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lu-krie_185-206-Rotbauchunke.pdf

Description: ||||||||||||||||||||| Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft ROTBAUCHUNKE 4/2015: 185 – 206 ||||||||||||| FFH 4.3.7 Rotbauchunke – Bombina bombina (Linnaeus, 1761) Uwe Zuppke und Marcel Seyring 1 Artsteckbrief Kennzeichen: Krötenartiger Froschlurch mit stark warziger Haut ohne Parotoidenwülste. Sie gehört zu den Scheibenzünglern, deren dicke, scheibenförmige Zunge mit der gesamten vorderen Unterseite am Boden der Mundhöhle festgewachsen ist und daher nicht zum Beutefang vorgeschnellt werden kann. Hell- bis dunkelgraue, teilweise grüne Oberseite mit dunkelbraunen bis schwarzen Flecken. Kennzeich- nendes Merkmal ist die schiefergraue bis schwärzli- che Unterseite mit auffälligen orange bis rötlichen Fle- cken unterschiedlicher Größe und Form, die sich bis zu den Beinen erstrecken, aber keine Verbindung zu denen der Gliedmaßen haben; herzförmige bis drei- eckig geformte Pupillenschlitze als Hauptunterschied zu den Kröten. Die ♂♂ rufen zur Paarungszeit langge- zogen „Uuuh … uuuh … uuuh“. Größe: Maximal 45 – 50 mm. Geschlechtsunterschiede/Trachten: Nur kurzzeitig während der Paarungszeit sichtbar: Die ♂♂ besitzen deutlich kräftigere Vorderbeine als die ♀♀ mit „Paa- rungsschwielen“ – eine Anhäufung kleiner schwarzer Hautdornen am inneren Unterarm sowie dem 1. und 2. Finger. Die ♂♂ haben kehlständige Schallblasen, die besonders zur Paarungszeit erkennbar sind. Auf dem Wasser liegende und rufende Tiere sind immer ♂♂. Keine Größenunterschiede zwischen den Geschlech- tern. Im Unterschied zu anderen Froschlurchen umklammern die ♂♂ der Rotbauchunken bei der Paa- rung die ♀♀ nicht hinter den Vorderbeinen, sondern in der Lendengegend. Habitat: Laichgewässer und Sommerlebensraum sind stehende, sonnenexponierte Flachgewässer mit dich- tem sub- und emersen Makrophytenbestand. Nach der sommerlichen Austrocknung der Gewässer leben die Unken an Land. Als Winterquar- FFH tiere dienen Nagerbauten oder andere Hohlräume im Erdreich. Aktivität: Winterruhe von Oktober bis April, vereinzelt bereits bis Mitte/Ende März. Fortpflanzungszeit im Mai und Juni, selten im April oder Juli. Wanderungen/Reviere: Die Winterruhe erfolgt über- wiegend in Gewässernähe, Winterquartiere kön- nen aber bis zu 500 m entfernt liegen. Während der gesamten Aktivitätsphase finden Wanderungen zwi- schen benachbarten Gewässern statt, dabei können Entfernungen bis zu 1.000 m zurückgelegt werden. Fortpflanzung/Entwicklung: Eizahl je Fortpflan- zungssaison 80 – 300, Eigröße 1,4 – 1,8 mm mit 8 mm großen Gallerthüllen. Eiablage in lockeren Schnü- ren oder Klümpchen unter der Wasseroberfläche an Pflanzen. 2 – 10 Tage nach der Eiablage schlüpfen 5 – 7 mm große Larven. Dauer der Larvenentwick- lung 5 – 12 Wochen (in Abhängigkeit von Temperatur und Nahrungsmenge). Beginnende Umwandlung bei einer Larvengröße zwischen 35 und 55 mm. Kopf- Rumpf-Länge der Jungtiere nach der Umwandlung 13 – 18 mm, bis zur 1. Überwinterung 25 mm, im 2. Sommer 30 – 40 mm. Im 3. Sommer pflanzen sie sich erstmalig fort. Nahrung: Larven weiden Algen von den Pflanzen. Nach der Metamorphose Beutejagd überwiegend an Land. Nahrungstiere sind Springschwänze, Wasser­ asseln, Mückenlarven, Spinnentiere, Doppelfüßer, bodenlebende Käfer sowie kleine Regenwürmer. Alter: Im Freiland bis zu 10 Jahre, im Terrarium nach- gewiesenes Höchstalter 29 Jahre. Abb. 1: Rotbauchunke (Montage). Links: in Paarung im Wasser (Foto: K. Kürbis); rechts: Ansicht von der Ober- und Unterseite im Ver- gleich (Fotos: B. Simon). 185 ROTBAUCHUNKE FFH 2Verbreitung und Ökologie 2.1Allgemeine Verbreitung 2.1.1 Areal Die Rotbauchunke ist eine osteuropäisch verbreitete Art. Während Anfang des 20. Jahrhunderts die west- liche Grenze des Verbreitungsgebietes die Weser erreicht haben soll (Rühmekorf 1970), wird sie heute durch die Elbtalniederung (mit Ausläufern nach Nie- dersachsen) gebildet. Im Norden reicht ihre Verbrei- tung bis Ostdänemark sowie Südschweden (wo ihr natürliches Vorkommen 1960 erlosch) und vom nördli- chen Baltikum quer durch Russland etwa entlang des 57. Breitengrades bis zum Ural, der die östliche Ver- breitungsgrenze darstellt. Im Süden erreicht sie das Schwarze Meer, die Nordwesttürkei und Nordostgrie- chenland. In westlicher Richtung verläuft sie östlich des Balkans und entlang der Donauniederung bis in die ungarische Tiefebene bis ins Burgenland. 2.1.2 Verbreitung in Deutschland In Deutschland besiedelt die Rotbauchunke das Tief- land bis zum südlichen Landrücken sowie das Elbtal und dringt in westlicher Richtung bis zur Saale und Weißen Elster vor. Im Nordwesten beschränkt sich ihre Verbreitung auf das Einzugsgebiet der Ilmenau in Niedersachsen sowie auf die Insel Fehmarn und die ostholsteinischen Seen. 2.1.3 An Sachsen-Anhalt grenzende Vorkommen Die Vorkommen im sächsischen Torgauer Elbtal (Zöphel & Steffens 2002) sind die südlichen Aus- läufer des Areals im sachsen-anhaltischen Elbtal. Die Vorkommen im sächsischen Muldetal bei Bad Düben finden jedoch keine Fortsetzung in der nördlich angren- zenden Muldeaue in Sachsen-Anhalt. Für das südlich angrenzende Thüringen gibt es nur Einzelnachweise. Karte 1: Aktuelle Verbreitung (1990 – 2014) der Rotbauchunke in Deutschland (modifiziert nach DGHT e. V. 2014). 186 Im Westen gibt es keine angrenzenden Vorkommen in Niedersachsen, lediglich im nordwestlich angren- zenden Elbtal läuft das aktuelle Areal aus. Das östlich angrenzende Brandenburg weist an der unteren Havel und im Fläming Vorkommen auf, die an Sachsen-An- halt angrenzen und dort ihre Fortsetzung finden. 2.2 Vorkommen in Sachsen-Anhalt 2.2.1 Verbreitung und Häufigkeit Datengrundlagen Für den Zeitraum von 1953 bis 2014 befinden sich ins- gesamt 2131 Datensätze in der zentralen Fundpunkt- datei von Sachsen-Anhalt. Davon wurden nach 2001 bei den aktuellen Erfassungen 1.527 Beobachtungen von Rotbauchunken registriert. Seit 2001 wurde die Art in 40 MTB festgestellt, was einer Frequenz von 19 % entspricht. Tab. 1: Datengrundlagen zur Rotbauchunke in Sachsen-Anhalt. Historische Verbreitung Das historische Verbreitungsbild der Rotbauchunke in Sachsen-Anhalt wurde umfassend von Sy & Meyer (2004) dargelegt. Danach wurde diese Art erstmals von Rimrod (1840/41) erwähnt, bevor es ab 1888 konkretere Angaben von Wolterstorff, Koch und Goldfuss gab. Damals gab es, wenn auch nur ver- einzelt, Nachweise aus der Altmark, insbesondere aber aus den Talauen der Saale und Weißen Elster, die sehr individuenreich waren. Letztere gehören zu den ältesten bekannten Vorkommen der Rotbau- chunke in Deutschland. Auch werden Funde bei Qued- linburg aus dem 19. Jahrhundert erwähnt (Schulze 1891, Wolterstorff 1893a), die aus zoogeographi- scher Sicht besonders bedeutsam sind, da sie die am weitesten nach Westen vorgeschobenen Vorkommen im Verbreitungsgebiet sind. Weitere Angaben aus dem Raum Eisleben (Kühlhorn 1941) sind sehr unsicher. Eine zusammenfassende Darstellung des Vorkom- mens der Rotbauchunke für den Zeitraum ab 1960 im jetzigen Land Sachsen-Anhalt geben Buschendorf (1984) und Gassmann (1984). Diese Darstellung wurde, ergänzt mit weiteren Beobachtungen, auch von Schiemenz & Günther (1994) übernommen. Auch zu dieser Zeit verlief die westliche Arealgrenze der Art durch die damaligen Bezirke Magdeburg und Halle. Eine „dichte Verbreitung“ wiesen nach Schie- menz & Günther (1994) die „gesamte Elbaue“, „der östliche Fläming“ sowie „die Dübener und Dahlener Heide“ auf. Dornbusch (1991) bezeichnete die Rot- bauchunke für das Urstromtal der Elbe als „von zwi- schenzeitlichen Tiefständen abgesehen, noch recht häufig“. An der Saale befanden sich Vorkommen bei Calbe, Nienburg und Bernburg mit einem Ausläufer in der Bodeniederung bei Staßfurt (Müller et al. 1978). Gebhardt (1987) erwähnt ein „kleines Vorkommen“ in der Gegend um Eisleben. Schulze (1966) nennt beide Unkenarten für den damaligen Kreis Sangerhau- sen ohne konkrete Örtlichkeiten. Von der mittleren und oberen Saale fehlten Nachweise. Von den weiteren Flussniederungen war die des Aland nur am Unterlauf ROTBAUCHUNKE FFH Abb. 2: Der aufgeblähte Kehlsack der Rotbauchunke drückt beim Rufen die Luft in die Lungen (Foto: A. Westermann). besiedelt, ebenso die des Tanger, der Mulde und der Schwarzen Elster. Zuppke & Jurgeit (1997) bezeich- neten die Rotbauchunke in der Muldeaue als vereinzelt vorkommend und bezogen sich dabei auf das Vorkom- men bei Möst, das auch bestätigt wurde (vgl. auch: Richter 1997). Die Vorkommen im Elbe-Havel-Drei- eck stellten einen Verbreitungsschwerpunkt dar. Aus dem Haveltal erwähnte Berbig (1995) nur noch ein Vorkommen. Neben drei Fundpunkten im Zerbster Ackerland gab es auch drei im Köthener Ackerland aus Grabenniederungen, die mit dem Elbtal in Verbin- dung stehen. Weitere Vorkommensinseln befanden sich im Burger Vorfläming und im Hochfläming bzw. Roßlau-Wittenberger Vorfläming nordöstlich von Wit- tenberg, letztere als südlicher Ausläufer der Vorkom- men im brandenburgischen Fläming. Gröger & Bech (1986) führten noch ein Vorkommen im Steinbruch bei Quetzdölsdorf an, von dem Richter (1997) aber „nur noch wenige Exemplare“ kannte. Bei Schiemenz & Günther (1994) wird für das Gebiet von Sachsen-An- halt für „die gesamte Elbaue, … der östliche Fläming … sowie die Dübener Heide“ eine dichte Verbreitung beschrieben, jedoch auch unter Hinweis auf Berg et al. (1988) ein starker Rückgang im Kreis Wittenberg. Schiemenz & Günther (1994) beziehen sich auf MTBQ und geben für den Zeitraum 1960 – 1989 eine Frequenz von 14,3 % an. Verbreitung nach Landesfauna 2004 Die landesweite Erfassung 1995 – 2000 (Meyer et al. 2004) erbrachte die absolute Zahl der besiedelten MTB von 40. Damit war im Wesentlichen die gleiche Fläche wie 1984 noch besiedelt. Nach dieser Erfas- sung zeichnete sich für die Rotbauchunke folgende Verbreitung ab: Von 352 Fundpunkten befanden sich 315 = 89,5 % im Elbtal mit den Schwerpunkten von Tangermünde bis zur Havelmündung einschließlich der unteren Havel um Havelberg, nördlich von Mag- deburg (zwischen Wolmirstedt und Ohremündung), zwischen Coswig und Aken und zwischen Pretzsch und Wartenburg (wie es bereits Jakobs (1990) her- ausfand). Weiterhin gab es Vorkommen in der Saa- leaue zwischen Nienburg und Calbe. Im südlichen Sachsen-Anhalt kam die Rotbauchunke nur noch im Weiße-Elster-Tal bzw. der Luppeaue vor. Allerdings fehlte sie völlig in der noch von Schiemenz & Gün- ther (1994) angeführten Dübener Heide. Karte 2: Vorkommen der Rotbauchunke in Sachsen-Anhalt auf MTBQ-Basis. 187

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

Tags: Käfer ? Kröte ? Seeschwalbe ? Asseln ? Magdeburg ? Wittenberg ? Dübener Heide ? Unke ? Arachniden ? Froschlurch ? Regenwurm ? Tausendfüßer ? Niedersachsen ? Sachsen-Anhalt ? Thüringen ? Larve ? Seen ? Brandenburg ? Burgenland ? Fehmarn ? Ökologie ? Temperaturabhängigkeit ? Wiese ? Balkan ? Elbe ? Russland ? Weser ? Geografische Koordinaten ? Karte ? Steinbruch ? Habitat ? Saale ? Flussaue ? Insel ? Havel ? Weiße Elster ? Schwarze Elster ? Metamorphose ? Springschwänze ? Baltikum ? Haut ? Algen ? Berg ? Pflanze ? Verbreitungsgebiet ? Ackerland ? Flachland ? Urstromtal ? Einzugsgebiet ? Überwinterung ? Wasseroberfläche ? Schwarzes Meer ?

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Language: Deutsch

Issued: 2016-01-16

Modified: 2016-01-16

Time ranges: 2016-01-16 - 2016-01-16

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