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lu-krie_143-154-Fadenmolch.pdf

Description: ||||||||||||||||||||| Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 4/2015: FADENMOLCH 143 – 154 4.3.4 Fadenmolch – Lissotriton helveticus (RAZOUMOWSKY, 1789) Wolf-Rüdiger GROSSE 1 Artsteckbrief Kennzeichen: Schlanker, kleinerer Wassermolch mit glatter Haut; Kopfoberseite mit drei Längsfurchen, kleine Porenreihen am Kopf, vom Nasenloch bis zur Schläfenregion zieht sich ein dunkel pigmentiertes Seitenband; Drüsenleiste beiderseits der Rückenmitte (Rumpfquerschnitt angedeutet rechteckig), Körperober- seite gelblich bis bräunlich mit dunkel olivfarbener Mar- morierung oder Fleckung. Kehle und Bauch ungefleckt. Größe: ♂♂ bis 89 mm und ♀♀ bis 95 mm. Geschlechtsunterschiede/Trachten: Wasser- tracht: ♂♂ mit niedrigem glattrandigen Hautsaum von Rücken bis Schwanz, Schwanzende stumpf mit bis 8 mm langem, abgesetzten Schwanzfaden; Zehen der Hinterfüße mit großen dunklen Hautsäumen; dunkle stark gewölbte Kloake; Schwanzflanken mit deutli- chen dunklen Fleckenreihen und unterem bläulich perlmuttfarbenen Band, heller Fleck über dem Ansatz der Hinterbeine. ♀♀ ohne Rückenkamm; Kehle far- blos fleischfarben, selten gelb; Kloake hell und flach; Schwanzunterseite gelblich bis blassorange. Land- tracht: ♂♂ Rückenkamm angedeutet, Schwanzfaden und Schwimmhäute zurückgebildet; Oberseite bräun- lich, Haut samtartig. ♀♀ angedeutete helle Mittellinie auf dem Rücken, Hautoberfläche heller, sonst wie ♂♂; Jungtiere bräunlich bis rötlich. Habitate: Stillgewässer wie Fahrspurrinnen bis hin zu großen Waldteichen, häufig von Quellen gespeist, kühl und klar. In Deutschland waldbewohnende Art der Mit- telgebirge, in feuchten Laubmischwäldern, nur manch- erorts in offenen Landschaften, terrestrische Lebens- räume zeigen eine ausgeprägte Reliefstruktur. Aktivität: Winterruhe (Mitteleuropa) witterungsabhän- gig von Oktober bis März; Anwanderung ab Anfang März, Fortpflanzungszeit von Mitte April bis Anfang Juni, Median der Abwanderung Mitte Juli, danach Landaufenthalt. Wanderungen/Reviere: Häufig weniger als 50 m, durchschnittlich 100 – 500 m (max. 2.000 m). Fortpflanzung/Entwicklung: ♀ legt je Saison 350 bis 450 Eier von 1,3 bis 1,8 mm Durchmesser, Eier ober- seits bräunlich, unterseits heller und von ovalen Gal- lerthüllen umgeben; Ablage unter Wasser an Pflanzen in warmen Flachwasserbereichen. Embryonalentwick- lung 16 – 28 Tage, Larven beim Schlupf 6 – 8 (12) mm, Wachstum auf 20 – 25 (35) mm; Außenkiemen; Meta- morphose nach 9 – 11 Wochen, Jungmolche 18 – 20 (25) mm, gehen im Juli an Land. Nahrung: Im Wasser Kleinkrebse, Insektenlarven, Würmer; an Land Nacktschnecken, Würmer, Asseln, Spinnen, Insekten. Alter: Bis 12 Jahre, im Terrarium bis 18 Jahre. Abb. 1: Fadenmolch; oben und im Vordergrund links Männchen; in der Mitte und rechts unten Weibchen (Montage, Fotos: A. Westermann). 143 ||||||||||||| FADENMOLCH 2Verbreitung und Ökologie 2.1Allgemeine Verbreitung 2.1.1 Areal Der Fadenmolch ist eine westeuropäische Art. Nahezu ganz Frankreich mit Ausnahme eines kleinen Gebietes im Südosten wird von der Art besiedelt (Lescure & de Massary 2012). Die südlichsten Vorkommen finden sich in Nordportugal und Nordspanien, von wo auch zwei Unterarten beschrieben wurden (L. h. sequeirai in Nordportugal und Nordspanien und L. h. punctillatus in der Sierra de la Demanda, Nordspanien). Das gesamte restliche Areal wird von der Nominatform besiedelt. Im Norden besiedelt der Fadenmolch die Britischen Inseln bis Schottland. In Irland fehlt er. Weiter östlich über Frankreich, Belgien und Südholland erreicht die Art ihre östliche Arealgrenze in Deutschland (Nöl- lert & Nöllert 1992). Sie verläuft vom nördlichen Niedersachsen über den Westen Thüringens, durch Nordfranken und Südsachsen. Hier erreicht die Art die Tschechische Republik. Die baden-württembergischen Vorkommen des Fadenmolchs haben Anschluss an das Areal der Art in der Nordwest-Schweiz. 2.1.2 Verbreitung in Deutschland In Deutschland ist der Fadenmolch nur westlich der Linie Chemnitz (südwestliches Erzgebirge bis Kras- lice/Luby in Tschechien), Nordrand Thüringer Wald, Eichsfeld, Ostharz und westlich der Elbe in Nieder- sachsen und mit einem Vorkommen in Schleswig-Hol- stein zu finden. Der Verbreitungsschwerpunkt der Art in Deutschland liegt in Rheinland-Pfalz und dem Saarland, wo die Vorkommen auch einen direkten Anschluss an das französische Kernareal haben. Alle weiteren Bundesländer weisen zum Teil große Ver- breitungslücken auf. In Nordrhein-Westfalen werden die bewaldeten Mittelgebirge am stärksten besiedelt. Es gibt daneben nur einige Randvorkommen im west- fälischen Tiefland. In Hessen ist der Fadenmolch weit verbreitet. In Bayern werden nur die nördlichen Mit- telgebirge wie Spessart, Vorrhön und Frankenwald besiedelt. In Baden-Württemberg besiedelt die Art vor allem den Schwarzwald, das Schwäbische Keuper-Li- as-Land sowie den Nordrand der Schwäbischen Alb (Rimpp 2007). 2.1.3 An Sachsen-Anhalt grenzende Vorkommen Der Fadenmolch ist eine typische Art der atlantisch geprägten Mittelgebirge. In Sachsen-Anhalt deckt sich die Verbreitungsgrenze sehr genau mit den Rändern der Mittelgebirge und des Hügellandes. Die Art ist an ihrem Arealrand im sachsen-anhaltischen Harz teilweise deutlich isoliert. Zu den weiter südöstlich in Sachsen gelegenen Vorkommen im Vogtland und im Erzgebirge besteht keine Verbindung (Zöphel & Steffens 2002). Auch die thüringischen Vorkommen am Kyffhäuser, in der Hainleite und im Eichsfeld sind in sich geschlossen und isoliert. Lediglich im Westharz nach Niedersachsen gibt es weitere benachbarte Fadenmolchvorkommen, die bereits von Wolterstorff (1893a) und Dürigen (1897) historisch belegt waren (Okertal bei Lauterberg, Clausthal, Innerstetal im Nordharz). In den Waldgebie- ten des Harzes und stellenweise im nordwestlichen Harzvorland sind Fadenmolche anzutreffen (Kätzel & Bollmeier 2013). Weitere Verbreitungsschwerpunkte liegen im niedersächsischen Berg- und Hügelland zwi- schen Weser und Leine, um Osnabrück und ein isolier- tes Vorkommen südlich von Hamburg (Podloucky & Fischer 1991). 2.2 Vorkommen in Sachsen-Anhalt 2.2.1 Verbreitung und Häufigkeit Datengrundlagen Aus Sachsen-Anhalt lagen von 1887 bis zum Jahr 2014 961 Nachweise aus 21 MTB vor, davon 667 Nachweise nach dem Jahr 2000. Die MTB-Frequenz blieb mit 10 % konstant (11 % bei Meyer et al. 2004, 8,2 % bei Schiemenz & Günther 1994). Der Faden- molch ist in Sachsen-Anhalt aufgrund seines kleinen Areals eine der seltensten Amphibienarten. Er ist nur in 58 MTBQ nachgewiesen worden, was gegenwärtig einer MTBQ-Frequenz von 8 % entspricht. Historische Verbreitung Die Entdeckung des Fadenmolchs in Sachsen-An- halt geht auf W. Wolterstorff zurück, der auf einer Exkursion im Jahr 1887 nach Wippra im Ram- sengrund die Art fand (Wolterstorff 1893a, b, Schulze 1891). Bereits Dürigen (1897) nennt die Fundorte Wernigerode, Blankenburg, Thale, Gern- rode, Mägdesprung, Selketal, Plateau Ballenstedt, Falkenstein, Pansfelde, Molmerswende, Schielo und Stangerode, wo die Art auch gegenwärtig, teilweise sogar noch punktgenau präsent ist. Hoffmann (1899) bemerkt, dass Teich- und Fadenmolch fast überall im Harz häufig sind. Die Fundorte im Dippelsbachtal bei Ahlsdorf und bei Blankenheim im Unterharz galten vor Tab. 1: Datengrundlagen zum Fadenmolch in Sachsen-Anhalt. Karte 1: Aktuelle Verbreitung (1990 – 2014) des Fadenmolchs in Deutschland (modifiziert nach DGHT e. V. 2014). 144 FADENMOLCH Abb. 2: Paarungsbereites Männchen mit hohem Rückenflossensaum und gut ausgebildetem Schwanzfaden (Foto: A. Westermann). der Entdeckung vogtländischer und erzgebirgischer Vorkommen in den 1980er Jahren als die östlichsten Vorposten überhaupt (Wolterstorff 1893a,b, Kühl- horn 1941). Heute ist das sächsische Dippoldiswalde der östlichste bekannte Fundort (Nöllert & Nöllert 1992), während den nordöstlichsten Fundpunkt Sach- sen-Anhalts ein ehemaliger militärischer Übungsplatz bei Harsleben bildete. Auch Buschendorf (1984) kannte keine dem Unterharz vorgelagerten Vorkom- men im Flachland Sachsen-Anhalts. Bei Schiemenz & Günther (1994) hatte der Faden- molch eine MTB-Frequenz von 8,2 % (6,2 % MTBQ-Fre- quenz). Die Hauptvorkommen lagen im Harz, östlich etwa bis Eisleben und südlich bis zum Kyffhäuser, der Hainleite und den Bleicheroder Bergen (sporadisch). Ein isoliertes, dicht besiedeltes Areal befand sich im Eichsfeld, es reichte bis in den nördlichen Hainich. Verbreitung nach Landesfauna 2004 Die Vorkommen des Fadenmolchs in Sachsen-Anhalt markierten die nordöstliche Verbreitungsgrenze. Aus der Verbreitungskarte und Zuordnung der Vorkommen auf die Hauptlandschaftseinheiten war die weitgehende Beschränkung der Art auf den Harz und seine Vorlän- der zu erkennen (Meyer 2004c). Aus Sachsen-Anhalt waren außerhalb des Großraumes „Harz mit Vorländern“ keine weiteren Fadenmolch-Vorkommen bekannt. Es existierten jedoch einige unbestätigte Verdachtsmeldun- gen aus der nordwestlichen Altmark (z. B. Diesdorfer Wohld). Generell blieb das Verbreitungsbild der Art in Sachsen-Anhalt und auch seine Fortsetzung jenseits der Landesgrenzen noch sehr unverstanden. Eventuell stel- len auch klimatische Faktoren eine limitierende Größe für die Ausbreitung an der östlichen Arealgrenze dar. Die sachsen-anhaltischen Teile des Kyffhäusergebirges waren nicht besiedelt, wenngleich Buschendorf (1984) die Art für das heute in Thüringen liegende Umfeld des Kyffhäuser-Denkmals erwähnte und auch Schlüpmann & Günther (1996) den Fadenmolch als im Kyffhäuser indigen angaben. Hier konnte er allerdings trotz einer aktuellen und intensiven Durchforschung nicht bestätigt werden (Uthleb et al.1995, Meyer 2002). Aus Sachsen-Anhalt lagen bis zum Jahr 2000 193 Nachweise vor. Die MTB-Frequenz erhöhte sich auf 11 % gegenüber 8,2 % bei Schiemenz & Günther (1994). Dieser „Zuwachs“ wurde als Ergebnis der erhöhten Erfassungsintensität in den 1990er Jahren interpretiert. In Sachsen-Anhalt wurden bislang keine auf den Fadenmolch konzentrierten Erhebungen oder Studien durchgeführt. Aus methodischen Gründen existierten auch kaum verwertbare quantitative oder halbquantitative Angaben. Die Art wurde regelmäßig an straßenbegleitenden Amphibienschutzanlagen registriert (z. B. Benneckenstein, Königshütte, Bal- Karte 2: Vorkommen des Fadenmolchs in Sachsen-Anhalt auf MTBQ-Basis. 145

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Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

Issued: 2016-01-16

Modified: 2016-01-16

Time ranges: 2016-01-16 - 2016-01-16

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