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Das Pflanzen-Schutz-Amt Berlin

Das Pflanzen-Schutz-Amt Berlin ist eine Behörde. Pflanzen müssen geschützt werden. Zum Beispiel vor Krankheiten. Für den Pflanzen-Schutz gibt es Gesetze. Manche dieser Gesetze sind für ganz Europa gültig. Das Pflanzen-Schutz-Amt achtet darauf, dass sich alle Bürger von Berlin an die Pflanzen-Schutz-Gesetze halten. Das gilt auch für Behörden. Das Pflanzen-Schutz-Amt hat viele verschiedene Aufgaben: Wir beraten alle Menschen in Berlin zum Pflanzen-Schutz. Wir beraten Menschen, wie sie ihre Pflanzen schützen können. Wir halten unsere Webseite regelmäßig aktuell. Wir verschicken regelmäßig Nachrichten per E-Mail. Wir organisieren Tage, an denen wir Beratung anbieten. Wir sorgen für gesunde Pflanzen in der Stadt. Wir passen auf, dass Schädlinge die Pflanzen nicht krank machen. Wir geben Tipps, wie man die Umwelt schützt und trotzdem Schädlinge bekämpft. Wir machen Projekte, um Bäume an Straßen zu stärken. Wir finden zum Beispiel heraus, wie diese Bäume besser Wasser bekommen können. Wir überprüfen und beobachten die Pflanzen, damit sie gesund bleiben. Wir wollen verhindern, dass Schädlinge in unsere Gegend kommen und immer mehr werden. Pflanzen-Schädlinge sind zum Beispiel Blatt-Läuse oder Borken-Käfer. Vor allem bei Waren oder Pflanzen, die aus anderen Ländern und Gegenden zu uns kommen. Das gilt auch für Verpackungen aus Holz. Wir haben auch ein Programm, um Pflanzen zu beobachten. Das Programm folgt den Regeln der Europäischen Union. Wir kontrollieren, wer Mittel für den Pflanzen-Schutz bekommt. Ein Mittel ist zum Beispiel: Spray gegen Blatt-Läuse. Wir überwachen auch, wie diese Mittel eingesetzt werden. Wir kümmern uns um Strafen, wenn die Regeln nicht eingehalten werden. Wir sorgen dafür, dass die Regeln zum Fach-Wissen im Pflanzen-Schutz eingehalten werden. Haben Menschen einen Beruf, bei dem sie mit Pflanzen-Schutz-Mitteln arbeiten? Dann brauchen sie dafür eine Erlaubnis. Die Menschen müssen die Regeln kennen, wie sie mit Pflanzen-Schutz-Mitteln arbeiten. Dann bekommen sie die Erlaubnis vom Pflanzen-Schutz-Amt. Wir verbessern unser Labor, um Schädlinge besser zu erkennen. Wir testen und forschen für den Pflanzen-Schutz. Wir prüfen, ob Pflanzen-Schutz-Mittel sicher sind. Wir arbeiten an Programmen, damit Probleme mit Pflanzen-Schutz-Mitteln gelöst werden. Wir untersuchen, wie man Schädlinge bekämpfen kann. Wir beraten Berliner Firmen. Wir forschen über Mittel, die Pflanzen stärker machen. Wir machen bei gemeinsamen Tests mit anderen Gruppen mit. Wir bilden Gärtner für Zier-Pflanzen aus. Zier-Pflanzen sind zum Beispiel Blumen. Wir bekämpfen Ambrosia. Ambrosia ist eine sehr gefährliche Pflanze. Menschen können durch diese Pflanze krank werden. Bildrechte © 1a Zugang Beratungsgesellschaft mbH Illustration: Medienteam, Marina Carter

Aufgaben des Pflanzenschutzamtes Berlin

Das Pflanzenschutzamt Berlin ist eine der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt nachgeordnete Behörde, die europäisches und nationales Recht im Pflanzenschutz und in der Pflanzengesundheit im Land Berlin vollzieht. Die Arbeitsschwerpunkte ergeben sich aus den Anforderungen, die sich aus der Nutzung und Bewirtschaftung der Pflanzen und Pflanzenbestände in den Ökosystemen einer Kulturlandschaft ergeben, in der sich unter den natürlichen klimatischen und geologischen Gegebenheiten und Bedingungen der Mark Brandenburg, die Großstadt Berlin entwickelt hat. Im Stadtgebiet Berlin findet man heute nur noch eine kleine landwirtschaftliche Nutzfläche. Nicht unterschätzt werden kann und darf jedoch der Aufgabenkreis, der dem Pflanzenschutzamt aus dem Bereich des Stadtgrüns erwächst. Ein Hauptanliegen der Tätigkeit des Pflanzenschutzamtes Berlin ist die verantwortungsbewusste Beratung von Unternehmen, Behörden sowie Bürgerinnen und Bürger über den Umgang mit ihren Pflanzen und über die Möglichkeiten, Bedingungen, Voraussetzungen und Grenzen des Schutzes vor Schaderregern. die Durchführung amtlicher Kontrollen, mit denen die Einhaltung der Vorschriften überprüft werden soll, die entweder auf Unionsebene oder von den Mitgliedstaaten zur Anwendung von Unionsrecht in den Bereichen Pflanzenschutz und Pflanzengesundheit erlassen wurden: Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen: die Bestimmung der Pflanzengesundheitsrisiken, die von Arten, Stämmen oder Biotypen von Krankheitserregern, Tieren oder parasitären Pflanzen ausgehen, die Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse schädigen können, sowie Maßnahmen zur Verringerung dieser Risiken auf ein hinnehmbares Maß, das Inverkehrbringen, die Verwendung sowie die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Das bedeutet im Einzelnen: die Überwachung der Pflanzenbestände sowie der Vorräte von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen auf das Auftreten von Schadorganismen, die Überwachung des Beförderns, des Inverkehrbringens, des Lagerns, der Einfuhr, des innergemeinschaftlichen Verbringens und der Ausfuhr von Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen und Kultursubstraten im Rahmen des Pflanzenschutzes sowie die Ausstellung der für diese Tätigkeiten erforderlichen Bescheinigungen, die Überwachung des Inverkehrbringens, des innergemeinschaftlichen Verbringens sowie des Verbringens im Inland und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, Pflanzenstärkungsmitteln und Zusatzstoffen, die Beratung, Aufklärung und Schulung auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes, insbesondere der guten fachlichen Praxis einschließlich des integrierten Pflanzenschutzes, auch mit Ausrichtung auf eine Verminderung der Risiken, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln für Mensch, Tier und Naturhaushalt entstehen können, einschließlich der Durchführung des Warndienstes auch unter Verwendung eigener Untersuchungen und Versuche, Mitwirkung an der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz, die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln, Pflanzenschutzgeräten, Verfahren des Pflanzenschutzes, der Resistenz von Pflanzenarten sowie die Mitwirkung beim Schließen von Bekämpfungslücken, die Durchführung der für diese Aufgaben erforderlichen Untersuchungen und Versuche, die Berichterstattung über das Auftreten und die Verbreitung von Schadorganismen, über durchgeführte Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen nach entsprechenden Vorgaben, die Durchführung von Genehmigungsverfahren für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, z. B. außerhalb landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher und gärtnerischer Flächen.

Hygienische Risiken bei der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlamm durch die Aufnahme von Infektionserregern in Kulturpflanzen

In Mikrokosmos- und Gewächshausversuche wurde das Überleben von humanpathogenen Bakterien im Boden und die mögliche Besiedlung von Pflanzen nach Klärschlammausbringung unter definierten Bedingungen untersucht. Als Modellorganismen wurden Escherichia coli O157:H7 und drei Salmonellenstämme u.a.  Salmonella enterica Serovar Typhimurium LT2 (LT2) eingesetzt. Beider Bakterien überlebten längere Zeit im Boden in geringer Zelldichte, wobei LT2 im Vergleich zu E. coli O157:H7 besser überlebte. In keinem Experiment wurde die Aufnahme von LT2 oder E. coli O157:H7 in Salatpflanzen nachgewiesen; selbst wenn die Pflanzen durch den Befall mit Pflanzenschädlingen (phytopathogenen Nematoden) bereits verletzt waren. Dies zeigt, dass eine Aufnahme von Krankheitserregern aus dem Boden zumindest in Salatpflanzen kein verbreitetes Phänomen bei der Ausbringung von Klärschlamm ist.In zusätzlichen Experimenten wurde gezeigt,  dass es durch die Klärschlammausbringung zu einem signifikanten Anstieg von Resistenzgenen im Boden kommt und dass die Resistenzgene über relativ lange Zeiten im Boden nachgewiesen werden können. Außerdem wurde nachgewiesen, dass  IncP-1 Plasmide, die  Mehrfachresistenzen gegenüber unterschiedlichen Antibiotika sowie z.B. gegen Quecksilber oder Desinfektionsmittel vermitteln können, von Bodenbakterien in potentielle Krankheitserreger übertragen werden können.

Salatpflanzen nehmen keine Krankheitserreger aus Böden auf

Salatpflanzen nehmen keine Krankheitserreger aus Böden auf Klärschlamm wird in der Landwirtschaft als Dünger verwendet. Oft enthält er Bakterien, die beim Menschen Krankheiten auslösen können. Beim Anbau von Salatpflanzen auf solchen Böden werden diese Bakterien aber nicht leicht in die Pflanzen aufgenommen. Die landwirtschaftliche Klärschlammausbringung kann jedoch die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen im Boden fördern. Das zeigt eine UBA-Studie. Bei der landwirtschaftlichen Klärschlammausbringung werden auch humanpathogene Bakterien in den Boden eingebracht. Ziel der ⁠ UBA ⁠-Studie war es, zu klären, ob solche Krankheitserreger in Pflanzen, die auf solchen Böden kultiviert werden, aufgenommen werden und damit ein Infektionsrisiko für Verbraucherinnen und Verbraucher darstellen. In Mikrokosmos- und Gewächshausversuchen wurde das Überleben von humanpathogenen Bakterien im Boden und die mögliche Besiedlung von Salatpflanzen (Lactuca sativa) nach Klärschlammausbringung unter definierten Bedingungen untersucht. Als Modellorganismen wurden Escherichia coli O157:H7 und drei Salmonellenstämme u.a.  Salmonella enterica Serovar Typhimurium LT2 (LT2) eingesetzt. Beide Bakterien überlebten längere Zeit im Boden in geringer Zelldichte, wobei LT2 im Vergleich zu E. coli O157:H7 besser überlebte. Bei der Ernte waren in den Pflanzen keine dieser Krankheitserreger nachweisbar: In keinem Experiment wurde die Aufnahme von LT2 oder E. coli O157:H7 in Salatpflanzen nachgewiesen; selbst wenn die Pflanzen durch den Befall mit Pflanzenschädlingen (phytopathogenen Nematoden) bereits verletzt waren. Dies zeigt, dass eine Aufnahme von Krankheitserregern aus dem Boden zumindest in Salatpflanzen kein verbreitetes Phänomen bei der Ausbringung von Klärschlamm ist. In ersten sondierenden Experimenten wurde außerdem gezeigt,  dass es durch die Klärschlammausbringung zu einem signifikanten Anstieg von Resistenzgenen im Boden kommt und dass die Resistenzgene über relativ lange Zeiten im Boden nachgewiesen werden können. Außerdem wurde nachgewiesen, dass  IncP-1 Plasmide, die  Mehrfachresistenzen gegenüber unterschiedlichen Antibiotika sowie z.B. gegen Quecksilber oder Desinfektionsmittel vermitteln können, von Bodenbakterien in potentielle Krankheitserreger übertragen werden können.

27_Schaben

Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Schaben (Blattoptera) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Michael WALLASCHEK unter Mitarbeit von Ulrich MIELKE und Eckart STOLLE (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Die Schaben sind nach BEIER (1961) die einzige heute noch lebende Insektenordnung, die sich in ununterbrochener Reihe bis in das mittlere Ober- karbon zurückverfolgen lässt. Die große Zahl von fossilen Resten aus den paläozoischen Schich- ten der ganzen Welt, die alle übrigen Insekten- reste weitaus übertrifft, legt nahe, dass die Ord- nung am Ausgang des Karbon und im Perm hin- sichtlich Formenmannigfaltigkeit sowie Arten- und Individuenreichtum den Höhepunkt ihrer Entwick- lung erreicht hat und seither langsam im Rück- gang begriffen ist. Der ursprüngliche Lebensraum der charakteristisch abgeflachten, im Umriss ova- len und laufstarken Tiere ist wohl in den feucht- warmen, dunklen, tropischen Urwäldern zu su- chen, wo sie zahllose geeignete Verstecke im Bodenlaub, unter Steinen und loser Rinde sowie Nahrung in Form tierischer und pflanzlicher Stof- fe im Überfluss finden. Hier lebt auch heute noch ein Großteil der ca. 4.000 rezenten Arten (GÜN- THER 2000). Datengrundlagen In Deutschland sind bisher mindestens 15 Arten gefunden worden, davon acht freilebende und sie- ben synanthrope (BOHN 1989, GÖTZ 1965, HARZ 1960, SCHIEMENZ 1978, VATER & LÖFFLER 1989, WALLASCHEK 1998). Aus dem Land Sachsen-An- halt liegen Fundortangaben von zehn Schaben- arten vor (MIELKE 2000a, 2001, WALLASCHEK et al. 2002). Letztere Arbeit enthält die aktuelle Check- liste sowie die Liste der faunistischen Primärlite- ratur und wichtiger Beiträge der Sekundärlitera- tur über die Schaben in Sachsen-Anhalt. Wie in diesem Beitrag richtet sich im Folgenden die Sys- tematik und Nomenklatur der Blattoptera nach HARZ & KALTENBACH (1976). Hinsichtlich der deut- schen Namen folgen wir HARZ (1957). Für die Sy- nonyma wird auf ZACHER (1917), HARZ (1957) und HARZ & KALTENBACH (1976) verwiesen. Die letzten beiden Bücher sowie GÖTZ (1965) sind wichtige Bestimmungswerke. Synanthrope, kosmopolitisch verbreitete Arten des Landes Sachsen-Anhalt sind Pycnoscelus surina- mensis (LINNAEUS, 1758), Blatta orientalis LINNAE- US, 1758, Periplaneta americana (LINNAEUS, 1758), P. australasiae (FABRICIUS, 1775), Blattella germa- nica (LINNAEUS, 1767) und Supella longipalpa (FA- BRICIUS, 1798). Aus der Neotropis wird gelegent- lich Blaberus craniifer BURMEISTER, 1838 einge- schleppt. Die von KÜHLHORN (1955) genannte Pan- chlora „viridis“ bleibt wegen der Frage der richti- gen Determination unsicher. Die synanthropen Schabenarten erlangen vor allem als Überträger von Krankheitserregern, daneben auch als Vor- rats-, Material- und Pflanzenschädlinge Bedeu- tung (BEIER 1961, VATER et al. 1992). Trotz ihrer eminenten Tragweite für das Gesundheits- und Veterinärwesen ist der faunistische Kenntnisstand über die synanthropen Arten nach wie vor sehr schlecht (vgl. WALLASCHEK et al. 2002). Die auf die- sen Gebieten tätigen Fachleute, Behörden und Betriebe sind aufgerufen, eigenständige Beiträge zur Beseitigung dieses Missstandes zu leisten. Die freilebenden Schabenarten kollidieren hinge- gen als pantophage Waldbewohner in keiner Weise mit den Interessen des Menschen, wenn man nicht gelegentliches Eindringen von Ectobi- us lapponicus in Waldhäuser (WEIDNER 1972, MIEL- KE 2000b) als Belästigung einstufen will. Es zeich- net sich im Gegenteil ab, dass dieser Artengrup- pe neben ihrer nicht unwichtigen Wirkung im Stoff- kreislauf des Waldes auch Bedeutung für die Be- wertung von Waldlandschaften im Zuge von Planungen des Naturschutzes und der Land- schaftspflege zukommt (WALLASCHEK 1997, 2002). Bemerkungen zu ausgewählten Arten; Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Von den drei freilebenden, indigenen Schabenar- ten des Landes Sachsen-Anhalt zeigen Ectobius sylvestris (PODA, 1761) und Ectobius lapponicus (LINNAEUS, 1758) eine europäische Verbreitung. Der Kenntnisstand zu beiden Arten hat sich zwar verbessert, doch ist die Zahl der Fundmeldungen nach wie vor bescheiden (WALLASCHEK et al. 2002). Es zeichnet sich aber deutlich ab, dass diese bei- den mesophilen und mäßig thermophilen Arten (WALLASCHEK 1997) in den Waldgebieten Sachsen- Anhalts weit verbreitet und ihre Bestände nicht gefährdet sind. Das Areal von Phyllodromica maculata umfasst Südost- und Mitteleuropa, ist also vergleichsweise klein. Außerdem befinden sich die Bestände der Art im Land Sachsen-Anhalt an der nördlichen Arealgrenze. Sie besiedelt im Landesgebiet Wald- landschaften in der planaren und kollinen Stufe. Hier bewohnt sie stark vertikal und horizontal strukturierte, durchsonnte, warme, trockene bis frische und von Gehölzen dominierte Lebensräu- me. Es handelt sich in Sachsen-Anhalt um Kie- fernforste und lichte Mischwälder, insbesondere deren aufgelockerte und helle Ränder, des Wei- teren um Ginster- und Calluna-Heiden, bebusch- te Heide-Sandmagerrasen-Komplexe, Kalk-Halb- trockenrasen und Kalk-Trockenrasen mit angren- % Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) G -Kategorien D V - 1Sonstige Gesamt 1 --10,0 10,0 zenden Trockengebüschen sowie waldnahe Reit- grasfluren (WALLASCHEK 1997). Gefährdungen der Bestände gehen vom Ver- schwinden solcher komplexen Lebensraumstruk- turen durch Sukzession oder waldbauliche Maß- nahmen aus. Forstarbeiten, die zur Verdichtung aufgelockerter Waldränder (Lückenschluss) und lichter Wälder (Unterbau), zur Aufforstung von tro- ckenem Gras- und Heideland oder zur Beseitigung breiter, vielfältig strukturierter Randstreifen von Forstwegen durch Wegebau führen, gefährden sowohl Lebensstätten als auch Ausbreitungswe- ge der Art. In naturnahen Landschaftselementen der Agrarflur vorkommende Bestände sind von Biozid- und Düngereinträgen, Bebauung und Auf- forstung bedroht. Gesamt Tab. 1: Übersicht zur Einstufung in die sonsti- gen Kategorien der Roten Liste. 10 Zum Schutz der Art sind vor allem die genannten Gefährdungsursachen zu unterbinden. Es sollte üblich werden, breite Forstwegränder mit vielfäl- tig strukturierter Vegetation und Rohbodenstellen zu belassen und nicht aufzuforsten. Des Weite- ren sollten Waldränder zumindest streckenweise keine scharfen Grasland-Wald-Grenzen aufwei- sen. Breite, besonnte, dem Waldrand vorgelager- te und ungenutzte Randflächen sollten erhalten und gefördert werden, insbesondere dann, wenn hier Trockenrasen- oder Heideflecken ausgebil- det sind. Mit Kiefernforsten, Mischwäldern oder Trockengebüschen verzahnte, reich strukturierte Zwergstrauchheiden und Trockenrasen sind zu erhalten und zu fördern. Art (wiss.)Art (deutsch)Kat.Bem. Phyllodromica maculata (SCHREBER, 1781)Gefleckte KleinschabeVV, A Nomenklatur nach HARZ & KALTENBACH (1976), deutsche Namen nach HARZ (1957). Abkürzungen und Erläuterungen, letzte Nachwei- se/Quellen (Spalte “Bem.”)V- LiteraturSCHIEMENZ, H. (1978): Blattodea Schaben.- In: STRESEMANN, E. (Hrsg.)(1978): Exkursionsfauna für die Gebiete der DDR und der BRD. Bd. 2/1.- Volk und Wissen, Berlin. VATER, G. & H. LÖFFLER (1989): Ersteinschleppung der Brau- nen Großschabe (Periplaneta brunnea; Blattoptera, Blat- tidae) in das Gebiet der DDR.- Entomol. Nachr. Ber., 33(6): 267-271. VATER, G., VATER, A. & O. SORGE (1992): Schädlingsbekämp- fung in Ostdeutschland, Teil 3.- Prakt. Schädlingsbek., 44: 152-161. WALLASCHEK, M. (1997): Beitrag zur Schabenfauna (Blattopte- ra) der Glücksburger Heide im Südlichen Fläminghügel- land.- Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt, 5(2): 21-43. WALLASCHEK, M. (1998): Schaben (Blattoptera).- In: LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT (Hrsg.)(1998): Arten- und Biotopschutzprogramm Sachsen-Anhalt. Stadt Halle (Saale).- Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, SH 4: 192-194. WALLASCHEK, M. (2002): Geradflügler (Orthoptera s.l.: Saltato- ria und Blattoptera).- In: LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACH- SEN-ANHALT (Hrsg.)(2002): Management von FFH-Lebens- raumtypen. Untersuchungen zu den Auswirkungen von Maßnahmen zur Heide-Pflege (Flämmen, Mahd) auf Glie- derfüßer (Arthropoda).- Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, SH 3: 29-36 WALLASCHEK, M., MÜLLER, T.J. & K. RICHTER (unter Mitarbeit von A. FEDERSCHMIDT, U. MIELKE, J. MÜLLER, C. NEUNZ, J. OHST, M. OELERICH, M. OSCHMANN, M. SCHÄDLER, B. SCHÄFER, R. SCHARAPENKO, W. SCHÜLER, M. S CHULZE, R. SCHWEIGERT, R. STEGLICH, E. STOLLE & M. UNRUH) (2002): Prodromus für ei- nen Verbreitungsatlas der Heuschrecken, Ohrwürmer und Schaben (Insecta: Ensifera, Caelifera, Dermaptera, Blatt- optera) des Landes Sachsen-Anhalt. Stand 31.01.2002.- Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt, 10(1/2): 3-88. Berichtigung: Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt, 9(2): 63. Verbreitungsschwerpunkt in ST ST - Sachsen-Anhalt A- Arealrand BEIER, M. (1961): Überordnung: Blattopteroidea Martynov, 1938. Ordnung: Blattodea Brunner, 1882.- In: Dr. H. G. BRONNS Klassen und Ordnungen des Tierreichs, 5. Bd: Arthropoda, III. Abt.: Insecta, 6. Buch, 4. Lieferung, Blatto- pteroidea, Blattodea.- Geest & Portig K.-G., Leipzig. BOHN, H. (1989): Revision of the Sylvestris Group of Ectobius Stephens in Europe (Blattaria: Blattellidae).- Entomol. Scand., 20(3): 317-342. GÖTZ, W. (1965): Orthoptera, Geradflügler.- In: BROHMER, P., EHRMANN, P. & G. ULMER: Die Tierwelt Mitteleuropas.- Quelle & Meyer, Leipzig. GÜNTHER, K. (2000): Ordnung Blattoptera (Blattodea) - Scha- ben.- In: Urania-Tierreich. Insekten.- Urania-Verl., Berlin, 88-96. HARZ, K. (1957): Die Geradflügler Mitteleuropas.- Gustav Fi- scher Verlag, Jena. HARZ, K. (1960): Geradflügler oder Orthopteren (Blattodea, Mantodea, Saltatoria, Dermaptera).- In: DAHL, F. (Hrsg.) (1960): Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile nach ihren Merkmalen und nach ihrer Lebens- weise. 46. Teil.- Gustav Fischer Verlag, Jena. HARZ, K. & A. KALTENBACH (1976): Die Orthopteren Europas 3. Ser. Ent., Vol. 12.- Junk, The Hague. KÜHLHORN, F. (1955): Beitrag zur Verbreitung und Ökologie der Geradflügler des Harzes und seines südlichen und östli- chen Vorlandes.- Dtsch. Entomol. Z. N.F., 2: 279-295. MIELKE, U. (2000a): Nachweis der Braunbandschabe (Supel- la longipalpa [FABRICIUS, 1798]) in Sachsen-Anhalt.- Anz. Schädlingskunde, 73(5): 139-140. MIELKE, U. (2000b): Über das Auftreten der Lapplandschabe (Ectobius lapponicus [LINNAEUS, 1758]) in Gebäuden.- Anz. Schädlingskunde, 73(6): 152-154. MIELKE, U. (2001): Erstnachweis der Surinamschabe (Pycno- celus surinamensis L.) in Magdeburg.- Entomol. Mitt. Sach- sen-Anhalt, 9(2): 46. & WEIDNER, H. (1972): Lapplandschaben als potentielle Frei- zeitschädlinge.- Anz. Schädlingsk. Pflanzenschutz, 45(5): 75-76. ZACHER, F. (1917): Die Geradflügler Deutschlands und ihre Verbreitung.- Gustav Fischer Verlag, Jena. Anschriften der Autoren und Mitarbeiter Dr. Ulrich Mielke Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Medizinische Fakultät Institut für Arbeitsmedizin und Hygiene Leipziger Str. 44 D-39120 Magdeburg Eckart Stolle Stolberger Str. 22 D-06548 Rottleberode E-Mail: stollec@web.de Dr. Michael Wallaschek Agnes-Gosche-Str. 43 D-06120 Halle (Saale) E-Mail: DrMWallaschek@aol.com '

30_Zikaden

Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Zikaden (Hemiptera, Auchenorrhyncha) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Werner WITSACK unter Mitarbeit von Herbert NICKEL (2.Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Die Zikaden sind Pflanzensaftsauger und entneh- men art- bzw. gruppenspezifisch ihre Nahrung dem Phloem, Xylem oder den Parenchymzellen ihrer Wirtspflanzen. Dabei können sie Pflanzenviren übertragen und dadurch als Pflanzenschädlinge von größerer Bedeutung sein. Der Saftentzug schä- digt ihre Wirtspflanzen dagegen meist nicht wesent- lich. Die überwiegende Mehrzahl der Arten legt ihre Eier in das Gewebe der Wirtspflanzen. Die teilweise sehr enge Bindung an spezielle Wirtspflanzen, aber auch die spezifischen Habitatsansprüche lassen sie als gute Bioindikatoren insbesondere in Offenland- habitaten erscheinen (ACHTZIGER 1999). Für die verschiedenen Habitattypen (von Trockenrasen bis zu Feuchtwiesen, Mooren und Sümpfen) können typische Gilden zusammengestellt werden. Durch die sehr differenzierten Reaktionen der verschie- denen Arten auf Veränderungen in den Öko- systemen lassen sie sich besonders gut z.B. als Bioindikatoren für Umweltgutachten, Monitoring- und Naturschutzmaßnahmen verwenden. Dies wird durch die zumeist hohen Arten- und Indivi- duenzahlen an den Standorten und die relativ gute Erfassbarkeit mit einfachen Fangmethoden noch gefördert. Zikaden galten bisher für den Nichtspezialisten als praktisch kaum determinierbare Insektengruppe, da es an neuerer deutscher Bestimmungslitera- tur fehlte. Diese Situation wird sich in naher Zu- kunft durch die Herausgabe von zwei unterschied- lich konzipierten Bestimmungswerken der Zika- den Mitteleuropas bzw. Deutschlands deutlich verbessern. Ein erster Teil ist bereits erschienen (HOLZINGER et al. 2003). Zusammenfassende Dar- stellungen über die Biologie, Ökologie und Ge- fährdung der Zikaden fehlten in der Vergangen- heit weitgehend. Dies hat sich in den letzten Jah- ren durch mehrere Publikationen wesentlich ver- bessert (z.B. NICKEL et al. 1999 - Habitate, Ge- fährdungsfaktoren und Anmerkungen zum Areal; NICKEL & REMANE 2002 - Angaben zu Nährpflan- zen, Lebenszyklus, Areal aller deutschen Arten; NICKEL 2003 - Biologie, Ökologie, Verbreitung al- ler deutschen Arten). Von den für Deutschland sicher nachgewiesenen 620 Zikadenarten (NICKEL & REMANE 2003) wurden für Sachsen-Anhalt im Jahre 1999 insgesamt 394 Arten angegeben (WITSACK 1999a). Durch inten- sivere Nachforschungen wurden bis heute weite- re Arten in unserem Bundesland nachgewiesen, so dass sich die Anzahl auf 421 Arten in Sach- & sen-Anhalt erhöhte (NICKEL & REMANE 2003, i. Druck). Diese entspricht auch etwa der Artenzahl im Nachbarland Sachsen (WALTER et al. 2003, i. Druck). Die erste Fassung der Roten Liste des Landes Sachsen-Anhalt (WITSACK 1995) ordnete von den damals nachgewiesenen 385 Arten insgesamt 176 Arten den Gefährdungskategorien (1, 2, 3, P) zu. Es war eine der ersten Roten Listen der Zikaden in einem deutschen Bundesland und gewissermaßen Vorreiter der Roten Liste der Zikaden Deutschlands (REMANE et al. 1997, REMANE et al. 1998). Diese zweite Fassung kann zwar auf zahlreiche neue Funddaten zurückgreifen, der Erkenntnisstand über einzelne sehr selten zu fangende bzw. für Sach- sen-Anhalt neu nachgewiesene Arten zwang aber (unter Berücksichtigung der Kriterien von BINOT et al. 1998) zur Eingruppierung eines Teils dieser Ar- ten in die Kategorie D. Datengrundlagen Die Grundlage für die vorliegende zweite Fassung der Roten Liste der Zikaden Sachsen-Anhalts ist natürlich die sehr umfassende Bearbeitung der Zikadenfauna des Gebietes der ehemaligen DDR bzw. der ostdeutschen Bundesländer von SCHIE- MENZ (1987, 1988, 1990) und SCHIEMENZ et al. (1996). Diese Arbeiten fassen die bis dahin be- kannten Zikadenfunde von verschiedenen Spezi- alisten wie BORCHERT, FEIGE, HAUPT, KUPKA, LEHMANN, MAERTENS, MICHALK, MÜLLER, REMANE, SCHIEMENZ, WAGNER und WITSACK zusammen und berücksich- tigen die Belege aus Museen und Sammlungen (z.B. DEI, ZIH) sowie die aus der Literatur bekann- ten Angaben. In der Zeit danach wurden eine große Anzahl an neuen eigenen Nachweisen und auch Funden durch andere Zikadenspezialisten (besonders durch W. FRÖHLICH, T. FUNKE, S. HAHN, S. NEUMANN, H. NICKEL, H. SCHÖPKE und S. WALTER) zusammen- getragen. Ein Teil der neueren Nachweise liegt bereits publiziert vor (FUNKE & WITSACK 2002, HAHN & WITSACK 1996, NEUMANN 1997, WITSACK 1997, 1998a,b, 1999a,b,c, 2001, 2003). Verbreitungs- angaben und Nachweise besonderer Arten sind auch in den Arbeiten von HOLZINGER et al. (2003) und NICKEL (2003) zu finden. Die Nomenklatur richtet sich nach NICKEL & REMA- NE (2002) und N ICKEL (2003). An geeigneter deutschsprachiger Bestimmungsliteratur existiert bisher nur der Teil 1 einer fortzuführenden Zusam- menfassung (Fulgoromorpha, Cicadomorpha excl. Cicadellidae - HOLZINGER et al. 2003). Die Deter- mination war bisher eine Sache von Spezialisten, die mit französischen (RIBAUT 1936, 1952, GIUSTI- NA 1989) und skandinavischen (OSSIANNILSSON 1978, 1981, 1983) Bearbeitungen, umfangreicher Spezialliteratur und der eigenen Vergleichssamm- lung zum Ziel gelangten. Literaturangaben sind deshalb häufig kritisch zu beurteilen, zumal für eine Reihe von Arten bzw. Artengruppen der „Art- status“ noch nicht eindeutig geklärt war bzw. ist (vgl. REMANE & FRÖHLICH 1994). Die Zuordnung innerhalb der Roten Liste erfolgte nach den durch BINOT et al. 1998 definierten und von Sachsen-Anhalt übernommenen Gefähr- dungskategorien. In der ersten Fassung der Ro- ten Liste Sachsen-Anhalts (WITSACK 1995) wurde die Kategorie 0 (Ausgestorben oder verschollen) wegen der Datenlage nicht vergeben, da das Feh- len aktueller Funde teilweise auf die geringe Fang- intensität an potentiellen Fundorten der betreffen- den, meist seltenen Arten zurückzuführen war. In dieser zweiten Fassung wird die Kategorie 0 dann verwendet, wenn mit hinreichender Intensität an geeigneten Standorten nach diesen Arten ab dem Jahre 1950 erfolglos gefahndet wurde. Im Gegen- satz zur ersten Fassung wurden in der zweiten auch Arten in die Kategorien R und D eingrup- piert, wenn die Kriterien (BINOT et al. 1998) dies erforderten. Die Kenntnisse über die Verbreitung der Zikaden in Sachsen-Anhalt sind sehr unterschiedlich. Re- lativ gut bearbeitet ist der südöstliche Raum um Halle. Deutliche Reserven gibt es im Harz und dem nördlichen Harzvorland. Der gesamte Norden Sachsen-Anhalts weist die größten Datenlücken auf. Durch das Trockenrasenprojekt des LAU (WIT- SACK 2003) ist die Bearbeitung der Zikaden der Trocken- und Halbtrockenrasen relativ intensiv er- folgt. Wenige Erkenntnisse liegen dagegen über die an Gehölzen lebenden Zikaden vor. Für die weitere Verifizierung des Gefährdungsstatus der Zi- kaden sind zukünftig weitere Untersuchungen in den gering durchforschten Gebieten notwendig. Bemerkungen zu ausgewählten Arten Diese aktualisierte Fassung der Roten Liste Sach- sen-Anhalts umfasst 206 Arten (ca. 49 % der nach- gewiesenen Arten) gegenüber 176 (46 %) der er- sten Fassung. Die Erhöhung der Artenzahl und auch des Anteils der Rote-Liste-Arten ging auch mit der Intensivierung der faunistischen und öko- logischen Tätigkeit der letzten Jahren einher. Neunachweise von seltenen bzw. ökologisch an- spruchsvolleren Arten sowie ein insgesamt viel besserer Kenntnisstand waren Voraussetzung für eine qualifiziertere Einstufung. So wurden u.a. vier Arten (Trigonocranus emmeae, Kelisia haupti, Endria nebulosa, Mocydiopsis attenuata) der Ge- fährdungskategorie R zugeordnet. Der Gefährdungsstatus der Arten der ersten Fas- sung der Roten Liste hat sich nur selten deutlich verändert, so dass die Einstufung in eine höhere Gefährdungskategorie erfolgen musste. Einige Ar- ten, die beispielsweise 1995 als „Potentiell gefähr- det“ galten, wurden in die Gefährdungskategorie 3 („Gefährdet“) eingeordnet (z.B. Arocephalus languidus, Florodelphax leptosoma, Jassargus sursumflexus, Jassidaeus lugubris, Rhytistylus proceps, Sorhoanus assimilis oder Xanthodelphax straminea). Die ehemals als nicht gefährdet an- gesehene Dictyophara europaea musste neu in die Rote Liste (Gefährdungskategorie 3) aufge- nommen werden. Die gegenwärtige Gefährdungssituation erforder- te eine Höherstufung von Arten der Gefährdungs- kategorie 3 auf Kat. 2 (Cixius cambricus, Cixius similis, Batracomorphus irroratus, Doratura hor- vathi) bzw. von Kat. 2 auf Kat. 1 (Nothodelphax albocarinata, Mendrausus pauxillus, Psammotet- tix albomarginatus, P. pallidiventris). In die Gefährdungskategorie 0 (ausgestorben bzw. verschollen) mussten die Arten Myndus musivus, Ribautodelphax angulosa, Tettigometra impres- sopunctata, Athysanus quadrum, Deltocephalus maculipes, Eupteryx artemisiae, Handianus ignos- cus, Macropsidius sahlbergi, Macrosteles fieberi und Ophiola transversa eingeordnet werden, da die letzten Nachweise vor dem Jahre 1950 liegen und Nachsuchen bisher erfolglos blieben. Bei einigen Arten erfolgte dagegen eine Herab- setzung des Gefährdungsstatus, z.B. bei Eurysella brunnea von Gefährdungskategorie 1 auf 3. Durch intensivere faunistische Arbeiten in gefährdeten Biotoptypen (Trocken- und Halbtrockenrasen) und ein erweitertes Methodenbesteck - hier die Nut- zung von Bodenfallen - konnte diese bodennahe lebende Art vermehrt nachgewiesen werden. Ei- nige Spezies wie z.B. Zyginidia scutellaris, Gry- potes puncticollis (ehemals Gefährdungskatego- rie 3) und Rhopalopyx vitripennis (ehemals P) konnten aus der Roten Liste eliminiert werden. Die Tabellen 1 und 2 geben einen Überblick über die Gefährdungssituation innerhalb der verschie- denen Familien der Zikaden Sachsen-Anhalts. Demnach sind bei den artenärmeren Familien (Cixiidae, Dictyopharidae, Tettigometridae, Issi- dae, Cicadidae) vergleichsweise viele Spezies als gefährdet anzusehen (Ausnahme: Membracidae). Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Die Gefährdungsursachen für die Zikaden Deutsch- lands wurden durch NICKEL et al. (1999) und WIT- SACK (1999a) herausgearbeitet und sind wie folgt zu definieren: - direkte Zerstörung der Habitate (z.B. durch Baumaßnahmen, Gesteins- und Torfabbau), - Intensivierung in der Landwirtschaft (z.B. durch Ausräumung der Landschaft, Umnutzung, Che- misierung), - Intensivierung der Forstwirtschaft (z.B. durch Anlage von Monokulturen, Beseitigung von ' Cixiidae Delphacidae Dictyopharidae Tettigometridae Issidae Cicadidae Cercopidae Membracidae Cicadellidae Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Cixiidae Delphacidae Dictyopharidae Tettigometridae Issidae Cicadidae Cercopidae Membracidae Cicadellidae Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) - - - - - 0 1 1 - 1 - - - - 7 10 2,4 G - - - - - - - - - - - Gefährdungskategorie R 1 2 1 1 6 1 2 15 - - - - 1 - - - 1 - - 1 - - 1 - - - 3 5 30 5 9 543 3 20 1 - - - 1 - 39 64Rote Liste 12 39 1 2 1 1 2 - 84 142 2,115,233,7 1,2 Kategorien D V - - 3 7 - - 1 - 1 1 - - - 2 - - 33 12 38 22 9,0 5,2 12,8 Sonstige Gesamt - 10 - 1 2 - 2 - 45 60 Gesamt 15 76 1 3 3 1 24 2 301 421 Gesamt 15 76 1 3 3 1 24 2 301 421 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Zikaden Sach- sen-Anhalts. Tab. 2: Übersicht zur Einstufung in die sonstigen Kategorien der Roten Liste. 14,3 Forstunkräutern, Beseitigung der Waldsäume, Forstschutzmaßnahmen), Aufgabe historischer Nutzungsformen (z.B. Be- weidung, Plaggen, Schneiteln von Kopfbäumen), Beeinträchtigung von Feuchtgebieten, Mooren und Gewässerrändern (Entwässerung, Fluss- regulierung, Eutrophierung), Beeinflussung von Trockenstandorten (wie Halbtrocken- und Trockenrasen, Binnendünen) durch Nutzungsänderungen (Auflassung der Beweidung, Verbuschung, Eutrophierung), Umnutzung von Heiden, Bergwiesen, Restge- hölzen, sogen. Ödland u.ä. (Aufforstung, Inten- sivnutzung, Fehlen der Beweidung und des Plaggens usw.), sonstige Faktoren wie Eutrophierung über die Luft, Zersiedlung der Landschaft etc. sen, Heiden, Binnendünen, Feuchtstandorte und Moore, aber auch Salzstellen, „naturnahe“ Wälder, Waldsäume, sowie Fluss- und Bachauen von be- sonderer Bedeutung. Aus den hier genannten Ge- fährdungsursachen ergeben sich mögliche bzw. notwendige Schutzmaßnahmen für die Zikaden. Danksagung Frau Dr. S. WALTER und Frau Dr. S. NEUMANN und den Herren Dr. W. FRÖHLICH, T. FUNKE, Dr. S. HAHN und Dr. H. SCHÖPKE sei an dieser Stelle für die Überlassung von Funddaten ganz herzlich ge- dankt. Dank gebührt Herrn Prof. Dr. REMANE für die Bestätigung von taxonomisch problematischen Arten sowie Frau Dr. S. WALTER und Herrn Dr. EMMRICH für die Diskussionen um den Gefähr- dungsstatus von Zikaden in Mitteldeutschland. Von den gefährdeten Habitatstrukturen sind für die Zikaden besonders Halbtrocken- und Trockenra- Art (wiss.)Kat. Cixiidae Cixius beieri WAGNER,1939 Cixius cambricus CHINA, 1935 Cixius distinguendus KIRSCHBAUM,1868 Cixius dubius WAGNER,1939 Cixius similis KIRSCHBAUM,1868 Cixius simplex (HERRICH-SCHÄFFER, 1835) Cixius stigmaticus (GERMAR,1818) Hyalestes obsoletus SIGNORET, 1865 Myndus musivus (GERMAR,1825) Pentastiridius leporinus (LINNAEUS, 1761) Reptalus panzeri (LÖW, 1883) Trigonocranus emmeae (FIEBER, 1876)2 2 3 3 2 3 2 1 0 2 2 R ! Bem. 19) 1947 14)

29_Heuschrecken 33_Laufkäfer 36_Käfer 38_Prachtkäfer

Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Heuschrecken (Ensifera et Caelifera) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Michael WALLASCHEK unter Mitarbeit von Joachim MÜLLER, Hans-Markus OELE- RICH, Klaus RICHTER, Martin SCHÄDLER, Björn SCHÄFER, Mar- tin SCHULZE, Roland SCHWEIGERT, Rosmarie STEGLICH, Eck- hart STOLLE und Michael UNRUH (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Obzwar die Langfühlerschrecken (Ensifera) und die Kurzfühlerschrecken (Caelifera) derzeit als zwei verschiedene Insektenordnungen angesehen werden, erfolgt hier aus praktischen Gründen (ähnliche Erfassung im Gelände, Bedeutung für angewandte Disziplinen wie Naturschutz, Land- schaftsplanung, Landwirtschaft, Gesundheitswe- sen) ihre Fusion unter dem traditionellen Dach der Heuschrecken. Die ca. 20.000 Heuschreckenarten der Erde (GÜN- THER 2000) besitzen meist als Primärkonsumen- ten, ein Teil auch als Sekundärkonsumenten Be- deutung in terrestrischen Ökosystemen. Im Gras- land können die Tiere mit den sprichwörtlichen Sprungbeinen zu den dominanten Wirbellosen- gruppen gehören. In extrem erscheinender Wei- se tritt uns dies in Form von Schwärmen der Wan- derheuschreckenarten, von denen es weltweit etwa zehn gibt (BEIER 1955), gegenüber. Das be- deutet jedoch in erster Linie für sesshafte Acker- bauern in den betroffenen Ländern, wie auch frü- her in Mitteldeutschland (VATER 1994), Verheerung der Saaten, Teuerung und Hungersnöte. Noma- den können Wanderheuschrecken hingegen auch heute noch recht effektiv als protein- und vitamin- reiche Nahrung nutzen (SCHIMITSCHEK 1968). Obwohl uns die Europäische Wanderheuschrecke in Folge der meliorativen Vernichtung ihrer süd- osteuropäischen Brutplätze (WEIDNER 1938) schon lange nicht mehr heimgesucht hat, kennen auch wir noch indigene Heuschreckenarten, die zuweilen als Pflanzenschädling (Maulwurfsgrille, Gewächshausschrecke) oder als Lästling, Vorrats- , Material- und Gesundheitsschädling (Heimchen) von sich Reden machen (STEINBRINK 1989, WEID- NER 1993). Aufgrund ihrer bioindikatorischen Bedeutung hat die Nutzung der Heuschrecken in der Landschafts- planung einen immensen Aufschwung genom- men. Wichtig ist hierbei, dass inzwischen so gute Kenntnisse über die Verbreitung und Vergesell- schaftung der Heuschrecken vorliegen, gerade auch in Sachsen-Anhalt (vgl. Karten und Litera- turliste in WALLASCHEK et al. 2002), dass für die Bewertung von Lebensräumen oder Eingriffen neben der Roten Liste und autökologischen Er- kenntnissen mit Erfolg auch zoogeographische und zoozönologische Fakten herangezogen wer- den können. Hierbei spielt z.B. die Lagebeziehung von Beständen zum Arealrand oder zu Verbrei- tungslücken, die Expansion, Stagnation oder Re- gression der Arealgrenze, die regionale Selten- heit, die Zugehörigkeit von Beständen zu Verbrei- tungsschwerpunkten oder die Vagilität von Arten bzw. die Zugehörigkeit zu charakteristischen Ar- tengruppen und deren Vollständigkeitsgrad eine Rolle. Nicht zu unterschätzen ist auch die Wirkung der Heuschrecken auf das Landschaftsbild. Datengrundlagen MAAS et al. (2002) führen in ihrer Checkliste 84 Heuschreckenarten (Ensifera: 40, Caelifera: 44) für Deutschland. Es handelt sich danach um alle seit 1850 in Deutschland sicher registrierten Ar- ten mit Ausnahme eingeschleppter Taxa, die sich bisher hier nicht fortpflanzen konnten. In Sachsen-Anhalts wurden bislang 60 Heuschre- ckenarten (26 Ensifera, 34 Caelifera) festgestellt (SCHÄDLER 2001, WALLASCHEK et al. 2002). Letzte- re Arbeit enthält die aktuelle Checkliste sowie die Liste der faunistischen Primärliteratur und wichti- ger Beiträge der Sekundärliteratur über die Heu- schrecken in Sachsen-Anhalt. Die Systematik und Nomenklatur der Heuschrecken richtet sich im Folgenden nach CORAY & LEHMANN (1998). Hinsicht- lich der deutschen Namen folgen wir DETZEL (1995). Für die Synonyma wird auf ZACHER (1917) und HARZ (1957, 1960, 1969, 1975) verwiesen. Die letzten vier Werke sowie BELLMANN (1993) und GÖTZ (1965) sind hilfreiche Bestimmungswerke. Der enorme faunistische Erkenntniszuwachs seit Erscheinen der ersten Roten Liste der Heuschre- cken des Landes Sachsen-Anhalt geht aus den Gitternetzkarten in WALLASCHEK et al. (2002) ein- deutig hervor. Dennoch existieren nach wie vor wenig bearbeitete Regionen. Das ist besonders gut an den Karten der allgemein weit verbreiteten Arten Metrioptera roeselii (HAGENBACH, 1822), Chorthippus parallelus (ZETTERSTEDT, 1821) und C. biguttulus (LINNAEUS, 1758) erkennbar. Im Rahmen des an der Hochschule Anhalt (FH) angesiedel- ten, landesfinanzierten Projektes „Zoogeographi- sche und ökologische Untersuchungen für eine Fauna der Heuschrecken, Ohrwürmer und Scha- ben (Insecta: Saltatoria, Dermaptera, Blattopte- ra) des Landes Sachsen-Anhalt“ (FKZ: 3188A/ 0080R) konnten 2002 und 2003 eine Reihe sol- ! cher Gebiete intensiv bearbeitet werden. So stützt sich die vorliegende Rote Liste auf ein inzwischen recht fundiertes Material, auch wenn die Einstu- fung von Arten in die Gefährdungskategorien nach wie vor eher den Charakter einer Konvention zwi- schen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trägt. Bemerkungen zu ausgewählten Arten Insgesamt elf Heuschreckenarten konnten aus der Roten Liste des Landes Sachsen-Anhalt gestri- chen werden. Der Erkenntniszuwachs, insbe- sondere auch im Norden und der Mitte des Lan- des, spielt bei Phaneroptera falcata (PODA, 1761), Leptophyes punctatissima (BOSC, 1792), Conoce- phalus fuscus (FABRICIUS, 1793), Metrioptera bi- color (PHILIPPI, 1830), Oecanthus pellucens (SCO- POLI, 1763), Tetrix undulata (SOWERBY, 1806), T. te- nuicornis (SAHLBERG, 1893), Chrysochraon dispar (GERMAR, [1834]), Gomphocerippus rufus (LINNAE- US, 1758), Myrmeleotettix maculatus (THUNBERG, 1815) und Chorthippus apricarius (LINNAEUS, 1758) eine wesentliche Rolle. Im Zusammenhang mit der landesweiten Zunahme hoch- und dichtwüchsiger, bebuschter Trockenrasen, Acker- und Grünland- brachen sowie Ruderalfluren bzw. regional auch dem Nachlassen der Nutzungsintensität des Wirt- schaftsgrünlandes expandieren zudem einige die- ser Arten in Sachsen-Anhalt oder zeigen eine Er- höhung ihres intraarealen Distributionsgrades (Phaneroptera falcata, Leptophyes punctatissima, Conocephalus fuscus, Metrioptera bicolor, Chry- sochraon dispar, Gomphocerippus rufus, Chorthip- pus apricarius). Wegen des faunistischen Erkenntniszuwachses konnte der Gefährdungsgrad von zwölf Arten ab- gesenkt werden. Es handelt sich um Leptophyes albovittata, Isophya kraussii, Barbitistes serricau- da, Myrmecophilus acervorum, Gryllotalpa gryllo- talpa, Tetrix bipunctata, Psophus stridulus, Oedi- poda caerulescens, Stethophyma grossum, Eu- thystira brachyptera, Omocestus haemorrhoida- lis und Chorthippus montanus. Allerdings beruht dies bei Psophus stridulus allein auf der Tatsa- che, dass zwischenzeitlich ein Fund von 1986 bei Dessau bekannt wurde (WALLASCHEK 1999a). Die Art ist also in Sachsen-Anhalt hochgradig vom Aussterben bedroht. Von Oedipoda caerulescens liegen inzwischen auch aus der Mitte und dem Norden des Landes eine solche Vielzahl von Fun- den vor, dass die Gefährdungskategorie 3 aktuell nicht mehr gerechtfertigt werden kann. Da die Art jedoch im Süden des Landes durch den Rückgang des Braunkohlenbergbaus sowie Rekultivierung und Sukzession, durch Letzteres auch in natur- nahen Trockenbiotopen zunehmend Bestände einbüßen wird, ist damit zu rechnen, dass sie in den nächsten zehn Jahren die Gefährdungskate- gorie 3 erreicht. Vier Heuschreckenarten, Gampsocleis glabra, Metrioptera brachyptera, Tetrix ceperoi und Lo- custa migratoria, wurden neu in die Rote Liste der " Heuschrecken von Sachsen-Anhalt aufgenom- men. Am 26.07.1996 wurde die Heideschrecke, Gamp- socleis glabra, auf dem Truppenübungsplatz Klietz und damit erstmals für das Land Sachsen-Anhalt nachgewiesen (WALLASCHEK 1997). Die vorliegen- den Erkenntnisse sprechen dafür, diese Art der Kat. R zuzuordnen. Für ganz Deutschland ist aber angesichts des Aussterbens der Bestände in den meisten Bundesländern, aus denen Fundmeldun- gen vorliegen, die Kat. 1 gerechtfertigt (MAAS et al. 2002). Diesen Autoren ist zuzustimmen, wenn sie Deutschland im Zusammenhang mit den Vor- kommen von Gampsocleis glabra in der Lünebur- ger und Klietzer Heide als „in besonderem Maße für Vorposten verantwortlich“ einstufen. Auf das Land Sachsen-Anhalt geht ein Teil dieser Verant- wortung über. Von der Kurzflügeligen Beißschrecke, Metriopte- ra brachyptera, liegen recht wenige Fundmeldun- gen aus Sachsen-Anhalt vor (WALLASCHEK et al. 2002). Nur im Harz ist eine gewisse Konzentrati- on zu bemerken. Hier liegen auch aktuelle Funde vor (STEGLICH, briefl.). Dennoch ist eine Reihe von Harzer Funden aus der Zeit vor 1990 bisher nicht wieder bestätigt worden. Es handelt sich bei Me- trioptera brachyptera um eine für submontane und montane Lagen Mitteldeutschlands typische, im Flach- und Hügelland dieses Raumes auf relativ feuchte Landschaften beschränkte, mesophile bis hygrophile Art, die aber verhältnismäßig empfind- lich gegenüber intensiver Mahd und Beweidung ist und ein beachtliches Wärmebedürfnis besitzt. Daher präferiert sie z.B. im Thüringer Eichsfeld Halbtrockenrasen oder strukturell ähnliche Le- bensräume, im Presseler Heidewald- und Moor- gebiet in Sachsen die Randbereiche der großen Moore (WALLASCHEK 1996, 1999b, 2001). Im Flach- und Hügelland Sachsen-Anhalts liegen aktuelle Fundorte im Jävenitzer Moor, in den Hottendorfer Mooswiesen, in den Zichtauer Bergen, im Fläming, in der Dübener Heide und an den Osterfelder Heideteichen. Außerdem liegen ältere Funde aus dem Elbtal vor (WALLASCHEK et al. 2002). Die his- torisch wie aktuell allgemein hohe Nutzungsinten- sität des Grünlandes, die Trockenheit vieler Land- schaften und vieler derzeit extensiv genutzter Flä- chen im Flach- und Hügelland Sachsen-Anhalts minimieren hier das Spektrum besiedelbarer Land- schaftsabschnitte und Biotoptypen. Offensichtlich führt das zu Bestandseinbußen (Elbtal) und zur Isolation der verbliebenen Bestände mit der Ge- fahr, durch Nutzungsänderungen Verluste bis hin zum lokalen Aussterben zu erleiden. Bei Abfassung der ersten Roten Liste des Lan- des Sachsen-Anhalt war das Vorkommen von Tetrix ceperoi im Land noch nicht bekannt. Sie wurde erst 1993 von MEINEKE & MENGE (1993) ge- funden. Inzwischen kennen wir zwar eine Reihe von Fundorten in Sekundärlebensräumen, doch sind die Bestände durch die Sukzession bedroht. Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 4 Gefährdungskategorie R 1 2 2 3 4 5,0 Rote Liste 26 21,743,4 6,73,3G -Kategorien D V - 2Sonstige Gesamt 2 --3,3 3,3 6,7 3 13 Die Europäische Wanderheuschrecke, Locusta migratoria, wurde nicht in die erste Rote Liste der Heuschrecken von Sachsen-Anhalt aufgenom- men, weil die von WEIDNER (1938) zitierte Beob- achtung GERSTÄCKERS, wonach von 1873 bis 1875 Roggen- und Haferfelder bei Körbelitz nahe Mag- deburg geschädigt worden sind und es sich um die stationäre Phase gehandelt habe, zunächst nicht als Fortpflanzungsnachweis interpretiert worden ist. Da auch in früheren Zeiten Wander- züge bis in den sachsen-anhaltinischen Raum führten und noch weitere Einzelfunde aus Sach- sen-Anhalt bekannt sind, kann eine früher wieder- holte Reproduktion im Landesgebiet nicht ausge- schlossen werden. Bei Wiederauftreten bedürfen die Bestände keines besonderen Schutzes. Die 1996 erstmals für Sachsen-Anhalt nachgewie- sene Tettigonia caudata (CHARPENTIER, 1842) (WAL- LASCHEK 1999a) wurde nicht in die Rote Liste auf- genommen, weil keine grundsätzliche, aktuelle oder zufällige Gefährdung der zwar lokalen, aber teilweise kopfstarken Bestände und ihrer Lebens- räume erkennbar oder vorstellbar ist (SCHÄFER, mdl.). Hinzuweisen ist darauf, dass die Bestände allein von 20 der 28 jetzt in der Roten Liste Sachsen- Anhalts befindlichen Heuschreckenarten im Land am Arealrand liegen oder selbst die Arealgrenze markieren. Vier Arten (Gampsocleis glabra, Lep- tophyes albovitatta, Myrmecophilus acervorum, Tetrix ceperoi) besitzen in Sachsen-Anhalt einen ihrer Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland. Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen An den allgemein wirksamen Ursachen für die Gefährdung der Heuschreckenarten Sachsen- Anhalts hat sich seit dem Erscheinen der ersten Roten Liste nichts wesentliches geändert: - Verbuschung und Bewaldung von Trocken-, Mager- und Halbtrockenrasen durch Wegfall traditioneller Bewirtschaftungsmaßnahmen; Aufforstung von Grasland, - Entwässerung von Feuchtflächen und Verfül- len von Kleingewässern (Beseitigung von Ried- und Röhricht- sowie Rohbodenflächen), - Intensivierung der Grünlandnutzung durch Umbruch und nachfolgende Ansaat artenarmer Gras- und Futtermischungen, hohe Düngerga- Gesamt 60 - - - - - - Gesamt 60 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Heuschrecken Sachsen-Anhalts. Tab. 2: Übersicht zur Einstu- fung in die sonstigen Kategori- en der Roten Liste. ben, hohen Viehbesatz und mehrmalige Bewei- dung (vor allem durch Rinder), Zerstörung von Habitaten durch Flurbereini- gungsmaßnahmen, insbesondere durch Besei- tigung von gehölzfreien Randstreifen, Saum- strukturen, Hecken, Gebüschen und Bäumen, Pestizid- und Düngereinsatz, insbesondere Mitbegiftung und -düngung von Feld- und Wald- rändern sowie kleinen naturnahen Habitaten in der Agrarlandschaft; Insektizid- und Herbizide- insatz in Gärten, Grünanlagen und an Verkehrs- wegen, Aufforstung und Ansaat von Grasmischungen („Rekultivierung“) in Tagebau-Restlöchern, Kies-, Sand- und Tongruben sowie Steinbrü- chen und auf Abraumhalden, Ödland- und Randflächen, Zerstörung von Habitaten durch Baumaßnah- men, insbesondere Verkehrswege- und Sied- lungsbauten; Zerschneidung von Biotopkomple- xen durch Baumaßnahmen, Begradigung, Verrohrung und technische Ufer- befestigung von Flüssen und Bächen, Trittschäden; Geländesportpisten; Vermüllung von wertvollen Habitaten. Hinzuweisen ist darauf, dass im Rahmen der Ar- ten- und Biotopschutzprogramme für die bisher bearbeiteten Landschaftsräume (Harz, Halle, Elbe) konkrete Hinweise zu den Gefährdungfak- toren und zum Schutz der Heuschrecken erarbei- tet worden sind, die vielfach sinngemäß auch auf andere Landschaften in Sachsen-Anhalt übertra- gen werden können. Insbesondere für die „Vom Aussterben bedroh- ten“, „Stark gefährdeten“ und „Extrem seltenen“ Heuschreckenarten (Kat. 1, 2, R) sollten Arten- hilfsprogramme erarbeitet werden. Da Sachsen- Anhalt eine besondere Verantwortung für die Er- haltung des Vorpostens von Gampsocleis glabra trägt (MAAS et al. 2002), muss diese Art im Vor- dergrund der Bemühungen stehen. Unerlässlich ist die umgehende Nachsuche an al- len Altfundorten von Psophus stridulus. Dringen- der Untersuchungsbedarf hinsichtlich der zoogeo- graphischen und ökologischen Grundlagendaten der Bestände in Sachsen-Anhalt besteht bei Oedi- poda germanica. In den nächsten Jahre sollten solche Untersuchungen auch für Stenobothrus nig- romaculatus und S. crassipes veranlasst werden. #

Staatssekretär Jürgen Ude verleiht Hugo-Junkers-Preise für Forschung und Innovation

Staatssekretär Dr. Jürgen Ude hat am heutigen Montag in Vertretung von Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann die „Hugo-Junkers-Preise für Forschung und Innovation aus Sachsen-Anhalt 2020“ verliehen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Preisverleihung, die im Dezember 2020 stattfinden sollte, zunächst verschoben und als virtuelles Event nachgeholt werden. Kurz vor der virtuellen Preisverleihung hatte sich der Minister, der Schirmherr des Preises ist, nach einer Warnmeldung der Corona-App in häusliche Quarantäne begeben. Deshalb gratulierte Staatssekretär Ude den zwölf Preisträgern in vier Kategorien per Live-Stream aus dem Mitteldeutschen Multimediazentrum (MMZ) in Halle (Saale). Im vergangenen Jahr wurden trotz Pandemie rund 100 zukunftsweisende Projekte und Produkte aus Wirtschaft und Wissenschaft eingereicht. Ausgezeichnet in vier Kategorien wurden: Staatssekretär Ude erinnerte in Anlehnung an den Flugzeugpionier Hugo Junkers daran, dass Sachsen-Anhalt schon immer ein Land mutiger und kreativer Ideengeber war. „Daran wollen wir gerade jetzt in Zeiten wirtschaftlicher Umbrüche anknüpfen“, erklärte Ude. „Wir wollen die Chancen nutzen, die sich insbesondere im Bereich der Zukunftstechnologien bieten.“ Willingmann erklärte vorab, in den vergangenen vier Jahren habe das Ministerium bereits verstärkt in Wissenschaft und Wirtschaft investiert, beide Bereiche noch enger vernetzt. „Diesen Kurs müssen wir auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Die Entwicklung von Innovationen ist die Basis für mehr Wertschöpfung und damit auch für neue, hochwertige Arbeitsplätze bei uns in Sachsen-Anhalt“, so Willingmann. „Wie innovativ unser Land bereits heute aufgestellt ist, zeigen die mit dem Hugo-Junkers-Preis ausgezeichneten Projekte eindrucksvoll auf.“ Die Preisträger in den vier Kategorien im Überblick Kategorie: „Innovativste Vorhaben der Grundlagenforschung“: Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Orthopädische Universitätsklinik. Forschungsbereich Experimentelle Orthopädie M.Sc. Ann-Kathrin Meinshausen, Prof. Dr. Jessica Bertrand, Prof. Dr. med. Christoph H. Lohmann Innovationstitel: C9 als Biomarker für Protheseninfektion Eine Infektion an einer Prothese kann dazu führen, dass das Gelenkimplantat ausgetauscht werden muss. Die Patienten leiden unter vermehrten Krankenhausaufenthalten, Operationen und einer höheren Sterblichkeit. Je schneller und zuverlässiger solch eine Infektion entdeckt wird, umso weniger Gewebe wird geschädigt und umso geringer ist der Knochenverlust. Bei der Diagnose macht sich das Forschungsteam die natürliche Reaktion des Körpers zunutze. Denn das angeborene Immunsystem aktiviert Signalwege, um eine bakterielle Infektion zu bekämpfen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Signalwege ist das Protein C9. Es löst über Poren in der Bakterienmembran den Tod der Bakterien aus. Um das Protein und damit eine Infektion nachzuweisen, entwickelte das Forscherteam einen Biomarker. Es untersuchte, ob das Gewebe von infizierten Prothesen das Protein C9 enthält. Hier wies es deutlich mehr C9 nach als in nicht infiziertem Gewebe. Zum Vergleich wurde auch Gewebe von Patienten mit anderen Gelenkerkrankungen untersucht. Die Patienten litten unter Rheuma, Chondrokalzinose oder Metallose. Doch das entzündete Gewebe zeigte eine deutlich geringere Färbung von C9. Das Protein zeigte somit wieder das Gewebe mit einer bakteriellen Infektion mit großer Sicherheit an. Eine Kreuzreaktion von C9 mit anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen konnte ausgeschlossen werden. Dr. rer. nat. Matthias Jung, Prof. Dr. med. Dan Rujescu, Carla Hartmann, Bernadette Harwardt, Ole Pless, Dr. rer. nat. Antje Appelt-Menzel, Winfried Neuhaus Innovationstitel : ScreenHub: Personalisiertes/Alzheimer-spezifisches Blut-Hirn-Schranken-Modell für Target/Medikamenten Screening Für die Alzheimer-Krankheit gibt es bisher keine Heilung. Die Ursachen sind trotz jahrelanger intensiver Forschung nicht vollständig aufgeklärt. Eine entscheidende Rolle könnten Veränderungen in der Bluthirnschranke spielen. Die Bluthirnschranke grenzt das Gehirn vom Körper ab. Zugleich fungiert sie als Logistikzentrum für Versorgung und Entsorgung. Denn über die Bluthirnschranke gelangen essentielle Nährstoffe oder Medikamente in das zentrale Nervensystem und Schadstoffe werden abtransportiert. Das Forschungsteam hat in genetischen Studien Mutationen gefunden, die mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht werden. Diese Entdeckung bietet die Chance, neue Krankheitsmechanismen auszumachen und sie für Therapien zu nutzen. Dafür muss die Bluthirnschranke besser erforscht werden. Deshalb hat das Team ein Zellkultur-Modell entwickelt. Es basiert auf künstlichen Stammzellen von Alzheimer-Patienten. Sie werden in einem dafür spezialisierten Labor in Halle hergestellt und in eine Zellkultureinlage eingebracht. Der Prozess ist technisch komplex, doch im Verbund der beteiligten Forschungseinrichtungen gut realisierbar. Die Eigenschaften des Modells entsprechen einer großen technischen Innovation, denn sie kommen den tatsächlichen Bedingungen im Gehirn sehr nahe. Die Forschenden kommen ohne Tierversuche aus. Das Modell kann genutzt werden, um Medikamente und Impfstoffe zu testen. Der Effekt von Mutationen auf die Bluthirnschranke kann untersucht werden. Zudem ermöglicht das Modell in naher Zukunft die Anwendung personalisierter Medizin. Dabei geht es um eine maßgeschneiderte Behandlung. Dies wird unter anderem die Wirkung von Medikamenten verbessern. Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Fakultät für Maschinenbau, Institut für Werkstoff- und Fügetechnik, Leibnitz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg Prof. Dr. Dr. Kentaroh Takagaki, Dr. Rodrigo Herrera-Molina, Dipl.-Ing Markus Wilke, Dr.-Ing. Martin Ecke, Dr. Anja Maria Oelschlegel, M.Sc. Zifeng Xia Innovationstitel: Die MAGDEBURGER Elektrode zur Aufzeichnung von Hirnaktivitäten und zur Behandlung von Hirnerkrankungen Die „Magdeburger Elektrode“ kann als fundamentaler Durchbruch für die Erforschung von Hirnerkrankungen bezeichnet werden. Es geht um einen komplett neuen Ansatz, Hirnelektroden herzustellen und zu designen. Hirnelektroden dienen dazu, Hirnströme aufzuzeichnen und Hirnaktivitäten zu untersuchen. Das Forschungsteam hat eine nanostrukturierende Fertigungsmethode mit dem Elektrodendesign innovativ kombiniert. Das ermöglicht, Hirnelektroden voll flexibel herzustellen und Elektroden minimalinvasiv zu implantieren. Entgegen aktueller Forschungsarbeiten wird das Signal mit jeder Elektrode an verschiedenen Positionen gleichzeitig abgegriffen. Zudem können gewünschte Hirnareale gezielt stimuliert werden. Die Fertigung der Elektrode erfolgt interdisziplinär. Neurobiologen und Mediziner bestimmen die exakten Positionen und Formen für die nano-Fertigung. Materialwissenschaftler nutzen dann einen fokussierten Ionenstrahl als nanostrukturierende Methode. So können vor dem operativen Eingriff die Elektroden individuell auf die Art der Untersuchung und den Patienten angepasst werden. Durch das Design und das verwendete Material kommt es weder zu Blutungen, noch zu Schäden im betroffenen Hirnareal. Somit besteht auch nicht die Gefahr von entzündlichen Reaktionen oder Narbenbildung. Die Magdeburger Elektrode ist nahezu „unsichtbar“ für das umliegende Gewebe. Erstmals kann ein derartiges System dauerhaft im Hirn verbleiben und ermöglicht so eine Signalerfassung über sehr lange Zeiträume. Dabei kommt es weder zum Verlust der Datenqualität, noch zur Schädigung des Patienten. Einzigartig ist zudem die Menge an Daten, die mit einer Elektrode erfasst werden kann. Komplexe Vorgänge wie Lernen, Gedächtnis und neurodegenerative Erkrankungen können erstmals erforscht und die Wirkung von Medikamenten hinreichend beschrieben werden. Langfristig können Hirnerkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Epilepsie besser untersucht und behandelt werden. Kategorie: „Innovativste Projekte der angewandten Forschung“: Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen u. Systemen IMWS, Halle (Saale), Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP, Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME Prof. Dr. Mario Beiner, Dr. Gaurav Gupta, Dr. Marlen Malke, Dr. Ulrich Wendler, Dr. Christian Schulze Gronover, Prof. Dr. Dirk Prüfer Innovationstitel : BISYKA - Biomimetischer Synthesekautschuk Natürlicher Kautschuk aus Kautschukbäumen ermöglicht bisher einzigartige Eigenschaften für Reifenanwendungen, insbesondere für hoch beanspruchte Lkw-Reifen. Naturkautschuk ist allerdings ein begrenzter Rohstoff. Zudem ist die Versorgungssicherheit durch Pflanzenschädlinge gefährdet. Das Forschungsteam aus den beteiligten Fraunhofer-Instituten hat einen künstlichen Kautschuk hergestellt. Der Fokus bei diesem sogenannten biomimetischen Synthesekautschuk BISYKA lag auf einer bestimmten Eigenschaft: der dehninduzierten Kristallisation. Dieses Merkmal ist bisher nur dem Naturkautschuk vorbehalten. Es bedeutet, dass sich kristalline Bereiche bilden, wenn Naturkautschuk auf die dreifache Länge gedehnt wird – der Kautschuk verhärtet sich. Das Forschungsteam identifizierte zunächst mithilfe von Löwenzahn-Kautschuk die wichtigen Funktionalitäten und Biokomponenten, die für das Abriebverhalten wichtig sind. Dann wurde der BISYKA-Kautschuk Schritt für Schritt hinsichtlich seiner Dehnkristallisation optimiert. Der neu entwickelte synthetische Kautschuk erreicht beim Abrieb erstmals die Eigenschaften von Reifen aus Naturkautschuk. Beim Rollwiderstand übertrifft der synthetische Kautschuk sogar das Original. Der geringere Rollwiderstand sorgt für Treibstoffeinsparungen. Zudem sorgt er für geringeren Abrieb. Dieser fiel bei ersten Reifentests um 30 Prozent niedriger aus. Der Profilverlust betrug sogar nur knapp die Hälfte. Das reduziert das Problem der Feinstaub- und Mikroplastik-Belastung für Mensch und Umwelt. Der neuartige biomimetische Synthesekautschuk lässt sich in großtechnischem Maßstab in vorhandenen Anlagen produzieren. Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, Halle (Saale) Dr. Marco Götze, M.Sc.Tobias Hedtke, Dr. rer. nat. Christian Schmelzer Innovationstitel Innovative Wundauflagematerialien auf Basis von Elastin – MatriHEAL Gewebe und Organe wie Blutgefäße, Lunge und Haut können ihre lebenswichtigen Aufgaben nur erfüllen, wenn sie über die nötige Elastizität und Spannkraft verfügen. Diese Eigenschaften erhalten sie durch das Strukturprotein Elastin. Es ist Hauptbestandteil der elastischen Fasern des Bindegewebes. Doch der Körper bildet es nur einmal. Durch Umwelteinflüsse, Alterungsprozesse sowie Verletzungen werden die elastischen Fasern beschädigt. Einmal zerstört, ist ihre Wirkung nicht wieder herstellbar. Deshalb verlieren Organe und Gewebe immer mehr an Elastizität und können schließlich ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Besonders problematisch sind großflächige Verletzungen der Haut sowie tiefe und chronische Wunden. Sie treten vor allem bei altersbedingten Erkrankungen wie Diabetes auf. Diesem Problem begegnet das Fraunhofer Institut mit innovativen Wundauflagen: Natürliches Elastin wird aus Nebenerzeugnissen der Lebensmittelindustrie gewonnen und zu Materialien für Wundauflagen verarbeitet. Dabei handelt es sich um Nanofaservliese oder Proteinschwämme. Die Vliese werden mittels Elektrospinnen hergestellt. Sie sind besonders gut geeignet, um großflächige Wunden zu behandeln. Die Proteinschwämme werden durch Gefriertrocknung hergestellt und haben ein hohes Quellvermögen. Sie dienen der Behandlung von tiefen Wunden. Das Material hat drei positive Effekte: Die Wundheilung wird beschleunigt, Entzündungen werden gehemmt und die Elastizität sowie das Erscheinungsbild des Narbengewebes werden verbessert. Dies schafft eine innovative und bio-basierte Lösung für die Versorgung chronischer Wunden. Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät / Universitätsklinikum Magdeburg INKA Healthtec Innovation Laboratory, Orthopädische Universitätsklinik Thomas Sühn, Nazila Esmaeili, Moritz Spiller, Dr. Alfredo Illanes, Dr.-Ing. Axel Boese, Prof. Dr. Michael Friebe, Prof. Dr. med. Christoph H. Lohmann, Prof. Dr. Jessica Bertrand, Maximilian Costa Innovationstitel : IntraOrthoSense - intraoperative vibroakustische Abtastung von Gelenkknorpel für die klinische Entscheidungsunterstützung Osteoarthrose des Knies ist gerade bei älteren Menschen verbreitet. Die Krankheit sorgt dafür, dass Prothesen als Ersatz des Kniegelenks zu den häufigsten Operationen in Deutschland gehören. Das bedeutet in den kommenden Jahrzehnten enorme Belastungen für die einzelnen Betroffenen wie auch für das Gesundheitssystem allgemein. Deshalb ist eine Abwägung wichtig: Der optimale Zeitpunkt und Umfang einer Operation müssen zweifelsfrei bestimmt und die Rehabilitationsmaßnahmen überwacht werden. Dafür ist die Bewertung des Gelenkknorpels entscheidend. Dies geschieht bisher anhand von Röntgenbildern. In vielen Fällen entspricht das nicht dem tatsächlichen Zustand des Knorpels, wie er sich bei der Operation zeigt. IntraOrthoSense liefert hier einen innovativen Ansatz: Der Gelenkknorpel kann intraoperativ bewertet werden. Dazu wird das Gewebe mit Hilfe eines Palpierstabs abgetastet. Die entstehenden vibroakustischen Signale am gegenüberliegenden Ende des Stabs werden über eine spezielle Sensoranordnung erfasst. Die gewonnenen Informationen werden direkt analysiert. Das erlaubt noch im OP Rückschlüsse über die mechanischen Eigenschaften des Knorpels. Der Schweregrad der Arthrose kann objektiv bewertet werden – sowohl in der offenen als auch arthroskopischen Chirurgie. Mit Hilfe dieser Entscheidungsunterstützung kann der optimale Zeitpunkt sowie nötige Umfang des Gelenkersatzes bestimmt werden. Gleichzeitig werden Invasivität und Trauma für die Patienten reduziert. Kategorie: „Innovativste Produktentwicklung/ Dienstleistungen / Geschäftsmodelle: Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF, Magdeburg Martin Kirch, Olaf Poenicke, Maik Gronenberg Innovationstitel: ScanSpector – Automatische Frachtvermessung in Produktion und Logistik Im Bereich der Logistik wird das Volumen einer Fracht in der Regel manuell bestimmt. Die Maße werden mithilfe von Bandmaß oder Gliedermaßstab erfasst. Zwar gibt es automatische Systeme mit erfahrbaren Linienlasern. Doch diese sind kostenintensiv und stationär. ScanSpector hat neue Ansätze zur Frachtvermessung. Das System ist mit Scan-Säulen modular aufgebaut. Es ermittelt automatisch die Abmaße einer Fracht oder Palette, während diese vorbeifährt. Gleichzeitig wird die Fracht identifiziert – per RFID, Barcode oder Klarschrifterkennung. Zentrales Element von ScanSpector ist eine Frachtinspektionssäule mit integrierten Tiefenbildsensoren. Sie scannt die vorbeifahrende Fracht permanent mit einer hohen Bildwiederholrate. So werden separat blickwinkelabhängige Tiefeninformationen ermittelt, inklusive der Farbwerte RGB. Aus diesen Informationen wird ein 3D-Gesamtbild der Fracht erstellt. Für einen vollständigen 3D-Scan werden üblicherweise zwei gegenüberstehende Säulen benötigt. Sie ermöglichen sowohl eine Rundum-, als auch eine Draufsicht. Alle sendungsrelevanten Daten einer Fracht können direkt im laufenden Logistik-Prozess ohne zeitlichen Mehraufwand ermittelt werden. Das System gibt sie direkt an das Transportmanagementsystem weiter. Zudem wird jedes Transporthilfsmittel, wie Gabelstapler, Hubwagen oder Ameise, mit 2D-Codes gekennzeichnet. Das ermöglicht, den exakten Aufnahmepunkt der Ware zu bestimmen, unabhängig vom Kippwinkel, der aktuellen Position, Gabelhöhe und Fahrtrichtung. COMAN Software GmbH, Stendal Timur Ripke, Sven Kägebein Innovationstitel: Der smarte Datenhub für den industriellen Großanlagenbau - Schwerpunkt Automotive COMAN setzt im Automotive-Anlagenbau an: Der Informationsaustausch beim Um- und Aufbau von Anlagen ist heute noch weitestgehend analog. Oft findet er in unterschiedlichen, in sich geschlossenen Systemen statt. Projektfortschritte werden manuell auf Punktelayouts oder in Baustellentagebüchern erfasst. Die Folge sind ungenaue Ressourcen- und Kostenkalkulationen, fehlende Transparenz des realen Projektstatus, multiple Datenpflege und hohe Fehleranfälligkeit. COMAN ist eine Verkettung von vier Produkten: dem Manager, der Mobile- und LoP-App und dem Dashboard. Fortschritte, Verzögerungen oder Mängel werden vor Ort erfasst und der Entscheider-Ebene in Echtzeit übermittelt. Der Manager ist die Hauptzentrale. Sie schließt alle Projektinformationen in sich zusammen und stellt sie allen Projektteilnehmern zur Verfügung: Die Informationen gelangen über die Applikationen „Mobile” und „LoP“ zu den beteiligten Mitarbeitern auf der Baustelle und wieder zurück. Das ermöglicht eine einheitliche Kommunikation über alle Ebenen, Datendurchgängigkeit und einen ganz neuen Standard im Anlagenbau. Alle Projektdaten werden zentralisiert und es entsteht eine nie dagewesene Transparenz. Alle Prozesse können effizienter organisiert werden und der Datenaustausch wird auf eine neue Ebene gebracht. Zudem werden zu allen branchenüblichen Software-Lösungen Schnittstellen aufgebaut und Daten-Silos abgelöst. So bleiben eingepflegte Anwendungen im Unternehmen weiterhin nutzbar. Wichtige Daten existieren nicht geschlossen und der Anlagenaufbau wird digitalisiert. Effizienz und Qualität werden um durchschnittlich 60 Prozent gesteigert. Infinite Devices GmbH, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Alexander Alten-Lorenz, Bruno Kamm, Alexandra Sarstedt, Prof. Dr. Marko Sarstedt Innovationstitel: I nfinimesh - eine vollumfängliche Plattform für IoT-Kommunikation Das Internet der Dinge (IoT) gilt als eine der bahnbrechendsten technologischen Revolutionen seit der Erfindung des Internets. Damit Unternehmen jedoch die Vorteile nutzen können, benötigen sie eine Plattform, die ihre Geräteflotte verwaltet. Der Markt wird aktuell von proprietären Cloud-basierten Lösungen dominiert. Diese Anbieter erfüllen allerdings nur bedingt die Anforderungen der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie verursachen langfristig erhebliche Kosten durch Lock-in-Effekte und sind in ihrem Leistungsangebot eingeschränkt. Dadurch mangelt es an Skalierbarkeit und Sicherheit. Gleichzeitig ist der Aufbau einer Inhouse-Lösung für Unternehmen in der Regel zu teuer. Infinimesh ist eine Open-Source-Plattform. Sie nutzt cutting-edge-Technologie wie Kubernetes, Kafka und DGRaph als Grundlage für eine unabhängige IoT-Plattform. Infinimesh ermöglicht, komplette IoT-Ökosysteme zu integrieren, unabhängig von einer bestimmten Cloud-Technologie oder einem bestimmten IT- Dienstleister. Dies bedeutet, dass Nutzer ihre IoT-Geräte auf internen Systemen verwalten können und somit die volle Kontrolle über ihre Daten behalten. Damit entspricht die Plattform in vollem Umfang den Datenschutzbestimmungen der DSGVO. Gleichzeitig kann infinimesh problemlos mit branchenüblichen Lösungen wie Siemens Mindsphere und IBM Watson IoT verbunden werden. Die Plattform setzt auf dem von Google entwickelten Kubernetes-System auf, das nicht nur extrem sicher ist, sondern auch eine unkomplizierte Skalierung von wenigen bis zu Millionen von Geräten zulässt. Hierdurch werden exponentiell steigende Kosten vermieden, sobald die Anzahl der Geräte steigt. Das erhöht die Kosten- und Planungssicherheit. Kategorie: Sonderpreis „Innovativste Projekte aus dem Bereich APITs - Applied Interactive Technologies". Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Fakultät für Informatik, Institut für Intelligente Kooperierende Systeme (IKS), AG Software Engineering, Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt, METOP GmbH Prof. Dr. Frank Ortmeier, M Sc. Marco Filax, Ralf Heidrich, Maria Mendat, Prof. Dr. Thomas Leich, Stephan Dassow Innovationstitel: „EVOK: Echtzeit Vor-Ort-Aufklärung und Einsatzmonitoring“ Geiselnahmen und ähnliche Einsätze von Spezialkräften der Polizei erfordern ein schnelles und professionelles Handeln, um das Leben möglicher Opfer wie auch der Einsatzkräfte zu schützen. Dies wird insbesondere in Gebäuden dadurch erschwert, dass den Tätern meist das räumliche Umfeld bekannt ist. Einsatzkräfte und -leitung müssen sich hingegen erst orientieren und tauschen sich in der Regel verbal aus. Das EVOK System ermöglicht vor Ort eine akkurate und umfassende Lageaufklärung in Echtzeit. Das System erlaubt, in Echtzeit ein virtuelles mehrdimensionales Modell der Umgebung zu erstellen. Personen können während des laufenden Einsatzes verortet werden und eine multiperspektivische Lagedarstellung wird ermöglicht. Ein Schwerpunkt liegt darauf, in Echtzeit Karten zu generieren und mit Informationen anzureichern. Unter anderem werden die Positionen der Einsatzkräfte, Gefahrenstellen oder nachzuführenden Kräfte markiert. Die Informationen werden, zugeschnitten auf die Nutzergruppe, visualisiert. Das erleichtert, schnelle Entscheidungen zu treffen. Das Forscherteam hat mithilfe von AI-Technologie die benötigten Algorithmen optimiert, ein eigenes Hardware-System konzipiert und prototypisch realisiert. Der Prototyp soll in ein Produkt überführt werden. Das Projekt erregte bereits Aufmerksamkeit in der Presse und seitens anderer Landeskriminalämter. 3DQR GmbH, Magdeburg Daniel Anderson, Maximilian Unbescheidt Innovationstitel: 3DQR Studio (Webplattform zur Erstellung eigener Augmented Reality Inhalte) 3DQR bietet mit 3DQR Studio und der 3DQR App ein voll funktionsfähiges Augmented-Reality-Ökosystem. Die Augmented Reality Technologie von 3DQR wird bereits von vielen Unternehmen eingesetzt, um AR-Szenen darzustellen. Diese wurden im Rahmen von Projekten speziell für sie entwickelt. Augmented Reality bedeutet, dass virtuelle 3D-Modelle mit der realen Umgebung verschmelzen. Sie hat das Potenzial, den bisher bekannten Alltag und das Arbeitsleben vollkommen zu verändern. AR-Szenen verändern die Art zu arbeiten, zu lernen und mit dem Umfeld zu interagieren. Dies ist nicht auf einzelne Abteilungen beschränkt. Marketing und Vertrieb können genauso von AR profitieren wie die Instandhaltung sowie Wartungs- und Servicearbeit, die Anlagen- und Produktionsplanung oder die Aus- und Weiterbildung von Personal. Das Produkt der 3DQR besteht aus zwei Teilen: Einerseits einer universellen Reader-App mit eigens entwickeltem Algorithmus zur Bildverarbeitung. Er ermöglicht es erstmals, vollständige Augmented Reality-Szenen auf jedem normalen QR-Code darzustellen. Ein Patent ist angemeldet. Andererseits bildet eine neue Online-Authoring-Plattform die Grundlage dafür, dass auch mittelständische Unternehmen mit einem einfachen Baukastensystem neue AR-Szenen erstellen und auf ihren QR-Codes platzieren können. Dies ermöglicht eine hohe Flexibilität und legt, aufbauend auf den weit verbreiteten QR-Code-Standard, den Grundstein für einen universellen AR-Standard. prefrontal cortex GbR, Halle (Saale) Felix Herbst, Paul Kirsten, Christian Freitag Innovationstitel: Mars Makalös - Wissensvermittlung und archäologische Forschung in XR Das schwedische Flaggschiff "Mars Makalös" sank im Jahre 1563 vor der Küste von Öland. Nach vielen Jahren der erfolglosen Suche wurde es erst 2011 gefunden. Doch statt es zu bergen, wurde das sensationelle Wrack in jahrelanger Arbeit detailgetreu aus zehntausenden Bildern digital zum Leben erweckt. Dieser Fund sollte Archäologen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dafür entwickelte prefrontal cortex einen spielerischen Ansatz und verband so Wissensvermittlung mit Forschung. Das macht nicht nur möglich, den Ort zu begehen. Die Gegebenheiten 80 Meter unter der Meeresoberfläche werden realistisch dargestellt. Das 3D-Modell des Wracks kann in virtueller und erweiterter Realität erlebt und analysiert werden. Als Taucher ist man hautnah dabei und sucht in der Tiefe nach Artefakten und Spuren. Als Wissenschaftlerin analysiert man die gefundenen Fragmente und dreidimensionalen Rekonstruktionen und erfährt detaillierte Hintergrundinformationen über die damalige Zeit und die heutige Forschung. „Mars Makalös“ ist das erste Produkt eines Frameworks, mit dem photogrammetrische Szenen didaktisch vermittelt und digital analysiert werden. Es findet eine breite Anwendung in Kultur, Archäologie, Lehre und Forschung. Zudem bildet es eine adäquate Brücke zwischen dem traditionellen Museum und der modernen digitalen Welt. Aktuelle Informationen zu interessanten Themen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung finden Sie auch auf den Social-Media-Kanälen des Ministeriums bei Twitter , Instagram , Facebook und Linkedin . Impressum: Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation Hasselbachstr. 4 39104 Magdeburg Tel.: +49 391 567-4316 Fax: +49 391 567-4443 E-Mail: presse@mw.sachsen-anhalt.de Web: www.mw.sachsen-anhalt.de Datenschutzerklärung

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4 Einleitung M. WALLASCHEK, T. J. LANGNER & K. RICHTER Für viele Menschen dürfte sich die Frage stellen, warum hier eine Publikation über Ohrwürmer, Fangschrecken, Schaben und Heuschrecken vorgelegt wird. Daher soll ein Überblick dieser Insektengruppen, die als Geradflügler oder Or- thopteren (Orthoptera s.l.) zusammengefasst werden können, vorangehen. Dem folgt eine Darstellung der Geschichte und der Ziele des Projektes, dessen wichtigstes Ergebnis diese Veröffentlichung bildet. Ohrwürmer - Dermaptera Die weltweit etwa 1300 rezenten Ohrwurmarten sind ausgesprochene Dämmerungs- und Nacht- tiere, die zugleich eine hohe Luftfeuchtigkeit ver- langen. Sie bevorzugen Schlupfwinkel, in denen sie mit möglichst vielen Körperstellen Kontakt mit dem Substrat haben. Angegriffen, wehren sie sich durch Kneifen mit den typischen Zangen und durch Absonderung eines die Haut ätzen- den Sekretes (GÜNTHER 2000a). Nur acht Ohrwurmarten sind in Deutschland in- digen (MATZKE 2000, WALLASCHEK 1998b). An- gesichts dieser geringen Artenzahl sowie der auf Ekel und Angst beruhenden Einstellung vieler Menschen diesen Tieren gegenüber kann das mangelnde Interesse an den Dermapteren nicht verwundern. Allerdings hat sich herausgestellt, dass heimische Ohrwurmarten in bestimmten Lebensräumen zu den dominanten Tierarten oder -gruppen hinsichtlich Siedlungsdichte und Biomasse gehören können (ELLENBERG et al. 1986). Von einzelnen Dermapterenarten ist be- kannt, dass sie sehr spezielle ökologische An- sprüche besitzen (HARZ 1957). Bei genauerer Betrachtung zeigt sich die heimische Ohrwurm- fauna zudem in ihrer Zoogeographie und Ökolo- gie erstaunlich vielfältig (WALLASCHEK 1998b). Die zoo- oder pantophage Ernährungsweise hat Untersuchungen zum Einsatz von Dermaptere- narten, darunter auch heimischen, für die biolo- gische Schädlingsbekämpfung angeregt (CAUS- SANEL & ALBOUY 1991). In der Kleingartenpraxis wird der bekannte Gemeine Ohrwurm mancher- orts bereits in diesem Sinne gefördert. Gelegent- lich mag er aber auch als Pflanzen- oder Vor- ratsschädling, Lästling und in seltenen Fällen durch Verschleppen von Krankheitserregern der Kulturpflanzen und des Menschen in Erschei- nung treten (BEIER 1959). Nicht unerwähnt soll bleiben, dass den heimi- schen Dermapterenarten, -faunen und -taxo- zönosen in gewissem Umfang Zeigerfunktion für die Landschaftsstruktur, den Grad des anthro- pogenen Einflusses und einzelne ökologische Faktoren zukommen kann. Somit lassen sie sich durchaus im Rahmen der Bioindikation in der Landschaftsplanung einsetzen (WALLASCHEK 1998b). Fangschrecken - Mantodea Von den weltweit etwa 2000 Arten besitzt Deutschland nur einen Vertreter (GÜNTHER 2000b). Es handelt sich um die trotz ihrer hiesi- gen Seltenheit wegen der charakteristischen Fangbeine, der stark verlängerten Vorderbrust, des kleinen dreieckigen Kopfes mit den hoch- leistungsfähigen Komplexaugen und des nicht selten traurigen Schicksals der männlichen Tiere allgemein bekannte Gottesanbeterin. Die Fangschrecken sind recht eng mit den Schaben verwandt, wie sich am besten an den ähnlich gebauten Eipaketen erkennen lässt. Die Tiere zeigen eine vorwiegend tropische und sub- tropische Verbreitung. Fossile Mantodeenfunde gelangen bisher vergleichsweise selten, vermut- lich sind aber die Urahnen dieser Tiergruppe im Perm zu suchen. Praktische Bedeutung kommt den Fangschrecken bei uns nicht zu, sieht man von den wenigen indigenen Vorkommen der Gottesanbeterin in Deutschland als interessante Naturdenkmale ab. In einem Falle wurde diese Art in Sachsen-Anhalt eingeschleppt. Schaben - Blattoptera Die Schaben sind nach BEIER (1961) die einzige heute noch lebende Insektenordnung, die sich in ununterbrochener Reihe bis in das mittlere O- berkarbon zurückverfolgen lässt. Die große Zahl von fossilen Resten aus den paläozoischen Schichten der ganzen Welt, die alle übrigen In- sektenreste weitaus übertrifft, legt nahe, dass die Ordnung am Ausgang des Karbon und im Perm hinsichtlich Formenmannigfaltigkeit sowie Arten- und Individuenreichtum den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht hat und seither lang- sam im Rückgang begriffen ist. Der ursprüngli- che Lebensraum der abgeflachten, im Umriß ovalen und lauffreudigen Tiere ist wohl in feucht- warmen, dunklen, tropischen Urwäldern zu suchen, wo sie geeignete Verstecke im Boden- laub, unter Steinen und loser Rinde sowie Nahrung in Form tierischer und pflanzlicher Stof- fe im Überfluss fanden. Hier lebt auch heute noch ein Großteil der ca. 4000 rezenten Arten (GÜNTHER 2000c). 11 In Deutschland sind bisher sieben freilebende, fünf regelmäßig reproduzierende synanthrope sowie mehrere gelegentlich eingeschleppte Ar- ten nachgewiesen worden (BOHN 1989, 2003, GÖTZ 1965, HARZ 1960, POSPISCHIL 2004, SCHIEMENZ 1978, VATER & LÖFFLER 1989, WAL- LASCHEK 1998f). Die synanthropen Schabenar- ten besitzen als Überträger von Krankheitserre- gern eminente Bedeutung, daneben auch als Vorrats-, Material- und Pflanzenschädlinge (BEI- ER 1961, VATER et al. 1992). Die freilebenden Schabenarten kollidieren hin- gegen als pantophage Waldbewohner in keiner Weise mit den Interessen des Menschen, wenn man nicht gelegentliches Eindringen der Gemei- nen Waldschabe in Waldhäuser (WEIDNER 1972, MIELKE 2000b) als Belästigung einstufen will. Neben ihrer Wirkung im Stoffkreislauf des Wal- des kommt ihnen Bedeutung für die Bewertung von Waldlandschaften im Zuge von Planungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu (WALLASCHEK 1997d, 2002a). Langfühlerschrecken - Ensifera und Kurzfüh- lerschrecken - Caelifera Im Ergebnis phylogenetischer Untersuchungen werden seit einigen Jahren die beiden Ordnun- gen Langfühlerschrecken und Kurzfühlerschre- cken mit ca. 9000 bzw. 11000 Arten unterschie- den, die bis dahin als Unterordnungen der Heu- schrecken (Saltatoria) galten (GÜNTHER 2000d). Dieser traditionelle Begriff wird im folgenden dort verwendet, wo es sprachlich oder inhaltlich sinnvoll erscheint. MAAS et al. (2002) führen in ihrer Checkliste 84 Heuschreckenarten (Ensifera: 40, Caelifera: 44) für Deutschland. Es handelt sich dabei um alle seit 1850 in Deutschland sicher registrierten Ar- ten mit Ausnahme eingeschleppter Taxa, die sich bisher hier nicht fortpflanzen konnten. Heuschrecken besitzen meist als Primärkonsu- menten, ein Teil auch als Sekundärkonsumen- ten Bedeutung in terrestrischen Ökosystemen. Im Grasland können die Tiere mit den sprich- wörtlichen Sprungbeinen zu den dominanten Wirbellosengruppen gehören. In extrem er- scheinender Weise tritt uns dies in Form von Schwärmen der Wanderheuschreckenarten, von denen es weltweit etwa zehn gibt (BEIER 1955), gegenüber. Das bedeutet für seßhafte Acker- bauern in den betroffenen Ländern, wie auch früher in Mitteldeutschland (VATER 1994), Ver- heerung der Saaten, Teuerung und Hungersnö- te. Nomaden können Wanderheuschrecken hin- gegen heute noch recht effektiv als protein- und vitaminreiche Nahrung nutzen (SCHIMITSCHEK 1968). Obwohl uns die Europäische Wanderheuschre- cke in Folge der meliorativen Vernichtung ihrer südosteuropäischen Brutplätze (WEIDNER 1938a) schon lange nicht mehr heimgesucht 12 hat, kennen auch wir noch bodenständige Heu- schreckenarten, die zuweilen als Pflanzen- schädling (Maulwurfsgrille, Gewächshausschre- cke) oder als Lästling, Vorrats-, Material- und Gesundheitsschädling (Heimchen) von sich Re- den machen (STEINBRINK 1989, WEIDNER 1993). Aufgrund ihrer bioindikatorischen Bedeutung hat die Nutzung der Heuschrecken in Naturschutz und Landschaftsplanung einen immensen Auf- schwung genommen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Wirkung der Heuschrecken auf die sinnliche Wahrnehmung der Landschaft. Geschichte des Projektes Eine Fauna und einen Verbreitungsatlas der Or- thopteren von Sachsen-Anhalt zu erarbeiten, war erst mit der nach kurzem Bestehen zwi- schen 1946 und 1952 erfolgten Wiedergründung dieses deutschen Bundeslandes im Jahr 1990 möglich. Dass es überhaupt gelungen ist, dieses Vorhaben anzugehen und nunmehr nach erst 14 Jahren ununterbrochener staatlicher Existenz des Landes abzuschließen, hat eine Reihe von Ursachen. Zuerst zu nennen sind die Erkenntnisse, die vor 1990 von Orthopterologen wie Ernst L. TA- SCHENBERG, Friedrich ZACHER, Wilhelm LEON- HARDT, Herbert WEIDNER, Friedrich KÜHLHORN sen., Friedrich KÜHLHORN jun. und Hans SCHIE- MENZ zusammengetragen wurden. Ein wichtiger Impuls für die Zusammenarbeit der Orthopterologen des Landes war die Abfassung der ersten Roten Liste der Heuschrecken Sach- sen-Anhalts, die im Jahr 1993 publiziert worden ist. Diese ehrenamtliche Arbeit fand von Anfang an und bis heute durch das Landesamt für Um- weltschutz Sachsen-Anhalt, insbesondere durch Herrn Dr. Peer H. SCHNITTER, Unterstützung. Wirtschaftliche und rechtliche Anforderungen führten in den letzten 15 Jahren zu einer Viel- zahl von Eingriffs- und Naturschutzplanungen, bei denen durch engagierte Biologen eine große Menge von Fundortangaben, insbesondere von Heuschrecken, ermittelt wurde. Zudem nahm sich die Forschung an Hochschu- len und Universitäten dieser Tiergruppe an. Her- vorzuheben ist der Lehrbereich Zoologie der e- hemaligen Pädagogischen Hochschule Halle- Köthen in Halle (Saale), in dem die zoogeogra- phisch-ökologische Forschung an Heuschrecken durch Herrn Prof. Dr. Franz TIETZE gefördert wurde. Schon bald war den im Land tätigen Orthoptero- logen klar, dass die Ohrwürmer und Schaben völlig vernachlässigt worden waren. So fanden diese Taxa seit ungefähr zehn Jahren zuneh- mend Beachtung. Überraschend war der Nach- weis einer Fangschreckenart auf dem Gebiet des Landes, so dass auch diese Orthopte- rengruppe integriert werden konnte. Der enorme Wissenszuwachs führte dazu, dass es bereits seit Mitte der 1990er Jahre kaum noch möglich war, einen vollständigen Überblick sämtlicher Daten zur Verbreitung aller Orthopte- renarten des Landes zu wahren. Schon 1996 entstand daher der Plan, eine Fauna mit Verbreitungsatlas der Geradflügler Sachsen- Anhalts abzufassen. Er fand mit Prof. Dr. Klaus RICHTER vom Fachbereich Landwirtschaft, Ö- kotrophologie und Landespflege der Hochschule Anhalt (FH) einen engagierten Befürworter und Antragsteller, mit dieser Hochschule einen Trä- ger und mit dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt einen Finanzier. So konnte im Zeitraum vom 01.06.2001 bis zum 31.05.2004 an der Hochschule Anhalt (FH) in Zusammenarbeit mit den sachsen-anhalter Or- thopterologen an dem landesfinanzierten Projekt „Zoogeographische und ökologische Untersu- chungen für eine Fauna der Heuschrecken, Ohrwürmer und Schaben (Insecta: Saltatoria, Dermaptera, Blattoptera) des Landes Sachsen- Anhalt“ (FKZ 3288A/0080R) gearbeitet werden. Ziele des Projektes Das Projekt hatte zum Ziel, die verfügbaren Verbreitungsdaten (Literatur, Sammlungen, Ar- tenlisten etc.) zu sammeln, zu sichern, zu prüfen und auszuwerten sowie in bisher schlecht zoo- geographisch und ökologisch bearbeiteten Landschaften Sachsen-Anhalts Kartierungen in für Geradflügler relevanten Biotoptypen durch- zuführen. Als Arbeitsmaterial sollte ein vorläufi- ger Verbreitungsatlas der Orthopteren des Lan- des Sachsen-Anhalt erstellt werden, der bereits neun Monate nach Projektbeginn publiziert wer- den konnte (WALLASCHEK et al. 2002). Des weiteren waren national und international bekannte zoogeographische und ökologische In- formationen über die Geradflügler Sachsen- Anhalts zusammenzustellen und zu parametri- sieren, um weiteren Forschungen im Land eine solide Vergleichsbasis zu schaffen. Dazu gehör- te auch die Erarbeitung der Arealdiagnosen der Arten und die Beschreibung des Faunenwandels im Laufe der Erdgeschichte als Grundlage für die Interpretation von Verbreitungsbildern und die Identifizierung von Ausbreitungs- und Refu- gialräumen. Wichtigstes Ziel war die dreidimensionale Dar- stellung der Verbreitung der Orthopteren im Land Sachsen-Anhalt in Texten und Karten. Es sollten auch synthetische Karten entstehen, so zur Verteilung der gesamten Artenvielfalt der Geradflügler im Land sowie zur Artenvielfalt ausgewählter zoogeographischer und ökologi- scher Artengruppen. Außerdem war der Versuch einer zoogeographischen Raumgliederung des Landes zu unternehmen. Alle Ergebnisse waren ökologisch zu interpretieren und zu begründen. Ein wesentliches Anliegen bildeten Schlussfol- gerungen für den Naturschutz und die Land- schaftsplanung, darunter die Überarbeitung und Neufassung der Roten Listen der Ohrwürmer, Schaben und Heuschrecken des Landes Sach- sen-Anhalt (WALLASCHEK 2004b, 2004c, 2004d), sowie die Bereitstellung von Angaben zur Verbreitung und Ökologie gesundheitlich und wirtschaftlich bedeutsamer Arten für die ent- sprechenden Bereiche (Gesundheits- und Vete- rinärwesen, Landwirtschaft, Gartenbau). Selbstverständlich sollten abgeschlossene Zwi- schenergebnisse publiziert werden, was auch über die bereits genannten Veröffentlichungen hinaus vielfach geschehen ist (vgl. Kap. 17). Die vorliegende Arbeit stellt die Ergebnisse des Pro- jektes im einzelnen vor. 13

pfl-tiere-st_Heuschrecken.pdf

Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Heuschrecken (Orthoptera) Bestandsentwicklung. Stand: Juni 2013 Michael Wallaschek (unter Mitarbeit von Björn Schäfer) Die Langfühlerschrecken (Ensifera) mit ca. 9.000 und die Kurzfühlerschrecken (Caelifera) mit ca. 11.000 Ar- ten wurden bis Mitte der 1990er Jahre als Unterordnun- gen der Heuschrecken (Saltatoria) aufgefasst, dann zu eigenständigen Ordnungen erhoben, um nun (erneut) als Unterordnungen der Heuschrecken (Orthoptera) zu gelten (vgl. Ingrisch & Köhler 1998, Köhler 2009). Fossilien von Ensiferen fanden sich bereits in Schich- ten des Oberkarbons, von Caeliferen erst in Ablagerungen der Unteren Trias. Für das Gebiet Sachsen-Anhalt liegen Grillen- und Dornschreckenreste aus den mitteleozä- nen Ablagerungen des Geiseltales sowie Laubheuschre- cken- und Grilleninklusen im oberoligozänen bis unter- miozänen Bitterfelder Bernstein vor. Heute sind 28 Ensiferen- und 34 Caeliferenspezies, also 62 Heuschreckenarten, aus Sachsen-Anhalt bekannt, wobei vier Kurzfühlerschreckenarten ausgestorben oder verschollen sind. Einzelne Arten wurden gelegentlich eingeschleppt, konnten sich aber nicht etablieren. Der Erstnachweis von Meconema meridionale in Sachsen- Anhalt erfolgte im Jahr 2008 (Gottfried & Kästner 2009). Maas et al. (2011) führen in ihrer Gesamtarten- liste für Deutschland 85 Heuschreckenarten (Ensifera: 40, Caelifera: 45). In terrestrischen Ökosystemen sind Heuschrecken meist als Primärkonsumenten, ein Teil auch als Sekun- därkonsumenten von Belang. Im Grasland können die Tiere mit den sprichwörtlichen Sprungbeinen und den teils lautstarken Zirpgesängen zu den dominanten Wir- bellosengruppen gehören. Die heimischen Heuschrecken sind als Indikatoren für den Naturschutz und die Landschaftsplanung von Bedeutung. So gehören in Lebensräumen des Anhangs I der FFH-Richtlinie bestimmte Heuschreckenarten zu den typischen Wirbellosen (z. B. Tetrix subulata auf Schlammbänken der Flüsse, Oedipoda caerulescens in Schwermetallrasen, Meconema thalassinum in Eichen- Hainbuchenwäldern; Wallaschek et al. 2004). Nach Maas et al. (2011) sind Deutschland und damit Sach- sen-Anhalt „in besonders hohem Maße verantwortlich“ für Isophya kraussii, „in hohem Maße verantwortlich“ für Barbitistes serricauda und Nemobius sylvestris sowie „in besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorpos- ten verantwortlich“ für Gampsocleis glabra, Podisma pedestris und Stenobothrus crassipes. Aus dem Huy bei Halberstadt wurde eine neue Exklave von Stenobothrus crassipes bekannt (Schädler 2009), aus der Colbitz- Letzlinger Heide eine neue Exklave von Gampsocleis glabra (Schäfer in Wallaschek 2013). Heuschrecken eignen sich sehr gut zur Bewertung von Lebensräumen und Eingriffen. Dafür erlangen neben der Roten Liste und autökologischen Kenntnissen zunehmend zoogeo- graphische und zoozönologische Fakten an Gewicht, da mit ihnen die ökosystemaren, räumlichen und histo- rischen Bezüge besser berücksichtigt werden können. Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung der Heuschre- cken auf die sinnliche Wahrnehmung der Landschaft. Die Europäische Wanderheuschrecke hat das Lan- desgebiet in Folge der Vernichtung ihrer südosteuropä- ischen Brutplätze schon lange nicht mehr heimgesucht. Dennoch gibt es indigene Heuschreckenarten, die zu- weilen als Pflanzenschädling (Gewächshausschrecke, Maulwurfsgrille) oder als Lästling, Vorrats-, Material- und Gesundheitsschädling (Heimchen) von sich Reden machen. Die Kenntnis der Heuschreckenfauna Sachsen-An- halts im Hinblick auf Zoogeographie, Ökologie, Ge- fährdung, Schutz und Bedeutung konnte in den letzten 20 Jahren erheblich verbessert werden, insbesondere durch das Projekt „Zoogeographische und ökologische Untersuchungen für eine Fauna der Heuschrecken, Ohrwürmer und Schaben des Landes Sachsen-Anhalt“ und nachfolgende Arbeiten zur Aktualisierung (Wal- laschek et al. 2004, 2013: 54120 Art-Fundort-Fundzeit- Datensätze). Im Ergebnis müssen noch immer Wissens- lücken zur Verbreitung indigener Heuschreckenarten in einigen Landschaften sowie zur Ökozoogeographie und Zoozönologie konstatiert werden. Insbesondere hin- sichtlich synanthroper Heuschrecken sind die Fachleute in Schädlingsbekämpfung, Land- und Forstwirtschaft, Kleine Goldschrecke (Euthystira brachyptera). Nordteil der Colbitz-Letzlinger Heide, 25.7.2006, Foto: B. Schäfer. 671 Gartenbau und Lagerwirtschaft aufgerufen, ihre ent- sprechenden Funde zu publizieren oder an die Ortho- pterologen des Landes weiterzugeben. Die Systematik und Nomenklatur richtet sich nach Coray & Lehmann (1998). An Synonymen sind sol- che in der Originalschreibweise angegeben, die für das Verständnis der älteren faunistischen Literatur Sachsen- Anhalts von Bedeutung sind. Ausführliche Listen von Synonyma finden sich in Zacher (1917) und Harz (1969, 1975). Die deutschen Namen folgen Detzel (1995). Die in Wallaschek et al. (2004) für Heuschre- cken errechneten Distributionsklassen waren zwar die Grundlage für die Einschätzung der Bestandssituation, doch wurden im vorliegenden Beitrag die neueren Er- kenntnisse zur Verbreitung (Wallaschek 2013) sowie die Kenntnisse zur ökologischen Zoogeographie derArten einbezogen. Daher weichen die Einstufungen nicht selten um ein bis zwei Klassen nach oben ab. Die Angaben zur Roten Liste der Heuschrecken Sachsen- Anhalts stammen aus Wallaschek (2004). Einige Heu- schreckenarten lebten oder leben in Sachsen-Anhalt aus- schließlich in Exklaven (X) vor der südlicher gelegenen Arealgrenze. Sämtliche Nachweise beruhen auf Walla- schek (2013), weshalb auf die entsprechende Spalte in der Tabelle verzichtet wurde. Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans). Colbitz- Letzlinger Heide (Bauernheide), 19.8.2012, Foto: B. Schäfer.Westliche Beißschrecke (Platycleis albopunctata). Nordteil der Colbitz-Letzlinger Heide, 1.8.2008, Foto: B. Schäfer. Danksagung Den Herren R. Schweigert (Ditfurt) und M. Unruh (Großosida) sei herzlich für die kritische Durchsicht des Manuskripts und für Hinweise gedankt. Warzenbeißer (Decticus verrucivorus). Nordostteil der Colbitz-Letzlinger Heide, 16.8.2013, Foto: B. Schäfer. 672 Heuschrecken (Orthoptera) Literatur Coray, A. & Lehmann, A. W. (1998): Taxonomie der Heuschrecken Deutschlands (Orthoptera): Formale Aspekte der wissenschaftlichen Namen. – Articulata (Erlangen) Beih. 7: 63–152. Detzel, P. (1995): Zur Nomenklatur der Heuschrecken und Fangschrecken Deutschlands. – Articulata (Er- langen) 10 (1): 3–10. Gottfried, T. & Kästner, A. (2009): Erstnachweise der südlichen Eichenschrecke (Meconema meridionale [Costa, 1860]) in Sachsen und Sachsen-Anhalt. – Sächs. entomol. Zeitschr. (Leipzig) 4: 3–9. Harz, K. (1969): Die Orthopteren Europas I. (Unter- ord. Ensifera). – Ser. Entomol., Vol. 5, Junk, The Ha- gue, 749 S. Harz, K. (1975): Die Orthopteren Europas II. (Unterord. Caelifera). – Ser. Entomol., Vol. 11, Junk, The Hague, 939 S. Ingrisch, S. & Köhler, G. (1998): Die Heuschrecken Mitteleuropas. – NBB 629, Westarp Wissenschaften, Magdeburg, 460 S. Köhler, G. (2009): Checkliste der Heuschrecken (In- secta: Orthoptera) Thüringens. 4., aktualisierte und erweiterte Fassung: Stand November 2009. – In: Thü- ringer Entomologenverband e. V. (Hrsg.): Checklisten Thüringer Insekten und Spinnentiere. Teil 17: 11–21. Maas, S.; Detzel, P. & Staudt, A. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Heuschrecken (Saltatoria) Deutsch- lands. 2. Fassung, Stand Ende 2007. – Naturschutz Biol. Vielfalt (Bonn-Bad Godesberg) 70 (3): 577–606. Schädler, M. (2009): Ein neues Vorkommen des Zwerggrashüpfers, Stenobothrus crassipes (Charpen- tier, 1825) (Caelifera, Acrididae), in Deutschland. – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 53 (3–4): 203–206. Wallaschek, M. (unter Mitarbeit von Müller, J.; Oe- lerich, H.-M.; Richter, K.; Schädler, M.; Schä- fer, B.; Schulze, M.; Schweigert, R.; Steglich, R.; Stolle, E. & Unruh, M.) (2004): Rote Liste der Heu- schrecken (Ensifera et Caelifera) des Landes Sach- sen-Anhalt (2. Fassung, Stand: Februar 2004). – Ber. Landesamt. Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle) 39: 223–227. Wallaschek, M. (unter Mitarbeit von Elias, D; Klaus, D; Müller, J.; Schädler, M.; Schäfer, B; Schulze, M.; Steglich, R. & Unruh, M.) (2013): Die Gerad- flügler des Landes Sachsen-Anhalt (Insecta: Derma- ptera, Mantodea, Blattoptera, Ensifera, Caelifera): Aktualisierung der Verbreitungskarten. – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt (Schönebeck) SH 2013: 1–100. Wallaschek, M.; Langner, T. J. & Richter, K. (unter Mitarbeit von Federschmidt, A.; Klaus, D.; Miel- ke, U.; Müller, J.; Oelerich, H.-M.; Ohst, J.; Osch- mann, M.; Schädler, M.; Schäfer, B.; Scharapen- ko, R.; Schüler, W.; Schulze M.; Schweigert, R.; Steglich, R.; Stolle, E. & Unruh, M.) (2004): Die Geradflügler des Landes Sachsen-Anhalt (Insecta: Dermaptera, Mantodea, Blattoptera, Ensifera, Caeli- fera). – Ber. Landesamt. Umweltschutz Sachsen-An- halt (Halle) SH 5/2004: 1–290. Zacher, F. (1917): Die Geradflügler Deutschlands und ihre Verbreitung. – Fischer, Jena, 287 S. Anschriften der Verfasser Björn Schäfer IHU Geologie und Analytik Dr.-Kurt-Schumacher-Straße. 23 39576 Stendal E-Mail: schaefer@IHU-Stendal.de Dr. Michael Wallaschek Agnes-Gosche-Straße 43 06120 Halle (Saale) Tab. 31.1: Bestandsentwicklung der Heuschrecken in Sachsen-Anhalt Zusätzliche Abkürzungen: Rote Liste (RL) Bezug auf Wallaschek (2004) Bemerkungen (Bm) X ausschließlich in Exklaven vorkommend Art Ensifera (Langfühlerschrecken) Acheta domesticus (L., 1758) Barbitistes constrictus Brunner von Wattenwyl, 1878 Barbitistes serricauda (F., 1798) BR BS BE H UV SM mh0ss03.2.4.12.2.5 ss03.2.92.2 RL Ges. Bm Synonym, Deutscher Name A 3 A Gryllulus domesticus L., 1758; Heimchen Nadelholz-Säbelschrecke Odontura serricauda Fischer, 1853; Laubholz-Säbelschrecke 673

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