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lu-krie_489-510-Schlingnatter.pdf

Description: ||||||||||||||||||||| Berichte 4.3.24 des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft SCHLINGNATTER 4/2015: 489 – 510 Schlingnatter – Coronella austriaca (Laurenti, 1768) Wolf-Rüdiger Grosse und Marcel Seyring 1 ||||||||||||| FFH Artsteckbrief Kennzeichen: Kopf abgeflacht, fast eiförmig, schwach vom restlichen Körper abgesetzt. Braune Schläfen- binde von der Schnauzenspitze bis in den Halsbereich, Pupillen rund. Dorsales Fleckenmuster auf dem Kopf erinnert an eine Krone, Kopfzeichnung zieht sich unre- gelmäßig auf beiden Seiten als dunkle Fleckenreihe bis zum Schwanzbereich fort, teilweise verschmelzen einzelne Flecken zu Querstreifen, ungekielte, glatte Schuppen, oberseits grau, braun bis hin zu rotbraun. Die Bauchseite ist hellgrau, grau bis braun, rostrot und häufig dunkel gesprenkelt, selten schwarz. Größe: Gesamtlänge der ♂♂ durchschnittlich 55 cm (bis 78 cm) und 51 g (bis 90 g) Körpermasse und der ♀♀ durchschnittlich 75 cm (bis 90 cm) und 55 g (bis 140 g) Körpermasse. Geschlechtsunterschiede/Trachten: ♂♂ vor allem oberseits mit braunen bis roten Farbtönen, längere Schwänze, verdickte Schwanzwurzel (Hemipenes), ♀♀ Oberseite beige bis grau. Jungtiere kontrastreich, bräunlich bis rötlich gefärbte Unterseite. Habitate: Vielfältige offene, bis halboffene, meist kleinräumig gegliederte wärmebegünstigte Lebens- räume, häufig in Mittelgebirgslagen beispielsweise an Felsabbruchkanten, Geröllhal- den; im Flachland strukturrei- che Flächen mit häufigem Wechsel von lichten und dichten Vege- tationsstruktu- FFH ren wie Heideränder, Moore und Flussdünen, oder in Kulturlandschaften in Trockenmauern der Weinberg­ hänge, an Bahntrassen, auf Brachen oder in Kiesab- baugebieten und Steinbrüchen, aber auch in Randbe- reichen von Siedlungen, Streuobstwiesen und Gärten. Aktivität: Winterruhe (Mitteleuropa) witterungsab- hängig von Oktober bis März, ♂♂ kommen zuerst aus dem Winterquartier, meist erscheinen Jungtiere und ♀♀ später. Fortpflanzungszeit von Mitte April bis Anfang Mai, tagaktiv vor oder nach warmem Regen- wetter besonders häufig, bei Sommerhitze nur frühe und abendliche Aktivität, lokal bis Ende Oktober ♀♀ und Jungtiere aktiv. Wanderungen/Reviere: Altersabhängig, ♂♂ und ♀♀ zur Fortpflanzungszeit < 100 m, sonst Wanderungen 200 – 300 m, Wanderungen zwischen den Lebensräu- men bis 500 m, Aktionsräume 1 – 3 ha, können auch überlappen. Fortpflanzung/Entwicklung: Entwicklungszeit 3 – 4 Monate, stark habitat- und höhenabhängig, ebenso Geburt der Jungtiere von Mitte Juli/Anfang August bis spätestens Anfang September, Junge schlüpfen sel- ten im Mutterleib, meist nach Ablage der dünnhäuti- gen Eier nach wenigen Minuten, KRL der Schlüpflinge 12 – 15 cm, Gesamtlänge 16,5 cm im Durchschnitt, im Folgejahr 22 – 30 cm, Geschlechtsreife frühestens nach zwei sonst nach drei Jahren mit einer Länge von 40 – 45 cm. Nahrung: Ganztägig, je nach Größe Blindschlei- chen, Eidechsen oder kleine Schlangen, dane- ben Spitzmäuse, Wühl- und Langschwanz- mäuse und deren Junge, seltener Amphibien, nestjunge Vögel, Vogeleier, Regenwürmer und Insekten. Alter: Höchstalter 20 Jahre. Abb. 1: Die Männchen der Schlingnatter sind in der Grundfarbe oberseits meistens bäunlich bis rötlich gefärbt, bei den Weibchen dominieren Grautöne (Montage, Fotos: A. Westermann). 489 SCHLINGNATTER FFH 2Verbreitung und Ökologie 2.1Allgemeine Verbreitung 2.1.1 Areal In Europa ist die Schlingnatter nahezu überall verbrei- tet (Günther & Völkl 1996c). Im Norden fehlt sie auf Island, Irland, in Dänemark und weiten Teilen Skan- dinaviens. Die nördlichsten Vorkommen liegen sehr isoliert in Südnorwegen und Mittelschweden. Öst- lich reicht ihr Areal bis weit in den Kaukasus hinein, erreicht Kasachstan und den Norden des Iran. In Süd- europa haben die Schlingnatter und die Girondische Schlingnatter (Coronella girondica) ein größeres, sich überlappendes (sympatrisches) Verbreitungsgebiet. Gegenwärtig werden drei Unterarten der Schlingnat- ter unterschieden: die Nominatform C. a. austriaca (im gesamten Verbreitungsgebiet), C. a. acutirostris (Iberische Halbinsel) und C. a. fitzingeri (Sizilien und Süditalien). Im Mittelmeerraum ist sie westlich nur lokal verbreitet, fehlt in Südspanien und auf den Mit- telmeerinseln, besiedelt den gesamten Balkan, den Peloponnes, kommt rund um das Schwarze Meer vor und erreicht das Kaspische Meer. 2.1.2 Verbreitung in Deutschland Die Schlingnatter ist landesweit weit verbreitet (Gün- ther & Völkl 1996c). Der Schwerpunkt der Vorkom- men der xerothermophilen Natter liegt in den klimatisch begünstigten Mittelgebirgsregionen Südwest- und Süddeutschlands. In den Mittelgebirgen besiedelt die Schlingnatter ein mehr oder weniger geschlossenes Gebiet mit Hauptvorkommen im Südwesten im Hes- sischen und Westfälischen Bergland, im Westerwald, im Rhein-, Ahr-, Mosel-, Lahn- und Nahetal, im Pfälzer Wald, im Rheingau-Taunus, im Spessart, im Gebirge des Schwäbisch-Fränkischen Schichtstufenlandes sowie im Neckartal, Odenwald, der Oberrheinebene, im Schwarzwald, der Schwäbischen und der Fränki- schen Alb und im Donautal. Weiter nordöstlich liegen die Schwerpunktvorkommen im Saale-Unstrutgebiet, im Porphyrhügelland Sachsen-Anhalts und im Dresde- ner Elbtalgebiet, im Erzgebirgsvorland und der Lausitz (Völkl & Käsewieter 2003). Im Norden Deutschlands ist die Art nur weitlückig verbreitet. Die Schwerpunkte der Verbreitung finden sich hier in den niedersächsi- schen Moor- und Heidebereichen (Lüneburger Heide, Stader Geest oder dem Weser-Aller-Flachland sowie in den Sand- und Heidegebieten Brandenburgs. Die Art fehlt im Bundesland Hamburg und in zentralen Tei- len Mecklenburg-Vorpommerns. Punktuell kommt sie dagegen auf Fischland, Darß und auf der Insel Rügen vor. 2.1.3 An Sachsen-Anhalt grenzende Vorkommen Weitlückig finden sich im gesamten norddeutschen Raum wie auch in Brandenburg Vorkommen der Schlingnatter. In Süd-Mecklenburg-Vorpommern und Westbrandenburg fehlt die Art. Punktuell tritt die Art dann in den Heidegebieten Südbrandenburgs, Sach- sens und Sachsen-Anhalts auf. Eine Häufung von Beobachtungen im Osten Sachsen-Anhalts existiert noch im Bereich des Unteren Muldetals bis in das Sächsische Mulde-Löss-Hügelland. Die südlichsten Vorkommen Sachsen-Anhalts im Gebiet des Zeitzer Forstes und an den Talzügen der Weißen Elster zwi- schen Crossen und Salsitz sind getrennt von denen des Einzugsgebiets der Saale und Thüringens. In den weiter südlich gelegenen Buntsandstein-Hügel- ländern Thüringens (Bad Blankenburg, Rudolstadt, Hütten, Lausnitz, Eisenberg) sind viele Vorkommen zu finden. Ebenso ist der Osten des Ostthüringer Schiefergebirges (Weida) und des Thüringer Vogtlan- des (Greiz) dicht besiedelt. Dagegen fehlen aktuelle Nachweise aus dem Thüringer Kyffhäuser fast völlig. In Niedersachsen liegt ein Schwerpunktvorkommen der Schlingnatter in der Region Lüneburger Heide (insbesondere Südheide und nördliche Hohe Heide) sowie in den Mooren und ausgedehnten Kiefern- wäldern im Weser-Aller-Flachland sowie im Bereich Helmstedt-Haldensleben-Flechtingen im Grenzgebiet zu Sachsen-Anhalt. 2.2 Vorkommen in Sachsen-Anhalt 2.2.1 Verbreitung und Häufigkeit Datengrundlagen Aus Sachsen-Anhalt liegen von der Schlingnatter 509 Datensätze zwischen 1888 und 2014 vor. Seit dem Jahr 2001 wurde die Schlingnatter in 55 MTB nachge- wiesen. Mit einer MTB-Rasterfrequenz von 27 % zählt sie zu den seltenen Arten (entspricht 83 MTBQ und einer Frequenz von 11 %). Historische Verbreitung Giebel (1869) berichtete von einem Fund einer zwei- ten Schlingnatterart „Coluber flavescens (Coronella laevis) im Selkethale“ des Harzes, was sich als Irr- Tab. 1: Datengrundlagen zur Schlingnatter in Sachsen-Anhalt. Karte 1: Aktuelle Verbreitung (1990 – 2014) der Schlingnatter in Deutschland (modifiziert nach DGHT e. V. 2014). 490 SCHLINGNATTER FFH Abb. 2: Schlingnatter mit typischer Kopfzeichnung (Foto: A. Westermann). tum herausstellte. Auch Goldfuss (1886) kannte die Schlingnatter bei Thale. Nach ihm ist die „Glatte Natter bei Bitterfeld an der Götsche nicht selten“ und Düri- gen (1897) beschreibt als Verbreitungsschwerpunkte den Südharz einschließlich Kyffhäuser, den Nord- harz (Quedlinburg, Halberstadt und Blankenburg), das Gebiet um Freyburg-Bad Kösen mit Fortsetzung nach Thüringen (Saal- und Eisenbergischer Kreis und Herzogtum Altenburg), die östliche Mittelmark nebst Fläming, die Altmark und die Gegend um Neuhaldens- leben. Die Altmarkvorkommen bei Uchtspringe, Neu- haldensleben und Colbitz bestätigt Wolterstorff (1928). Köhnke (1893) kannte sie aus Zichtau. Eine intensive Suche nach der Art in Mittelostdeutsch- land zwischen 1840 und 1890 ist aus Sitzungs- und Vereinsnachrichten belegt (damit verbunden sind die Namen historischer Persönlichkeiten wie Bött- ger, Giebel, Taschenberg, Wolterstorff, Lenz, Schulze). Hoffmann (1899) beschreibt die Schling- natter (auch als Glattnatter oder Haselnatter bekannt) als Bewohnerin der südlichen und südwestlichen Region des Harzes (ohne Ortsangabe). Buschendorf (1984) und Gassmann (1984) bestäti- gen Funde im Harzvorland, in der Dübener Heide und in den südlichen Landesteilen wie Schichtstufenland und Muschelkalkgebiet im Saaletal um Freyburg (Unstrut) und Naumburg sowie Forstgebiete mit Elstertallagen im Burgenlandkreis. Eine große Lücke besteht zwischen den Vorkommen auf dem Höhenzug des Huy und der Altmark. Krüger & Jorga (1990) erwähnen für den damaligen Kreis Jessen eine einmalige Beobachtung aus dem südlichen Fläminghügelland, die nach Anga- ben von P. Zierold (pers. Mitt.) von der Westflanke der Glücksburger Heide stammt. Schiemenz & Gün- ther (1994) zeigen eine Häufung von Fundpunkten im Gebiet des Nordharzes sowie in der Region öst- lich des Drömlings über die Colbitz-Letzlinger Heide bis nach Tangermünde und Genthin. Nach Süden hin nahm die Art zu, fehlte allerdings in der Magdeburger Börde, im Köthen-Delitzscher Ackerland, im Östlichen Harzvorland, im Saaletal und der Weißenfelser Platte. Für Sachsen-Anhalt wurde eine MTB-Frequenz von 20,8 % (MTBQ-Frequenz 9,5 %) ermittelt. Karte 2: Vorkommen der Schlingnatter in Sachsen-Anhalt auf MTBQ-Basis. 491

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

Issued: 2016-01-17

Modified: 2016-01-17

Time ranges: 2016-01-17 - 2016-01-17

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