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Langzeitstudie an Ratten zu Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern (Ramazzini-Studie)

Description: Langzeitstudie an Ratten zu Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern (Ramazzini-Studie) Bei der Ramazzini-Studie handelt es sich, gemessen an der Tierzahl, um die größte jemals durchgeführte Tierstudie zur Frage, ob lebenslange Exposition gegenüber schwachen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern von Mobilfunkbasisstationen bei Ratten krebserregend wirkt. Die Ganzkörperexposition der Ratten lag unterhalb und im Bereich der in Deutschland gültigen Grenzwerte für ortsfeste Mobilfunkbasisstationen. Aus BfS -Sicht liefern die publizierten Ergebnisse von Falcioni et al. keine überzeugende Evidenz für eine karzinogene Wirkung einer Ganzkörperexposition durch hochfrequente elektromagnetische Felder im Bereich und unterhalb der bestehenden Grenzwerte. Im August 2018 wurden im Journal Environmental Research Teilergebnisse einer Langzeitstudie an Ratten, die lebenslang mit schwachen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern exponiert worden waren, veröffentlicht 1 . Eine Nachfolgepublikation von Brooks et al. im Jahr 2024 ergänzte diese Studie um die Auswertung von Mutationsprofilen in den relevanten Tumor- und Normalgeweben 2 . Die vollständigen Ergebnisse der am italienischen Ramazzini Institut durchgeführten Studie sind bisher nicht abschließend veröffentlicht worden. Die Vorveröffentlichung von Teilergebnissen durch Falcioni et al. stand im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden von vorläufigen Ergebnissen der Studie des US-amerikanischen National Toxicology Programs (NTP) im Mai 2016, bei der ein erhöhtes Auftreten von Herztumoren in männlichen Ratten, die sehr hohen Ganzkörperexpositionen hochfrequenter elektromagnetischer Felder ausgesetzt waren, beobachtet worden ist. Die finalen Ergebnisse der NTP-Studie wurden 2018 veröffentlicht, die Diskussion zur sogenannten Ramazzini-Studie wird hier daher mit Bezug auf die Ergebnisse der NTP-Studie 3, 4 geführt. Bei der Ramazzini-Studie handelt es sich, gemessen an der Tierzahl, um die größte jemals durchgeführte Tierstudie zur Frage, ob lebenslange Exposition gegenüber schwachen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern von Mobilfunkbasisstationen bei Ratten krebserregend wirkt. Die Ganzkörperexposition der Ratten lag unterhalb und im Bereich der in Deutschland gültigen Grenzwerte für ortsfeste Mobilfunkbasisstationen. Ein wesentliches Ergebnis ist eine statistisch signifikant erhöhte Inzidenz von Schwann-Zell-Tumoren am Herzen bei männlichen exponierten Ratten im Vergleich zu nicht exponierten Kontrolltieren. Die Autoren der Ramazzini-Studie sehen in ihren Ergebnissen eine Bestätigung der Ergebnisse der NTP-Studie und eine Übereinstimmung mit anderen epidemiologischen Studien und fordern deshalb eine Neubewertung der IARC -Einstufung bezüglich des krebserregenden Potentials hochfrequenter elektromagnetischer Felder im Menschen. Aus BfS -Sicht liefern die publizierten Ergebnisse von Falcioni et al. keine überzeugende Evidenz für eine karzinogene Wirkung einer Ganzkörperexposition durch hochfrequente elektromagnetische Felder im Bereich und unterhalb der bestehenden Grenzwerte. Die von Falcioni et al. beobachtete Inzidenz von Herztumoren in männlichen Ratten lag in allen Expositionsgruppen im Schwankungsbereich der spontanen Hintergrundrate und in der mitgeführten umfangreichen Kontrollgruppe lag die Inzidenz dieser Erkrankung im Vergleich zu Kontrolldaten aus anderen Experimenten ungewöhnlich niedrig. Obwohl Falcioni et al. eine Vielzahl von statistischen Tests durchgeführt haben, ist die im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöhte Inzidenz von Herztumoren in der höchsten Expositionskategorie ohne Berücksichtigung des multiplen Testens als statistisch signifikant bewertet worden. Aus diesen Gründen ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem einzigen statistisch signifikanten Ergebnis der Ramazzini-Studie um ein falsch positives Ergebnis handelt, nicht vernachlässigbar. Die genetischen Analysen von Brooks et al. liefern aufgrund des Fehlens einer vergleichenden Analyse mit nicht-exponierten Geweben ebenfalls keinen belastbaren Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen einem Ausgesetztsein gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und einer Tumorentstehung. Zusammenfassend geht das BfS deshalb weiterhin davon aus, dass nach jetzigem Kenntnisstand unterhalb der bestehenden Grenzwerte keine negativen gesundheitlichen Effekte durch elektromagnetische Felder mit den vom Mobilfunk verwendeten Frequenzen wissenschaftlich belegt sind. Beschreibung der Studie und der Ergebnisse Bewertung durch die Autor*innen Falcioni et al. sehen in ihren Ergebnissen eine Bestätigung der Ergebnisse der NTP-Studie und fordern aufgrund der Ergebnisse der beiden Großstudien eine Neubewertung der IARC -Einstufung bezüglich des karzinogenen Potentials hochfrequenter elektromagnetischer Felder beim Menschen. Sie begründen ihre Einschätzung mit der im Vergleich zur Kontrollgruppe statistisch signifikant erhöhten Inzidenz von Schwannomen des Herzens in der höchsten Expositionsgruppe der männlichen Ratten, die auch in der NTP-Studie beobachtet worden ist, sowie dem vermehrten Auftreten von Schwannzell-Hyperplasien in der höchsten Expositionsgruppe beider Geschlechter. Falcioni et al. sehen in diesen Ergebnissen eine Übereinstimmung mit den Ergebnissen epidemiologischer Studien, die Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Akustikusneurinomen (gutartige Schwannzelltumore des Hörnervs) und Handynutzung liefern. In dem statistisch nicht signifikanten, expositionsabhängigen Anstieg maligner Gliome bei weiblichen Ratten sehen die Autoren eine Übereinstimmung mit den Ergebnissen der NTP-Studie und einigen epidemiologischen Studien, die eine Assoziation zwischen dem Auftreten von Gliomen und intensiver Mobiltelefonnutzung nahelegen. Brooks et al. schlussfolgern, dass die Häufung von Mutationen in den Genen ARID1A / ARID1B in menschlichen Schwannomen konsistent mit der Häufung von Mutationen in ARID1A in den hier analysierten Rattenschwannomen ist. Viele der in Brooks et al. berichteten Mutationen in Rattentumoren, inklusive der auffällig häufigen Mutationen im Gen SETD2 , sind jedoch nicht in einer großen Datenbank menschlicher Krebsmutationen (COSMIC) verzeichnet, was aus Sicht von Brooks et al. auf unterschiedliche funktionale Rollen der betreffenden Genmutationen im Vergleich zu menschlichen Tumoren hinweisen könnte. Bewertung durch das BfS In den Publikationen zu den großangelegten Tierexperimenten des NTP und des Ramazzini-Institutes zur karzinogenen Wirkung von chronischen Ganzkörperexpositionen mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern wurden für bestimmte Tumore des Herzens und des Gehirns Hinweise auf einen solchen Zusammenhang berichtet. Bezüglich der Tumore am Herzen sind die statistisch signifikanten Ergebnisse beider Studien in Tumorart und Geschlechtsspezifität vergleichbar, jedoch unterscheiden sie sich wesentlich hinsichtlich der Expositionsstärke, bei der die Effekte beobachtet worden sind. Sollte der in der NTP-Studie beobachtete Expositions-abhängige Anstieg der Inzidenz von Herz-Schwannomen tatsächlich Expositions-induziert sein, steht die Frage im Raum, ob in der Ramazzini-Studie derselbe Effekt bei vergleichsweise niedrigen SAR -Werten mit geringerer Effektstärke nachgewiesen wurde. Aufgrund der am Ramazzini-Institut deutlich höheren verwendeten Tierzahl pro Expositionsgruppe erscheint diese Möglichkeit auf den ersten Blick denkbar, da die Detektionswahrscheinlichkeit für kleine Effekte mit zunehmender Tierzahl steigt. In der Gesamtschau der Daten kann dieser Schluss unter Einbeziehung von Qualitäts-, Studiendesign- und Plausibilitäts-Kriterien allerdings nicht gezogen werden. Aus Sicht des BfS liefern weder die Ramazzini- noch die NTP-Studie eine verlässliche Evidenz für eine karzinogene Wirkung von langandauernder Ganzkörperexposition mit elektromagnetischen Feldern im Bereich der Grenzwerte (ausführliche Stellungnahme des BfS zur NTP-Studie ). Die Ramazzini-Studie weist im Vergleich zur NTP-Studie eine Reihe von Stärken auf, sie hat jedoch auch eine Reihe von methodischen Schwächen. Beides wird im Folgenden erläutert und anschließend wird die wissenschaftliche Plausibilität der Ergebnisse im Gesamtkontext bewertet. Fazit Insgesamt geht das BfS weiterhin davon aus, dass bei Einhaltung der Grenzwerte keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch elektromagnetische Felder mit den vom Mobilfunk verwendeten Frequenzen zu erwarten sind. Literatur 1 Falcioni, L., et al. " Report of final results regarding brain and heart tumors in Sprague-Dawley rats exposed from prenatal life until natural death to mobile phone radiofrequency field representative of a 1.8 GHz GSM base station environmental emission." Environmental research 165 (2018): 496-503. 2 Brooks, Ashley M., et al. "Genetic profiling of rat gliomas and cardiac schwannomas from life-time radiofrequency radiation exposure study using a targeted next-generation sequencing gene panel." PLoS ONE , 2024. 19(1): e0296699. 3 Langzeitstudie an Mäusen und Ratten zu Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern (NTP-Studie) 4 NTP Technical report on the toxicology and carcinogenesis studies in Hsd: Sprague Dawley SD rats exposed to whole-body radio frequency radiation at a frequency (900 MHz) and modulations (GSM and CDMA) used by cell phones ; NTP TR 595, November 2018 [zuletzt abgerufen am 30.06.2020] 5 Soffritti, Morando, et al. " Mega‐experiments to identify and assess diffuse carcinogenic risks." Annals of the New York Academy of Sciences 895.1 (1999): 34-55. 6 Laura Contalbrigo, " Effects Of Extremely Low Frequency And Radiofrequency Electromagnetic Fields On Circadian Rhythms Of Some Blood Parameters In Sprague-Dawley Rats", Dissertation, 2008, [zuletzt abgerufen am 30.06.2020] 7 Elmore, S.A., et al., Proceedings of the 2016 National Toxicology Program Satellite Symposium. Toxicologic pathology , 2017. 45(1): p. 11-51. 8 NTP Historical Controls Report. All Routes and Vehicles. Harlan Sprague-Dawley RATS [zuletzt abgerufen am 30.06.2020] 9 Anderson, Larry E., et al. "Two-year chronic bioassay study of rats exposed to a 1.6 GHz radiofrequency signal." Radiation Research 162.2 (2004): 201-210. 10 Gong, Yijian, et al. " Life-time dosimetric assessment for mice and rats exposed in reverberation chambers for the two-year NTP cancer bioassay study on cell phone radiation." IEEE transactions on electromagnetic compatibility 59.6 (2017): 1798-1808. 11 Capstick, Myles H., et al. "A radio frequency radiation exposure system for rodents based on reverberation chambers." IEEE transactions on electromagnetic compatibility 59.4 (2017): 1041-1052. 12 Li, Ruoyan, et al. "A body map of somatic mutagenesis in morphologically normal human tissues." Nature , 2021. 597(7876):398-403. 13 Kompetenzzentrum Elektromagnetische Felder, Bundesamt für Strahlenschutz. Spotlight on “Genetic profiling of rat gliomas and cardiac schwannomas from life-time radiofrequency radiation exposure study using a targeted next-generation sequencing gene panel” by Brooks et al. in PLoS One (2024). Spotlight - Jun/2024 no.2. 14 Kuhne et al. " Thermoregulatory Stress as Potential Mediating Factor in the NTP Cell Phone Tumor Study." Bioelectromagnetics. 2020 Sep;41(6):471-479. 15 Carlberg, Michael, and Lennart Hardell " Evaluation of mobile phone and cordless phone use and glioma risk using the Bradford Hill viewpoints from 1965 on association or causation." BioMed research international 2017 (2017). 16 Karipidis, Ken, et al. "The effect of exposure to radiofrequency fields on cancer risk in the general and working population: A systematic review of human observational studies – Part I: Most researched outcomes." Environment international 191 (2024): 108983. 17 Castaño-Vinyals, G., S. et al. "Wireless phone use in childhood and adolescence and neuroepithelial brain tumours: Results from the international MOBI-Kids study." Environment international 160 (2021): 107069. 18 Feychting, M., et al., Mobile phone use and brain tumour risk – COSMOS, a prospective cohort study. Environment International 185 (2024): 108552. Stand: 03.09.2025

Types:

Origins: /Bund/BfS/Website

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Language: Deutsch

Issued: 2025-09-03

Time ranges: 2025-09-03 - 2025-09-03

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