Description: Anhang 6: Anmerkungen zum Forschungsbedarf im Nachgang zum Workshop Anmerkungen von Herrn Prof. Dr. Sträter: Ergänzung Forschungskonzept BGE hinsichtlich MTO Aspekten Dr. Oliver Sträter, 2.4.2019 In Ergänzung des Workshops zu den Forschungsthemen sind aus meiner Sicht folgende Aspekte hinsichtlich der Fragestellung menschlicher Zuverlässigkeit von Bedeutung. Grundgedanke Oft werden die Aspekte der menschlichen Zuverlässigkeit unter dem Begriff MTO (Mensch Technik Organisation) zusammengefasst. Dies ist für die Fragestellungen der BGE jedoch zu eng gefasst, da es umfangreiche Wechselwirkungen mit außer-organisatorischen Einflüssen gibt, die die Sicherheit des Systems mitbestimmen. Bezogen auf die Zuverlässigkeit des Menschen ist das Gesamtsystem relevant; Einflüsse spielen auf unterschiedlichsten Ebenen eine zentrale Rolle. Diese erstrecken sich dabei nicht allein auf die operativen Ebenen, sondern auch auf die der Prozessgestaltung, der Organisation, der inter-organisationalen Einflüsse sowie auf der Regel-gegebenen Ebene (Leveson 2002). Für eine Sicherheitsbetrachtung sind nach Stand von Wissenschaft und Technik die Einflüsse aller Ebenen zu betrachten. Oft wird bei Sicherheitsnachweisen jedoch nur die operative Ebene in periodischen Sicherheitsüberprüfungen berücksichtigt. Für die Belange der Endlagerung sind jedoch Sicherheitsnachweise auf den anderen Ebenen methodisch zu unterstützen (Woods 2003). Entsprechende Methoden zur Zuverlässigkeitsbetrachtung müssen noch entwickelt werden. Solche Aspekte müssen zunächst in den allgemeinen Sicherheitsanforderungen als Betrachtungsumfang festgelegt werden. Folgende Themen ergeben sich aus den Grundüberlegungen: 1) Einfluss der menschlichen Zuverlässigkeit in der Planung und Konzeption Gerade in der Konzeptphase ist der Umgang mit Erkenntnissen hinsichtlich der geologischen Lagerung, der eingesetzten Technologien und der gewählten Verfahrensweisen ein kritischer Parameter für eine zuverlässige Planung und ein zuverlässiges Hinterfragen. Neue Erkenntnisse müssen hinsichtlich ihrer Bedeutung für Sicherheitsfragen umfassend untersucht werden. Oft ist dieser Prozess jedoch dadurch gestört, dass eingeschlagene Wege, einmal getroffene Entscheidungen oder bereits weit fortgeschrittene Projektverläufe eine ausgewogene Re-Definition verhindern. Hierbei spielen innerbetriebliche Abwägungsprozesse genauso eine Rolle wie die Aufsichtskultur oder Wechselwirkungen zwischen Betreiber und Systemherstellern. Entscheidungsverfahren sind auf der operativen Ebene für sicherheitskritische Systeme beispielsweise aus der Luftfahrt oder Kerntechnik bekannt. Basierend auf diesen Verfahren müssen die zusätzlichen Aspekte, die sich bei der Endlagerung ergeben, integriert und für Planung und Konzeption adaptiert werden. Zu berücksichtigen sind hier insbesondere Aspekte des organisatorischen Zielabgleiches und die Integration von Sicherheitsfragen mit betriebswirtschaftlichen Planungsprozessen. Zusätzliche Aspekte sind die Aufsichtskultur und mögliche Einflüsse von Systemherstellern. Zur Unterstützung solcher Abwägungsprozesse eignen sich Safety-Scanning Verfahren, die die Entscheidungsmechanismen der unterschiedlichen Akteure im System so berücksichtigen, dass eine resiliente Entscheidung entsteht. Forschungsbedarf besteht darin, die Entscheidungsmechanismen und Abwägungsprozesse zu identifizieren und ein entsprechendes Safety-Scanning Verfahren zu entwickeln. 2) Einfluss der menschlichen Zuverlässigkeit bei der Parametrisierung von Bewertungsmethoden In der Abschätzung der geologischen, technischen und organisatorischen Sicherheitsaspekte müssen Annahmen getroffen und Modellierungsverfahren angewandt werden. Ergebnisse werden wiederum stark durch Parametrisierung der Modellierungsparameter erreicht. Hier kann erhebliche Ungewissheit entstehen, aber auch eine ungünstige bzw. fehlerhafte Parametrisierung vorgenommen werden, die dann zu einer falschen Systemfestlegung führen kann. Dieses Fehlerpotential im Umgang mit Ungewissheit oder aufgrund ungünstiger bzw. fehlerhafter Parametrisierung muss durch geeignete Methoden bewertet werden. Verfahren der menschlichen Zuverlässigkeitsbewertung sind dazu für das Arbeitsumfeld der Modellierung weiterzuentwickeln. 3) Verfahrensweisen des Umgangs mit neuen Erkenntnissen aus Hinterfrage- Prozessen sowie Planung von Rücksprüngen Gerade in der Konzeptphase sind der Umgang mit neuen Erkenntnissen hinsichtlich der geologischen Lagerung, der eingesetzten Technologien und der gewählten Verfahrensweisen kritische Parameter für eine zuverlässige Planung und ein zuverlässiges Hinterfragen. Neue Erkenntnisse müssen hinsichtlich ihrer Bedeutung für Sicherheitsfragen umfassend untersucht werden. Oft ist dieser Prozess jedoch dadurch gestört, dass eingeschlagene Wege oder bereits weit fortgeschrittene Projektverläufe eine ausgewogene Re-Definition verhindern. Hierbei spielen innerbetriebliche Abwägungsprozesse genauso eine Rolle wie die Aufsichtskultur oder Wechselwirkungen zwischen Betreiber und Systemherstellen. Entscheidungsverfahren sind auf der operativen Ebene für sicherheitskritische Systeme bekannt. Basierend auf diesen Verfahren müssen die zusätzlichen Aspekte, die sich bei der Endlagerung ergeben, integriert werden. Dies sind insbesondere Aspekte des organisatorischen Zielabgleiches und die Integration von Sicherheitsfragen mit betriebswirtschaftlichen Planungsprozessen. Zusätzliche Aspekte sind dieAufsichtskultur und mögliche Einflüsse von Systemherstellern. 4) Indikatoren für eine gute Fehlerkultur sowie Möglichkeiten der Erhebung dieser Kultur Bezogen auf die Fragestellung einer Endlagerung ist neben der klassischen Sicherheitskultur auch eine übergreifende Fehlerkultur von Bedeutung. Sind Instrumente zur Erhebung einer Sicherheitskultur vorhanden, sind bezogen auf die spezifischen Belange der Endlagerung weitere Aspekte von Bedeutung, die diese Instrumente derzeit nicht abdecken. Beispiele hierfür sind inter-organisationale, politisch-gesellschaftliche Einflüsse oder Einflüsse aufgrund der langen operativen Phase des Systems. Ein weiteres Problem ergibt sich mit dem Aspekt des Aufrechterhaltens einer hohen Fehlerkultur und Führungskultur bei der langfristigen operativen Phase des Systems. Eine entsprechende Methode zur Bewertung der Sicherheitskultur ist weiter zu entwickeln hinsichtlich der spezifischen Belange. Basis können etablierte Verfahren zur Erhebung der Sicherheitskultur sein. Ferner sind Verfahren zu entwickeln, die Fehlerkultur langfristig aufrechtzuerhalten. Ausgangspunkt hierfür können sogenannte 360 Grad Feedback Verfahren der Personalentwicklung sein. 5) Etablierung eines Systems zur Gewährleistung einer hohen menschlichen Zuverlässigkeit im Monitoring Die Entwicklung und der Betrieb eines Endlagers erfordert ein zuverlässiges Monitoring mit gleichbleibenden Standards in den Monitoring-Prozessen und Prüfvorgängen sowie in der Bewertung der Messergebnisse solcher Prozesse. Über den langen Zeitraum sind hierbei systematische Abweichungen in der Prozessgüte zu erwarten; dies aufgrund von Gewohnheitseffekten und Veränderungen in know-how und know-why der handelnden Personen. Hier sind aktive Unterstützungssysteme zu erforschen, welche es erlauben, tatsächlich durchgeführte Monitoring-Prozesse und Prüfvorgänge zu erfassen und hinsichtlich der Abweichung von den definierten Standards zu bewerten. Solche Systeme werden derzeit in vielen Bereichen durch KI-Verfahren (künstliche Intelligenz) unterstützt und mit modernen Datenkommunikationssystemen implementiert (Team-Realty Systemen oder Augmented Reality Brillen). Literatur Leveson, N. (2002) System Safety Engineering: Back To The Future. Massachusetts Institute of Technology. Boston Woods, D. (2003) Creating Foresight: How Resilience Engineering Can Transform NASA’s Approach to Risky Decision Making. Institute for Ergonomics, The Ohio State University. Testimony on The Future of NASA for Committee on Commerce, Science and Transportation, John McCain, Chair. October 29, 2003
Text { text_type: Unspecified, }
Origin: /Bund/BGE/Website
Tags: Ohio ? Massachusetts ? Resilienz ? Standortauswahlgesetz ? Endlager ? Endlagerung ? Gewährleistung ? Tieflagerung ? Bewertungsverfahren ? Kerntechnik ? Künstliche Intelligenz ? Sicherheitstechnik ? Verfahrenstechnik ? Modellierung ? Stand von Wissenschaft und Technik ? Entscheidungsprozess ? Sicherheitsvorschrift ? Verkehr ? Luftfahrt ? Workshop ?
Region: Peine
Bounding boxes: 10.2352° .. 10.2352° x 52.31928° .. 52.31928°
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