API src

2012_03 (März)

Description: Jubiläum 80 Jahre Vogelschutzwarte Steckby Vogelschutzwarten gehören zu den ältesten Einrichtungen des staatlichen Naturschutzes in Deutschland. Die Staatliche Vogelschutzwarte in Steckby an der mittleren Elbe wurde bereits 1920 von Max Behr gegründet und erhielt vor genau 80 Jahren ihre staatliche Anerkennung als Vogelschutzstation. Die Aufgaben der Steckbyer Station haben sich seit- dem erheblich gewandelt, sind aber aktuell unverzichtbarer denn je. A m 17. Februar 1932 wurde die Steckbyer Vogelschutzein- richtung vom Anhaltischen Staatsministerium zur Staatlich aner- kannten Muster- und Versuchsstation für Vogelschutz ernannt. Ihre Entste- hung geht jedoch schon auf das Jahr 1920 zurück, als sich der Landwirt Amtmann Max Behr im Pfarrhaus in Steckby niederließ, um sich dem Biber- und Vogelschutz zu widmen. So sind bereits 1925 in den Steckbyer Kiefernforsten Nistkastenversuche in Beziehung zu forstschädigenden Insekten eingeleitet und unter wech- selnden Fragestellungen bis heute als Langzeit-Vogelschutzversuch fortge- führt worden. » Entstehung und Geschichte Von 1934 bis 1948/49 in Obhut des Bundes für Vogelschutz sowie von 1950 bis 1953 in der Forstverwal- tung wurde die Steckbyer Einrichtung 1953 als Versuchsstation der Vogel- schutzwarte Seebach der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswis- senschaften zu Berlin (DAL) zuge- ordnet. Nach einem nicht realisierten Auflösungsbeschluss übernahm Max Dornbusch von 1962 bis 1997 die ört- liche Leitung der Einrichtung, die ab 1964 als Vogelschutzstation der Bio- logischen Zentralanstalt Berlin für die Bezirke Magdeburg und Halle sowie für Westbrandenburg fungierte. Seit dieser Zeit begannen neben der Bear- beitung der Nistkasten-Versuchsflä- chen die Untersuchungen zur Greif- vogelbesiedlung, zur Entwicklung von Waldbestockungen sowie später auch zu speziellen Artengruppen im Rah- men des Arbeitskreises zum Schutz vom Aussterben bedrohter Tiere (AKSAT). Auch die wissenschaftliche Vogelberingung bekam im Rahmen von Registriervogelfang-Programmen einen höheren Stellenwert. Nach der Eingliederung als Bio- logische Station in das Institut für Landschaftsforschung und Natur- schutz Halle (ILN) der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der Im ehemaligen Pfarrhaus des idyllischen Elbe-Dorfes Steckby hat die Staatliche Vogel- schutzwarte ihren Sitz. Foto: S. Fischer. 104 Der Falke 59, 2012 Stationsgründer Max Behr bei der Nistkastenkontrolle im Langzeit-Vogel- schutzversuch in der Steckbyer Heide. Foto: Archiv Staatliche Vogelschutzwarte. DDR (AdL) im Jahre 1970 wurde die Grundlagen- und Strukturforschung im Naturschutzgebiet Steckby- Lödderitzer Forst erheblich inten- siviert. Eine praktische Umsetzung erfuhren deren Ergebnisse bei der Erarbeitung von Behandlungsrichtli- nien für Naturschutzgebiete und mit der Anerkennung als Biosphären- reservat „Steckby-Loedderitz Forst“ (inzwischen Mittlere Elbe) durch die UNESCO. Die von Dietrich Heidecke nach 1970 begonnenen wissenschaftlichen Forschungen zum Elbebiber führten zur Realisierung eines komplexen Artenschutzprogramms und machten die Station Steckby im Kreis der Säu- getierforschung erneut bekannt. Der Aufbau und die Koordination eines Netzes von ehrenamtlichen Biberbe- treuern, Biberumsiedlungen an Tem- pliner Gewässer, an die Peene und an die Oder, ein Biberfreigehege für ethologische Untersuchungen sowie Foto- und Filmdokumentationen und das Wirken als Markierungszen- trale für den Elbebiber von 1980 bis 1990 seien als Schwerpunktaufgaben genannt. Eine weitere aktuelle Schwerpunkt- aufgabe ist die Organisation des 6 5 4 3 2 2010 2005 2000 1995 1990 1985 1980 1975 1970 1965 1960 1955 1950 0 1945 1 1940 Die Umsetzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie führte auch in Sachsen-Anhalt zur Ausweisung von Europäischen Vogelschutzge- bieten, mit deren Einrichtung insbe- »»Vogelmonitoring als Grundlage für internationale Berichtspflichten 7 1935 »»32 Vogelschutzgebiete unter Schutz stehenden Landesfläche nimmt Sachsen-Anhalt in Deutsch- land einen mittleren Rang ein. Nur die Brutgebiete einiger weit verbreiteter und noch häufiger Anhang I-Arten sind mit dieser Schutzgebietskulisse nicht ausreichend gut abgedeckt. Von etlichen Anhang I-Arten brütet mehr als die Hälfte der jeweiligen Landes- bestände in den 32 Schutzgebieten, sodass die Gebietsauswahl durch- aus als gelungen bezeichnet werden kann. 8 1930 Im Lauf der Jahrzehnte haben sich die Aufgaben der Vogelschutzwar- ten deutlich gewandelt. Als Teil der Naturschutzfachbehörde des Landes Sachsen-Anhalt hat die Vogel- schutzwarte Steckby heute entspre- chende fachbehördliche Aufgaben. Dazu zählen hauptsächlich die Beratung des Ministeriums für Land- wirtschaft und Umwelt und ande- rer Behörden in allen Fragen des Vogelschutzes, die Information von Planungsbüros und Bürgern sowie die fachliche Betreuung des umfang- reichen Netzes der ehrenamtlichen Vogelkundler und Vogelschützer. sondere der Bestand der Arten des Anhangs  I der Vogelschutzrichtlinie gesichert werden soll. In drei Char- gen, beginnend mit neun Gebieten im Jahr 1992, hat die Vogelschutzwarte Steckby Vorschläge zu schützens- werten Gebieten und ihrer Abgren- zung unterbreitet. Aktuell stehen die Juwelen des Vogelschutzes in Sachsen-Anhalt in 32 Vogelschutz- gebieten mit einer Gesamtfläche von 170 611  Hektar unter dem Schutz der Vogelschutzrichtlinie. Darunter befin- den sich bedeutende Feuchtgebiete entlang von Elbe, Havel und deren Nebenflüssen, alle größeren Heide- gebiete, wichtige Grünlandgebiete, große Laubwälder, Teile des Hoch- harzes, aber auch zwei großräumige Ackergebiete. Mit 8,3  % der damit 1925 »»Aktuelle Aufgaben der Vogelschutzwarte Steckby Die wissenschaftliche Vogelberingung spielte an der Staatlichen Vogelschutzwarte zu allen Zeiten eine wichtige Rolle. Dr. Max Dornbusch (rechts), von 1962 bis 1997 über 35 Jahre Leiter der Vogelschutzwarte, beringte in dieser Zeit mehrere Tausend Vögel (hier: 1964 beim Fang von Sperbergrasmücken). Er feiert in diesem Jahr – wenige Monate nach der Vogelschutzwarte – ebenfalls seinen 80. Geburtstag.  Foto: Archiv Staatliche Vogelschutzwarte Steckby. Brutpaare Gartenrotschwanz pro 100 Nistkästen Im Rahmen der Bearbeitung von populationsökologischen Fragestel- lungen und Schutzprogrammen für weitere bestandsbedrohte Großvo- gelarten wurde auch der Großtrappe besondere Aufmerksamkeit gewidmet. 1962 begonnene Untersuchungen an Großtrappen im Zerbster Ackerland mündeten 1973 in einem interna- tional anerkannten Großtrappen- Aufzucht-Freilassungsverfahren und einem umfassenden staatlichen Groß- trappenschutzprogramm. Von 1973 bis 1981 sind 190 aufgezogene Groß- trappen beringt und in die Freiheit entlassen worden. Seit 1978 konnten erfolgreiche Bruten der freigelassenen Weibchen beobachtet werden. Ring­ ablesungen belegten die mehrfache Heimkehr von über 500 Kilometer weiten Winterwanderungen bis in die Niederlande. Seit 1990 nimmt die Einrichtung erneut die Aufgaben einer Vogel- schutzwarte wahr. Am 1. April 1991 übernahm das Ministerium für Umwelt und Naturschutz des Landes Sachsen-Anhalt die Biologische Sta- tion Steckby als Staatliche Vogel- schutzwarte. Zum 1. Januar 2000 erfolgte die Eingliederung der Staat- lichen Vogelschutzwarte in das Fach- gebiet Tierartenschutz und Staatliche Vogelschutzwarte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Der Bestand des Gartenrotschwanzes in den Nistkästen des Steckbyer Langzeit-Vogel- schutzversuches unterliegt deutlichen Schwankungen. Nach recht hohem Nistkasten- besatz bis Anfang der 1970er Jahre verschwand die Art über etliche Jahre. Ende der 1980er Jahre bis zum Jahr 2005 trat die Art mit niedrigen Zahlen auf, um seitdem wieder zu fehlen. Der Falke 59, 2012 105 Jubiläum Magde- burg Dessau Halle Die 32 Vogelschutzgebiete verteilen sich gleichmäßig über das Land. Zur Orientierung sind die Fließgewässer eben- falls abgebildet. Vogelmonitorings in Sachsen-An- halt. Die Erfassung der Vogelbe- stände ist eine unbedingte Vorausset- zung für die Erfüllung der sich aus den internationalen Vereinbarungen ergebenden Berichtspflichten. So schreiben sowohl die Europäische Vogelschutzrichtlinie als auch die Magde- burg Dessau Halle Noch nie brüteten so viele Seeadler in Sachsen-Anhalt wie 106 Der Falke 59, 2012 aktuell. Die Verbreitung der 32 Seeadler-Paare im Jahr 2010 zeigt eine deutliche Konzentration entlang der Elbe. Ramsar-Konvention zum Schutz der Feuchtgebiete und das Afrikanisch- Eurasische Wasservogelabkom- men die regelmäßige Erfassung der Bestände, der Bestandsentwicklung und des Erhaltungszustandes der Populationen vor. Aber auch für die Ausweisung Europäischer Vogel- schutzgebiete und für die derzeit in Sachsen-Anhalt laufende Bearbei- tung von Managementplänen für diese Gebiete waren und sind fun- dierte Daten zur Avifauna von ent- scheidender Bedeutung. Eingebettet in die Verwaltungs- vereinbarung zum Vogelmonitoring zwischen Bund und Ländern beteiligt sich auch Sachsen-Anhalt an diesen Aufgaben.arten und ihrer Lebensräume umzu- setzen. Die Vogelschutzwarte kann sich dabei auf etwa 400 ehrenamt- liche Mitarbeiter stützen. Deren Bei- träge für das Vogelmonitoring sind sehr verschieden, aber jederzeit will- kommen. So betreuen einige Beob­ achter „nur“ einen Schwarzstorch- horst oder eine Graureiherkolonie, andere beteiligen sich an der Was- servogelzählung, wiederum andere beteiligen sich als Vogelberinger am Integrierten Monitoring von Singvo- gelpopulationen und einige sind an nahezu allen Programmen beteiligt. Das Monitoringkonzept bietet jedem Vogelinteressierten, je nach verfüg- barer Zeit, Fähigkeiten und Interes- sen, Möglichkeiten zur Mitarbeit. »»Steckbyer Tagung 2002 gab Impulse»»Motivation der Mitarbeiter ist entscheidend Ein wichtiger Grundstein für die gewaltige Entwicklung, die die Vogelmonitoringprogramme in Deutsch­land in den letzten Jahren genommen haben, wurde im Jahr 2002 in Steckby gelegt. Damals tra- fen sich Vertreter der damit befassten Behörden und Vereine in der Vogel- schutzwarte Sachsen-Anhalts, um eine dauerhafte Absicherung die- ser Vorhaben in Angriff zu neh- men. Heute, zehn Jahre nach dieser Tagung, sind wir in Deutschland und in Sachsen-Anhalt im Vogelmonito- ring deutlich weiter als viele der Teil- nehmer damals erhofft hatten. Auch in Sachsen-Anhalt wurde nach der Steckbyer Tagung ein Kon- zept zum Vogelmonitoring mit zehn Bausteinen erarbeitet. Dieses setzt die Vogelschutzwarte Steckby seitdem konsequent um, wobei die Monito- ringprogramme für seltene und für häufige Brutvogelarten, das Inte- grierte Monitoring von Singvogelpo- pulationen und die Wasservogelzäh- lungen die Schwerpunkte darstellen. Voraussetzung dafür ist eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Vogelkund- lern im Land und besonders mit dem Ornithologenverband Sachsen-An- halt. Zusammen mit den ehrenamt- lichen Vogelkundlern arbeiten die Mitarbeiter der Vogelschutzwarte am gemeinsamen Ziel, das Wissen über das Vorkommen von Vogelarten und über ihre Bestandsentwicklung in Sachsen-Anhalt zu mehren und diese Kenntnisse für den Schutz der Vogel-Um die Programme kontinuierlich fortführen zu können, ist die Moti- vation der Mitarbeiter von größter Wichtigkeit. Das geschieht in Sach- sen-Anhalt auf verschiedenste Weise. In den letzten Jahren ist es gelungen, für die Mitarbeit in den Schwer- punktprogrammen kleine Aufwands­ entschädigungen zu zahlen. Außer- dem finanziert das Land die Koor- dination der Programme, wodurch es gelungen ist, alle Projekte jeweils sehr zeitnah auszuwerten und so eine schnelle Rückkopplung zu den Kartierern zu ermöglichen. Aus- wertungen und Berichte aus den Programmen sowie Zusammenstel- lungen zu seltenen Brutvogelarten erscheinen in den jährlich von der Staatlichen Vogelschutzwarte des LAU herausgegebenen Berichten zum Vogelmonitoring. Zum Jahreswech- sel 2011/12 erschien der mittlerweile achte Bericht, der schwerpunktmäßig das Jahr 2010 behandelt. Diese Jah- resberichte erhalten alle Mitarbei- ter als Dank für ihre ehrenamtliche Tätigkeit. »»Seltene Brutvögel im Fokus Besonders wichtige Bausteine des Monitoringkonzeptes sind das Moni- toring von seltenen Brutvogelarten und das Monitoring in Europäischen Vogelschutzgebieten. Als Grundlage für eine Bestandsüberwachung in den Schutzgebieten hat das Landesamt für Umweltschutz in den Jahren 2003 bis 2009 sogenannte Ersterfassungen

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

Tags: Biber ? Magdeburg ? Dessau ? Berichtspflicht ? Falken ? Populationsdynamik ? Seeadler ? Insekt ? Vogelberingung ? Sachsen-Anhalt ? Großtrappe ? Vogel ? Fluss ? Berlin ? Mittelelbe ? Flechte ? Fließgewässer ? Gefährdete Tierart ? Elbe ? Niederlande ? Oder ? Vogelmonitoring ? Umweltinformationssystem ? Artenschutzprogramm ? Bestockung ? EU-Vogelschutzrichtlinie ? Agrarwissenschaften ? Feuchtgebiet ? Ramsar-Konvention ? Havel ? Umweltberatung ? Kiefernwald ? Vogelschutz ? Artenschutz ? Vogelschutzgebiet ? Forst ? Heidelandschaft ? Internationales Übereinkommen ? Laubwald ? Naturschutzgebiet ? Brutgebiet ? Avifauna ? Ackerland ? Naturschutz ? Schutzgebiet ? Forschung ? Gewässeruntersuchung ?

License: all-rights-reserved

Language: Deutsch

Issued: 2012-02-16

Modified: 2012-02-16

Time ranges: 2012-02-16 - 2012-02-16

Status

Quality score

Accessed 1 times.