Description: 5 Methoden M. WALLASCHEK 5.1 Walter KÖNECKE, Stendal, Torsten PIETSCH, Halle (Saale), und Peter STROBL, Stendal, sowie Einzelstücke einer Reihe weiterer Sammler. Zoogeographische Daten Angaben zum Areal Um den erdgeschichtlichen Faunenwandel auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts beschreiben zu können, wurden mittels einer Literaturstudie die von hier bekannten fossilen Orthopterenfunde zusammengestellt. Für die spät- und postglazia- le Zeit bildeten wir Hypothesen über die Ein- wanderungswege der Geradflüglerarten und die Orthopterenfauna der einzelnen Zeitabschnitte (Tab. A1 und A2; WALLASCHEK 2003d). Letzteres war möglich, weil auf der Grundlage einer Tabel- le der rezenten Horizontal- und Vertikalverbrei- tung der Arten Arealdiagnosen nach dem Muster von ROTHMALER et al. (1988) aufgestellt, mit Hil- fe der Kenntnisse über die Ökologie der rezen- ten Arten (Kap. 5.2, Kap. 13) unter der Voraus- setzung der Konstanz der ökologischen Potenz die Biochoren und damit die Ausbreitungszent- ren im Sinne von DE LATTIN (1967) ermittelt wor- den waren (Tab. A3; WALLASCHEK 2003d). Ermittlung von Fundorten Die rezenten Fundortangaben für die Orthopte- ren des Landesgebietes von Sachsen-Anhalt stammen aus folgenden Quellen: •Literatur: Die faunistische Primärliteratur (Kap. 17.2) wurde auf Funde aus dem Land durchsucht. •Kartierungen im Projekt: Durch die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter erfolgten während des Projektzeitraumes Erfassungen in Räu- men, die bisher wenig untersucht worden sind. Die Ergebnisse wurden publiziert oder befinden sich im Druck. •Museumssammlungen: Orthopterenfunde vom Landesgebiet stammen aus dem Mu- seum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau, der Entomologischen Sammlung des Instituts für Zoologie der Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg und dem Kul- turhistorischen Museum/Museum für Natur- kunde Magdeburg. •Private Sammlungen: Michael UNRUH arbei- tete den Fundortkatalog des ehemaligen Na- turschutzbeauftragten des Altkreises Wei- ßenfels, Walter KLEBB †, Weißenfels, sowie den orthopterologischen Teil der Sammlung von Kurt BEUTHAN †, Weißenfels, auf. Der Erstautor determinierte Funde aus den Sammlungen Wolfgang BÄSE, Reinsdorf, Wolfgang GRUSCHWITZ, Staßfurt, Fred- •Bodenfallenprogramme: Bei naturschutz- fachlichen und wissenschaftlichen Untersu- chungen mittels Bodenfallen fielen Orthopte- ren als Beifänge an, die vom Erstautor de- terminiert wurden. Es handelt sich um fol- gende Projekte: „Tierökologische Untersu- chungen in gefährdeten Biotoptypen Sach- sen-Anhalts“ (Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt: Dr. Peer H. SCHNITTER, Dr. Martin TROST), „Erfassungsprogramm zur Erforschung der Weinbergslagen im Saale- Unstrut-Gebiet anläßlich des 1000-jährigen Weinbaujubiläums“ (Dr. Torsten PIETSCH, Halle), RIVA (Arno SCHANOWSKI, Umweltfor- schungszentrum Leipzig-Halle GmbH), IN- TEGRA (Uwe MANZKE, Universitätszentrum für Umweltwissenschaften der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg). •Artenerfassungsbögen: Sie wurden vom Landesamt für Umweltschutz Sachsen- Anhalt bereitgestellt. •Private Aufzeichnungen: Die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter und die in Kap. 3 ge- nannten Entomologinnen und Entomologen stellten ihre Orthopterenfunde zur Verfü- gung. • Daten aus Gutachten, von Schädlingsbe- kämpfern und Behörden: Die in Kap. 3 ge- nannten Planungsbüros, Schädlingsbe- kämpfungsfirmen sowie Gesundheits-, Vete- rinär-, Umwelt- und sonstigen Ämter über- mittelten Fundortangaben. Die Eingabe, Verortung und Kartendarstellung von Fundortmeldungen erfolgten durch die Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem vom Lan- desamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt bereit gestellten Computerprogramm „WinArt für Wir- bellose“. Fehlerquellen Trotz aller Anstrengungen muss eingeschätzt werden, dass von einer gleichmäßigen faunisti- schen Datengrundlage nicht gesprochen werden kann. Hierzu sind die dem Datenmaterial zugrunde liegenden Untersuchungsgebiete, Er- fassungsmethoden und –zeiträume viel zu hete- rogen. Aus einigen Gebieten des Landes liegen nach wie vor nur vergleichsweise wenige Fund- meldungen vor. Zudem sind bestimmte Arten 15 und Artengruppen unterrepräsentiert (z.B. sy- nanthrope Arten). Insbesondere bezüglich der älteren Literatur er- gaben sich durch fehlende, ungenaue oder sehr grobe Orts- oder Zeitangaben Schwierigkeiten bei der Verortung. In der neueren Literatur berei- tet sie dann Probleme, wenn lediglich Meß- tischblattquadrantennummern oder Meß- tischblattnummern genannt werden. Für künftige Veröffentlichungen über Orthopteren aus Sach- sen-Anhalt wäre es auch aus Gründen der Nachprüfbarkeit und Bestätigung von Funden wünschenswert, der genauen Ortsbeschreibung große Bedeutung beizumessen. Hinzuweisen ist darauf, dass wegen der lange Zeit ungenau gebliebenen Determination von Ectobius lapponicus und E. sylvestris, der kurz- dornigen Tetrix-Arten, der Arten der Chorthippus biguttulus-Gruppe sowie von Chorthippus para- lellus und C. montanus entsprechende ältere Li- teraturangaben keine Berücksichtigung fanden (vgl. WALLASCHEK 1992a). Verschiedene Literaturdaten konnten wegen nachweislicher oder vermutlicher Erfassungs- mängel, Determinationsfehler oder – unsicherheiten keine Berücksichtigung bei der Kartendarstellung finden. Auf solche Defizite wurde durch MEINEKE (1990a), MEINEKE & MEN- GE (1993), SAMIETZ (1994), WALLASCHEK (1996c, 1996d, 1999b, 1999c, 1999d) und WALLASCHEK et al. (2002) hingewiesen. Vermutlich auf Ver- wechslung beruht der in ALBRECHT et al. (2002) genannte Fund von Omocestus viridulus bei briefl. Mitt. vom Gerbstedt (ALBRECHT, 10.04.2003). Ebenso wurden einige in MAAS et al. (2002) angegebene Fundorte durch Daten- abgleich mit dem Büro für Ökologie und Planung Dr. S. MAAS, Saarlouis, als fehlerhaft erkannt. Verbreitung der Arten In den Kap. 7 bis 11 wird die Verbreitung der einzelnen Orthopterenarten in Sachsen-Anhalt dargestellt. Dazu gehört zum einen die Verbrei- tungskarte als Gitterfeldkarte auf der Basis von Meßtischblattquadranten, zum anderen ein Text. In diesem werden Verbreitungsschwerpunkte bzw. -lücken sowie die Vertikalverbreitung be- schrieben. Des weiteren wird die Lage und Um- grenzung von Exklaven, also vom Hauptareal getrennter und vor der Arealgrenze liegender Bestände, gekennzeichnet; außerdem auch die Lagebeziehungen zum Hauptareal. Sofern die Exklave zugleich Refugium einer Art ist, das Vorkommen also ein Relikt einer für die Art exis- tenz- und ausbreitungsökologisch günstigeren Zeit darstellt, werden Belege für eine früher wei- tere Verbreitung angeführt. Exklaven müssen aber nicht zugleich Refugien sein, sondern kön- nen erst vor relativ kurzer Zeit oder nur zeitwei- se in Folge von Expansion, auch durch Ver- schleppung, zustande gekommen sein, was ggf. 16 so dargestellt wird. Mitunter verläuft die Areal- grenze durch einen Teil des Landes und zugleich liegt in einem anderen Landesteil eine Exklave (z.B. Nemobius sylvestris). Der Zeit- raum des Erlöschens einer Art im Landesgebiet wird angegeben. Bei Arten, deren Arealgrenze durch das Land läuft, wird der Verlauf der Grenze beschrieben. Arten, bei denen die Arealgrenze unweit der Landesgrenze von Sachsen-Anhalt (ca. 100 km) liegt, leben am Arealrand. Häufig stellen sich die Vorkommen in diesem Randbereich aufgelo- ckert dar, was entsprechend beschrieben wird. Bei einzelnen Arten ist der Arealrand so aufge- lockert, dass die Verbreitung in dem in Sachsen- Anhalt liegenden Arealteil auch bei großzügiger Betrachtungsweise nicht mehr als kontinuierlich bezeichnet werden kann, aber der Exklavenbeg- riff ebenfalls nicht zutrifft. Dann wird die Lage dieser disjunkten Bestände dargestellt. Arealdynamik der Arten Areale weisen in aller Regel über kurz oder lang eine Arealdynamik auf, die sich als Expansion oder Regression der Arealgrenzen, aber auch in einer intraarealen Dynamik, also der Zu- oder Abnahme des Distributionsgrades innerhalb des Areals, äußern kann. Arealdynamik kann jedoch über längere Zeit ausbleiben oder nicht erkenn- bar sein. Dementsprechend kann die Arealdy- namik stationär, expansiv oder regressiv sein. Obwohl die Grundlagen für die Beschreibung der Arealdynamik wegen der vergleichsweise spärlichen historischen Verbreitungsangaben nicht besonders fundiert sind, wird versucht, sie verbal abschätzend zu erfassen. Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Landschaftswandel, der Erweiterung oder Verengung des genutzten Bio- toptypenspektrums, aus Erstnachweisen von Ar- ten in historisch relativ gut bearbeiteten Räumen und vergeblicher Suche an Altfundorten. Zuweilen ist es nicht abschätzbar, welche Pro- zesse überwiegen. Dann wird die Arealdynamik z.B. als stationär bis regressiv (Chorthippus montanus) oder stationär bis expansiv (z.B. Lep- tophyes punctatissima) bezeichnet. Teilweise kann eine bestimmte Arealdynamik nur lokal an- zutreffen sein (z.B. Oedipoda caerulescens). Ausbreitungs- und Refugialräume Für einige Arten stellen bestimmte Landschaften in Sachsen-Anhalt Räume dar, in denen sie sich historisch oder rezent ausbreiteten oder noch ausbreiten (Ausbreitungsräume) bzw. in denen sie historisch oder rezent allgemein ungünstige Bedingungen überlebten oder noch überleben (Refugialräume). Oft fallen beide Funktionen zu- sammen, und zwar sowohl historisch wie rezent. Hier sind nicht die Refugien in Exklaven gemeint (areale Sicht), sondern Gebiete, die auf Landes- ebene die genannten Funktionen übernommen haben oder noch übernehmen. Es wird versucht, mit Hilfe des Aktualitätsprinzips und an Hand des aktuellen Verbreitungsmusters der Arten sowie zoogeographischer, ökologischer und na- turschutzfachlicher Artengruppen historische und rezente Ausbreitungs- und Refugialräume zu benennen. Vagilität Die konkreten existenz- und ausbreitungsökolo- gischen Faktoren, die von Landschaft zu Land- schaft und von Epoche zu Epoche wechseln, bestimmen die Vagilität der Arten, also die Mög- lichkeiten zur Ortsveränderung sowie die Nei- gung zum Umherstreifen und Wandern. Bei- spielsweise besitzt Oedipoda caerulescens zweifellos die genannte Neigung und kann sie im Weißenfels-Zeitzer Raum in der Braunkohle- bergbau-Landschaft realisieren, nicht aber in der umliegenden „gewachsenen“ Landschaft. In die- ser ist sie demnach wenig vagil, in jener hoch vagil. Hier wird die Vagilität der Art mit der Suk- zession schrittweise abnehmen. Vagilität lässt sich demnach nur landschafts- und zeitbezogen und nicht allgemein beurteilen oder berechnen. Sofern landschaftsbezogene Untersuchungen zur Vagilität vorliegen, werden die Ergebnisse berücksichtigt (WALLASCHEK 2003a, 2003e, 2003f, 2004a, 2004e, in Druck). Sie finden sich als Übersicht in Tab. A6. quenz von 100 % gesetzt. Wird die Rasterfre- quenz der Arten auf diese Weise ermittelt und werden die nach Größe sortierten Werte im Stabdiagramm dargestellt, ergeben sich im Ab- stand von 20 % zumeist sichtbare Sprünge in der Häufigkeitsverteilung. Sie dienen der Klas- sierung des Verbreitungsgrades (Tab. 1). Dieses Verfahren geht davon aus, dass alle Ar- ten mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie Metrioptera roeselii hätten erfasst werden kön- nen. Allerdings gilt das in Wirklichkeit nur für Ar- ten des mäßig trockenen bis nicht zu feuchten Graslandes aller Höhenstufen. Nur für sie dürfte diese Methode eine einigermaßen verläßliche Orientierung über den Verbreitungsgrad liefern. Für Waldarten, synanthrope Arten, aus natürli- chen Gründen seltene Species und für Arten, die einer anderen Erfassungsmethodik als Metrioptera roeselii bedürfen, wird so der Distri- butionsgrad nur ungenau widergespiegelt. Allerdings ist die auf alle Meßtischblatt- Quadranten (n = 726) bezogene Rasterfrequenz nicht in der Lage, den Verbreitungsgrad solcher Arten genauer abzubilden, weil sie eben der Er- fassung schwer oder nur auf spezifische Weise zugänglich sind und das Land nach wie vor un- gleichmäßig durchforscht ist. Tab. 1: Klassierung des Verbreitungsgrades. Gesamtzahl der von Metrioptera roeselii besetzten Meß- tischblattquadranten: 520. Parametrisierung zoogeographischer Daten In Tab. A4 wurden zoogeographische Merkmale der Orthopterenarten Sachsen-Anhalts zusam- mengestellt, um eine Basis für den Vergleich von Arten und Faunen zu erhalten. Beim Status werden in Anlehnung an SCHROE- DER in LANG (1994) folgende Kategorien unter- schieden: •Idiochorozoon: schon vor dem Neolithikum oder ohne Zutun des Menschen bodenstän- dig, •a.Idiochorozoon: Idiochorozoon, ausgestorbenes •Archaeozoon: vom Neolithikum bis zum Mit- telalter anthropogen eingebrachte Art, •Neozoon: seit 1492 anthropogen einge- brachte Art, •Ephemerozoon: vorübergehend einge- schleppte Art, keine oder nur kurzzeitige Reproduktion, • Alienozoon: Irrgast. Der Verbreitungsgrad (Distributionsgrad) der Or- thopterenarten Sachsen-Anhalts wird als Anteil besetzter Meßtischblattquadranten (Rasterfre- quenz) im Zeitraum vom 01.01.1990 bis zum 31.08.2004 in Bezug auf die Art mit der größten Besetzungszahl definiert, d. h. die Besetzungs- zahl von Metrioptera roeselii wird als Rasterfre- Distributions- klasseBezeichnungRasterfrequenz (%) Isehr wenig verbreitet>0 bis 20 IIwenig verbreitet21 bis 40 IIIverbreitet41 bis 60 IVweit verbreitet61 bis 80 Vsehr weit verbreitet81 bis 100 Nach der Beschränkung einer Orthopterenart auf ein bestimmtes Gebiet Sachsen-Anhalts werden in Anlehnung an SCHILDER (1956) fol- gende Kategorien unterschieden: •Endemit: Areal umfasst ausschließlich Sachsen-Anhalt oder einen Landesteil, •Pleistodemit (Charaktertier): schwerpunkt- mäßig in einem Landesteil oder in mehreren Landesteilen vorkommend, •Polydemit: mehr oder weniger gleichmäßig über das Land verbreitet, •Allodemit: kommt in einem Landesteil vor, ist aber in anderen pleistodemisch, • Ekdemit: kommt im betrachteten Landesteil nicht vor. Eine quantitative Zuordnung ist aufgrund des sehr heterogenen Datenmaterials nicht möglich. Daher erfolgt sie subjektiv aus der Kartiererfah- rung und Kenntnis der Literatur, insbesondere der zoozönologischen Arbeiten. 17
Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU
Tags: Heuschrecken ? Konstanz ? Magdeburg ? Dessau ? Sachsen-Anhalt ? Gefährdete Biotoptypen ? Kartierung ? Ökologie ? Zoologie ? Landzunge ? Software ? Landschaftswandel ? Beifang ? Saale ? Ökologische Potenz ? Georeferenzierung ? Daten ? Literaturstudie ? Umweltwissenschaft ? Landschaft ? Fundort ?
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Language: Deutsch
Issued: 2007-01-12
Modified: 2007-01-12
Time ranges: 2007-01-12 - 2007-01-12
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