Description: Version 1.0 Anlage 9 Hinweise zur Achtung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 1. Inhalt der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Die Wahrung der Grundrechte gehört zu den Grundprinzipien der Europäischen Union und ist eine unerlässliche Voraussetzung für ihre Legitimität. In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta) sind die persönlichen, bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte und Freiheiten der Menschen, die in der Europäischen Union leben, festgeschrieben. Die Charta ist mit der Aufnahme in den Vertrag von Lissabon für die Organe und Einrichtungen der Europäischen Union sowie für die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Unionsrecht unmittelbar rechtlich bindend. Die in der Charta festgeschriebenen Grundrechte sind daher auch im deutschen Rechtssystem (zum Beispiel im Grundgesetzt) verankert und werden von den Gerichten durchgesetzt. Die Charta1 ist in sieben Kapitel untergliedert: Kapitel 1 ("Würde des Menschen") enthält die Rechte auf Menschenwürde, auf Leben, auf körperliche und geistige Unversehrtheit sowie das Verbot von Folter und Sklaverei. Hier werden auch die in der Medizin und Biologie zu wahrenden Grundrechte genannt, zum Beispiel das "Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen". In Kapitel 2 ("Freiheiten") werden bürgerliche, politische und wirtschaftliche Rechte normiert: das Recht auf Freiheit und Sicherheit, die Achtung des Privat- und Familienlebens, der Schutz personenbezogener Daten, das Ehe- und Familiengründungsrecht, die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung und der Information, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, das Recht auf Bildung und das Recht zu arbeiten, die Berufs- und unternehmerische Freiheit, die Eigentumsfreiheit, das Recht auf Asyl sowie der Schutz gegen Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung. Kapitel 3 ("Gleichheit") behandelt das Gleichheitsrecht vor dem Gesetz, die Diskriminierungsverbote, die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen, die Gleichstellung von Männern und Frauen, die Rechte von Kindern und älteren Menschen sowie die Integration von Menschen mit Behinderungen. 1 Link zur Charta: https://www.europarl.europa.eu/charter/pdf/text_de.pdf Seite 1 von 5 Im Kapitel 4 ("Solidarität") werden Rechte aus dem Arbeitsleben, das Verbot der Kinderarbeit, der Schutz des Familien- und Berufslebens, das Recht auf Zugang zu Leistungen der sozialen Sicherheit und soziale Unterstützung, der Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltschutz sowie das Recht auf Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse aufgeführt. Kapitel 5 ("Bürgerrechte") umfasst die Wahlrechte bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und zu den Kommunalwahlen, die Rechte auf gute Verwaltung durch die Organe und –Einrichtungen der Europäischen Union und den Zugang zu deren Dokumenten, das Recht auf Anrufung des Bürgerbeauftragten und das Petitionsrecht, die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht sowie den diplomatischen und konsularischen Schutz. Kapitel 6 ("Justizielle Rechte") nennt das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei Gericht, ein unparteiisches Gericht, die Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte des Angeklagten, die Grundsätze der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit für Straftaten und Strafen sowie das Verbot der Doppelbestrafung. Kapitel 7 ("Allgemeine Bestimmungen") klärt den Anwendungsbereich, die Tragweite der garantierten Rechte, das Schutzniveau und das Verbot des Missbrauchs der Rechte. Ziel und Zweck dieses Hinweisblattes ist es, alle an der Umsetzung der Programme für den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+), den Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) einschließlich des Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fund - JTF) Beteiligten zu sensibilisieren. Sie sollen ihre Grundrechte kennen, mögliche Verletzungen von Grundrechten erkennen und lernen, diese zu vermeiden. 2. Förderung aus den Programmen EFRE/JTF und ESF+ Die genannten Fonds unterstützen Menschen mit konkreten Maßnahmen bei der Bewältigung wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und sozialer Herausforderungen. Die Förderung stärkt die soziale Dimension der Europäischen Union im Einklang mit der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Europäischen Union. Damit diese Ziele erreicht werden können, müssen die geförderten Maßnahmen im Wertefundament der Europäischen Union verankert sein. Die Europäische Union fordert daher bei der Vorbereitung, Umsetzung, Begleitung und Evaluierung der Programme mit den sogenannten bereichsübergreifenden Grundsätzen - vergleiche Artikel 9 Verordnung (EU) 2021/10602 - die Achtung der Grundrechte und die Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sicherzustellen. Die Charta 2 Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik Seite 2 von 5 der Grundrechte ist daher einerseits bei der Erstellung der Förderrichtlinien und Fördergrundsätze, bei der Auswahl der Vorhaben zur Förderung und bei der Prüfung der Vorhabenumsetzung zu beachten. Auf der anderen Seite sind auch die Begünstigten bei der Durchführung der Fördervorhaben an die Umsetzung der Charta gebunden. Bei der Planung und Umsetzung von Vorhaben aus den Fonds EFRE, ESF+ und JTF (Fonds) ist die Achtung der Charta gemäß Artikel 9 in Verbindung mit Anhang III Verordnung (EU) 2021/1060 eine Voraussetzung dafür, dass Mittel aus den Fonds zur Verfügung gestellt werden. Alle aus den Fonds finanzierten Vorhaben müssen gemäß Artikel 73 Absatz 1 Verordnung (EU) 2021/1060 unter Einhaltung der Charta ausgewählt und durchgeführt werden. Ein Verstoß gegen die Charta kann unter Umständen zur Aussetzung von Zahlungen durch die Europäische Union führen. Hinweise dazu, wie die Charta berücksichtigt werden kann, enthalten die Leitlinien der Europäischen Kommission zur Sicherstellung der Einhaltung der Charta bei der Durchführung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds)3. Die an der Förderung aus den Fonds beteiligten Stellen und die Begünstigten sind zur Einhaltung der Charta in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich verpflichtet. Dies umfasst insbesondere die Rechte, welche bei den jeweiligen Richtlinien/Fördergrundsätzen bzw. beim jeweils geförderten Vorhaben naturgemäß besonders betroffen sein könnten. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang nachfolgende Rechte der Charta. Diese Rechte stellen grundlegende Prinzipien der Charta dar, die in allen Phasen der Durchführung des geförderten Vorhabens zu beachten sind: • Recht auf Unversehrtheit (Artikel 3): Insbesondere bei Forschungsprojekten im Bereich der Medizin und der Biologie ist die freie Einwilligung der Probanden nach vorheriger Aufklärung sicherzustellen. Es gilt ein Verbot eugenischer Praktiken, der Nutzung des menschlichen Körpers als solchem (oder Teilen davon) zur Gewinnerzielung und des reproduktiven Klonens von Menschen. • Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 7): Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Wohnung ist zu achten. Dies gilt insbesondere bei aufsuchenden Angeboten im Rahmen der Förderrichtlinien/Fördergrundsätze. • Achtung des Schutzes personenbezogener Daten (Artikel 8): Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. Personenbezogene Daten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, Mitarbeitenden und Dritten dürfen nur für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage 3 Link zu den Leitlinien: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52016XC0723(01) Seite 3 von 5
Origins: /Land/Sachsen-Anhalt/MWU
Tags: Europäische Kommission ? Zivilrecht ? Klonen ? Europäischer Rat ? Kind ? Mensch ? Rechtsbehelf ? Rechtsordnung ? Meeresgewässer ? Wirtschaftliche Rechte ? Europäische Union ? Forschungsprojekt ? Anthropogener Einfluss ? Soziale Aspekte ? Regionalentwicklung ? Soziale Sicherheit ?
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Language: Deutsch
Issued: 2025-04-23
Modified: 2025-04-23
Time ranges: 2025-04-23 - 2025-04-23
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