Description: Deckblatt Betreff des Schreibens Endlager Asse: Gefahrenabwehr und Rechtfertigung der Rückholung – Ihr Schreiben vom 02.02.2012 Versendet / Datum 08.02.2012 Absender Bundesamt für Strahlenschutz Willy-Brandt-Straße 5 38226 Salzgitter Postfach 10 01 49 38201 Salzgitter Telefon: 030 18333 - 0 Telefax: 030 18333 - 1885 E-Mail: ePost@bfs.de Internet: www.bfs.de Empfänger Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Herrn Staatssekretär Jürgen Becker 11055 Berlin Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Herrn Staatssekretär Jürgen Becker 11055 Berlin VP/cka 09101/0 -1110 08.02.2012 81~'1 it~Sl. Endlager Asse: Gefahrenabwehr und Rechtfertigung der Rückholung · Ihr Schreiben vom 02.02.2012 Sehr geehrter Herr Staatssekretär, mit Schreiben vom 02.02.2012 haben Sie um meine Einschätzung zu den Fragen gebeten, ob eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne als Voraussetzung für die Nutzung der gefahrenrechtlichen Vorschriften des Atomgesetzes (AtG) zur Verfahrensbeschleunigung vorliegt (dazu 1.), welche Konsequenzen sich aus der Beantwortung dieser Fragen ergeben (2.) und ob die strahlenschutzrechtliche Rechtfertigung für die beabsichtigte Rückholung dargelegt ist (3.) 1. Für das EndlagerAsse besteht eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne und im Sinne der Vorschriften des Atomgesetzes. Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinn liegt vor, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit zu erwarten ist. Eine Störung der öffentlichen Sicherheit ist gegeben, wenn gegen Rechtsnormen des öffentlichen Sicherheitsrechts verstoßen wird. Eine atomrechtliche Anordnung kann erlassen werden, um einen Zustand zu beseitigen, der den Vorschriften des Atomgesetzes oder der Strahlenschutzverordnung widerspricht (§ 19 Abs. 3 AtG). Eine nachträgliche Auflage kann erlassen werden, soweit dies zum Schutz von Leben, Gesundheit oder Sachgütern vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen (§ 9 b Abs. 3 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit§ 1 Nr. 2 AtG. • -2- Der Betrieb des Endlagers Asse verstößt unter zwei zentralen Gesichtspunkten gegen die gesetzliche Anforderung, dass für den Betrieb eines Endlagers die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden getroffen sein muss (§ 9 b Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG). • • Für einen Verbleib der radioaktiven Abfälle in der Asse ist der Nachweis der Langzeitsicherheit nicht erbracht. Die Langzeitsicherheit eines Endlagers für radioaktive Abfälle setzt voraus, dass möglicherweise zutretende Salzlösungen nicht oder nicht in unzulässigem Umfang in die Biosphäre gelangen. Seit 1988 belegen Laugenzutritte aus dem Deckgebirge, dass die geologische Barriere des Salzstockes beschädigt ist. Deshalb ist zweifelhaft, ob der Langzeitsicherheitsnachweis überhaupt geführt werden kann. Ein Laugenzutritt, der eine geordnete Stilllegung unmöglich machen würde (auslegungsüberschreitender Laugenzutritt, AÜL), kann nicht mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden. Die vorhandenen Laugenzutritte belegen, dass in Folge des ehemaligen Salzabbaus und des Gebirgsdrucks Wegsamkeiten zum Deckgebirge entstanden sind. Dieser Sicherheitsverzehr schreitet fort. Eine Prognose, ob und wann die Laugenzutritte sich so verändern, dass sie nicht mehr beherrschbar sein werden, ist nicht möglich. Deshalb ist offen, wie lange ein sicherer Betrieb der Schachtanlage überhaupt noch möglich sein wird. Es steht jedoch fest, dass das Risiko eines AÜL um so größer ist, je länger der Betrieb dauern wird. Damit entspricht der Betrieb des Endlagers Asse schon jetzt nicht den geltenden atom- und strahlenschutzrechtlichen Anforderungen. Deshalb liegt nicht nur eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor. Es ist bereits eine Störung eingetreten. Für das Endlager Asse sind die Vorschriften über aufsichtliche Anordnungen und nachträgliche Auflagen nicht unmittelbar anwendbar. Eine klassische atomrechtliche Aufsicht (§ 19 AtG) findet über Endlager nicht statt, da die Aufgabe der Endlagerung radioaktiver Abfälle unmittelbar dem Bund obliegt. Die Aufsicht über den Setreiber wird durch eine umfassende Fach- und Rechtsaufsicht des BMU über das BfS auch in atomrechtlicher Sicht gewährleistet. Für nachträgliche Auflagen fehlt es an einem Planfeststellungsbeschluss (§ 9 b Abs. 3 Satz 2 AtG) bzw. einer umfassenden Anlagengenehmigung (§ 17 Abs. 1 Satz 3 AtG). Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die vor Abschluss eines Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens notwendig sind, können daher derzeit nur auf eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften oder den allgemeinen Rechtfertigungsgrund des Notstandes (§ 34 StGB) gestützt werden. Dazu verweise ich auf meinen ausführlichen Bericht vom 04.08.2010 zum weiteren rechtlichen Vorgehen zur Faktenerhebung nach Atomrecht und Strahlenschutzrecht, Az.: 9 A/132/BA/AA/0022/81331486/SE (Anlage 1). 2. Ein Zustand, der gegen atom- und strahlenschutzrechtliche Anforderungen verstößt, muss unverzüglich beseitigt werden. Sofern die dafür erforderlichen Maßnahmen genehmigungsbedürftig sind, müssen in aller Regel zuvor die entsprechenden Genehmigungen eingeholt werden. Wenn aber die Notwendigkeit zur unverzüglichen Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes überwiegt gegenüber dem Erfordernis, das Ergebnis des Genehmigungsverfahrens abzuwarten, können auf Grund dieser Notstandssituation schon vor Abschluss des
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Tags: Salzgitter ? Berlin ? Endlager Asse ? Anlagengenehmigung ? Atomgesetz ? Ionisierende Strahlung ? Radioaktiver Abfall ? Salzstock ? Strahlenschutzverordnung ? Endlagerung radioaktiver Abfälle ? Endlager ? Atomrecht ? Planfeststellungsverfahren ? Reaktorsicherheit ? Strahlenschutz ? Strahlenschutzrecht ? Gefahrenabwehr ? Genehmigungsverfahren ? Gesundheitsschutz ? Stand von Wissenschaft und Technik ? Biosphäre ? Informationsgewinnung ? Stilllegung ? Naturschutz ? Verfahrensbeschleunigung ?
Region: Peine
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