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geradfl_Kap7_Ohrwuermer.pdf

Description: 7 Ohrwürmer (Dermaptera) Labia minor (LINNAEUS, 1758) Kleiner Zangenträger M. WALLASCHEK Verbreitung RÜLING (1786) meldete die Art ohne Jahreszahl für den „Harz“. Der erste genaue Fund für das Landesgebiet stammt aus der Stadt Halle (TA- SCHENBERG 1871). Durch gezielte Suche und einige Zufallsfunde konnte die Art aktuell in der Altmark, im Elbtal, im Genthiner Land, im Ostbraunschweigischen Flach- und Hügelland, im Raum Halle und Zeitz sowie im Harz nachgewiesen werden. Damit deutet sich an, dass Labia minor im gesamten Land vorkommt. Dabei sind Schwerpunkte in Landschaften mit hohem Viehbestand nicht aus- zuschließen. Der niedrige Verbreitungsgrad spiegelt also die Bestandssituation nicht richtig wider. Es ist anzunehmen, dass die Arealdyna- mik im Landesgebiet gering ist. Die meisten Fundorte von Labia minor liegen im Flach- und Hügelland Sachsen-Anhalts. Die Art wurde aber auch in der submontanen Höhenstu- fe nachgewiesen. Ihre Vagilität ist, vielleicht mit Ausnahme der o- beren Berglagen, als hoch zu beurteilen, da sie einerseits durch den Menschen mit hoher Ge- schwindigkeit und hohem Erfolg im Stalldung in der Landschaft verteilt wird, sich andererseits durch ihr sehr gutes Flugvermögen auch aktiv effizient ausbreiten kann.Das steht in guter Übereinstimmung mit MARS- HALL & HAES (1988), wonach in Misthaufen Be- reiche mit Temperaturen zwischen 18 und 25 °C bevorzugt werden und die Larven eine hohe Luftfeuchtigkeit zum Schlüpfen benötigen. In Einklang mit der Literatur sind in Sachsen- Anhalt Tiere aber durchaus auch in anderen Bio- topen gefunden worden, so in einem Auenwald bei Bad Kösen, in einem Getreidefeld bei Zöbe- ritz nahe Halle (Saale), in einem Weidenge- büsch und einem Eichen-Birkenwald bei Witten- berg, am Licht auf einem Balkon in Stendal, in je einem Binsensumpf, einer Silbergrasflur und ei- ner Rohbodenfläche in der Braunkohletagebau- Folgelandschaft. Insgesamt ist die Art aber doch sehr eng, insbesondere hinsichtlich der Repro- duktionshabitate, an den Menschen gebunden, also synanthrop (WALLASCHEK 1998b). Lebensräume Labia minor lässt sich in Stalldunghaufen, wie sie überall in der Landschaft abgelagert werden, finden. Nach unseren Beobachtungen eignen sich Pferde-, Rinder- und Schweinemist bzw. deren Mischungen gleichermaßen als Lebens- raum. Die Tiere leben an mäßig feuchten, d.h. schon einige Zeit abgelagerten Partien der Dunghau- fen, die gleichzeitig einen erheblichen Aufwuchs an Pilzen und eine reiche Kurzflügler- und Flie- genzönose aufweisen. Durch optimale Zerset- zungsbedingungen sind die Stellen warm. Tro- ckene wie auch sehr nasse und damit jeweils eher kühle Stellen werden gemieden.Erfassung Labia minor kann an Lichtfanganlagen erfasst werden. So fliegt die Art im südlichen Nieder- sachsen von Ende Juni bis Ende September mit Spitzen im Juli und August. Die Flugaktivität be- schränkt sich aber auf wenige Nächte mit feuchtwarmem und schwach windigem Wetter (MEINEKE 1990b). Am Licht wird er wohl nicht selten mit Staphyliniden verwechselt. Zu empfehlen ist auch die Suche mittels Hand- rechen in Stalldunghaufen an nicht zu nassen bzw. zu trockenen Stellen. Zuweilen geraten die Tiere in Bodenfallen und Farbschalen oder wer- den beim Sieben erfasst, weshalb die Beifänge erbeten werden sollten. 40 Gefährdungen Ein Rückgang der Bestände von Labia minor im Land Sachsen-Anhalt ist wegen der nach wie vor erheblichen Bedeutung und Verbreitung der Viehwirtschaft sowie der hohen Vagilität der Art nicht anzunehmen. Schutzmaßnahmen Aus dem Fehlen von Gefährdungen ergibt sich, dass Schutzmaßnahmen nicht erforderlich sind. 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 42 41 45 44 43 12° 29 29 30 30 31 ³# # ³ 32 31 ³ # 32 ³ # 33 33 ³ # 34 ³# # ³ ³# # ³ ³ # 34 35 35 ³ # 36 ³ # ³ # # ³ ³ # 37 38 36 37 S # S # 38 39 39 52° ³ # 40 S # 41 40 ³ ³# # # ³ # S S S# # S # 41 4242 4343 ³ # 44 S # 45 S # ³ # ³ # ³ # 44 45 ³ # 46 46 47 S # 48 S # Labia minor 49 47 Nachweis # S ³ # in beiden Zeiträumen # bis 1989 ³ # (LINNAEUS, 1758) 48 ab 1990 49 50 50 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 41 Labidura riparia (PALLAS, 1773) Sand-Ohrwurm M. WALLASCHEK Verbreitung TASCHENBERG (1869) nannte den Sand-Ohrwurm erstmals für Sachsen-Anhalt als Bewohner von Sandflächen bei Halle, die damals in Sand- und Braunkohlegruben lagen. Die Besiedlung sol- cher Sekundärstandorte reicht demnach schon weiter in die Vergangenheit zurück, als es die jüngste Häufung von Funden in den Braunkohle- Bergbaulandschaften des Landes glauben ma- chen könnte. Die Verteilung der aktuellen Fund- orte im Süden und in der Mitte des Landes deckt sich weitgehend mit derjenigen dieser Land- schaften. Die Art tritt auch in Kaolin- und Ton- gruben auf. In der Mitte und im Norden Sach- sen-Anhalts werden hingegen Sandgruben so- wie Sandfelder auf Truppenübungsplätzen be- siedelt. Funde in Primärstandorten liegen aus dem Elbtal (Elbufer, Binnendüne) und vom Ost- ufer des ehemaligen Salzigen Sees vor. Sachsen-Anhalt befindet sich am nördlichen Rand des europäischen Arealteils von Labidura riparia, da die Ostseeküste und die großen deutschen Ostseeinseln die Arealgrenze in Ost- deutschland markieren. Wegen des Rückgangs des Braunkohle-Bergbaus in Sachsen-Anhalt sowie des Verlusts an offenen Sandflächen in den Folgelandschaften und in anderen Sekun- därlebensräumen ist derzeit eine stationäre bis regressive Arealdynamik anzunehmen. Die Art findet sich in Sachsen-Anhalt aus- schließlich im Flach- und Hügelland. In den Braunkohlebergbaugebieten des Landes erfolgt die Besiedlung von Sekundärstandorten offen- bar schnell; hier ist die Vagilität der Art als hoch einzustufen. Vermutlich spielt dabei Verschlep- pung mit Sand und Kies in Fahrzeugen die we- sentliche Rolle. In den anderen Regionen ist die Vagilität gerin- ger; hier findet sie sich bei weitem nicht in allen geeigneten Sekundärstandorten. Möglicherwei- se hat auch Verdriftung mit dem Wind, seltener mit Wasser, in dem die Art gut schwimmt, Be- deutung. Flug wurde bei der Art bisher weltweit extrem selten beobachtet, in Sachsen-Anhalt noch nie. Lebensräume Labidura riparia lebt in fast vegetationslosen, gut durchwärmten, oberflächlich schnell abtrock- 42 nenden Sand- und Kiesflächen der oben ge- nannten Landschaftselemente. Häufig, aber bei weitem nicht immer, weisen die Flächen einen hohen Grundwasserspiegel (oft Gewässerufer) oder eine höhere Bodenfeuchtigkeit über stau- enden Schichten auf. In solchen Plätzen hält sich der Sandohrwurm unter Steinen, Holzstü- cken, Blech- und Plasteteilen etc. auf, wo sich eine höhere Feuchtigkeit als in der Umgebung einstellt und auch bestehen bleibt. Gefährdungen Durch den Mangel an natürlicher Flussdynamik werden heute nur im Ausnahmefall Primärbioto- pe geschaffen, die den Ansprüchen von Labidu- ra riparia genügen. Einen gewissen Ausgleich stellen die an der Elbe verbreiteten Sandufer dar, die jedoch durch Flussausbau gefährdet sind. Sekundärlebensräume verlieren durch Flu- tung, Rekultivierung und Sukzession (auch in- folge der Reduzierung militärischer Nutzungen) schnell an Wert für die Art. Schutzmaßnahmen Die Sekundärlebensräume sollten möglichst vor Flutung, Aufforstung, Ansaat von Grasmischun- gen und Vermüllung geschützt werden. Stehen ausreichend Flächen zur Verfügung, wie z.B. auf Truppenübungsplätzen, in aufgelassenen Sand- und Kohlegruben oder in Naturschutzgebieten, kann durch umlaufendes abschnittsweises Ab- schieben des Oberbodens Erhaltungspflege be- trieben werden. Auch kleinere Sekundärlebens- räume sollten naturschutzrechtlich gesichert und durch Pflege oder besser Nutzung (z.B. Austrag kleiner Mengen von Sand für gemeindliche Zwecke wie Wegebau) erhalten werden. Durch Auslegen von Stücken schadstofffreien Holzes können Versteckplätze für die Art geschaffen werden. Erfassung Die Art kann mittels Handrechen durch Wenden von Steinen, Holzstücken und Unrat gesucht werden. Zu empfehlen ist, von Käfersammlern die Beifänge aus Bodenfallen von geeigneten Biotopen zur Nachsuche zu erbitten.

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

Issued: 2007-01-12

Modified: 2007-01-12

Time ranges: 2007-01-12 - 2007-01-12

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