13. Treffen des Landesnetzwerks „Energie & Kommune“
Zusammenfassung der Ergebnisse aus der anwaltlichen
Stellungnahme und der anschließenden Fragen
von Rechtsanwalt Christoph Engel, Kanzlei Schweizer Legal
Vorbemerkung: Die Informationen aus der anwaltlichen Stellungnahme sowie die
Beantwortung der Fragen sollen hilfreiche Hinweise sein und stellen keine formale
Rechtsberatung dar. Ggf. ist für individuelle Fragen eine Rechtsberatung erforderlich.
Wesentliche Ergebnisse aus der anwaltlichen Stellungnahme von Rechtsanwalt
Christoph Engel über die Rahmenbedingungen für kommunale Erzeugung von Strom
aus erneuerbaren Energien auf dem 13. Treffen des Landesnetzwerks „Energie &
Kommune“ (17. März 2021):
Die kommunalwirtschaftsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs von
EE-Anlagen in Sachsen-Anhalt richtet sich im Wesentlichen nach § 128 Abs. 1 und 2
Kommunalverfassungsgesetz LSA. Dieser regelt die wirtschaftliche Betätigung von
Kommunen. Dazu gehören wirtschaftliche Tätigkeiten am Markt, die jedoch von der
Vermögensverwaltung und dem fiskalischen Handeln abzugrenzen sind.
Ob eine wirtschaftliche Betätigung geplant ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Es
ist beispielsweise bei einer Verpachtung von Dachflächen o.Ä. (Vermögensverwaltung)
oder der Ausstattung von Schulen (fiskalisches Geschäft) nicht der Fall. Der Betrieb
eines Solarparks zur Erwirtschaftung von Einnahmen hingegen wäre eine
wirtschaftliche Betätigung.
Wirtschaftliche Betätigung ist nur dann zulässig, wenn ein Bezug zu Angelegenheiten
der örtlichen Gemeinschaft besteht. Das setzt nach der Rechtsprechung des OVG
Magdeburg und der Gesetzesbegründung voraus, dass jedenfalls in untergeordnetem
Umfang auch eine Versorgung von Abnehmern innerhalb der Gemeinde stattfindet.
Als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung stehen den Kommunen der
Eigenbetrieb, die Anstalt des öffentlichen Rechts und Rechtsformen des Privatrechts
zur Verfügung. Für Tätigkeiten im Bereich der erneuerbaren Energien sind in erster
Linie der Eigenbetrieb, die GmbH, GmbH & Co. KG sowie die (Bürgerenergie-)
Genossenschaft relevant.
Zur Finanzierung von EE-Projekten erlaubt das kommunale Haushaltsrecht
grundsätzlich die Aufnahme von Krediten oder kreditähnlichen Rechtsgeschäften.
Kreditähnliche Rechtsgeschäfte kommen insbesondere in Form von Contracting oder
13. Treffen des Landesnetzwerks „Energie & Kommune“
Zusammenfassung der Ergebnisse aus der anwaltlichen
Stellungnahme und der anschließenden Fragen
von Rechtsanwalt Christoph Engel, Kanzlei Schweizer Legal
langfristigen Leasing-Geschäften in Betracht. Voraussetzung für die Zulässigkeit ist in
jedem Fall die Wirtschaftlichkeit des Projektes.
Einnahmen aus PV-Anlagen o.Ä. sind nicht-steuerliche Einnahmen des kommunalen
Haushalts. Sie haben grundsätzlich keine Auswirkung auf die Zuweisungen des
Landes an die Kommune im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs.
Es ist im Einzelfall denkbar, dass eine kommunale Tätigkeit im Bereich der
erneuerbaren Energien der Körperschaftssteuer unterliegt. Das ist insbesondere
davon abhängig, ob sie einen Betrieb gewerblicher Art darstellt; bei Handeln in privater
Rechtsform tritt stets Körperschaftssteuerpflicht ein.
Erzielt eine Gemeinde Einnahmen aus der Stromerzeugung und -lieferung an Dritte,
fällt dafür regelmäßig Umsatzsteuer an.
Für Strom aus erneuerbaren Energiequellen können Gemeinden nach dem EEG
grundsätzlich eine Einspeisevergütung, eine Marktprämie nach dem Modell der
Direktvermarktung oder eine Mieterstromvergütung erhalten. Welche Vergütungsform
gewählt werden kann bzw. muss, ist abhängig u.a. von der Größe der Anlage und der
Art der Nutzung.
Grundsätzlich muss für Strom, der an Dritte geliefert wird oder den der
Anlagenbetreiber selbst verbraucht, die EEG-Umlage abgeführt werden. Für den
Eigenverbrauch bestehen hiervon allerdings Ausnahmen, insbesondere bei reinen
Insellösungen oder kleineren Anlagen (<30 kW für bis 30 MWh/a).
Soweit eine Kommune Stromvertrieb realisiert, insbesondere solchen an
Haushaltskunden oder an Mieterstromkunden, hat sie hierfür umfangreiche
verbraucherschützende Vorschriften einzuhalten.
Die Vorschriften des Vergaberechts finden auch auf die Errichtung von EE-Anlagen
durch Kommunen Anwendung. Die Verpachtung von Dachflächen ist indes kein
vergabepflichtiges Beschaffungsgeschäft. Unter Umständen kann auch der Kauf von
Strom aus EE-Anlagen eines Dritten ohne Ausschreibung erfolgen, wenn diese
Anlagen sich in den Liegenschaften (Dachflächen) der Kommune befinden und der
Dritte als einziger Lieferant ohne Netznutzung in Betracht kommt.
13. Treffen des Landesnetzwerks „Energie & Kommune“
Zusammenfassung der Ergebnisse aus der anwaltlichen
Stellungnahme und der anschließenden Fragen
von Rechtsanwalt Christoph Engel, Kanzlei Schweizer Legal
Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und zusammenfassende Antworten:
Frage:
Aber was ist mit den Energie-Anteilen, die aus einer solchen Anlage ins Netz eingespeist
werden (müssen)? Dann bekomme ich als Kommune eine Vergütung und bin gewerblich tätig,
oder?
Antwort:
Die Frage bezieht sich auf die kommunalrechtliche Zulässigkeit nach § 128 KVG LSA. Soweit
ein Teil der Stromproduktion innerhalb der Gemeinde verbraucht wird, kann der Rest zur EEG-
Vermarktung in das Netz eingespeist werden. Das führt zwar zu einer wirtschaftlichen
Betätigung gemäß § 128 KVG, die jedoch nicht automatisch unzulässig ist. Ob eine
gewerbliche Tätigkeit entsteht, ist im Wesentlichen eine Frage des Steuerrechts
(Körperschaftssteuer), die von dem Ort der Erzeugung und des Verbrauchs unabhängig ist.
Frage:
Ist es rechtlich zulässig, dass eine Kommune die Direktversorgung aus einer von externen
Dritten betriebenen PV-Anlage (z.B. Bürgerenergiegenossenschaft) auf kommunalen Dächern
aufgrund eines bestehenden Energieliefervertrages mit einem Stadtwerk untersagt? Das
Ergebnis ist eine 100%-Netzeinspeiseanlage, die in den überwiegenden Fällen aufgrund der
geringen EEG-Vergütung nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist, sodass viele kommunale
Solar- und Klimaschutzpotentiale nicht genutzt werden können. So gibt es wohl in der
Fernwärmeversorgung den rechtlichen Passus, dass eine Eigenwärmeversorgung möglich
sein muss, wenn die Wärme aus EE stammt.
Antwort:
Die Antwort ist stark von dem Inhalt des Stromliefervertrages abhängig. Die Untersagung wäre
wohl nur denkbar, wenn der Stromliefervertrag ausdrücklich den Bezug von Strom aus
anderen Quellen als dem Netz (Direktversorgung aus Dachanlagen) verbietet. Derartige
Regelungen sind nach meiner Erfahrung eher unüblich und müssten im Detail auf ihre
Wirksamkeit überprüft werden. Eine Übertragung von Regelungen aus dem Recht der
Fernwärmeversorgung (§ 3 Satz 3 AVBFernwärmeV) auf den Stromsektor ist nicht ohne
weiteres möglich.
Frage:
Bedeutet Eigenversorgung, dass die Kommunen/Schulen/kommunalen Betriebe Abnehmer
sind oder wird auch die Belieferung z.B. eines örtlichen privaten Gewerbeparks oder eines
privaten Unternehmens als örtliche Nutzung als zulässig betrachtet?