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2019-02-26_Stn TSBs zur Verwendung von Klebepasten als Vergrämungsmittel für Tauben

Description: 5. März 2019 Stellungnahme zur Verwendung von Klebepasten als Vergrämungsmittel für Tauben Insbesondere Hauseigentümer und –nutzer beabsichtigen Tauben von Fassaden fernzuhalten, um deren Verschmutzungen und Wertminderungen durch Taubenkot zu unterbinden. Wegen der unbefriedigenden Wirkung anderer Vergrämungsmittel, zum Beispiel Spikesysteme, Netze, Gitter oder Drähte, werden dabei zunehmend Klebepasten/Klebegele angewendet. In den letzten Jahren sind diese zum Beispiel unter den Bezeichnungen „NOPALOMA“, „PLATINUM“ oder „RESPIKE Taubenfrei“ angeboten worden. Bei der Verwendung von Taubenabwehrsystemen sind Vorschriften des Tierschutzgesetzes (TierSchG)1 zu beachten. Gemäß § 1 Satz 2 TierSchG darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Nach § 13 Abs. 1 TierSchG ist es verboten, zum Fangen, Fernhalten oder Verscheuchen von Wirbeltieren Vorrichtungen oder Stoffe anzuwenden, wenn damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese verbunden ist. Nach § 17 Nr. 2 b) wird bestraft, wer einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Da Tauben unter Umständen als Schädlinge eingestuft sind, sind in diesen Fällen tierschädigende Handlungen gegen sie zulässig. Allerdings müssen diese Handlungen verhältnismäßig sein, das heißt so schonend erfolgen, wie dies nach aktuellem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse möglich ist.2 Den in Rede stehenden viskösen Taubenvergrämungspasten ist gemein, dass sie eine stark klebende Wirkung entfalten. Sie haften dadurch auf den Untergründen, auf die sie aufgebracht werden, aber auch an nahezu allem, was mit ihnen in Berührung kommt. Die Taubenvergrämungspasten sind damit geeignet, Gliedmaßen, Gefieder und/oder Schnäbel von Tauben und auch anderer Vögel zu verkleben, sobald diese mit der Paste in Berührung kommen. Dass diese unlöslichen Verklebungen, die zur Unfähigkeit der ungehinderten Nahrungsaufnahme und Fortbewegung führen, erhebliche Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen und diese länger – in der Regel bis zum Verenden der Tiere 1 Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2586) geändert worden ist 2 Hirt/Maisack/Moritz: TierSchG Kommentar, 3. Auflage (2015), § 17 Rn. 50 1 – anhalten, ist unstrittig. Dies bestätigt auch ein Gutachten der Deutschen Juristischen Gesellschaft. 3 Weil alternative Methoden zur Vergrämung von Tauben zur Verfügung stehen, sind die so zugefügten erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden zudem vermeidbar. In den Anwendungsvorschriften der Hersteller zur Verwendung der Vergrämungspasten ist deshalb regelmäßig angeführt, dass die Pasten nach der Aufbringung auf Hausfassaden mit einer mitgelieferten Folie oder mit Quarzsand abzudecken sind. Damit soll der unmittelbare Kontakt von aufsitzenden Vögeln mit der Paste und damit das Kleben der Paste an Gliedmaßen, Gefieder und/oder Schnäbeln der Vögel verhindert werden. In einer vom Tierschutzbeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt veranlassten Untersuchung wurde geprüft, ob die Verwendung der Vergrämungspasten – hier: PLATINUM – auch bei Verwendung laut Herstellervorschrift – hier: vollflächiges Abstreuen der Pastenstränge mit Quarzsand – zu Verklebungen bei den Vögeln führt und damit tierschutzwidrig ist. Dafür wurden mittels eines künstlichen Taubenfußes, der bezüglich der Dimensionierung lebenden Tauben nachempfunden wurde, die Auswirkungen von einfachem Aufsitzen und von Trippeln der Vögel auf Oberflächen mit Klebesträngen untersucht. Ein Teil der aufgebrachten Klebestränge wurde mit Quarzsand abgestreut, der andere blieb unbehandelt. Die Kontaktversuche mit nicht abgestreuten und abgestreuten Klebesträngen wurden jeweils bei drei Temperaturen durchgeführt: 5°C, 20°C und 30°C. In den Untersuchungen wurde Folgendes festgestellt: 1. Ein Abstreuen der Klebestränge mit Quarzsand kann den Kontakt der Taubenfüße mit der Vergrämungspaste und damit Kleben der Paste an den Füßen verringern aber nicht verhindern. 2. Das Ausmaß der Verschmutzung (Klebepastenanhaftung) der Taubenfüße ist von der Dicke der Quarzsandschicht abhängig. Die Dicke der wirksamen Quarzsandschicht ist allerdings begrenzt, weil nicht anhaftender Quarzsand – zum Beispiel unter Witterungseinflüssen – abrieselt. Zudem ist davon auszugehen, dass krallenbewährte Vogelfüße in der Realität die Quarzsandschicht auch bei größerer Dicke durchbrechen, in die Klebepaste eindringen und dadurch verschmutzen (verkleben). 3. Die Verschmutzung (Verklebung) der Taubenfüße wurde dann nochmals verstärkt, wenn ein Trippeln der Tauben anstatt bloßem Aufsitzens simuliert wurde. Von einem solchen Verhalten der Tauben ist in der Regel auszugehen, zumal dann wenn der Erstkontakt der Tauben mit der (abgestreuten) Klebepaste von den Vögeln als unangenehm empfunden wird. 4. Da ein Entfernen der Klebepaste von den Gliedmaßen oder aus dem Gefieder der Vögel durch diese selbst nicht möglich ist, die verklebten Bereiche also klebrig bleiben, ist davon auszugehen, dass beim Versuch der Vögel, die Verschmutzung mit dem Schnabel zu reinigen, Klebepaste am Schnabel hängen bleibt und auch dort zu Verklebungen führt. 5. Die Klebewirkung der Paste ist im Bereich von 5°C bis 30°C temperaturunabhängig. 6. Die Adhäsionskraft der Klebepaste verhindert nicht, dass die Tauben oder andere Vögel nach dem Aufsitzen auf die Klebestränge wieder fortfliegen. Die schädigende Wirkung tritt allein durch das Verschmutzen (Verkleben) von Gliedmaßen, Gefieder und/oder Schnabel ein. 3 DJGT: Rechtliche Einschätzung der Verwendung von Klebefallen zur Vergrämung von Tauben; Persönliche Mitteilung 2 Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass auch eine Anwendung der in Rede stehenden Vergrämungspasten nach Anwendungsvorschrift – also ein Abdecken der ausgebrachten Klebestränge mit Quarzsand – den Kontakt von aufsitzenden Vögeln mit der Klebepaste nicht verhindert. Durch diesen Kontakt kommt es zum Kleben der Paste an Gliedmaßen, Gefieder und/oder Schnäbeln der Vögel. Das in den Anwendungsvorschriften einiger Klebepasten (z.B. „NOPALOMA“) in der Vergangenheit beschriebene Abdecken der Klebestränge mit mitgelieferten Folien wird dadurch unmöglich, dass gegenwärtig zu den Vergrämungsmitteln keine Folien mitgeliefert werden. Andernfalls wäre zusätzlich zu prüfen, ob die Abdeckung der Klebestränge mit solchen Folien einen Kontakt von aufsitzenden Vögeln mit der Klebepaste und damit das Kleben der Paste an Gliedmaßen, Gefieder und/oder Schnäbeln der Vögel verhindert. FAZIT: Die Verwendung von Klebepasten als Vergrämungsmittel für Tauben führt auch bei Verwendung nach Anwendungsvorschrift der Hersteller dazu, dass Gliedmaßen, Gefieder und/oder Schnäbel der Tauben und anderer Vögel verkleben. Dies bewirkt, dass betroffene Vögel bei der ungehinderten Nahrungsaufnahme und ungehinderten Fortbewegung beeinträchtigt werden – dadurch werden ihnen länger anhaltende erhebliche Schmerzen, Leiden und Schäden zufügt. Wegen der Tierschutzwidrigkeit dieses Sachverhaltes – insbesondere wegen Verstoßes gegen §§ 1 und 13 Tierschutzgesetz – ist die Anwendung von Klebepasten als Vergrämungsmittel für Tauben zu untersagen. Die Zufügung von länger anhaltenden erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden durch die Anwendung von Klebepasten als Vergrämungsmittel für Tauben ist nach § 17 Nr. 2b) TierSchG strafbar. Dr. Marco König Tierschutzbeauftragter Sachsen-Anhalt Anlage: Prüfbericht der DLG TestService GmbH 18-244-A 3

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/MWL

Tags: Repellent ? Sachsen-Anhalt ? Taube ? Vogel ? Anwendungsvorschrift ? Tierschutzgesetz ? Wirbeltier ? Vergrämung ? Gebäudefassade ? Schadorganismus ? Untergrund ? Verunreinigung ?

License: all-rights-reserved

Language: Deutsch

Persons

Issued: 2019-10-14

Modified: 2019-10-14

Time ranges: 2019-10-14 - 2019-10-14

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