lebensräume anspruchsvollerer Schweb- fliegen-Arten häufig nur noch in Naturschutzge- bieten zu finden sind. Ähnlich besorgniserregend stellt sich die Entwicklung in den Wäldern dar, wo vor allem für Alt- und Totholz zu wenig Raum bleibt und ein vollständiger Sukzessionszyklus der Wald- entwicklung ausser in einigen wenigen Totalreser- vaten in Naturschutzgebieten oder im National- park ansonsten nicht zugelassen wird. Schließlich schreitet die Entwertung der Landschaft durch Eutrophierung, Versiegelung und Gewässeraus- bau weiter fort. Insbesondere die Auen der bei- den größten Flüsse Sachsen-Anhalts, Elbe und Saale, sind durch Staustufen akut gefährdet. In den Siedlungsgärten und Grünanlagen schließlich haben sterile und fremdländische Pflanzenarten Einzug gehalten und verdrängen die einheimische Flora mit den für Syrphiden wichtigen Blütenpflan- zen mehr und mehr. Insektizideinsatz und über- triebene Pflegeintensität sowie der zunehmende Verlust artenreicher Ruderalflächen sind weitere negative Aspekte. Flächendeckend sind zudem Neophyten, wie Solidago canadensis, auf dem Vormarsch, die als Nahrungspflanzen nur von wenigen eurytopen Schwebfliegen-Imagines ge- nutzt werden können. Ein nachhaltiger Schutz gefährdeter Syrphiden kann nur erreicht werden, wenn den aufgezeigten negativen Entwicklungen entgegengewirkt wird und naturnahe bzw. exten- siv genutzte Habitate auch zukünftig in ausrei- chendem Maß erhalten bleiben. Danksagung Wir danken C. CLAUßEN (Flensburg) und D. DOCZ- KAL (Malsch) für die Bestimmung oder Überprü- fung von Belegen sowie W. BÄSE (Reinsdorf), Ch. KEHLMAIER (Dresden) und A. STARK (Halle) für die Vermittlung von Material bzw. Fundmitteilungen aus Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus stellten die zahlreichen von L. LANGE (Wewelsfleth) übermit- telten Fangdaten eine wertvolle Hilfe bei der Be- wertung der Schwebfliegen-Vorkommen in der nördlichen Altmark dar. Dafür sei ihm ebenfalls recht herzlich gedankt. Art (wiss.)Kat. Anasimyia contracta CLAUSSEN & TORP, 1980 Anasimyia interpuncta (HARRIS, 1776) Anasimyia lineata (FABRICIUS, 1787) Anasimyia transfuga (LINNAEUS, 1758) Arctophila bombiformis (FALLÉN, 1810) Arctophila superbiens (MÜLLER, 1776) Baccha obscuripennis MEIGEN, 1822 Blera fallax (LINNAEUS, 1758) Brachymyia floccosa (MEIGEN, 1822) Brachyopa bicolor (FALLÉN, 1817) Brachyopa insensilis COLLIN, 1939 Brachyopa panzeri GOFFE, 1945 Brachyopa pilosa COLLIN, 1939 Brachyopa scutellaris ROBINEAU-DESVOIDY, 1843 Brachypalpus laphriformis (FALLEN, 1816) Brachypalpus valgus (PANZER, 1798) Caliprobola speciosa (ROSSI, 1790) Callicera aenea (FABRICIUS, 1781) Callicera rufa SCHUMMEL, 1842 Ceriana conopsoides (LINNAEUS, 1758)2 3 3 2 G 3 D V 2 G 3 3 V G 3 2 2 1 0 3 Bem. 1934 01) "#

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

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Issued: 2005-06-16

Modified: 2005-06-16

Time ranges: 2005-06-16 - 2005-06-16

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