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Description: ||||||||||||||||||||| Berichte 4.4 des Landesamtes für Umweltschutz Eingebürgerte Art GROTTENOLM Sachsen-Anhalt, Heft 4/2015: 537–548 Eingebürgerte und gebietsfremde Arten 4.4.1 Eingebürgerte Art – Europäischer Grottenolm – Proteus anguinus (Laurenti, 1768) Wolf-Rüdiger Grosse Allgemeines Der Europäische Grottenolm – Proteus anguinus (Laurenti, 1768) – im Folgenden Grottenolm – hat einen aalähnlich gestreckten Körper und lebt zeitle­ bens im Wasser (rote Kiemenbüschel am Hinterkopf). Der Ruderschwanz ist seitlich abgeflacht und mit Flos­ sensäumen versehen. Die Gliedmaßen sind sehr dünn und reduziert (Vorderbeine mit je drei Fingern, Hin­ terbeine mit je zwei Zehen). Die Haut ist pigmentlos und erscheint gelblich-weiß bis rosa-fleischfarben. Bei Lichteinfall kann es zu einer dunklen Pigmentierung kommen. Die Augen der ausgewachsenen Tiere sind unter der Kopfhaut verborgen. Die Tiere sind 25 bis 30 cm lang – in Einzelfällen bis zu 40 cm. Die Männchen tragen einen niedrigen glattrandigen Hautsaum vom Rücken bis zum Schwanz, besitzen eine längsovale Kloakenregion und haben ein abgerundetes Schwanz­ ende. In Paarungsstimmung kann der Hautsaum des Schwanzes löffelartig vergrößert sein. Die Weibchen sind meist größer mit kreisrunder Kloakenregion und das Schwanzende läuft stumpf aus. Die Art lebt natürlicherweise ausschließlich in der Dun­ kelheit in Ruhigwasserbereichen unterirdischer Fluss­ systeme innerhalb von Höhlen im adriatischen Karst bei einer Wassertemperatur um 10 °C. Sie ist ganzjäh­ rig aktiv. Die Olme fressen Kleinstlebewesen der Höh­ lengewässer wie Krebse, Wasserinsekten und Wür­ mer. Die Orientierung erfolgt über den Geruchs- und Gehörsinn sowie mit Strömungssinn. Das Weibchen legt durchschnittlich 10 – 30 Eier. Die Eier werden ein­ zeln z. B. an die Unterseite von Steinen geklebt. Die Eier (4 – 5 mm im Durchmesser) sind weiß und von Gallerthüllen umgeben. Die Ablage erfolgt unter oder zwischen Steinen. Die Gelege werden vom Weibchen bewacht. Die Embryonalentwicklung bei 10 – 12 °C dauert etwa 120 Tage. Frisch geschlüpfte Larven sind 15 mm lang und zehren etwa weitere vier Monate vom Dottervorrat. Bei einer Länge von etwa 40 mm schwimmen die Larven frei herum und fressen. Äußer­ lich sind sie den Alttieren sehr ähnlich, lediglich die Augenansätze sind deutlich sichtbar. Eine gelegentlich vermutete vivipare Entwicklung ist nicht belegt. Die Geschlechtsreife tritt bei Männchen mit 11 Jahren und bei Weibchen mit 15 Jahren ein. Eine Fortpflanzung ist nur aller 4 – 6 Jahre und über 30 Jahre und länger möglich. Ein Alter von 63 Jahren ist belegt (vermutlich bis etwa 100 Jahre). Abb. 1: Weiblicher Grottenolm im Habitat (Foto: J. Nerz). 537 ||||||||||||| Eingebürgerte Art GROTTENOLM Abb. 2: Männlicher Grottenolm im Habitat (Foto: J. Nerz). Verbreitung und Ökologie Der Grottenolm gilt als tertiäres Relikt der europäischen Herpetofauna und bewohnt noch heute seine ursprüngli­ chen Habitate im adriatischen Karst. Die Art wurde 1751 erstmals in den Karstgrotten Istriens und angrenzenden Gewässern (ausgespülte Tiere) nachgewiesen (Nöllert & Nöllert 1992). Ihr Verbreitungsgebiet beginnt im Nordosten Italiens östlich des Flusses Isonzo. Weiter ist die Art in Karstgebieten entlang der adriatischen Küsten über Slowenien, Westkroatien einschließlich Istrien bis zur Herzegowina, landeinwärts bis zur bos­ nischen Krajina anzutreffen. Die Art kommt natürlicher Weise nicht in Deutschland vor. Abb. 3: Vorderer Körperabschnitt eines Alttiers (Foto: J. Nerz). Abb. 4: Portrait eines Jungtiers des Grottenolms (Foto: J. Nerz). Abb. 2–4 Aufnahme außerhalb Sachsen-Anhalts. Abb. 5: Natürliches Habitat des Grottenolms im adriatischen Karst (Foto: J. Nerz). 538 Vorkommen in Sachsen-Anhalt Die Grottenolme wurden zu Schauzwecken in die Her­ mannshöhle in Rübeland/Harz eingesetzt. Bereits in den 1930er Jahren entstand der Gedanke der Ansiedlung der seltenen Tiere. Durch die Höhlenverwaltung, unter Leitung des damaligen Direktors Herrn Lange, wurde ein längs-ovales etwa 80 m2 großes Becken angelegt. Damit entstand das erste speläobiologische Labor in einer deutschen Höhle. Dr. Biese von der Preußischen Geologischen Landesanstalt gelang es bereits im Jahre 1931, mit Unterstützung von B. Lange zehn Grottenolme zu beschaffen, wovon fünf in den neuen Rübeländer Olmensee eingesetzt wurden. Zwei Tiere überstanden den Transport nicht und werden seitdem als Spiritusprä­ parat in den Rübeländer Höhlen ausgestellt. Drei Tiere kamen höchstwahrscheinlich in die Gipskarsthöhle nach Bad Segeberg, wo sie bald verstarben. Im Jahre 1956 wurden weitere 13 Grottenolme aus dem Schauteil der Adelsberger Grotte (Postojnska Jama, Slowenien) importiert. Vor dem Einsetzen am 22.01.1957 wurden der alte Bestand (3 Tiere) und die Neuen ver­ messen und fotografiert. Im Jahre 1978 baute man in der Hermannshöhle vier Becken zur Hälterung für Laich und ein Aufzuchtbecken für Jungolme. Für das Vorhaben der Vermehrung der Grottenolme wurden dann 1981 die Olme zur Geschlechtsbestimmung untersucht (Grosse 2004d). Im Jahr 1985 wurde der Olmensee abgelassen, die Olme vorsichtig herausgefangen und der Boden­ schlamm aus dem Becken entfernt (Hase 2005). Lose aufliegende Kalksteinplatten wurden als Deckung für die Tiere eingebracht und das Becken anschließend wieder mit Wasser aus dem tiefer liegenden Höhlenbach aufge­ füllt. Zur Historie der Grottenolme in der Hermannshöhle liegt eine zusammenfassende Recherche von Puffe & Knolle (2015) vor. Eingebürgerte Art GROTTENOLM Abb. 6: Eingang der Hermannshöhle in Rübeland (Foto: W.-R. Grosse). Veränderungen im Bestand Im Jahr 1931 wurden fünf Grottenolme in den Olmensee eingesetzt (Wiese 1966). Nach Beobachtungen von F. Brandes (Rübeländer Höhlen) wurden zwischen 1949 und 1951 noch fünf Olme gezählt (Wiese 1966). Danach verschwanden zwei Tiere auf ungeklärte Weise. Im Jahr 1956 wurden weitere 13 Grottenolme importiert. Mit dem Einsetzen der neuen Tiere waren damit 16 Grottenolme in Rübeland vorhanden. Für das Vorhaben der Vermehrung der Grottenolme wurden dann 1981 von Höhlenmitarbeitern und Zoo­ logen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Zoologie, neun Olme aus dem Olmensee gefangen, vermessen und zur Geschlechtsbestim­ mung untersucht (Grosse 2004d). Die Säuberung des Sees 1985 bestätigte die Präsenz von 13 Grotte­ nolmen, die vermutlich alle dem Import aus dem Jahr 1956 zuzuordnen waren. Ein weiterer Verlust eines Tieres konnte erst im Frühjahr 2014 dokumentiert wer­ den. Über den derzeitigen Bestand (von den maximal zwölf möglichen Tieren) war nichts bekannt, so dass anlässlich eines Arbeitstreffens am 08.01.2015 von Höhlenforschern Deutschlands und Frankreichs, eines Zoologen der Universität Halle und Mitarbeitern der Rübeländer Höhlen und des Nationalparks Harz die Grottenolme erneut untersucht wurden. Dabei konn­ ten im Olmensee neun Tiere nachgewiesen werden. Dabei handelte es sich um vier Männchen und fünf Weibchen. Leider verstarben bis zum März 2015 zwei Tiere (Geschwür, Sepsis nach Bissverletzungen), so dass man von einem derzeitigen Bestand von sieben Tieren ausgehen kann. ches ausschließlich durch Tropfwasserzufuhr gespeist wird (Völker 1981, Grosse 2004d). Es ist in der Mitte etwa 80 cm tief und liegt im Bereich der zugänglichen Höhlensohle. Die Mineralisation des Wassers variiert im Jahresgang. Die Gesamthärte beträgt 11 °dH (Kalzium­ gehalt 82 mg/l), die Leitfähigkeit 443 µS/cm, der pH Wert Phänologie Beim Olmensee in der Hermannshöhle handelt es sich um ein künstlich angelegtes, stehendes Gewässer, wel­ Karte 1: Vorkommen des Grottenolms in Sachsen-Anhalt auf MTBQ-Basis. 539

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Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

Issued: 2016-01-17

Modified: 2016-01-17

Time ranges: 2016-01-17 - 2016-01-17

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