Description: 23.12.2020 Amtsblatt der Europäischen Union DE L 435/1 I (Gesetzgebungsakte) RICHTLINIEN RICHTLINIE (EU) 2020/2184 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Neufassung) (Text von Bedeutung für den EWR) DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 192 Absatz 1, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1), nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2), gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3), in Erwägung nachstehender Gründe: (1)Die Richtlinie 98/83/EG des Rates (4) ist mehrfach und erheblich geändert worden (5). Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, im Rahmen der anstehenden Änderungen eine Neufassung der genannten Richtlinie vorzunehmen. (2)In der Richtlinie 98/83/EG ist der rechtliche Rahmen festgelegt, um die menschliche Gesundheit vor den nachteiligen Einflüssen, die sich aus der Verunreinigung von Wasser für den menschlichen Gebrauch ergeben, durch Gewährleistung seiner Genusstauglichkeit und Reinheit zu schützen. Mit der vorliegenden Richtlinie sollte dasselbe Ziel verfolgt und der Zugang zu derartigem Wasser für alle Menschen in der Union verbessert werden. Zu diesem Zweck sind auf Unionsebene die Mindestanforderungen festzulegen, denen das für diesen Zweck bestimmte Wasser entsprechen sollte. Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass Wasser für den menschlichen Gebrauch keine Mikroorganismen, Parasiten und Stoffe jedweder Art enthält, die, in einer gewissen Anzahl bzw. Konzentration, in bestimmten Fällen eine mögliche Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen, und dass es diesen Mindestanforderungen entspricht. (1) ABl. C 367 vom 10.10.2018, S. 107. (2) ABl. C 361 vom 5.10.2018, S. 46. (3) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. März 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 23. Oktober 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). (4) Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L 330 vom 5.12.1998, S. 32). (5) Siehe Anhang VI, Teil A. L 435/2 (3) DE Amtsblatt der Europäischen Union 23.12.2020 Natürliche Mineralwässer und Wässer, die Arzneimittel sind, sind aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen, da diese Arten von Wässern unter die Richtlinien 2009/54/EG (6) bzw. 2001/83/EG (7) des Europäischen Parlaments und des Rates fallen. Die Richtlinie 2009/54/EG betrifft jedoch sowohl natürliche Mineralwässer als auch Quellwässer, und nur die erstgenannte Kategorie sollte vom Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie ausgenommen werden. Gemäß Artikel 9 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2009/54/EG muss Quellwasser der vorliegenden Richtlinie entsprechen und im Hinblick auf mikrobiologische Anforderungen sollte Quellwasser der Richtlinie 2009/54/EG entsprechen. Wasser für den menschlichen Gebrauch, das in Flaschen oder anderen Behältnissen abgefüllt zum Verkauf angeboten oder bei der Herstellung, Zubereitung oder Bearbeitung von Lebensmitteln verwendet wird, muss grundsätzlich weiterhin bis zur Stelle der Einhaltung, nämlich bis zur Zapfstelle, dieser Richtlinie entsprechen und sollte nach dieser Stelle gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) als Lebensmittel angesehen werden, falls es dazu bestimmt ist oder nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass es von Menschen aufgenommen wird. Außerdem sollten Lebensmittelunternehmer, die über eine eigene Wassergewinnung verfügen und sie für die besonderen Zwecke ihres Unternehmens verwenden, von der vorliegenden Richtlinie ausgenommen werden können, wenn sie die einschlägigen Verpflichtungen einhalten, insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze der Gefahrenanalyse und der Überwachung kritischer Kontrollpunkte und auf Abhilfemaßnahmen gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Lebensmittelrechts der Union. Lebensmittelunternehmer, die über eine eigene Wassergewinnung verfügen und als Wasserversorger fungieren, sollten die vorliegende Richtlinie wie jeder andere Wasserversorgereinhalten. (4) Im Anschluss an die Europäische Bürgerinitiative zum Recht auf Wasser (im Folgenden „Initiative Right2Water“) hat die Kommission eine unionsweite öffentliche Konsultation eingeleitet, und die Richtlinie 98/83/EG wurde auf ihre Effizienz und Leistungsfähigkeit hin bewertet (REFIT-Bewertung). Dabei wurde deutlich, dass einige Bestimmungen jener Richtlinie aktualisiert werden müssen. Es wurden vier Bereiche ermittelt, in denen Verbesserungen möglich sind: die Liste der qualitätsbasierten Parameterwerte, die nur begrenzte Anwendung eines risikobasierten Ansatzes, die ungenauen Bestimmungen zur Information der Verbraucher sowie die Disparitäten zwischen Zulassungs systemen für Materialien und Werkstoffe, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Berührung kommen, und die Auswirkungen, die derartige Disparitäten auf die menschliche Gesundheit haben. Außerdem wurde im Rahmen der Initiative Right2Water als besonderes Problem festgestellt, dass ein Teil der Bevölkerung — insbesondere Randgruppen — keinen Zugang zu Wasser für den menschlichen Gebrauch hat; diesen Zugang zu ermöglichen stellt auch eine Verpflichtung gemäß dem Ziel 6 der Ziele für die nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen dar. Ein letztes festgestelltes Problem ist das allgemein fehlende Bewusstsein für die Bedeutung von Wasserverlusten, die darauf zurückgehen, dass zu wenig in die Wartung und Erneuerung von Wasserinfrastruktur investiert wird. Darauf wurde auch im Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs Nr. 12/2017 vom 5. Juli 2017 mit dem Titel „Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie: In Bulgarien, Ungarn und Rumänien wurden eine höhere Wasserqualität und ein besserer Zugang zu Wasser erreicht, aber der Investitionsbedarf ist nach wie vor hoch“ hingewiesen. (5) Im Jahr 2017 hat das Regionalbüro für Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Liste der Parameter und Parameterwerte in der Richtlinie 98/83/EG eingehend daraufhin überprüft, ob aufgrund des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts Anpassungen der Liste vorgenommen werden müssen. Angesichts der Ergebnisse dieser Überprüfung sollten Darmpathogene und Legionella kontrolliert und sechs chemische Parameter oder Parametergruppen hinzugefügt werden. Für vier der sechs neuen Parameter oder Parametergruppen sollten angesichts weiterer jüngster wissenschaftlicher Gutachten und gemäß dem Vorsorgeprinzip Parameterwerte festgesetzt werden, die strenger als die von der WHO vorgeschlagenen, aber noch erreichbar sind. Für einen der neuen Parameter sollte die Anzahl der repräsentativen Stoffe verringert und der Wert angepasst werden. Der Wert für Chrom wird von der WHO derzeit noch überprüft und es sollte daher ein Übergangszeitraum von 15 Jahren gelten, bevor der Wert verschärft wird. Darüber hinaus hat die WHO empfohlen, dass drei repräsentative Stoffe mit endokriner Wirkung als Maßstab in Betracht gezogen werden können, um erforderlichenfalls das Vorkommen von Stoffen mit endokriner Wirkung und die Wirksamkeit ihrer Aufbereitung zu bewerten, mit Werten von 0,1 μg/l für Bisphenol A, 0,3 μg/l für Nonylphenol und 1 ng/l für ß-Östradiol. (6) Richtlinie 2009/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (ABl. L 164 vom 26.6.2009, S. 45). (7) Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67). (8) Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1). 23.12.2020 DE Amtsblatt der Europäischen Union L 435/3 Auf der Grundlage eines Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2015 wurde jedoch beschlossen, dass einer dieser drei Stoffe, Bisphenol A, mit einem gesundheitsbasierten Parameterwert von 2,5 μg/l in diese Richtlinie aufgenommen werden sollte. Außerdem sollten Nonylphenol und ß-Östradiol in die von der Kommission gemäß dieser Richtlinie zu erstellende Beobachtungsliste aufgenommen werden. (6)In Bezug auf Blei hat die WHO empfohlen, den derzeitigen Parameterwert beizubehalten, jedoch auch erklärt, dass die Konzentrationen so niedrig sein sollte, wie nach vernünftigem Ermessen in der Praxis umgesetzt werden kann. Daher sollte es möglich sein, den derzeitigen Wert von 10 μg/l für einen Zeitraum von 15 Jahren nach dem Datum des Inkrafttretens der vorliegenden Richtlinie beizubehalten. Spätestens am Ende dieses Übergangszeitraums sollte der Parameterwert für Blei 5 μg/l betragen. Da bestehende Bleirohre in Häusern und Gebäuden ein anhaltendes Problem darstellen und die Mitgliedstaaten nicht immer die erforderliche Befugnis haben, den Austausch dieser Rohre durchzusetzen, sollte der Wert von 5 μg/l außerdem weiterhin als Zielwert gelten, wenn es um Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Hausinstallationen geht. Für alle neuen Materialien und Werkstoffe, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Berührung kommen — unabhängig davon, ob sie in Versorgungs systemen oder Hausinstallationen verwendet werden — und die gemäß der vorliegenden Richtlinie zugelassen werden sollen, sollte der Wert von 5 μg/l an der Zapfstelle gelten. (7)Um der zunehmenden Besorgnis der Öffentlichkeit über die Auswirkungen neu nachgewiesener Stoffe wie etwa von Stoffen mit endokriner Wirkung, Arzneimitteln und Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit durch die Verwendung von Wasser für den menschlichen Gebrauch, sowie neu nachgewiesenen Stoffen in der Versorgungskette Rechnung zu tragen, sollte ein Instrument einer Beobachtungsliste in die vorliegende Richtlinie aufgenommen werden. Das Instrument einer Beobachtungsliste wird es ermöglichen, flexibel und dynamisch auf zunehmende Bedenken zu reagieren. Ferner wird es ermöglichen, neue Erkenntnisse über die Relevanz dieser neu nachgewiesenen Stoffe für die menschliche Gesundheit sowie am besten geeignete Überwachungsansätze und -methodiken zu verfolgen. Das Instrument einer Beobachtungsliste in Bezug auf Wasser für den menschlichen Gebrauch ist Teil der Umsetzung verschiedener einschlägiger politischer Vorhaben der Union, die in der Mitteilung der Kommission vom 11. März 2019 „Strategischer Ansatz der Europäischen Union für Arzneimittel in der Umwelt“, der Mitteilung der Kommission vom 7. November 2018 „Für einen umfassenden Rahmen der Europäischen Union für endokrine Disruptoren“ und den Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Juni 2019 „Auf dem Weg zu einer Strategie der Union für eine nachhaltige Chemikalienpolitik“ dargelegt sind. (8)Außerdem empfahl die WHO, drei Parameterwerte weniger streng zu gestalten und fünf Parameter aus der in der Richtlinie 98/83/EG festgelegten Liste der Parameter und Parameterwerte zu streichen. Allerdings werden nicht alle diese Änderungen als notwendig erachtet, da die Wasserversorger nach dem mit der Richtlinie (EU) 2015/1787 der Kommission (9) eingeführten risikobasierten Ansatz unter bestimmten Voraussetzungen einen Parameter aus der Liste der zu überwachenden Parameter streichen dürfen. Es existieren bereits Aufbereitungstechniken, mit denen diese Parameterwerte eingehalten werden können. (9)Die in dieser Richtlinie festgelegten Parameterwerte beruhen auf den verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Vorsorgeprinzip, wurden so gewählt, dass Wasser für den menschlichen Gebrauch ein Leben lang unbedenklich verwendet werden kann, und bieten daher ein hohes Gesundheitsschutzniveau. (10)Zur Vermeidung sowohl mikrobiologischer als auch chemischer Risiken sollte eine ausgewogene Lösung gefunden werden und zu diesem Zweck und in Anbetracht einer künftigen Überprüfung der Parameterwerte sollte die Festlegung von Parameterwerten für Wasser für den menschlichen Gebrauch auf gesundheitspolitischen Überlegungen und auf einer Methode zur Risikobewertung beruhen. (11)Indikatorparameter haben keine unmittelbaren Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit. Sie spielen jedoch eine wichtige Rolle, wenn es gilt, festzustellen, wie Anlagen zur Gewinnung und Verteilung von Wasser für den menschlichen Gebrauch funktionieren, und die Wasserqualität zu bewerten. Derartige Parameter können dabei helfen, Mängel bei der Wasseraufbereitung zu ermitteln, und spielen eine wichtige Rolle dabei, das Vertrauen der Verbraucher in die Wasserqualität zu stärken und aufrechtzuerhalten. Daher sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass diese Parameter überwacht werden. (9) Richtlinie (EU) 2015/1787 der Kommission vom 6. Oktober 2015 zur Änderung der Anhänge II und III der Richtlinie 98/83/EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L 260 vom 7.10.2015, S. 6).
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Language: Deutsch
Issued: 2020-12-22
Modified: 2020-12-22
Time ranges: 2020-12-22 - 2020-12-22
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