Description: 7 Ziele, Anforderungen und Maßnahmen Zwar lässt das Leitbild für den Landschaftsraum Elbe (vgl. Kap. 5) eine Fülle von Ausgestal- tungsmöglichkeiten zu, doch sind die erforder- lichen Mittel, d. h. der finanzielle Spielraum, die praktischen Möglichkeiten als auch die ver- fügbaren Detailkenntnisse zum Landschafts- raum knapp. Es ist daher notwendig, ein Ziel- konzept zu entwickeln und landschaftspflegeri- sche Maßnahmen zu bündeln. Vor dem ge- danklichen Hintergrund eines ganzheitlich und langfristig ausgerichteten Naturschutzes 7.1 (vgl. EBERHARD et al. 1996) werden den Auen- abschnitten bestimmte Naturschutzstrategien zugeordnet und definierte Ziele zeitlich und räu-mlich eingestuft. Hierauf folgen Empfeh- lungen zur Integrierung der naturschutzfach- lichen Belange im Rahmen vorhandener Nut- zungen. Schließlich werden Instrumente und Herangehensweisen zur Umsetzung von Arten- und Biotopschutzmaßnahmen im Elbegebiet seitens des Naturschutzes aufgezeigt. Ziele des Naturschutzes - R. ENGEMANN Derzeit werden vier Naturschutzstrategien dis- kutiert: die beiden eher statischen Strategien des Artenschutzes und des Biotopschutzes, der in Fachkreisen populäre, vieldiskutierte Pro- zessschutz sowie der physiogenetisch hergelei- tete Ressourcenschutz (vgl. JEDICKE 1995, KNAPP 1998, STEGNER 2000). Alle vier Strategien be- dingen sich gegenseitig wie sie auch nebenein- ander verfolgt werden können (vgl. JEDICKE 1998, RIECKEN et al. 1998). Besonders in der von großer Dynamik geprägten Kulturland- schaft des Elbegebietes sind sie nicht als Alter- nativen gegeneinander zu verstehen, wiewohl vielfach nach dem Prinzip „Entweder-Oder“ diskutiert und verfahren wird (Bsp.: Aufgabe der geförderten Feuchtgrünlandpflege an Stel- le einer Feuchtwald-Sukzession). Es wird vorgeschlagen, auf Basis des Leitbildes im jeweiligen Auenabschnitt eine bestimmte Naturschutzstrategie zu präferieren, wobei an- dere Naturschutzstrategien ggf. parallel einge- setzt werden können (vgl. FINCK et al. 1998). Den jeweiligen prioritären Zielstrategien wer- den wiederum prioritäre Ziele beigestellt (vgl. Tab. 103-106). Durch den Bezug auf 10 Auenabschnitte (vgl. Kap. 5.2) ergibt sich eine räumlich differenzier- te Zuweisung von Umsetzungserfordernissen an jeweils zuständige Behörden bzw. Fachver- bände. Das Zielkonzept ist darauf ausgerichtet, intakte Lebensgemeinschaften bzw. repräsentative und funktionsfähige Lebensräume nachhaltig zu si- chern, ggf. unverzüglich wiederherzustellen und dabei prozesshafte Vorgänge wie Sukzes- Tab. 101: Grundlagen der Zielmatrix Grundlagen zur ZielfindungRelevanz Verbreitungshinweise zu Arten (deskriptive Erläuterungen durch Experten, Verbreitung auf Basis der Artendatenbank bzw. der dargestellten Verbreitung im Landschaftsraum) Zusammenstellung der ausgestorbenen und verschollenen Arten im Gebiet Vorschlagsliste zu NATURA 2000 (MRLU 2000) Bewertung der Arten und Biotope potenziell natürliche Vegetation Nutzungsstruktur und relative Verteilung auf Basis der Biotop- und Nutzungstypen (flächendeckend konsistente Daten) Zustand und Verteilung wertbestimmender Biotope im LR (deskriptive Erläuterungen durch Experten, Darstellung der Verbreitung im Landschaftsraum auf Basis der Biotop- und Nutzungstypen bzw. der selektiven Biotopkartierung) Verlandungsindex der Auengewässer forstwirtschaftliche Planungen flussdynamische Prozesse und Bedingungen in der Aue (Kenntnisse zur rezenten und reliktischen Aue, zum Grad der Sohleintiefung, zur Gewässergüte etc.) Bodenübersichtskarte (BÜK M 1:200.000) hydrologische und morphologische Charakteristika (u. a. Uferausprägung, Uferverbau, Sohlbeschaffenheit) Ergebnisse der Konfliktanalyse Fachplanungen (Schutzwürdigkeitsgutachten, Pflege- und Entwicklungspläne, sonstige Fachgutachten) publizierte Gebietsmonografien bzw. Fachpublikationen mit ZielaussagenArtenschutz 622 Artenschutz Arten- und Biotopschutz Arten- und Biotopschutz Biotop-, Prozess- und Ressourcenschutz Biotopschutz, Ressourcenschutz Biotop- und Ressourcenschutz Arten-, Biotop- und Prozessschutz Biotop-, Prozess- und Ressourcenschutz Ressourcen- und Prozessschutz Ressourcenschutz Ressourcenschutz alle Naturschutzstrategien alle Naturschutzstrategien alle Naturschutzstrategien sionen mit einzuschließen. Einer Gefährdung des biotischen, landschaftsraumtypischen In- ventars soll vorgebeugt werden. Die Ziele orientieren sich zunächst am Bestand. Das heißt, dort wo Qualitäten vorhanden und dokumentiert sind, stehen Erhalt und Schutz im Vordergrund. Dort wo Störungen festzustellen sind, andererseits aber Entwicklungspotenzial vorhanden ist, haben Optimierungs- und Wie- derherstellungsmaßnahmen bzw. der Prozess- und Ressourcenschutz Vorrang. Bei der Zielfindung wurde der teilweise hetero- gene Kenntnisstand berücksichtigt. So liegt ins- besondere bei der Artenschutzstrategie ein nicht einheitlicher Erfassungsstand zu Grunde. Berücksichtigt wurden also Artgruppen, zu de- nen relativ konsistente qualitative und quanti- tative Fundortsangaben bezogen auf den Landschaftsraum dokumentiert sind. Somit mussten Gruppen mit bisher spärlicher Daten- lage ausgeklammert werden. Durch die vorge- nommene Analysen zum Lebensrauminventar und zur Nutzungsstruktur im Landschaftsraum Elbe sowie durch die bodenkundlichen Anga- ben besteht bei den Naturschutzstrategien des Biotop- und Ressourcenschutzes eine fundierte und räumlich differenzierte Datenbasis. Die Zielfindung beim Prozessschutz basiert v. a. auf den in Kapitel 2.2.3 dargelegten flussdynami- schen Prozessen und Bedingungen in der Aue. Wesentliche Grundlagen der Zielmatrix sind der Tabelle 101 zu entnehmen. Naturschutzfachliche Ziele lassen sich auf den Erhalt, die Förderung und die Wiederherstel- lung bestimmter Zustände abstellen. Diese Differenzierung wird systematisch auf die vier Naturschutzstrategien angewendet und in Ab- hängigkeit der naturräumlichen Bedingungen inhaltlich untersetzt. Als Ergebnis resultiert der nachfolgende einheitliche Zielkatalog für den Landschaftsraum Elbe, der den Rahmen für das Zielkonzept bildet (vgl. Karte 5 im Anhang). Die Abwägung möglicherweise auftretender inter- ner Zielkonflikte muss auf größerer Maß- stabsebene im Rahmen parzellenscharfer Um- setzungsplanungen erfolgen. Ziele aus Sicht des Artenschutzes: • Erhalt des Status Quo bei landschaftsraum- bedeutsamen Beständen; • Förderung landschaftsraumbedeutsamer Arten oder Artenkollektive; • Wiederansiedlung ausgestorbener oder ver- schollener landschaftsraumbedeutsamer Ar- ten: Die Wiederansiedlung bedeutet weniger das direkte Ausbringen/Ansiedeln entspre- chender Arten, als vielmehr die Schaffung adäquater Wuchs- und Lebensraumbe- dingungen für die früher im Gebiet vor- kommenden Arten. Zur Operationalisierung der Artenschutzziele werden in Tabelle 102 stellvertretend Pflanzen- und Tierarten angesprochen. Dabei handelt es sich um eine Auswahl an Arten, zu denen ein homogener Erfassungsstand im Landschafts- raum Elbe dokumentiert ist, die in Tabellen der landschaftsraumbedeutsamen Arten geführt werden (vgl. Kap. 4), die in unterschiedli- chen Lebensräumen eingenischt sind und wert- bestimmende standörtliche Merkmale sowie Lebensraumeigenschaften indizieren. Aus- wahlkriterien bildeten die Verbreitung, der Ge- fährdungsgrad im Land Sachsen-Anhalt bzw. die Schutzbedürftigkeit und der Status im Rah- men von NATURA 2000. Anhand der Auswahl- liste ist sowohl eine Nachvollziehbarkeit der Zielaussage gegeben als auch flexible Heran- gehensweisen bei der Zielerreichung in einer sich entwickelnden Kulturlandschaft sowie Möglichkeiten der Erfolgskontrolle (vgl. RECK 1998). Die Hinweise, welche Arten der Zielstellung Ar- tenschutz in den jeweiligen Auenabschnitten vorstehen, sind Tabelle 103 zu entnehmen. Ziele aus Sicht des Biotopschutzes: • Erhalt des Status Quo bei landschaftsraum- bedeutsamen Lebensräumen; • Förderung (Optimierung) landschaftsraum- bedeutsamer Lebensräume; • Wiederherstellung/Neuanlage landschafts- raumbedeutsamer Lebensräume. Als landschaftsraumbedeutsam gelten alle Le- bensräume, die in Kapitel 3 beschrieben wur- den. Ziele aus Sicht des Prozessschutzes: • Erhalt/Zulassen dynamischer Prozesse: Erhalt naturnaher Strukturen im/am Fluss; Zulassen von Auflandungen und Abbrüchen im Uferbereich/Verzicht auf Uferverbau; Erhalt von Naturwaldzellen/Kernzonen; Zulassen einer Gewässerverlandung; Zulassen evolativer Prozesse (Verzicht auf Pflegeeingriffe, ungelenkte Vegetationsent- wicklung, Tolerierung von Neophyten/Neo- zoen/Invasionen); Erhalt des gewässerdynamischen Gleichge- wichts zwischen Sohlerosion und Ablage- rung; Erhalt der Hochwasserdynamik. • Förderung dynamischer Prozesse (besonders durch integrativen Ansatz): Rückbau von Befestigungen (Quer- und Längsverbau); 623 Tab. 102: Auswahl landschaftsraumbedeutsamer Arten + = ausgestorbene oder verschollene Art im Elbegebiet; = überregional gefährdet, besiedelt für den Landschaftsraum Elbe typische Lebensräume, gemessen am Gesamtbestand LSA bedeutende Vorkommen; = innerhalb LSA nur im Elbgebiet vorkommend bzw. hier einen Verbreitungsschwerpunkt besitzend; NATURA 2000: Einstufung in Anhang II, IV der FFH-RL bzw. Anhang I der VoSch-RL. Wissenschaftlicher Name Farn- und Blütenpflanzen Achillea salicifolia + Apium repens Aster linosyris Coleanthus subtilis Dichostylis micheliana Elatine alsinastrum Juncus atratus Jurinea cyanoides + Najas marina Najas minor + Nuphar pumila + Nymphoides peltata Omphalodes scorpioides Rorippa pyrenaica Sagina nodosa Salvinia natans Scirpus radicans Scolochloa festucacea Stratiotes aloides Symphytum tuberosum Trapa natans Urtica kiovensis Krebse Astacus astacus Libellen Aeshna affinis Aeshna viridis Erythromma viridulum Gomphus flavipes Leucorrhinia pectoralis Ophiogomphus cecilia Heuschrecken Conocephalus dorsalis Leptophyes albovittata Stethophyma grossum Laufkäfer Bembidion fluviatile Bockkäfer Akimerus schaefferi Cerambyx cerdo Schröter Dorcus parallelopipedus Lucanus cervus Schmetterlinge + Euphydryas aurinia Euphydryas maturna Lycaena dispar Maculinea nausithous + Maculinea teleius Fische und Rundmäuler Aspius aspius Barbus barbus Cobitis taenia Lampetra fluviatilis Misgurnus fossilis + Petromyzon marinus Rhodeus sericeus amarus Vimba vimba Amphibien Bombina bombina Bufo calamita Hyla arborea Triturus cristatus 624 Deutscher Name Weidenblatt-Schafgarbe Kriechender Scheiberich Goldhaar-Aster Scheidenblütgras Michels Zwergzypergras Quirl-Tännel Schwarzblütige Binse Sand-Silberscharte Großes Nixkraut Kleines Nixkraut Zwerg-Mummel Seekanne Wald-Gedenkemein Pyrenäen-Sumpfkresse Knotiges Mastkraut Gemeines Schwimmfarn Wurzelnde Simse Schwingelschilf Krebsschere Knoten-Beinwell Wassernuss Röhricht-Brennessel Auswahlkriterien Verbreitung RL LSA , , , , , , , , , , , , , , , , 3 0 2 1 1 0 0 2 NATURA 2000 FFH II, IV FFH II FFH II (prioritär) 0 1 0 0 1 1 0 2 1 2 0 1 P Edelkrebs2 Südliche Mosaikjungfer Grüne Mosaikjungfer Kleines Granatauge Asiatische Keiljungfer Große Moosjungfer Grüne Keiljungfer, , , VG 1 2 1 2 1 Kurzflügelige Schwertschrecke Gestreifte Zartschrecke Sumpfschrecke , 3 2 2 FFH IV FFH IV FFH II, IV FFH II , Breitschulterbock Heldbock, , 1 1FFH II, IV Balkenschröter Hirschkäfer, , P 2FFH II 1 1 1 1 0FFH II FFH II, IV FFH II, IV FFH II, IV FFH II, IV FFH II FFH II, IV FFH IV FFH IV FFH II, IV Goldener Scheckenfalter Eschenscheckenfalter Großer Feuerfalter Rapfen Barbe Steinbeißer Flussneunauge Schlammpeitzger Meerneunauge Bitterling Zährte , 1 1 1 1 2 0 2 1 Rotbauchunke Kreuzkröte Laubfrosch Kammmolch, 3 2 3 2 FFH II FFH II FFH II FFH II FFH II
Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
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Language: Deutsch
Issued: 2001-11-29
Modified: 2001-11-29
Time ranges: 2001-11-29 - 2001-11-29
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