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Description: 4.2.2Tiere 4.2.2.1Weichtiere (Gastropoda et Bivalvia) (FFH Anh. II, IV, V) – K. HARTENAUER Einleitung Weichtiere sind in fast allen Lebensräumen ver- treten, sind relativ gut untersucht und bieten so- mit Aussagemöglichkeiten zu den verschiedensten Biotoptypen und biotop- und landschaftsraumty- pischen Lebensgemeinschaften. Aufgrund der en- gen, oft kleinräumigen Biotopbindung, der gerin- gen Beweglichkeit und hohen Empfindlichkeit ge- genüber verschiedener Umweltbedingungen eig- nen sich die Arten als Indikatoren für die ökologi- sche Bewertung und weisen auf Veränderungen der Biotope hin. Eine besonders hohe Anzahl der Arten ist stenök und an ein entsprechendes Kon- tinuum ihres Milieus gebunden. Diese Arten ha- ben aufgrund ihrer geringen ökologischen Potenz nur ein beschränktes Vorkommen, erlauben aber gerade deshalb eine Aussage über den derzeiti- gen und früheren Zustand (lange erhalten blei- bende Leerschalen und -gehäuse) der Biotope sowie gegebenenfalls auch über zukünftige Ent- wicklungen. Bei einer Verschlechterung der Le- bensraumbedingungen verschwinden diese Ar- ten und nur wenige euryöke, wiederstandsfähige Arten überleben. Eine Wiederbesiedlung ent- sprechender Standorte erfolgt äußerst langsam. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den Was- sermollusken, insbesondere den Muscheln. Diese sind nicht nur von strukturellen Gegebenheiten, sondern in hohem Maße auch von der Wasser- güte und Nährstoffsituation abhängig und werden deshalb als maßgebende Indikatoren genutzt. einige Angaben zum Unstruttal zwischen Botten- dorf und Karsdorf. Die umfangreichsten Zusam- menstellungen historischer Daten zu Land- und Süßwassermollusken liegen von GOLDFUß (1900, 1904) vor. In diese Arbeiten flossen zahlreiche frühere Veröffentlichungen sowie brieflich oder mündlich übermittelte Sammelergebnisse einer Anzahl von Malakologen ein. Zuvor erstellte REGEL (1894) eine Übersicht, jedoch mit weitaus gerin- gerem Datenmaterial. Die Fundortangaben waren bei REGEL zumeist recht großzügig, z. B. „Naum- burg“ oder „Saale“. GOLDFUß (1900, 1904) kon- kretisierte entsprechende Funde, z. B. „Henne bei Naumburg“. Aus diesem Grunde wurde vor allem auf die Datensammlung von GOLDFUß zurückgegriffen. Angaben von REGEL wurden nur dann aufgenommen, wenn diese sich nicht in der GOLDFUß`schen Arbeit wiederfanden. ISRAËL (1913) beschreibt die Großmuschelfauna der Saale und Unstrut. Zu den zahlreichen Bachläufen (Hassel- bach, Biberbach, Saubach etc.) liegen keinerlei historische Angaben vor. ErfassungsstandProblematisch bei den historischen Angaben ist die damalige Taxonomie. Viele der damals als Arten aufgefassten Weichtiere stellen entspre- chend der heutigen Taxonomie nur Varietäten oder Standortsformen dar (v. a. bei den Großmu- scheln und Radix-Arten) oder aber umgekehrt (z .B. Aegopinella minor, Cochlicopa lubricella, Carych- ium tridentatum, Euconulus alderi, Lehmannia marginata, Limax cinereoniger, Stagnicola spec.). Andere Arten wurden von den alten Malakologen nicht erfasst (z. B. Pupilla sterri, Deroceras reti - cul a t u m) oder erst später beschrieben (z. B. Xero- crassa geyeri, Boetgerilla pallens, Arion silvati - cus, Arion distinctus, A. fasciatus). Candidula gi- gaxii und C. intersecta wurden zu dieser Zeit häufig nicht getrennt, so auch bei der Fundstelle Eckarts- berga (Burg). Von dieser z. B. war C. gigaxii be- kannt (BÖßNECK 1995), GOLDFUß (1900) nennt je- doch C. intersecta. Die entsprechenden Belegex- emplare befinden sich in der Sammlung des Insti- tutes für Zoologie der Martin-Luther-Universität Halle und wurden 1982 von Herrn Dr. V. KNORRE (Jena) revidiert. Die Arten Arion fasciatus und A. silvaticus wurden bis in jüngere Zeit als A. cir - cumscriptus agg. erfasst. Arion distinctus ist durch nomenklatorische Änderung aus A. horten - sis hervorgegangen. Bei dem Saale-Unstrut-Triasland handelt es sich aus malakofaunistischer Sicht um einen der inter- essantesten Räume Sachsen-Anhalts. Historisch (um die Jahrhundertwende 19./20. Jh.) gut bear- beitet sind der Raum zwischen Bad Sulza, Frey- burg und Weißenfels sowie die Großmuschelfau- na von Saale und Unstrut. Daneben finden sichEinige Arten sind nur anatomisch eindeutig zu bestimmen, wie z. B. die Gruppe der Nackt- schnecken, die Sumpfschnecken (Stagnicola spec.) und die Glanzschnecken (Aegopinella spec.). Bei den genannten Gruppen erfolgte die Bestimmung lange Zeit nach rein äußerlichen und/oder conchyologischen Merkmalen, so dass Weichtiere bilden innerhalb der Biotoptypen meist charakteristische Lebensgemeinschaften aus. Die artenreichsten Vergesellschaftungen sind auf kalkhaltigen Standorten in reich strukturierten Wäl- dern zu finden, wobei die Artenzahl mit zuneh- mendem Feuchtegrad steigt. Offenlandstandorte sind dagegen generell artenärmer und weisen ins- gesamt weniger Charakterarten auf. Wertgeben- de Arten finden sich vor allem auf den Xerotherm- und Nassstandorten. Bei den limnischen Lebens- räumen spielt die Wassergüte, insbesondere die Nährstoffsituation eine große Rolle. Die arten- reichste Wassermolluskenfauna ist in meso- bis eutrophen Gewässern mit ausgeprägter Verlan- dungsvegetation zu finden. 188 Abb. 4.14: Nachweise von Weichtieren im Saale- Unstrut-Triasland deren Vorkommen im Saale-Unstrut-Triasland klärungsbedürftig ist. Dies betrifft insbesondere die Vorkommen von Aegopinella nitens und Arion hortensis, die für das Saale-Unstrut-Gebiet als nicht sicher belegt anzusehen sind und nicht in die Gesamtartenliste aufgenommen wurden. Die schwierige Gattung Pisidium wurde erst nach der Arbeit von GOLDFUß (1900) eingehend bear- beitet, so dass für das Saale-Unstrut-Triasland angegebene Arten der heutigen Kritik nicht stand- halten. Besonders augenfällig ist dies bei der Angabe der Schönen Erbsenmuschel (Pisidium pulchellum). Eine Revision der G OLDFUß`schen Sammlung durch S CHMIERER im Jahr 1936 und KÖRNIG (2002) ergab, dass es sich bei dieser Art bis auf eine Angabe (bei Halle) ausnahmslos um Fehlbestimmungen handelte. Pisidium pulchel - lum wird deshalb ebenfalls nicht in die Gesamtar- tenliste aufgenommen. chere Angaben gemacht, die sich auf das gesamte Saale-Unstrut-Triasland beziehen und die unter- schiedlichsten Landlebensräume umfassen. Zwi- schenzeitlich erschienen nur spärliche, zumeist einzelne Artangaben (SCHMIDT 1921, JAECKEL 1962, MATZKE 1963, ZEISSLER 1966). Danach feh- len, mit Ausnahme der Angaben von M ATZKE (1981), bis in die 1990er Jahre publizierte Anga- ben. Erfassungen der Wassermollusken fanden nicht statt. In G OLDFUß (1900) wird der Fund eines Einzel- exemplares der ausschließlich in den Karpaten vorkommenden Felsenschnecke (Chilostoma faustinum) für das Himmelreich bei Bad Kösen genannt. Trotz gezielter Nachsuche von GOLDFUß als auch später von Körnig und ZEISSLER wurde die Art hier nicht wieder gefunden und deshalb ebenfalls nicht in die Gesamtartenliste aufge- nommen.Aktuelle Erhebungen nach 1990 erfolgten zum überwiegenden Teil im Rahmen unveröffentlich- ter Gutachten (Pflege- und Entwicklungspläne, Schutzwürdigkeitsgutachten, Umweltverträglich- keitsprüfungen, Planfeststellungsverfahren) und durch die Arbeit ehrenamtlich tätiger Personen. Da die Naturschutzfachplanungen katalogisiert werden, konnten diese für den Landschaftsraum vollständig ausgewertet werden. Problematisch ist dagegen die Auswertung der zahlreichen Ein- griffsplanungen, da hier keinerlei Kataster beste- hen und die Kenntnis über erfolgte Untersuchun- gen dem Zufall überlassen bleibt. Die Auswertung aller dieser Daten konnte somit nicht vollständig erfolgen. Da Weichtiere in der Eingriffsplanung jedoch eine sehr untergeordnete Rolle spielen, dürfte der Anteil nicht ausgewerteter Daten sehr gering sein. Zu den Landgastropoden werden nach G OLDFUß (1900) erst von KÖRNIG (1966) wieder umfangrei-Für die Fließgewässer liegt ein nicht unerheblicher Datenfundus aus den Jahren 1993-2003 vor, der 189 Tab. 4.10: Mollusken - landschaftsraumbedeutsame Arten (Gesamtartenliste im Anhang) 1= überregional gefährdet, besiedelt typische Lebensräume im Landschaftsraum, gemessen am Gesamtbestand LSA bedeutende Vorkommen 2 = innerhalb LSA nur im Landschaftsraum vorkommend bzw. hier einen Verbreitungsschwerpunkt besitzend RL LSA – Rote Liste Sachsen-Anhalt nach Körnig (2004); FFH = Art nach Anhang II/IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) * = Erstnachweis 2000 (RENKER et al. 2000) WissenschaftlicherName Deutscher Name 1 2 RL LSA FFH Lebensraum Landschnecken (Gastropoda) Aegopinella minorWärmeliebende GlanzschneckeClausilia rugosaKleine Schließmundschneckexschattige und halbschattige Felsen Euomphalia strigellaGroße Laubschneckexwarme, lichte Laubwälder Granaria frumentumWulstige KornschneckexHelicigona lapicidaSteinpickerxPomatias elegansSchöne LanddeckelschneckexREichen-Hainbuchenwälder und Felsgebüsche Pupilla sterriGestreifte Puppenschneckex2exponierte Kalkfelsen Semilimax semilimaxWeitmündige GlasschneckeXeocrassa geyeriZwergheideschneckeUrticicola umbrosaSchattenlaubschneckexVitrinobrachium breveKurze Glasschnecke *xZebrina detritaWeiße Turmschneckex x warme Eichenmischwälder Trocken- und Halbtrockenrasen 3 skelettreiche Wälder und Fels- gebüsche im Berg- und Hügelland bodenfeuchte bis nasse Wälder x 2 skelettreiche Trockenrasen Auen- und Grünchenwälder Auenstandorte 3Trockenrasen Wasserschnecken (Gastropoda) Theodoxus fluviatilisKahnschnecke3Hartsubstrat der Fließgewässer Viviparus viviparusStumpfe Sumpfdeckelschnecke2Flüsse Bachmuschel1 Muscheln (Bivalvia) Unio crassus im Rahmen der Gewässergüteuntersuchungen oder Funktionskontrollen von Fischaufstiegsanla- gen vom Staatlichen Amt für Umweltschutz Halle bzw. dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz (Herr KLEINSTÄUBER) erhoben wurde. Der vollstän- dige Datensatz stand dankenswerterweise zur Verfügung. Einzelangaben zu aktuellen Vorkom- men von Land- und Süßwassermollusken finden sich weiterhin in UNRUH (2001). BUTTSTEDT (2002) publizierte zahlreiche Großmuschelvorkommen im Landkreis Sangerhausen. Weiterhin wurden un- publizierte Aufsammlungen und Beobachtungen Dritter (L. BUTTSTEDT, G. KÖRNIG, B. LEHMANN, M. UNRUH) aufgenommen, denen an dieser Stelle für die Bereitstellung der Daten ausdrücklich gedankt sei. Die Nomenklatur richtet sich nach den Ergebnis- sen der Arbeitstagung 1992 „Systematik und No- menklatur der Land- und Süßwassermollusken von Nord- und Mitteleuropa“ (DEUTSCHE MALAKO- ZOOLOGISCHE GESELLSCHAFT, www.mollbase.de/list) sowie GLÖER & MEIER-BROOK (2003). 190 II, IV Bäche, Flüsse Bedeutung des Saale-Unstrut-Trias- landes für die Weichtiere Beim Saale-Unstrut-Triasland handelt es sich aus Sicht der Molluskenfauna um den artenreichsten Landschaftsraum des Landes Sachsen-Anhalt. Bislang konnten die Vorkommen von 139 Weich- tierarten, darunter 93 Landschnecken, 28 Süßwas- serschnecken und 18 Muschelarten als weitge- hend gesichert angesehen werden (Abb. 4.14). Tab. 4.11 führt die ausgestorbenen bzw. verschol- lenen Arten auf. Bezüglich seiner malakologischen Ausstattung lässt sich das Saale-Unstrut-Gebiet nicht einheit- lich bewerten. Es zeigt sich eine deutliche räum- liche Zweiteilung und zwar in den weniger arten- reichen und weniger stark gegliederten, überwie- gend vom Buntsandstein geprägten Nordteil und den ausgesprochen artenreichen, überwiegend vom Muschelkalk aufgebauten, orographisch stark gegliederten Südteil. Neben den durch die geolo- gischen Schichten bedingten Standortbedingun- gen (Buntsandstein mit höherem Anteil basenar- mer bis saurer Schichten, Muschelkalk überwie-

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

Issued: 2009-02-02

Modified: 2009-02-02

Time ranges: 2009-02-02 - 2009-02-02

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