Description: MERKBLATT Strahlenschutz beim Umgang mit Betastrahlern in der Nuklearmedizin einschließlich der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) Empfehlungen für Ärzte und medizinisches Personal auf der Basis neuer Erkenntnisse Ausgangssituation Bei etwa 20 % des strahlenexponierten medi- zinischen und technischen Personals in der Nuklearmedizin überschreitet die jährliche Exposition an den Händen den Grenzwert für die Organdosis der Haut von 500 Milli- sievert pro Jahr (mSv/a). Das zeigen Dosisab- schätzungen auf der Basis von Messungen an Arbeitsplätzen sowohl in der nuklearme- dizinischen Diagnostik mit Technetium 99m (Tc-99m) und Fluor -18 (F-18) als auch bei Therapien mit Yttrium-90 (Y-90), die im Rah- men des EU-Projekts ORAMED [1] erfolgten. In der Regel werden derartige Grenzwert- überschreitungen durch die Routineüberwa- chung mit amtlichen Fingerringdosimetern nicht erkannt. I nsbesondere beim Umgang mit Betastrah- lern besteht ein erhöhtes Risiko für Hautexpo- sitionen an den Händen. Das betrifft sowohl Beta (b-)-Strahler wie Y-90, Samarium-153 (Sm- 153), Rhenium-186 (Re-186) oder Re-188 als auch Positronen (b+)-Strahler wie F-18 und Gal- lium-68 (Ga-68), die für PET genutzt werden. A n einer unabgeschirmten Spritze mit F-18-Flu- ordesoxyglucose (FDG) werden ca. 50 % der Hautdosis durch b+-Strahlung verursacht [2]. Im Vergleich zu Technetium-99m ist die Do- sisleistung für Betastrahler und damit die Strahlengefährdung unter gleichen Exposi- tionsbedingungen deutlich höher, teilweise um Größenordnungen (Tab. 1). Typisch für den Umgang mit Radionukli- den in der Nuklearmedizin sind Expositio- nen durch inhomogene Strahlenfelder. Diese führen zu gravierenden Differenzen zwi- schen der Maximaldosis, die meistens an den Fingerspitzen von Zeigefinger oder Dau- men auftritt, und der Dosis an den Trage- orten von amtlichen Fingerringdosimetern. Die Unterschiede sind vor allem dann sehr groß, wenn die Quelle (z. B. unabgeschirm- te Spritze oder Aktivitätsfläschchen (Vial), Kanülenschaft, Spritzenboden usw.) mit den Fingern berührt wird. Die nichtdominante Hand (linke Hand beim Rechtshänder) ist stärker exponiert als die dominante. Hauptursache dafür ist, dass die dominante Hand die abgeschirmten Gefäße fixiert, während mit der nichtdominanten Hand häufiger Arbeitsschritte im Bereich ho- her Dosisleistung ausgeführt werden, z. B. in der Nähe des Spritzenbodens. Die erhöhte Exposition durch den Verzicht auf Abschirmungen oder Greifwerkzeu- ge kann nicht durch schnelleres Arbeiten kompensiert werden. Das gilt insbesondere beim Umgang mit hochenergetischen Beta- strahlern. Im Gegensatz zu Photonenstrah- lung, hat Betastrahlung allerdings eine be- grenzte Reichweite und lässt sich somit gut abschirmen. In der Regel ist die Exposition bei der Prä- paration (Vorbereitung der Radiophar- maka und der Spritzen) höher als bei der Applikation. Das Expositionsrisiko kann erheblich ge- senkt werden, wenn das Personal folgende Strahlenschutzmaßnahmen und Grundre- geln beim Umgang mit Radionukliden kon- sequent befolgt: Strahlenschutzmaßnahmen Abschirmungen nutzen ! Prinzipiell müssen alle Gefäße, die Radionu- klide enthalten, abgeschirmt werden. Für ei- nen optimalen Schutz sind die in Tabelle 2 angegebenen Wanddicken des empfohlenen Abschirmmaterials für Spritzen und Vials erforderlich. Beim Aufziehen der Spritzen sind Vialab- schirmungen mit Deckel zu bevorzugen (Abb. 2, 5b). Bei den PET-Nukliden sind, bedingt durch die kurzen Halbwertszeiten, die Lieferakti- vitäten u. U. sehr hoch. Deshalb sind aus- reichend dimensionierte Vialabschirmun- gen nötig, um die Positronenstrahlung vollständig und die Vernichtungsstrahlung (511 Kiloelektronenvolt (keV)) ausreichend abzuschirmen. Spritzenabschirmungen lassen den Sprit- zenboden unabgeschirmt. Daher sind die Finger bei ungünstiger Haltung (Abb. 6a, 9a) sehr hohen Dosisleistungen ausgesetzt. Das ist auch der Fall, wenn das Verbinden bzw. Trennen der Spritzen mit/von Kanülen, Schläuchen u. ä. (Abb. 3a, 4a, 5a, 7a, 10a), mit den Fingern und ohne Hilfsmittel zur Vergrößerung des Abstandes erfolgt. Abstand zur Strahlenquelle halten ! Hilfsmittel zur Vergrößerung des Abstandes (Pinzetten, Zangen, Greifer o. ä.) sind in aus- reichender Zahl vorzuhalten. Jeder direkte Kontakt zwischen Fingern und Strahlenquelle ist zu vermeiden. Durch Ver- wendung von abstandsvergrößernden Werk- zeugen verringert sich die Hautexposition um Größenordnungen, obwohl die Manipu- lation oft länger dauert! Der Abstand zu Patienten nach Radionuk- lidtherapien und PET-Untersuchungen sollte möglichst groß sein, um die Ganzkörperex- position des Personals durch die aus dem Pa- tienten austretende Direkt-, Brems- und Ver- nichtungsstrahlung gering zu halten. Arbeitsverhalten Praxisnahe Unterweisungen des Personals über die Besonderheiten beim Umgang mit Betastrahlern sind wiederholt und insbeson- dere bei der Einführung neuer Verfahren durchzuführen. Optimale Vorbereitung des Arbeitsplatzes (Abb. 11) und Training der Arbeitsabläufe (mit inaktiven Substanzen) tragen zur Ver- ringerung der Expositionszeit und damit der Dosis bei. Die konsequente Nutzung von Abschirmun- gen und distanzvergrößernden Hilfsmitteln muss zur Routine werden. Für die Radiosynoviorthese (RSO) wurde ein Einweg-Makrolonring (Abb. 1) entwickelt. Er verhindert den direkten Kontakt zur Kanüle beim Aufziehen der Spritzen oder während der Applikation (Abb. 2) und senkt die Haut- dosis deutlich. Es ist zu prüfen, ob dieser Ring auch bei anderen Anwendungen einge- setzt werden kann. Zur Vermeidung von Hautkontaminationen sind Nitril- oder Vinylhandschuhe anstelle von Latexhandschuhen zu tragen, da diese eine höhere Dichtheit gegenüber Radionuk- lidlösungen besitzen. Abbildung 1: Steriler Einweg-Makrolonring, passend für Kanülen der Firma Braun Regelmäßige Kontaminationskontrollen, ins- besondere der Hände, sind unverzichtbar, vor allem nach Arbeitsschritten mit erhöh- tem Kotaminationsrisiko und vor dem Ver- lassen des Kontrollbereichs. Aktivimeter sollten so kalibriert werden, dass die Aktivität in Spritzen mit Abschirmung über die entstehende Brems- oder Vernich- tungsstrahlung gemessen werden kann. Es ist vorteilhaft, die Messkammer in die Ar- beitsplatte zu versenken. nahe dem Grundgelenk des Zeigefingers der nichtdominanten Hand getragen wird und der Detektor sich an der Innenhand befindet (Abb. 12). Aber selbst bei dieser Trageweise wird die Maximaldosis durchschnittlich um einen Faktor 6 unterschätzt! [3, 4] An anderen Trageorten war die Abweichung der ermittelten Dosis von der Maximaldosis deutlich größer. Nur an der Spitze des Zei- gefingers wurde ein geringerer Unterschied ermittelt. Aus praktischen Gründen ist die Fingerspitze aber nicht als Trageort eines herkömmlichen Dosimeters geeignet. Personendosimetrische Überwachung An den meisten Arbeitsplätzen in der Nukle- armedizin, an denen mit hochenergetischen Betastrahlern, einschließlich PET-Nukli- den umgegangen wird, kann die Orgando- sis für die Haut größer als 150 mSv im Jahr sein. Nach § 41(3) Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) sind dann amtliche Beta-/Photonen- Fingerringdosimeter zu tragen. Bedingt durch die besonderen Expositions- bedingungen in der Nuklearmedizin (inho- mogene Strahlenfelder, unterschiedliche Ar- beitsweise) ist es schwierig, einen geeigneten Trageort für ein amtliches Teilkörperdosime- ter zu ermitteln. I m europäischen Forschungsprojekt ORA- MED [1] wurde festgestellt, dass in der Nukle- armedizin ein Fingerringdosimeter im Mittel die geringste Abweichung von der maxima- len Hautdosis beider Hände anzeigt, wenn es Abbildung 3a: Das Septumschutzplättchen darf nicht mit den Fin- gern vom Vial abgezogen werden, da dann hohe Expositionen auftreten. Im Folgenden wird auf typische Fehler in der Praxis hingewiesen und gezeigt, wie die Strah- lenexposition mit einfachen Mitteln deutlich verringert werden kann. Abbildung 2: Verwendung des Makrolonrings zur Abschirmung der Kanüle beim Aufziehen der Spritzen und während der Applikation (Radiosynoviorthese). Durch die Nutzung des Rings wird der direkte Kontakt zur Kanüle vermieden und die Dosis deutlich reduziert. Abbildung 3b: Hilfsmittel zum Öffnen des Vials, z. B. ein Spatel, verringern die Exposition deutlich.
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Origin: /Bund/BGE/Website
Tags: Betastrahlung ? Fluor ? Dosimetrie ? Sensor ? Strahlenschutzverordnung ? Dosisleistung ? Expositionsdauer ? Nuklearmedizin ? Radionuklid ? Strahlenschutz ? Technetium ? Therapie ? Arbeitsplatz ? Halbwertszeit ? Haut ? Forschungsprojekt ? Grenzwert ?
Region: Peine
Bounding boxes: 10.2352° .. 10.2352° x 52.31928° .. 52.31928°
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Language: Deutsch
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