Description: ||||||||||||||||||||| Berichte 4.3.21 des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft ZAUNEIDECHSE 4/2015: 443 – 468 Zauneidechse – Lacerta agilis (Linnaeus, 1758) Wolf-Rüdiger Grosse und Marcel Seyring 1 ||||||||||||| FFH Artsteckbrief Kennzeichen: Große, plump und gedrungen wirkende Eidechse, kurze und kräftige Beine und auffällig großer hoher Kopf. Charakteristische Rückenzeichnung mit drei weißen Linienreihen, setzen sich aus Einzelflecken zusammen, von beigen Seitenbändern gefasst, selte- ner und lokal verbreitet Exemplare mit einem einfarbig braun bis rotbraunem Rückenband, ‘erythronotus’-Vari- ante innerhalb von Populationen im östlichen Deutsch- land, daraus resultierende Unterart L. a. argus wird in Frage gestellt. Die weißen Linien- und Punktreihen sind individualtypisch (Wiedererkennung). Größe: Kopf-Rumpflänge der ♂♂ 85 – 90 mm und der ♀♀ 85 – 95 mm, Gesamtlängen beider Geschlechter etwa gleich, 190 – 226 mm (Maximum in Deutschland 240 mm Gesamtlänge und 18,6 g). Geschlechtsunterschiede/Trachten: ♂♂ Kopf grö- ßer, kantiger, zur Paarungszeit Flanken und Kopfsei- ten häufig intensiv grün gefärbt und Schwanzwurzel verdickt (Hemipenes), Unterseite grünlich und schwarz gefleckt, ♀♀ Kopf deutlich kleiner, Oberseite bräun- lich, beige bis grau gefärbt. Unterseite gelblich und nur schwach gefleckt. Jungtiere deutlich kleiner, bräunlich bis hellbeige gefärbt, an den Flanken in Längsreihen angeordnete Augenflecken (Ozellen). Habitate: Offene und sehr strukturreiche Flächen mit häufigem Wechsel von lichten und dichten Vegetationsstrukturen zur Flucht und Ther- moregulation sowie mit offenen vege- tationsfreien Bereichen zur Eiab- lage, wärmegetönte lineare Randstreifen bevorzugt FFH („Zauneidechse“), liebt sandige Flussauen, steppen- artige Bördelandschaften, Pionierart und Kulturfolger, sonnige Habitate wie Steinbrüche, Sand- und Kies- gruben, vegetationsarme Brach- und Ruderalflächen, Bahndämme sowie Gärten, Äcker und Felder. Aktivität: Winterruhe (Mitteleuropa) witterungsab- hängig von Oktober bis Ende März, meist erscheinen Jungtiere vor den ♂♂ zuerst aus dem Winterquartier, Fortpflanzungszeit von April bis Juli, entsprechend lange Sommerphase der Jungtiere des ersten Jahres. Wanderungen/Reviere: Altersabhängig, ♂♂ und ♀♀ zur Fortpflanzungszeit fast stationär, 0,3 – 1,2 km Aus- breitungswanderungen, am deutlichsten bei Juvenes ausgeprägt. Fortpflanzung/Entwicklung: Gelegegröße 9 – 14 Eier, Eier 8 – 9,5 mm breit, 11 – 15,2 mm lang und 412 – 725 mg schwer, Entwicklungsdauer im Frei- land temperaturabhängig zwischen 53 und 73 Tagen, Schlüpflinge zwischen 20 – 30 mm Kopf-Rumpf-Länge, 45 – 64 mm Gesamtlänge und 450 – 550 mg schwer, Jungtiere zur ersten Überwinterung bis 40 mm KRL, Geschlechtsreife der ♀♀ mit drei Jahren, häufig erst im vierten Jahr, ♂♂ ausnahmsweise bereits mit zwei Jahren, in der Regel mit drei Jahren. Nahrung: Ganztägig, krabbelnde Insekten und deren Larven, vorwiegend Käfer, Hautflügler, Zikaden, Heuschrecken, Schmetterlinge, aber auch Spinnen, Asseln, Ringelwürmer und Schnecken. Alter: Bis 12 Jahre (im Terrarium älter). Abb. 1: Zauneidechse (Montage). Links Weib- chen (Foto: J. Buschendorf), rechts Männchen (Foto: A. Westermann), unten Weibchen der rotrückigen Morphe (Foto: M. Seyring). 443 ZAUNEIDECHSE FFH 2Verbreitung und Ökologie 2.1Allgemeine Verbreitung 2.1.1 Areal Das Areal dieser euryöken Art reicht von Zentral- und Ost-Frankreich (bis zu den Pyrenäen), Südengland im Westen bis zum Baikalsee in Sibirien im Osten (Gasc et al. 1997). Im Baltikum, Karelien und Südschweden erreicht die Zauneidechse ihre nördliche Verbreitungs- grenze. Weiter reicht ihr Verbreitungsgebiet im Süden über die Alpenregionen, Nordgriechenland, Mittel- und Osteuropa bis nach Vorderasien, den Kaukasus bis in die nordwestliche Grenzregion Chinas im Osten. 2.1.2 Verbreitung in Deutschland Die Zauneidechse ist in allen Bundesländern nachge- wiesen (Elbing et al. 1996). Die meisten Vorkommen liegen im planaren bis kollinen Bereich. Es zeichnen sich zwei Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland ab. Die Nachweisdichte ist im Nordosten Deutsch- lands besonders groß, was auf die für die Art güns- tigen naturräumlichen Gegebenheiten zurückzuführen ist. Die Sandgebiete Brandenburgs, des Odertals bis hin zur Lausitz, die Heidelandschaften, die Mittel- sächsischen Hügelländer und Mittelgebirgsvorländer beherbergen teilweise umfangreiche Populationen der Zauneidechse. Auffällig ist auch das flächendeckende Vorkommen der Art in den südwestdeutschen Nie- derungen, Mittelgebirgen und Stufenländern, beson- ders in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die Siedlungsschwerpunkte liegen in Baden-Württemberg in der Oberrheinebene, an den wärmebegünstigten Hängen des Südschwarzwaldes und entlang des Neckars, in Rheinland-Pfalz in der Oberrheinebene und in den tieferen Lagen der Mittel- gebirge. Die Fortsetzung der Vorkommen findet sich dann in Frankreich. Die diagonale Mitte Deutschlands, angefangen in den Marschen und Küstengebieten Schleswig-Holsteins und Niedersachsens, über die höheren Lagen der Mit- telgebirge, Hessens und Nordwestbayerns sind eher lückig besiedelt. In Bayern sind die Vorkommen der Zauneidechse auf der Fränkischen Alb, dem Fränki- schen Keuper-Lias-Land und in den großen Flussnie- derungen zu finden. Die Art fehlt in den intensiv genutz- ten Flächen des Alpenvorlandes. Die Alpen werden von Natur aus nur in wärmebegünstigten Standorten der in die Alpen hineinführenden Täler besiedelt. 2.1.3 An Sachsen-Anhalt grenzende Vorkommen In Brandenburg haben lediglich Teile der Elbtalniede- rung und der Fläming Vorkommen der Zauneidechse mit direktem Kontakt zu Populationen in Sachsen-An- halt. Ebenso ist die Art im Elbe-Mulde-Tiefland flä- chendeckend vorhanden, wo sich die Vorkommen der Art auch nach Sachsen fortsetzen (Grosse & Teufert 2015). Hauptverbreitungsgebiete sind hier die Heide- und Moorgebiete, das Leipziger Land, die Elster-Luppe- und die Muldeaue, südlich davon die Altenburg-Zeitzer Lösshügellandschaft. Hier finden sich auch im Anschluss an Nordthüringen überall Vor- kommen der Zauneidechse (Schiemenz & Günther 1994). Auch die wärmebegünstigten Standorte des Helme-Schichtstufenlandes, des Kyffhäusers und des Südharzes werden von der Art besiedelt. Eine Verbrei- tungslücke ist der Harz mit nur wenigen Vorkommen im Umfeld, ebenso weiter nördlich Richtung Braun- schweig, Helmstedt sowie südlich und nördlich des Elms. Gemeinsame Vorkommensgebiete finden sich erst wieder in weiten Teilen der Lüneburger Heide und des Wendlands am Rande der Elbtalniederung. 2.2 Vorkommen in Sachsen-Anhalt 2.2.1 Verbreitung und Häufigkeit Datengrundlagen In Sachsen-Anhalt liegen von der Zauneidechse 4.288 Datensätze zwischen 1953 und 2014 vor. Mit einer aktuellen Rasterfrequenz von 83 % (171 MTB) zählt sie zu den weit verbreiteten Arten (entspricht 438 MTBQ und 59 % Frequenz). Die Art kommt in allen vollständig in Sachsen-Anhalt liegenden MTB vor und fehlt nur in einigen grenzseitig angeschnittenen MTB, wobei sie in den benachbarten Bundesländern dort durchaus vertreten sein kann. Historische Verbreitung Für Deutschland typisch sei, schreibt Dürigen (1897), dass man der Art überall auf Sandböden im norddeut- schen Flachland begegnet, lediglich im Hochharz fehlt sie. Er beruft sich dabei auf Rimrod (1840), der die Art in seiner Heimatkunde der Grafschaft Mansfeld und des Oberherzogtums Anhalt-Bernburg führt. Hoff- mann (1899) erwähnt das Hügelland am Harzrand und die Vorkommen bei Blankenburg, am Regenstein, bei Quedlinburg und weiter östlich bei Sangerhausen und südlich im Kyffhäuser. Köhnke (1893) beobachtete im Tab. 1: Datengrundlagen zur Zauneidechse in Sachsen-Anhalt. Karte 1: Aktuelle Verbreitung (1990–2014) der Zauneidechse in Deutschland (modifiziert nach DGHT e. V. 2014). 444 ZAUNEIDECHSE FFH Abb. 2: Pärchen der Zauneidechse (Foto: A. Westermann). Raum Salzwedel normalgefärbte und rotrückige Tiere. Buschendorf (1984) und Gassmann (1984) spre- chen von einer flächendeckenden Verbreitung in allen Naturräumen der ehemaligen Bezirke Halle und Mag- deburg der DDR. Bei Krüger & Jorga (1990) fanden sich im ehemals zum Bezirk Cottbus gehörigen Kreis Jessen nur sehr lückige Vorkommen, was aber auch auf Erfassungsdefizite hindeutete. Diese Daten wur- den später von Schiemenz & Günther (1994) über- nommen. Eine sehr hohe Fundpunktdichte ergab sich besonders in faunistisch gut untersuchten Gebieten wie der Porphyrkuppenlandschaft bei Halle (Walla- schek 1996). Eigentlich war die Zauneidechse seit jeher im ganzen Stadtgebiet von Halle verbreitet. Das war ein wesentlicher Grund, sie nicht weiter zu beach- ten. Wie bereits Wolterstorff (1888) erwähnt auch Taschenberg (1909) sie nur „allenthalben verbreitet, wo sie ihre Lebensbedingungen findet und ist ... in der Dölauer Heide auch in der rotrückigen Form ... vertre- ten“ (ebenso Schortmann et al. 1941, Buschendorf 1984). Nach Schiemenz & Günther (1994) kommt die Art flächendeckend in Mittelostdeutschland vor. Spo- radisch bis selten wurde sie in der Altmark, der Mag- deburger Börde, auf der Unteren Unstrutplatte und auf der Querfurter Platte gefunden. Allgemein fehlte sie in Teilen der Mittelgebirge. Für Sachsen-Anhalt wurde eine MTB-Frequenz von 69,6 % (MTBQ-Frequenz 39,8 %) ermittelt. Verbreitung nach Landesfauna 2004 Bezogen auf die Anzahl der Fundpunkte war die Zaun eidechse die häufigste Reptilienart in Sachsen-Anhalt (Schädler 2004b). Nachweise lagen aus allen Lan- desteilen vor. Es war dennoch davon auszugehen, dass die Art in der Darstellung stark unterrepräsentiert und wesentlich weiter verbreitet ist. Zauneidechsen- biotope waren nur selten Gegenstand gezielter her- petologischer Erfassungen. Die mit Abstand höchste Nachweisfrequenz wies das Östliche Harzvorland auf. Echte Verbreitungslücken ergaben sich dagegen in den höheren Lagen des Harzes und möglicherweise auch in Teilen des nördlichen Sachsen-Anhalts (Altmark, Bördegebiet). Andere Nachweislücken auf der Unteren Unstrutplatte und der Querfurter Platte (Schiemenz & Karte 2: Vorkommen der Zauneidechse in Sachsen-Anhalt auf MTBQ-Basis. 445
Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
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Language: Deutsch
Issued: 2016-01-17
Modified: 2016-01-17
Time ranges: 2016-01-17 - 2016-01-17
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