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Kapitel 18 Asseln Rote Listen Sachsen-Anhalt 2020

Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Halle, Heft 1/2020: 387–391 18 Bearbeitet von Jörg Haferkorn (3. Fassung, Stand: September 2019) Einleitung Asseln (Isopoda) gehören zur Klasse der Krebstiere. Sie haben einen langovalen, beiderseits abgeplatteten und segmentierten Körper. Dieser gliedert sich in drei Ab- schnitte, dem Cephalothorax (mit dem ersten Brustab- schnitt verschmolzer Kopf), der Brust und dem Hinter- leib. Am Brustabschnitt befinden sich sieben Paar gleich ausgebildete Laufbeine, die jeweils an einem Körperseg- ment sitzen. Der Hinterleib trägt fünf Paar blättchenar- tige, sich dachziegelartig überdeckende Spaltbeine. Asseln treten in marinen, limnischen und terrest- rischen Ökosystemen auf. Einige Arten leben sogar im Grundwasser. Die Landasseln (Unterordnung Onisci- dea) sind die einzigen Krebse, die zu echten Land- bewohnern wurden. Sie sind in allen Lebensräumen Sachsen-Anhalts vertreten. Die Eier werden von den Weibchen in einem Brustbeutel (Marsupium) herum- getragen. Die Jungtiere verbleiben noch einige Zeit nach ihrem Schlupf im Brustbeutel der Weibchen und sehen den Alttieren sehr ähnlich. Einige Oniscidea haben sich gut an das Landleben angepasst. Dadurch können sie auch trockene, grundwasserferne und warme Standorte besiedeln. Ungünstige Witterungs- verhältnisse verbringen sie meist unter Steinen, unter Rinde oder in der oberen Bodenschicht. Landasseln ernähren sich zum großen Teil von abgestorbenen Pflanzenteilen. Dadurch spielen sie im Ökosystem eine bedeutende Rolle beim Streuabbau. Die Amei- senassel, Platyarthrus hoffmannseggii, hat eine be- sondere Lebensweise. Sie lebt in Ameisenbauen und ernährt sich vor allem von Ameisenkot. Datengrundlagen Die verwendete Taxonomie und Nomenklatur basiert auf Gruner (1966), der aktuellen Gesamtartenliste Deutschlands (Grünwald 2016) und dem Weltkatalog der terrestrischen Isopoden (Schmalfuss 2003). Keine Isopodenart wird durch die Bundesartenschutzver- ordnung bzw. die Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richt- linie) geschützt. Im deutschen Binnenland kommen 57 etablier- te terrestrische und limnische Isopodenarten vor, 49 Landasselarten (Unterordnung Oniscidea) und 8 Was- serasselarten (Unterordnung Asellota). Davon sind fünf Oniscidea und drei Asellota etablierte Neozoen (Grünwald 2016). Zudem sind in Deutschland weitere zehn nichtetablierte Landasselarten als Neozoen be- kannt, die extrem synanthrop sind und ausschließlich in Gewächshäusern leben (Grünwald 2016). Asseln (Crustacea: Isopoda) Im Bundesland Sachsen-Anhalt wurden bisher insgesamt 32 Isopodenarten nachgewiesen. Mit 27 Landasselarten und 4 Wasserasselarten sind 31 Arten etabliert. Davon sind drei Oniscidea und zwei Asel- lota etabliertes Neozoen. Eine weitere Art lebt als nichtetabliertes Neozoen ausschließlich in Gewächs- häusern (Haferkorn 2016). Nagurus cristatus wurde im Jahr 1998 im Botanischen Garten der Martin-Luther- Universität Halle (Saale) gefangen. Die Rote Liste der Asseln des Landes Sachsen-An- halt liegt nun in der 3. Fassung vor. Die 1. Fassung wur- de 1998 publiziert, die Veröffentlichung der 2. Fassung erfolgte im Jahr 2004 (Haferkorn 1998a, 2004). Rote Listen der Asseln liegen für Gesamtdeutschland (Grün- wald 2016) sowie neben Sachsen-Anhalt für die beiden Bundesländer Thüringen (Knorre 2011) und Bayern (Grünwald 2003, Burmeister 2003) vor. Knorre (2011) stufte sieben der 32 etablierten Arten (21,9 %) als ge- fährdet in seine Rote Liste der Asseln Thüringens ein. Grünwald (2003) nahm acht der 40 Freilandarten (20 %) in die Rote Liste gefährdeter Landasseln Bayerns auf. Burmeister (2003) stufte eine der vier limnischen Isopo- da in die Rote Liste gefährdeter wasserbewohnender Krebse Bayerns als ausgestorben ein. Zwar sind die Asseln auch in Sachsen-Anhalt im Ver- gleich zu anderen Tiergruppen traditionell wenig bearbeitet, dennoch wurden sie innerhalb der letzten zwanzig Jahre verstärkt in faunistische und natur- schutzfachliche Studien einbezogen. Das Landesamt für Umweltschutz führt zur Charakterisierung gefährdeter Biotoptypen seit vielen Jahren tierökologische Unter- suchungen durch. Innerhalb dieser Studien werden die Asseln stets mit bearbeitet. Der erste Ergebnis- band umfasst die Zwergstrauchheiden, Trocken- und Halbtrockenrasen (Schnitter et al. 2003). Die Isopoden wurden zur Charakterisierung der Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie durch kennzeichnende Tier- und Pilzarten herangezogen (LAU 2002). Beispiele für die Einbeziehung der Isopoden in die naturschutzfachliche Planung sind die Arten- und Biotopschutzprogramme der Stadt Halle (Saale), sowie der Landschaftsräume „Elbe“ und „Saale-Unstrut-Triasland“ (Haferkorn 1998b, 2001, 2008). In landesweiten Projekten im Rahmen der Berichtspflichten der FFH-Richtlinie zu Streuobstwiesen und Dünen wurden die Isopoden in den Jahren 2013 und 2014 untersucht. Dadurch hat sich der Kenntnis- stand vor allem zur Verbreitung und Vergesellschaftung der Asseln Sachsen-Anhalts im Vergleich zur letzten Fassung der Roten Liste der Asseln Sachsen-Anhalts deutlich erhöht. Insgesamt wurden sieben Arten in die Rote Liste der Asseln des Landes Sachsen-Anhalt auf- genommen. 387 Asseln 12 34 Abb. 1: Die Gemeine Kugelassel (Armadillidium vulgare) ist in Sachsen-Anhalt weit verbreitet und tritt auch in trockenen Lebensräumen häufig auf (Foto: J. Haferkorn, Athenstedt, 11.09.2013). Abb. 2: Die Kellerassel (Porcellio scaber) ist weit verbreitet und lebt bevorzugt unter Steinen und der Rinde von liegendem Totholz (Foto: J. Haferkorn, Bad Kösen, 03.05.2009). Abb. 3: Trachelipus rathkii ist eine eurytope Art, die in den Flussauen Sachsen-Anhalts auch Überflutungen gut verträgt (Foto: J. Haferkorn, Athenstedt, 11.09.2013). Abb. 4: Die Gefleckte Kör- nerassel (Porcellio spinicornis) kommt vornehmlich im Süden Sachsen-Anhalts vor und ist hier auf Halbtrocken- und Trockenrasen zu finden (Foto: A. Stark, Umgebung Zeitz [leg. M. Unruh], 20.05.2019). 388 Asseln Anmerkungen zu ausgewählten Arten lige Panzerüberfahrt über den Elbdeich südlich von Sandau handelt. Von vier weiteren Rote-Liste-Arten existiert je- weils nur ein Nachweis aus Sachsen-Anhalt. Drei Rote-Liste-Arten haben nur kleine Verbreitungs- gebiete in Sachsen-Anhalt und sind an xerophile, durch Nutzungsänderungen zurückgehende Lebens- räume gebunden. Androniscus dentiger Verhoeff, 1908 wurde bisher nur in den Schächten der städtischen Kanalisation von Zeitz nachgewiesen (Unruh 1996). Für diese Art, aber auch für T. pygmaeus (s. u.) sind weitere Vorkommen wahrscheinlich, sie werden in die Vorwarnliste aufgenommen. Porcellio montanus Budde-Lund, 1885 Die Art besiedelt trockene Biotope und Kalkgebiete. Sie bevorzugt Halbtrockenrasen und lichte Wälder auf warmen Südhängen. Verbreitungsschwerpunk- te sind das Saale-Unstrut-Triasland sowie der Harz mit seinen Vorländern. Fundpunkte innerhalb von Deutschland befinden sich überwiegend im süddeut- schen Raum. In Sachsen-Anhalt erreicht P. montanus ihre nördliche Verbreitungsgrenze. Ihre nördlichsten Vorkommen liegen östlich von Wernigerode, die öst- lichsten Fundpunkte in Sachsen-Anhalt befinden sich im Saale-Unstrut-Tiasland südwestlich von Freyburg (Unstrut). Armadillidium zenckeri Brandt, 1833 Knorre (schrift. Mitt.) sammelte 1991 ein Exemplar von in einem Erlen-Eschenwald im Bodetal unterhalb von Treseburg. Das Belegstück liegt in der Sammlung des Phyletischen Museums Jena (Inv.-Nr. PMJ Crust 1122). Höhlenassel – Proasellus cavaticus (Schiödte in Leydig, 1871) wurde 2009 mit drei Individuen im Rahmen von Untersuchungen zur Grundwasserfauna Sachsen-An- halts in einer Grundwassermessstelle bei Reinstedt westlich von Aschersleben im Nordöstlichen Harzvor- land erstmals nachgewiesen (IGÖ 2009). Im nieder- sächsischen Harz wurde diese Wasserasselart in meh- reren Stollen des Westharzes gefunden (Lengersdorf 1932). Vermutlich existiert sie auch im Grundwasser des sachsen-anhaltischen Harzes. Auch aus Thürin- gen liegt neben alten Nachweisen ein neuer Fund vor (Bellstedt 2001). Trachelipus nodulosus (C.L. Koch, 1838) Diese xerophile Art präferiert offene Biotope, die durch Trockenheit und Wärme gekennzeichnet sind. Dort lebt sie an sonnigen Orten unter Steinen und niedrigen Pflanzen. Fundorte sind Trocken- und Halb- trockenrasen, Brachen, Weinberge, südexponierte Streuobstwiesen und xerophile Saumgesellschaften. Verbreitungsschwerpunkte in Sachsen-Anhalt sind die Harzvorländer, das Saale-Unstrut-Tiasland und die Porphyrlandschaft bei Gimritz nordwestlich von Halle. Trichoniscus pygmaeus G.O. Sars, 1898 Eine west- und mitteleuropäische Spezies (Flasarová 1995) ist T. pygmaeus. Sie kommt in ganz Mittel- europa vor, jedoch nur an wenigen Stellen (Grünwald 1988). Die Art bewohnt steinige Ufer, Parkanlagen, Ruinen, Friedhöfe und Gewächshäuser (Flasarová 1995). In Sachsen-Anhalt existiert nur ein Nachweis aus Halle. Gefleckte Körnerassel – Porcellio spinicornis Say, 1818 Diese Assel wurde an neun Fundorten im südlichen Sachsen-Anhalt nachgewiesen und besiedelt dort Trocken- und Halbtrockenrasen sowie Weinberge (Haferkorn 2003). Ein Nachweis stammt aus der Her- mannshöhle bei Rübeland im Harz. Aus dem nörd- lichen Sachsen-Anhalt liegt ein isolierter Nachweis dieser Art von einem Sonderstandort vor, bei dem es sich um eine mit Betonelementen befestigte, ehema- Tab. 1: Übersicht zum Gefährdungsgrad der Asseln Sachsen-Anhalts. Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0Gefährdungskategorie R 1 23 - -- -2 6,3 2 6,3 1 3,1 Rote ListeGesamt 5 15,632 Tab. 2: Übersicht zur Einstufung in die sonstigen Kategorien der Roten Liste. Kategorien Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Kat. GDVGesamt - -- -2 6,32 6,3 Gesamt 32 389

Types:

Origins: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Language: Deutsch

Issued: 2020-08-31

Modified: 2020-08-31

Time ranges: 2020-08-31 - 2020-08-31

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