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63_Halmfliegen

Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Halmfliegen (Diptera: Chloropidae) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Hella WENDT (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Zwar sind seit der 1. Fassung der Roten Liste (WENDT 1995) einige Jahre ins Land gegangen, unsere Kenntnisse über Artenspektrum und Ver- breitung der Halmfliegen innerhalb der einzelnen Regionen des Landes Sachsen-Anhalt sind aber weiterhin recht lückenhaft. Da auch bezüglich der Aussagen zur Artengruppe und zur Einstufung in die Gefährdungskategorien keine Änderungen zu konstatieren sind, wird die 1. Fassung direkt über- nommen. Die Halmfliegen (Diptera: Chloropidae) zählen zu den artenreichsten acalyptraten Dipteren-Famili- en in Deutschland und besiedeln in oft großen Individuenzahlen vorzugsweise Wiesenbiotope aller Feuchtigkeitsstufen. Ihre Entwicklung ist mehr oder weniger eng an das Vorhandensein bestimm- ter Grasarten der Poaceae, Cyperaceae und Jun- caceae gebunden, in deren Halminneren oder In- floreszenzen die Larven phytophag, phytosapro- phag oder als Bakterienvertilger leben. Wenige Arten ernähren sich auch räuberisch von ande- ren Insekten oder deren Eigelegen. Datengrundlagen Um überhaupt Aussagen über den Gefährdungs- grad der Chloropiden machen zu können, war zunächst eine erstmalige Bestandsaufnahme der in diesem Bundesland vorkommenden Arten nö- tig. Dazu herangezogen wurden die Sammlungen des Zoologischen Museums Berlin und des Deut- schen Entomologischen Institutes (DEI) in Ebers- walde. Wertvolle Hinweise gaben auch die Auf- sammlungen von BÄHRMANN, DECKERT, GEITER, GRU- SCHWITZ, GOELLNER, MORITZ und ZOERNER sowie die der Autorin aus den vergangenen dreißig Jahren (u.a. WENDT 1990, 1992, 1993). Diese Auswertung ergab einen aktuellen Bestand von 121 Arten für Sachsen-Anhalt, was ca. 60 % der zur Zeit aus Deutschland bekannten Spezies entspricht. Die- se Belege sind jedoch nur auf wenige Landkreise bzw. Landschaften verteilt, so z.B. die Dübener Heide, das NSG Steckby-Lödderitzer Forst, die Salzstellen NSG Hecklingen, NSG Sülldorf und Teutschenthal, sowie die Umgebung von Aken, Bad Kösen, Dessau, Eisleben, Köthen und Mag- deburg. Einbezogen wurden ebenfalls Angaben von DUDA (1932/33). Arten des sehr intensiv be- sammelten Kreises Artern werden nach seiner Zuordnung zum Land Thüringen hier nicht berück- sichtigt (WEIPERT 1993, WENDT 1993). Die ohnehin spärlichen Literaturmeldungen können wegen ta- xonomischer Neubearbeitung von Gattungen oder Artengruppen oft nur bedingt verwendet werden. "  Wie auch bei anderen Insektengruppen, entstam- men wertvolle Funde den Binnensalzstellen, an denen Sachsen-Anhalt besonders reich ist. Sie stellen komplizierte Ökosysteme dar, deren Le- bewesen sehr sensibel auf äußere Einflüsse rea- gieren. Verschmutzung oder Melioration dieser Lebensräume führen zu einem sukzessiven Rück- gang der Halophyten und damit auch zur Vernich- tung der daran gebundenen halobionten und ha- lophilen Insektenfauna. Bemerkungen zu ausgewählten Arten und Gefährdungsursachen Die hier vorliegende Rote Liste des Landes Sach- sen-Anhalt enthält 35 Chloropidenarten. Sie kann jedoch lediglich als ein Versuch gewertet werden, gefährdete Taxa wegen der fortschreitenden Zer- störung ihres Lebensraumes aus dem Gesamtar- tenbestand herauszuheben. Da erst von weniger als der Hälfte der Spezies die Larvalbiologie be- kannt ist, sei auch aus diesem Grund auf die Vor- läufigkeit der Aussagen hingewiesen. Die Einstu- fung in Gefährdungskategorien gestaltete sich als schwierig und bedarf ständiger Korrekturen. Wie STARK (1993) für die Dolichopodiden ausführt, be- steht auch für die Chloropiden noch intakter Bin- nensalzstellen höchste Schutzwürdigkeit. Min- destens zehn Arten aus den Gattungen Aphanot- rigonum, Conioscinella, Diplotoxa, Melanum, Os- cinella und Thaumatomyia sind als halophil ein- zustufen. Die stenöken Arten Aphanotrigonum cinctellum, Meromyza virescens und Oscinella albisetosa bevorzugen besonders hohe Salzkon- zentrationen und verschwinden, sobald die Aus- süßung ihres Substrates beginnt. Obwohl phyto- phage Salzwiesenfliegen unter optimalen Lebens- bedingungen häufig in individuenreichen Popula- tionen auftreten, sind sie aktuell gefährdet. Dies gilt ebenso für einige kalkliebende Arten der Gat- tung Chlorops. Zu den schutzwürdigen Spezies zählen auch jene Nahrungsspezialisten, die sich nur von einer Wirts- pflanzenart oder wenigen Vertretern einer bestimm- ten Gattung ernähren, wie z.B. die cecidogenen Schilfhalmfliegen der Taxa Lipara, Platycephala und Calamoncosis. Ihr Lebensraum unterliegt ständi- ger Bedrohung durch Wasserverschmutzung, re- gelmäßige Mahd von Röhrichtbeständen und Ver- bauung der Seeufer. Einige xerotherme Chloropi- den mit zoophager Lebensweise, die sich in Eiko- kons von bestimmten Orthopteren oder Araneen entwickeln, sind infolge fortschreitenden Rückzugs ihrer Wirte ebenfalls gefährdet und treten nur noch in geringer Anzahl auf. Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 2 1,7 Gefährdungskategorie R 1 2 - 6 8 - 4,9 6,6 3 19Rote Liste 35 15,728,9 Bei zwei sehr seltenen Arten besteht bereits der Verdacht, dass im Gebiet vorhandene Restpopu- lationen erloschen sind. Die halophile Eurina luri- da wurde ebenso wie Incertella nigrifrons zuletzt vor mehr als achtzig Jahren in nur je einem Ex- emplar in Sülldorf gefangen (coll. OLDENBERG) und trotz intensiver Sammeltätigkeit in den letzten Jahren nicht mehr gefunden. Gesamt 121 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Halmfliegen Sachsen-Anhalts. Wie auch bei anderen Insektengruppen hängt eine erfolgreiche Reproduktion bei den Chloropiden vom Reifefraß der frischgeschlüpften Imagines auf blütenreicher Wiesen- und Strauchvegatation ab. Vernichtung von Feuchtbiotopen, Herbizideinsatz und Gebüschbeseitigung tragen somit zur Gefähr- dung der gesamten Halmfliegenfauna bei. Art (wiss.)Kat. Aphanotrigonum femorellum COLLIN, 1946 Aphanotrigonum inerme COLLIN, 1946 Calamoncosis aprica (MEIGEN, 1830) Calamoncosis duinensis (STROBL, 1909) Camarota curvipennis (LATREILLE, 1805) Centorisoma elegantulum BECKER, 1910 Chlorops fasciatus MEIGEN, 1830 Chlorops frontosus MEIGEN, 1830 Chlorops geminatus MEIGEN, 1830 Chlorops infumatus (BECKER, 1910) Chlorops interruptus MEIGEN, 1830 Chlorops pannonicus STROBL, 1893 Chlorops strigulus (FABRICIUS, 1794) Chlorops varsoviensis BECKER, 1910 Conioscinella gallarum (DUDA, 1933) Conioscinella zetterstedti ANDERSSON, 1966 Diplotoxa messoria (FALLÉN, 1820) Eribolus gracilior (DE MEIJERE, 1918) Eribolus nanus (ZETTERSTEDT, 1838) Eurina lurida MEIGEN, 1830 Incertella nigrifrons (DUDA, 1933) Lasiambia brevibucca (DUDA, 1933) Lipara similis SCHINER, 1854 Melanum laterale (HALIDAY, 1833) Meromyza virescens VON ROSER, 1840 Oscinella angularis COLLIN, 1846 Oscinella cariciphila COLLIN, 1946 Oscinimorpha albisetosa (DUDA, 1932) Parectecephala longicornis (FALLEN, 1820) Platycephala planifrons (FABRICIUS, 1798) Platycephala umbraculata (FABRICIUS, 1794) Polyodaspis sulcicollis (MEIGEN, 1838) Rhodesiella plumiger (MEIGEN, 1830) Rhopalopterum fasciolum (MEIGEN, 1830) Thaumatomyia trifasciata (ZETTERSTEDT, 1848)2 2 3 3 1 1 3 3 2 2 1 2 3 3 1 3 3 3 3 0 0 2 3 3 1 3 1 3 3 3 3 2 3 2 2 Bem. 01) 1911 02) 1921 Nomenklatur nach NARTSHUK (1984, 1994) Abkürzungen und Erläuterungen, letzter Nachweis/ Quelle (Spalte „Bem.“) 01) 02) - - 1 Ex. leg. 1911 (DEI) 1 Ex. leg. 1912 (DEI) DEI - Entomologische Sammlungen im Deutschen Entomo- logischen Institut "  Literatur DUDA, O. (1932/33): 61. Chloropidae.- In: LINDNER, E.: Die Flie- gen der paläarktischen Region.- 6/1: 1-248. NARTSHUK, E.P. (1984); Catalogue of Palaearctic Diptera.- Vol. 10: Clusiidae - Chloropidae: 1-402. NARTSHUK, E.P. (1994): Revision of the Chloropidae described by von Roser from Württemberg with lectotype designati- ons.- Zoosyst. Rossica, 3/1: 153-158. STARK, A. (1993): Rote Liste der Langbeinfliegen des Landes Sachsen-Anhalt.- Berichte des Landesamtes für Umwelt- schutz Sachsen-Anhalt, 9: 73-76. WEIPERT, H. (1993): Halmfliegen (Chloropidae).- In: THÜRIN - GER ENTOMOLOGENVERBAND E.V. & THÜRINGER LANDESANSTALT FÜR UMWELT (Hrsg.): Check-Listen Thüringer Insekten.- Teil 1: 53-55. Anschrift der AutorIn Dipl.-Biol. Hella Wendt Museum für Naturkunde an der Humboldt-Universität zu Berlin Invalidenstr. 43 D-10115 Berlin E-Mail: Hella.Wendt@Museum.HU-Berlin.de " WENDT, H. (1990): Vorläufige Liste der Chloropidenarten (Di- ptera, Cyclorrhapha, Acalyptrata) der DDR.- Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum in Berlin (Berlin), 66/1: 177-191. WENDT, H. (1992): Halmfliegen (Chloropoidea).- In: MINISTERI- UM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND RAUMORDNUNG DES LANDES BRANDENBURG (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere im Land Brandenburg.- Potsdam: 137-138. WENDT, H. (1993): Zur Faunistik und Ökologie der Halmflie- gen (Diptera, Chloropoidea) einiger Salzstellen des Bin- nenlandes und der Küste in Ostdeutschland.- Novius (Ber- lin), 15/1: 321-328. WENDT, H. (1995): Rote Liste der Halmfliegen des Landes Sachsen-Anhalt.- Berichte des Landesamtes für Umwelt- schutz Sachsen-Anhalt, 18: 37-39.

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Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

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Issued: 2005-06-16

Modified: 2005-06-16

Time ranges: 2005-06-16 - 2005-06-16

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