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62_Blasenkopffliegen

Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Dickkopffliegen (Diptera: Conopidae) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Andreas ARNOLD und Matthias JENTZSCH (1. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Die Dickkopf- oder Blasenkopffliegen (Conopidae) sind 3,5 bis etwa 20 mm lange, unauffällig grau bis rötlichbraun oder wespenähnlich gelb-schwarz gezeichnete Fliegen mit teils an Hymenopteren erinnerndem Habitus, relativ großem Kopf und einem bei den meisten Arten mehr als kopflan- gen, ein- bis zweifach geknieten Rüssel. Die Spit- ze der sogenannten Analzelle reicht bei den meis- ten Arten bis zum Flügelhinterrand. Die heimischen Conopiden sind Parasitoide acu- leater Hymenopteren. Die Dickkopffliegen-Weib- chen lauern den Hymenopteren an Blüten, an deren Nesteingängen oder an regelmäßig von den Wirten besuchten Tränken auf und heften in der Regel ein Ei an dessen Abdomen. Die geschlüpf- te Larve bohrt sich durch die Haut, nährt sich zunächst von den nicht unmittelbar lebenswichti- gen Gewebeteilen des Wirtes, bringt diesen schließlich zum Absterben und verpuppt sich im Abdomen des Wirtes. Die Überwinterung erfolgt in der Puppe, wobei mehrjähriges Überliegen möglich ist. Die Flugsaison erstreckt sich in Mit- teldeutschland witterungsabhängig von Ende März/Anfang April bis September. Einige Arten sind sehr selten und/oder haben eine kurze Flug- zeit, weshalb die vollständige Erfassung des Ar- tenspektrum eines Gebietes relativ langwierig und aufwendig ist. Weltweit sind (inkl. der Dalmanniinae und der in Europa nicht beheimateten Stylogastrinae) rund 800 Conopiden-Arten bekannt. Die palaearkti- schen Fauna umfaßt mindestens 172 Conopiden- Arten (CHVALA & SMITH 1988). In Deutschland wur- den bisher 52 Arten nachgewiesen (KASSEBEER 1999). Hinzu kommt nach STUKE (2002) Physoce- phala laticincta (BRULLÉ, 1832) als 53. Art. Eine Rote Liste der Conopidae gibt es bereits für Bay- ern (DUNK 1992), wo insgesamt 39 Arten regist- riert wurden. Datengrundlagen Zur Erstellung der Roten Liste wurden die verfüg- baren Datengrundlagen recherchiert. Dies betraf die Arbeiten von LAßMANN (1934), RAPP (1942), STUKE (1997) und ARNOLD (2001). Weiter wurden in den Entomologischen Sammlungen des Zoolo- gischen Institutes der Martin-Luther-Universität Halle sowie im Museum für Naturkunde Magde- burg (Daten teilweise übernommen; keine Deter- mination) sowie im Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau Belege geprüft. Neben den Sammlungen der Autoren (Material der letzten De- kade vornehmlich aus dem Harz sowie der Ge- gend um Halle und Bitterfeld) übergab BÄSE (Reinsdorf) Material zur Determination. Viele Conopiden-Arten sind, nicht zuletzt wegen ihrer parasitoiden Reproduktion, relativ selten. Dazu befassen sich nur wenige Entomologen mit diesen Dipteren. Somit sind Dickkopffliegen in entomologischen Sammlungen spärlich vertreten. Das Material aus den o.g. Museen ist außerdem z.g.T. mehr als ein halbes Jahrhundert alt. Zur Einschätzung des Gefährdungssituation der häu- figeren Arten musste deshalb auch die Situation in anderen Bundesländern herangezogen und be- rücksichtigt werden. Dennoch mussten davon viele Regionen Sach- sen-Anhalts bei dieser ersten Einschätzung man- gels Materials unberücksichtigt bleiben. Die Au- toren entschlossen sich in erster Linie deshalb dazu, eine erste Rote Liste für Sachsen-Anhalt zu veröffentlichen, weil sie sich so einen deutli- chen Erkenntniszuwachs für die Zukunft durch andere Entomologen erhoffen. Dies ist nicht zuletzt der einfachen Tatsache geschuldet, dass Rote Listen eher zur Hand genommen werden, als in einer Fachzeitschrift isoliert publizierte Checklisten. Bemerkungen zu ausgewählten Arten Die jetzt vorgestellte Rote Liste enthält aufgrund des diffizilen Kenntnisstandes - von einigen Spe- zies sind aus Sachsen-Anhalt nur einzelne oder lange zurückliegende Funde aus Museumssamm- lungen bekannt - in der 1. Fassung fast aus- schließlich ausgestorbene bzw. verschollene Ar- ten. Für Myopa polystigma RONDANI, 1857, M. strandi DUDA, 1940 und M. tesselatipennis MOT- SCHULSKY, 1859 ist eine Einschätzung der Gefähr- dungssituation aufgrund der wenigen Nachweise momentan nicht möglich. In Sachsen-Anhalt un- gefährdet sollten Conops flavipes LINNAEUS, 1758, C. quadrifasciatus DE GEER, 1776, Dalmannia marginata (MEIGEN, 1824), Myopa buccata (LINNAE- US, 1758), Physocephala rufipes (FABRICIUS, 1781), Sicus ferrugineus (LINNAEUS, 1761) sowie Theco- phora pusilla (MEIGEN, 1824) sein. Weitere even- tuell zu erwartende, da in angrenzenden Gebie- ten nachgewiesene Spezies sind Leopoldius bre- virostris (GERMAR, 1827), L. coronatus (RONDANI, 1857), Myopa extricata (COLLIN, 1960), M. morio MEIGEN, 1804, M. picta (PANZER, [1798]) und M. vi- caria WALKER, 1849. "% Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 19 57,6 Gefährdungskategorie R 1 2 1 - 1 3,0 - 3,0 3 2Rote Liste 23 6,169,7 Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Die heimischen Conopiden benötigen für ihre Entwicklung Hymenopteren. Daher sind die Ur- sachen für ihre Gefährdung und erforderliche Schutzmaßnahmen weitgehend mit denen ihrer Wirte (insbesondere Bombus sp., Apis mellifera, Vespa sp.) identisch. Conopiden parasitieren zwar bevorzugt bestimmte Arten, haben aber wahr- scheinlich ein breiter gefächertes, erst teilweise bekanntes Wirtsspektrum. Wie viele der relativ zahlreichen Hymenopteren-Parasiten profitieren sie von der relativ großen Leistungsfähigkeit der Wohnbauten errichtender und Nahrungsvorräte ansammelnden Hymenopteren. Die meisten davon sind Brutparasiten, wogegen die Conopi- den die Imagines befallen. Voraussetzung für ein breites Wirtsangebot für Conopiden ist vor allem ein qualitativ und quanti- tativ reichhaltiges Vorhandensein von Blüten wäh- rend der gesamten jahreszeitlichen Aktivitätspe- riode der Hymenopteren, zumal die Imagines der Conopiden sich ebenfalls von Blütensäften ernäh- ren. Weiterhin benötigen Hymenopteren geeignete Nistplätze. Dieses kann für viele Arten durch Be- reitstellung von Nisthilfen gefördert werden. Güns- tige Entwicklungsbedingungen bieten reich struk- turierte, extensiv genutzte naturnahe Agrarland- schaften, ökologische Anbaumethoden und mini- maler Einsatz von Insektiziden. Biotopvernetzung durch blütenreiche Hecken und Obstgehölze an Feldwegen und Waldrändern ist ein wichtiger Bei- Gesamt 33 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Dickkopffliegen Sachsen-Anhalts. trag zur Steigerung der Siedlungsdichte von Hy- menopteren. Streuobstwiesen werden von vielen Hymenopteren und insbesondere Conopiden der Gattung Myopa zur Blütezeit stark frequentiert. Bei der Wiesennutzung ist eine ein- bis zweimalige Mahd pro Jahr der Blütenentwicklung und Arten- vielfalt förderlich. Die Mahd sollte sich über einen längeren Zeitraum auf Teilflächen erstrecken/be- schränken, wie das bei kleinbäuerlicher Nutzung zur Futtergewinnung üblich war. Die bei vielen Conopiden sehr beliebten Disteln sollten auf Öd- ländern nicht zur Verhinderung des Samenfluges vor der Blüte gemäht werden. Für einzelne Arten, speziell Leopoldius coronatus, ist Schutz und Er- haltung der Tränken von Bienen und Wespen, beispielsweise Pfützen auf Waldwegen, wichtig, da sie hier ihren Wirten auflauern und Fortpflan- zungspartner finden. Danksagung Frau Dr. K. SCHNEIDER (Entomologische Sammlun- gen des Zoologisches Institutes der Martin-Luther- Universität), Herrn R. SCHILLER (Naturkundemuse- um Leipzig), Herrn Dr. H. PELLMANN (Museum für Naturkunde Magdeburg), Herrn T. KARISCH (Mu- seum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau), Herrn J. STOLLE (Rottleberode) sowie Herrn W. BÄSE (Reinsdorf) danken wir für die Ausleihe und Bereitstellung von Untersuchungsmaterial. Herr Dr. J.-H. STUKE (Leer) überprüfte freundlicherwei- se einige Bestimmungen. Dafür danken wir ihm. Art (wiss.)Kat. Conops scutellatus MEIGEN, 1804 Conops strigatus WIEDEMANN in MEIGEN, 1824 Conops vesicularis LINNAEUS, 1761 Dalmannia aculeata (LINNAEUS, 1761) Dalmannia dorsalis (FABRICIUS, 1794) Dalmannia puctata (FABRICIUS, 1794) Leopoldius signatus (WIEDEMANN in MEIGEN, 1824) Myopa dorsalis FABRICIUS, 1794 Myopa fasciata MEIGEN, 1804 Myopa occulta (WIEDEMANN in MEIGEN, 1824) Myopa stigma MEIGEN, 1824 Myopa testacea (LINNAEUS, 1767) Myopa variegata MEIGEN, 1804 Myopotta rubripes (VILLENEUVE, 1909) Physocephala chrysorrhoea (MEIGEN, 1824) Physocephala vittata (FABRICIUS, 1794) Sicus abdominalis KRÖBER, 1915R 0 3 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 0 0 0 "& Bem. N N N N N N N N N Art (wiss.)Kat.Bem. Sicus fusenensis OUCHI, 1939 Thecophora atra (FABRICIUS, 1775) Thecophora distincta (WIEDEMANN in MEIGEN, 1824) Thecophora fulvipes (ROBINEAU-DESVOIDY, 1930) Zodion cinereum (FABRICIUS, 1794) Zodion notatum (MEIGEN, 1804)0 0 0 0 2 0N N Nomenklatur nach KASSEBEER (1999). Abkürzungen und Erläuterungen, letzter Nachweis/ Quelle (Spalte „Bem.“) N- neuere Nachweise aus Sachsen-Anhalt fehlen, liegen aber aus angrenzenden Gebieten vor Literatur ARNOLD, A. (2001): Die Dickkopffliegen (Diptera: Conopidae) der Sammlung des Naturkundemuseums Leipzig.- Veröff. Naturkundemuseum Leipzig, 20: 66-76. CHVALA, M. & K.G.V. SMITH (1988): Family Conopidae.- In: SOOS, A. & L. PAPP (Eds.)(1998): Catalogue of Palaearctic dipte- ra. Vol. 8 Syrphidae - Conopidae.- Elsevier Amsterdam- Oxford-New York-Tokyo. DUNK, K.v.d. (1992): Dickkopffliegen (Conopidae).- In: HEU - SINGER , G.(1992): Beiträge zum Artenschutz 15. Rote Liste gefährdeter Tiere Bayerns.- Schriftenreihe Bay. Landes- amt Umweltschutz, 111: 199-200. KASSEBEER, C.F. (1999): Conopidae.- In: SCHUMANN , H., BÄHR- MANN, R. & A. STARK (Hrsg.)(1999): Entomofauna Germa- nica Bd. 2. Checkliste der Dipteren Deutschlands.- Studia dipterologica, Supplement 2: 145-146. LAßMANN, R. (1934): Beitrag zur Dipteren-Fauna von Halle und Umgebung.- Mitt. aus der Ent. Gesellsch. zu Halle, 13: 9-23. RAPP, O. (1942): Die Fliegen Thüringens unter besonderer Berücksichtigung der faunistisch-oekologischen Geogra- phie.- Schriftenreihe des Museums für Naturkunde Erfurt, Erfurt,: 1-574. STUKE, J.-H. (1997): Conopidenbelege aus Deutschland im Überseemuseum Bremen (Diptera, Conopidae). Studia dipterologica, 4(2): 377-382. STUKE, J.-H. (2002): Physocephala laticincta (BRULLÉ, 1832) neu für Deutschland (Diptera, Conopidae). Kurzmitteilung.- Studia dipterologica, 9(1): 128. Anschrift der Autoren Andreas Arnold Zur schönen Aussicht 25 D-04435 Schkeuditz E-Mail: arnold@saw-leipzig.de Dr. Matthias Jentzsch Stollenweg 21 D-06179 Langenbogen E-Mail: m_jentzsch@yahoo.de "'

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Issued: 2005-06-16

Modified: 2005-06-16

Time ranges: 2005-06-16 - 2005-06-16

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