Unser Wissen zur Ökologie und Bedeutung von Mikroorganismen in Böden ist umfassend. Dies gilt im Gegensatz dazu nicht für die Ökologie der Viren. Erkenntnisse dazu hinken dem Kenntnisstand aus aquatischen Lebensräumen weit hinterher. Böden beherbergen eine große Anzahl an Viren und das Viren - Wirt Verhältnis liegt meist deutlich über jenem in aquatischen Systemen. Unterschiede in den Virenpopulationen können teilweise auf unterschiedliche Bodencharakteristika (pH, Wassergehalt, Anteil an organischem Material) erklärt werden. Dies lässt den Schluss zu, dass Unterschiede in der Landnutzung entsprechend die Virenabundanz als auch Viren - Wirt Interaktionen beeinflussen. In Böden tragen bis zu 68% aller Bakterien induzierbare Prophagen, ein Hinweis darauf, dass die Heterogenität im Boden und die ungleiche Verteilung der Mikroorganismen eine lysogene Vermehrung von Viren selektiert. Dies hat zur Folge, dass der Austausch von genetischer Information zwischen Virus und Wirt vorwiegend durch Transduktion stattfindet. Bis dato analysierte Virenmetagenome aus dem Boden bestanden bis zu 50% aus transduzierten Genen prokaryotischen Ursprungs. Obwohl davon ausgegangen werden kann, dass Viren im Boden, wie für aquatische Lebensräume gezeigt, einen signifikanten Einfluss auf die räumliche und zeitliche Dynamik ihrer Wirte (Killing the Winner Hypothese) und deren kontinuierliche Anpassung (Red Queen Hypothese), wichtige Ökosystemfunktionen und biogeochemische Prozesse haben, kennen wir die Art und Häufigkeit der Interaktionen nicht und empirische Daten fehlen. Wir postulieren, dass Transduktion eine wichtige Rolle für die Resilienz von Böden unter intensiver Landnutzung spielt, da in diesen Böden i) die mikrobielle Diversität vergleichsweise niedrig ist, was zu einer erhöhten Sensitivität gegenüber Veränderungen in den Umweltbedingungen führt. Andererseits, ii) hat die durch Düngung erhöhte spezifische Aktivität von Mikroorganismen eine erhöhte Transduktionsrate zur Folge, da Viren für ihre Vervielfältigung auf metabolisch aktive Wirte angewiesen sind. Um unsere Hypothese zu überprüfen, werden wir an 150 Standorten der Biodiversitäts-Exploratorien und im Detail an einer Auswahl an Grünlandstandorten mit unterschiedlicher Intensität der Bewirtschaftung Untersuchungen durchführen. Analysiert wird die Beziehung zwischen Virenabundanzen und VBRs mit der Bewirtschaftung, der Vegetationsperiode und den vorherrschenden Umweltbedingungen. Zusätzlich untersuchen wir mit Hilfe moderner molekularer Methoden die Zusammensetzung der Virengemeinschaften und ihre Diversität, sowie viren-assoziierte Funktionen prokaryotischen Ursprungs. Experimente zu Virus-Wirt Interaktionen und die Analyse von CRISPR like structures in den prokaryotischen Wirten werden Erkenntnisse zu der Ökologie bakterieller Gemeinschaften liefern. Nicht zuletzt werden wir Viren von abundanten Bodenbakterien (z.B. Pseudomonaden) für vergleichende Genomanalysen und Kreuzinfektionsversuche isolieren.
Die Verunreinigung unserer Wasserressourcen mit organischen Schadstoffen, wie etwa Öl-bürtigen Kohlenwasserstoffen, ist ein ernstzunehmendes Problem und hat vielerorts bereits zu einer chronischen Belastung des Grundwassers geführt. Der biologische Abbau ist der einzige natürliche Prozess, der im Untergrund zu einer Schadstoffreduktion führt. Als Steuergrößen gelten hier die Anwesenheit von Abbauern (Mikroorganismen) und die Verfügbarkeit von Elektronenakzeptoren und Nährstoffen. In den letzten Jahren wurde zudem die Bedeutung dynamischer Umweltbedingungen (z.B. Hydrologie) als wichtige Einflussgröße erkannt. Ein wichtiger Aspekt wurde jedoch bisher nicht in Betracht gezogen, nämlich die Rolle der Viren bzw. Phagen. Viren sind zahlenmäßig häufiger als Mikroorganismen und ebenso ubiquitär vorhanden. Mittels verschiedener Mechanismen können sie einen enormen Einfluss auf die mikrobiellen Gemeinschaften ausüben. Einerseits verursachen sie Mortalität bei ihren Wirten. Andererseits können sie über horizontalen Gentransfer den Wirtsstoffwechsel sowohl zu dessen Vorteil als auch Nachteil modifizieren. In den vergangenen Jahren konnten verschiedene mikrobielle Phänomene der Aktivität von Viren zugeschrieben werden. Die klassische Ansicht, dass Viren ausschließlich Parasiten sind, ist nicht mehr zutreffend. Als Speicher und Überträger von genetischer Information ihrer Wirte nehmen sie direkten Einfluss auf biogeochemische Stoffkreisläufe sowie auf die Entstehung neuer Schadstoffabbauwege. Biogeochemische Prozesse in mikrobiell gesteuerten Ökosystemen wie dem Grundwasser und die dynamische Entstehung und Anpassung an neue Nischen als Folge von Veränderungen der Umweltbedingungen kann nur verstanden werden, wenn der Genpool in lytischen und lysogenen Viren entsprechend mit berücksichtigt wird. Das Projekt ViralDegrade stellt Paradigmen in Frage und möchte eine völlig neue Perspektive hinsichtlich der Rolle der Viren beim mikrobiellen Schadstoffabbau eröffnen, welche zur Zeit noch als Black Box behandelt werden. ViralDegrade postuliert, dass Viren (i) durch horizontalen Gentransfer und den Einsatz von metabolischen Genen den Wirtsstoffwechsel modulieren (Arbeitshypothese 1) und (ii) für den temporären Zusammenbruch von dominanten Abbauerpopulationen und, damit verbunden, für den Wechsel zwischen funktionell redundanten Schlüsselorganismen verantwortlich sind (Arbeitshypothese 2). Sorgfältig geplante Labor- und Felduntersuchungen und vor allem der kombinierte Einsatz von (i) neu entwickelten kultivierungsunabhängigen Methoden, wie etwa dem Viral-Tagging, und (ii) ausgewählten schadstoffabbauenden aeroben und anaeroben Bakterienstämmen, garantieren neue Erkenntnisse zur Rolle der Viren beim mikrobiellen Schadstoffabbau sowie ähnlichen mikrobiell gesteuerten Prozessen. Ein generisches Verständnis der Vireneinflüsse wird zudem zukünftig neue Optionen für die biologische Sanierung eröffnen.
Die mikrobielle Umsetzung von organischem Material zu dem erneuerbaren Energieträger Methan ist eine bewährte und verbreitete Strategie der effektiven Abfallwirtschaft. In einem solchen methanproduzierenden Milieu nutzen elektrisch verbundene Bakterien und Archaeen direkten Interspezies-Elektronentransfer (DIET), als Alternative zum Interspezies-Formiat- und Wasserstofftransfer (IHT). Grundlegende Aspekte der mikrobiellen Ökologie in Bezug auf DIET sind dabei jedoch noch unerforscht, insbesondere der Stellenwert für die Biogasproduktion. Bis jetzt haben sich Studien zum Großteil auf DIET in Ko-Kulturen von wenigen Modellorganismen beschränkt, die für die Abwasserbehandlung in UASB-Reaktoren (Upflow Anaerobic Sludge Blanket) eine Rolle spielen. Wir beabsichtigen weithin anwendbare Erkenntnisse über die Zusammenhänge der syntrophen mikrobiellen Gemeinschaft und dessen Funktion in mesophilen und thermophilen Biogasreaktoren mit Hilfe moderner molekularbiologischer und mikrobiologischer Methoden zu generieren, um letztendlich eine höhere Prozessstabilität und Effizienz zu ermöglichen. Zentrale Ziele sind die Identifizierung neuer Organismen die an DIET beteiligt sind und das Verständnis der zugrundeliegenden genetischen Mechanismen. Der Schwerpunkt wird auf Bioabfall vergärende Anlagen liegen, die sich wesentlich von mesophilen UASB Reaktoren durch Konstruktion, Betriebsweise, Temperatur und Substratzusammensetzung unterscheiden. Wir vermuten, dass DIET ein weit verbreiteter Alternativprozess zum IHT bei der anaeroben Vergärung von Biomasse ist, wobei beide Prozesse wahrscheinlich parallel ablaufen. In dem vorgeschlagenen Projekt wird DIET erstmals in thermophilen aber auch in mesophilen Systemen Gegenstand der Forschung sein. Ein weiteres Ziel ist die Identifizierung neuer Substrate, die von den syntrophen Konsortien während DIET umgesetzt werden können. Hier wird der Fokus auf syntrophe Propionat- und Butyratoxidierer liegen, die für den anaeroben Abbau von organischem Material eine Schlüsselrolle spielen. Mittels Metagenomik wird das Stoffwechselpotential rekonstruiert und Genexpressionsmuster im Zusammenhang mit IHT und DIET werden mittels Transkriptomik untersucht. DIET ist möglicherweise vorteilhaft für die Stabilität des Vergärungsprozesses, da die Produktion von Wasserstoff umgangen wird, welcher schon in geringer Konzentration die Oxidation von kurzkettigen Fettsäuren inhibieren kann. Deshalb planen wir physiologische Vorteile von DIET gegenüber IHT in Anreicherungskulturen zu untersuchen. Die zu erwartenden Ergebnisse sind essentiell um das Potential der Biogasproduktion im vollen Umfang auszuschöpfen. Darüber hinaus werden die Ergebnisse auch für andere Forschungsgebiete relevant sein, wo elektrisch verbundene Mikroorganismen eine Rolle spielen, beispielsweise bei der Minimierung von Treibhausgasemission in methanogenen Habitaten oder bei der Nutzung in mikrobiellen Brennstoffzellen.
Der Energiehaushalt von Bachoberläufen in bewaldeten Einzugsgebieten hängt stark vom Eintrag allochthonen organischen Materials (bspw. Laubstreu) ab. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, zu verstehen, wie die in diesem Material gebundene Energie für das Nahrungsnetz verfügbar gemacht werden. Dies istbesonders vor dem Hintergrund des stetig zunehmenden Drucks durch Schadstoffe von Signifikanz. Obwohl sich ca. 90 % dieses organischen Materials im Hyporheal akkumulieren, wurden die Auswirkungen von chemischem Stress auf dessen Abbau fast ausschließlich in der benthischen Zone untersucht. Die Bedeutung dieser Wissenslücke wird durch die fehlende Übertragbarkeit der beobachteten Auswirkungen von Schadstoffen auf diesen ökosystemaren Prozess zwischen benthischen auf hyporheische Habitat unterstrichen. Darüber hinaus unterscheiden sich innerhalb des hyporheische Habitats die Umweltbedingungen zwischen Zonenmit ab- bzw. aufsteigendes Oberflächen- bzw. Grundwasser deutlich, was eine Verallgemeinerung der Beobachtungen zusätzlich erschwert. INFUSED tritt an unser Verständnis über die Auswirkungen von Schadstoffen auf den Abbau organischen Materials besser zu verstehen, indem das Projekt über benthische Systeme hinaus geht. INFUSED wird die Auswirkungen von Fungiziden und Antibiotika auf die Zersetzung organischer Stoffe in den auf- und absteigenden Zonen des Hyporheal experimentell untersuchen und diese Beobachtungen den Auswirkungen in der benthischen Zone gegenüberstellen; letztere dient als Referenzpunkt. Die indirekten Auswirkungen dieser antimikrobiellen Schadstoffe auf Detritivorenwerden durch Nahrungswahlversuche und anschließende Langzeit-Fütterungstests adressiert. Ein Folgeexperiment wird sich auf Insektizide konzentrieren, die sich direkt auf die Aktivität von Detritivoren auswirken können. Diese Studie testet die Hypothese, dass die Aktivität der Detritivoren sich ins Sediment einzugraben negativ beeinflusst wird, was sich auf ihre Fähigkeit auswirkt, vergrabenes organisches Material zu erreichen und folglich zu konsumieren. Durch die Kombination beider Ansätze werden direkte und indirekte Effekte in einem naturnahen Nahrungsnetz untersucht. Durch die Nutzung von organischem Material, markiert durch stabile Isotopen, kann INFUSED die relative Bedeutung dieser Nahrungsquelle für komplexe Nahrungsnetze quantifizieren. INFUSED basiert somit auf der Hypothese, dass Fungizide und Antibiotika sowohl den Abbau organischen Material als auch dessen Qualität als Nahrung für Detritivore (in)direkt beeinträchtigt. Im Gegensatz dazu wirken sich Schadstoffe welche Detritivoren beeinflussen (z. B. Insektizide) top down auf den Abbau organischen Materials aus. Folglich wird INFUSED unser Verständnis der möglichen Auswirkungen von Schadstoffen auf den Abbau organischen Materials im Hyporheal deutlich erweitern.
Quaternäre Alkylammonium Verbindung (quaternary alkylammonium compounds, QAAC) sind zentrale Komponenten vieler Desinfektionsmittel und Tenside die in der Abwasserbehandlung nicht vollständig abgebaut werden. Stattdessen akkumulieren sie in Klärschlammen, Böden und Sedimenten. Verschiedene pathogene Bakterien haben bereits Resistenzen gegen QAACs entwickelt und QAAC Resistenzgene sind in Kläranlagen weit verbreitet und in der Umwelt nachweisbar, in die sie über Klärschlamme und Abwasser eingetragen werden können. Beunruhigend ist die Tatsache das QAAC Resistenzgene häufig gemeinsam mit Antibiotikaresistenzgenen auf genetischen Elementen zu finden sind. Die biozide Wirkung von QAACs hatte daher schon vor der SARS-CoV-2 für Bedenken gesorgt. Durch den deutlichen Anstieg des QAAC Verbrauchs seit Beginn der Pandemie hat sich das Risiko für mögliche negative Auswirkung auf die Umwelt deutlich erhöht. Die Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit sind aktuell nicht abschätzbar. Unser Projekt hat daher zum Ziel folgende Hypothesen zu beantworten: (1) Als Konsequenz der SARS-CoV-2 Pandemie nehmen QAAC Konzentrationen, die in die Umwelt über geklärtes Abwasser und Klärschlamme gelangen deutlich zu.(2) Erhöhte QAAC Konzentration im Abwasser erhöhen die Entwicklung von QAAC- und Antibiotika (multi)- resistenzen in potentiell pathogenen und -Umweltbakterien. (3) Erhöhte QAAC Konzentrationen inhibieren den Abbau von Antibiotika was eine nichtabschätzbare Konsequenz für die Multiresistenzentwicklung bei Bakterien hat. In diesem Projekt ist geplant, die zunehmenden QAAC Konzentrationen seit Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie in Kläranlagen und den beeinflussten Umweltkompartimenten zu messen. Des Weiteren sollen die Effekte auf die Antibiotikaresistenzgenverbreitung und Multiresistenzentwicklung bei potentiell Pathogenen und Umweltbakterien erfasst werden die in Kontakt mit den freigesetzten QAACs kommen.Unsere Probensets enthalten unter anderem monatlich gesammelte Schwebstoffproben des Flusses Saar sowie Abwasserzu- und abflussproben der Kläranlage sowie Proben von mit Abwasser bewässerten Böden aus Mexico City, die vor und nach März 2020 gesammelt wurden. Beide Probenahmeorte stehen in Zusammenhang mit nationalen und internationalen SARS-CoV-2 Hotspots. Basierend auf der Bedeutung des Umwelteinflusses der QAACs werden Inkubationsexperimente mit Boden und Flusswasser Inkubationsexperimente zu den Effekten der QAACs auf den Abbau von Pharmazeutika durchgeführt, was wiederum Konsequenzen auf Antibiotia (multi) resistenzentwicklung haben könnte. In einem multidisziplinären Ansatz soll unsere Studie die QAAC-„Footprint“ der Pandemie erfassen und ein realistisches Abbilden des Risikos der erhöhten QAAC Konzentrationen in der Umwelt als Konsequenz der SARS-CoV-2 Pandemie ermöglichen.
Protisten (eukaryotische Mikroorganismen) erfüllen wichtige ökologische Funktionen, sie sind die dominierenden Primärproduzenten in Gewässern und die wichtigsten Konsumenten von Bakterien und damit von zentraler Bedeutung für aquatische Nahrungsnetze. Die Diversität von Protisten ist enorm, ihre Verteilungsmuster sind dagegen nicht gut verstanden. Während einige Taxa offensichtlich global verteilt sind, sind einige andere Taxa endemisch. Es ist aber höchst umstritten, inwieweit die für höhere Organismen beobachteten Verbreitungsmuster auf Protisten übertragbar sind. Die nacheiszeitliche Biogeographie Europas ist ideal für die Prüfung der Verallgemeinerbarkeit solcher biogeographischer Muster. Hochdurchsatzsequenzierung erlaubt jetzt die Analyse großräumiger Diversitätsmuster. In diesem Projekt werden wir die Verteilung von Protisten in europäischen Binnengewässern im Hinblick auf die postglazialen Verteilungsmuster von Makroorganismen untersuchen. Wir werden die Variation der Protistendiversität in aquatischen Ökosystemen auf der Basis von Planktonproben von 250 europäischen Seen einschließlich Seen aus Spanien, Frankreich, Italien, Schweiz, Österreich, Rumänien, Ungarn, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Polen, Schweden, Norwegen, Griechenland, Kroatien und Bulgarien untersuchen. Wir werden die räumliche Analyse durch saisonale Analyse ausgewählter Seen innerhalb eines zentraleuropäischen Gradienten ergänzen, um räumliche von zeitlichen Mustern zu trennen. Das Projekt wird die Biogeographie, die Phylogeographie und die Diversität der Protisten in europäischen Süßwasserseen auf der Gemeinschaftsebene analysieren basierend auf Hochdurchsatzsequenzierung der molekularen Diversität. Insgesamt wird das Projekt die Gültigkeit allgemeiner biologischer Theorien für mikrobielle Eukaryoten testen.
In der aquatischen Umwelt zeigen Pilze starke Interaktionen zu einer Vielzahl anderer Organismen, darunter Algen, Metazoen und Bakterien, die die pilzliche Diversifizierung vorangetrieben haben. Die Pilzevolution begann frühzeitlich in der aquatischen Umwelt. Die Verbindungen mit anderen Organismen führten zu vielen biotrophen Lebensweisen und einer großen phylogenetischen Vielfalt. Es ist wahrscheinlich, dass die frühen Wasserpilze bereits die funktionellen Merkmale ausbildeten, die zum Erfolg des Pilzreichs, als eine der vielfältigsten Organismengruppen der Erde, geführt hat. Trotz der recht umfangreichen Studien, die die Komplexität der aquatischen Mikrobiome untersuchen, sind weder die große phylogenetische Vielfalt der aquatischen Pilze noch die Wechselwirkungen der aquatischen Pilze mit anderen Organismen gut beschrieben. Dieses Paradoxon ist das Resultat von zu wenigen Studien, die aquatische Mikrobiome ganzheitlich untersuchen, und ist zudem auch der Tatsache geschuldet, dass die aquatischen Pilze nicht als solche erkannt werden. Wasserpilze erscheinen oft als unbekannte genetische Elemente ohne erkennbare Übereinstimmung mit unseren Datenbanken. Das veranlasste uns dazu, den Begriff Dunkle Materiepilze (DMP) zu etablieren, um die Unbekanntheit der frühen divergierenden Pilzlinien in der aquatischen Umwelt hervorzuheben. Einer der vielversprechendsten aquatischen Lebensräume zur Untersuchung von DMP und deren Wechselwirkungen mit anderen Organismen im kleinen Maßstab ist der aquatische Biofilm. Insbesondere heterotrophe Biofilme können einen hohen Anteil an DMP aufweisen, was die Aufklärung von DMP-Interaktionen und ökologischen Funktionen erleichtert. Es ist völlig unklar, welche organismischen Wechselwirkungen die Determinanten für die DMP in Biofilmen sind und inwieweit DMP die Biofilmstruktur beeinflussen. Das Verständnis der Ökologie und der Evolution von DMP bleibt aufgrund der Komplexität der natürlichen Gemeinschaften eine Herausforderung. Aufgrund der neuen methodischen Entwicklungen ist es nun jedoch möglich, durch Manipulationsexperimente an natürlichen sowie an Modell-Biofilmgemeinschaften eine konzeptionelle Sicht auf die DMP-Ökologie und -Evolution aufzubauen. Das Ziel der vorgeschlagenen Emmy Noether-Forschungsgruppe ist es, die grundlegende Ökologie und Evolution der aquatischen DMP zu verstehen. Durch die Kombination von Mikrodissektion, Hochdurchsatz-Kultivierung und molekularer Sequenzierung der nächsten Generation, werden wir herausfinden, wie und welche Pilz-Interaktionen mit Mikroben die gesamte Struktur und Funktion der mikrobiellen Gemeinschaft beeinflussen. Wir werden auch umfangreiche DMP-Barcode- und Genomdaten generieren, die als Schlüsselressourcen für das Erstellen einer robusten frühen Pilzphylogenie dienen werden, und es uns ermöglicht, die frühe Pilzevolution auf der Grundlage von Phylogenomik und biotrophen Interaktionen zu diskutieren.
Die Farben unterscheiden sich erheblich in ihrer chemischen Zusammensetzung. Daher besteht das erste Ziel darin, zu bestimmen, welche spezifischen chemischen Eigenschaften der Farben für die wichtigsten mikrobiellen Veränderungen im Meeressediment verantwortlich sind, das den Farbpartikeln ausgesetzt ist. Dies soll mit Hilfe eines Labor-Expositionsexperiments untersucht werden. Sediment, das Farbpartikel unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung (einschließlich Antifoulingbestandteile) enthält, wird im Laufe der Zeit inkubiert, und die mikrobielle Gemeinschaft dieses Sediments wird sequenziert. Betreute Ansätze des maschinellen Lernens, wie z.B. randomisierte Wälder, werden verwendet, um zu bestimmen, welche spezifische Farbchemie den größten Einfluss auf die mikrobielle Gemeinschaft hat, insbesondere im Hinblick auf Veränderungen von Taxa, die für die biogeochemischen Prozesse im Sediment wichtig sind. Sobald die chemischen Eigenschaften bekannt sind, wird das zweite Experiment durchgeführt. Mit dem zweiten Experiment soll das zweite Ziel verfolgt werden, nämlich zu bestimmen, wie Farbpartikel die umgebenden Sediment-Mikrobengemeinschaften beeinflussen, und zu modellieren, wie dieser Effekt mit der Farbpartikelkonzentration im Sediment skaliert, um letztendlich zu bestimmen, auf welchem Niveau die Farbpartikelkontamination im Sediment Veränderungen verursacht, die kritisch genug sind, um biogeochemische Prozesse zu implizieren. Speziell entworfene Kammern werden in der Ostsee eingesetzt, die Sediment und unterschiedliche Mengen von Farbpartikeln enthalten (deren Chemie durch das vorherige Experiment vorher festgelegt wurde). Nach einer Expositionszeit werden die Kammern gesammelt und die mikrobiellen Gemeinschaften des Sediments sequenziert. Mit Hilfe von Zufallswäldern wird ein Vorhersagemodell für den Grad der Farbverschmutzung in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaften erstellt. Zusätzlich werden phylogenetische Distanzbäume der wichtigsten Taxa mit der verfügbaren Literatur kombiniert, um Veränderungen in den mikrobiell vermittelten biogeochemischen Zyklen abzuschätzen. Schätzungen darüber, wie sich Umweltparameter (z.B. Schwefelwasserstoff- oder Eisengehalt) verändern könnten, werden in das Modell einbezogen.Das Endziel ist die Validierung des Modells. Dazu wird eine Reihe von Standorten an der deutschen Ostseeküste beprobt. Die Sedimente werden sowohl auf Farbverschmutzung als auch auf Umweltparameter untersucht. Die mikrobielle Gemeinschaft der Sedimente wird ebenfalls sequenziert, und das Modell wird zur Vorhersage der Farbverschmutzung auf der Grundlage der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft verwendet. Diese Vorhersage wird mit realen Verschmutzungs- und Umweltdaten verglichen. Auf diese Weise kann das Modell bewertet, angepasst und schließlich validiert werden.
Die Verknüpfung zwischen der Ökologie von Organismen und deren Verteilungsmuster sowie die Verallgemeinerbarkeit dieser Zusammenhänge sind eine essentielle Basis für das Verständnis der funktionellen Dynamik von Ökosystemen und deren assoziierter Biodiversität. Das Zusammenspiel zwischen Biodiversität und Ökosystemfunktion wirft die Frage auf in wieweit die funktionelle Differenzierung von Taxa deren Verteilungsmuster bedingt. Einer der offensichtlichsten funktionellen Unterschiede zwischen Organismen ist die Differenzierung der Ernährungsstrategien in heterotrophe, mixotrophe und phototrophe Organismen. Mikrobielle Eukaryoten sind aufgrund ihrer überwältigenden Diversität und funktionellen Differenziertheit besonders geeignet, um solche übergeordneten Fragestellungen anzugehen. Chrysomonaden (Chrysophyceen) sind hier besonders geeignet, da sie weit verbreitet sind und zu den dominanten Organismengruppen in einer Vielzahl von Habitaten gehören. Verschiedenste Ernährungsstrategien sind realisiert und Chrysomonaden der verschiedenen Ernährungstypen koexistieren in vielen Habitaten. Zudem sind die Chrysomonaden eine ökologisch vergleichsweise gut untersuchte Organsimengruppe mit vielen Modellarten für ökologische und ökophysiologische Fragestellungen. Heterotrophie evolvierte mehrfach innerhalb der Goldalgen. In diesem Projekt testen wir die Hypothese, dass heterotrophe Taxa im Vergleich zu phototrophen und mixotrophen Taxa im Allgemeinen eine größere Toleranz im Hinblick auf abiotische Faktoren haben. Damit verknüpft testen wir die Hypothese, dass sich die Verteilungsmuster von heterotrophen, mixotrophen und phototrophen Chrysomonaden unterscheiden und eher mit deren Ökologie als mit deren Phylogenie korrelieren. In einem ersten Arbeitspaket charakterisieren wir das Wachstum verschiedener Arten als Funktion der Futter- und Nährstoffkonzentration, der Futterqualität und der Beleuchtungsverhältnisse. Auf dieser Basis werden wir dann die Nischenweite vergleichend untersuchen und die Hypothese testen, dass sich diese Nischenweite systematisch zwischen Taxa verschiedener Ernährungstypen unterscheidet. Diese ökophysiologischen Untersuchungen ergänzen wir mit Analysen der Verbreitungsmuster. Der Fokus liegt dabei auf der regionalen Verbreitung unter Berücksichtigung der Verschiedenheit in Bezug auf die abiotischen Umweltfaktoren. Insbesondere nehmen wir an, dass phototrophe Chrysomonaden eine stärker eingeengt Verbreitung in Bezug auf die abiotischen Umweltfaktoren aufweisen als die heterotrophen Taxa. Ebenso erwarten wir eine stärker ausgeprägte Saisonalität bei phototrophen Taxa als bei heterotrophen. Zusammengenommen bieten die geplanten Analysen, basierend auf der exemplarischen Analyse der Verbreitungsmuster und der ökophysiologischen Nischenweite von Chrysomonaden, eine fundierte Basis für ein Verständnis der Zusammenhänge zwischen der funktionellen Diversität von Ökosystemen und deren assoziierter Biodiversität.
Gemische organischer Spurenstoffe, die durch menschliche Aktivität entstehen und in die Umwelt gelangen, sind ein großes ökologisches Risiko. Die biologische Abwasserbehandlung leistet einen wichtigen Beitrag, den Eintrag solcher Spurenverunreinigungen in die Umwelt zu verringern, doch variiert die Reinigungsleistung stark zwischen einzelnen Schadstoffen und Abwasserbehandlungsanlagen. Obwohl mikrobieller Abbau das Potenzial hat, Spurenstoffe aus der Umwelt zu entfernen, sind die schadstoffabbauenden mikrobiellen Stämme und Enzyme in komplexen biologischen Systemen wie Belebtschlamm meist unbekannt. Zudem gibt es klare Hinweise auf eine Auswirkung der behandelten Abwässer auf die Ökologie der stromabwärts gelegenen Biofilm-Gemeinschaften, die aber noch wenig untersucht sind. Ziel des geplanten Projektes ist es, die Biotransformation von Schadstoffen in der biologischen Abwasserbehandlung und in deren Vorflutern auf Ebene der mikrobiellen Gemeinschaften, Stämme und Enzyme besser zu verstehen. Wir gehen davon aus, dass die Zusammensetzung bakterieller Gemeinschaften und die chemischen Strukturen der Schadstoffe die beiden Hauptursachen für die beobachteten Unterschiede des Schadstoffabbaus zwischen bakteriellen Gemeinschaften sind. Als Folge davon erwarten wir, dass Bioindikatoren identifiziert werden können, welche die Variabilität der Biotransformation zwischen mikrobiellen Gemeinschaften auf molekularer Ebene erklären können. Um diese Hypothese zu testen, werden wir zunächst einen Feldversuch durchführen, um die Variabilität zwischen Kläranlagen und ihrer Umgebung in Bezug auf die mikrobielle Zusammensetzung und die Biotransformationskapazität systematisch zu quantifizieren. Danach werden wir sequenz- und aktivitätsgelenkte Laborexperimente durchführen, um Bakterienstämme und Enzyme zu identifizieren, die für die Biotransformation von Spurenstoffen im Belebtschlamm verantwortlich sind. Letztlich werden wir die durch die Laborexperimente gewonnenen Erkenntnisse dazu nutzen um Bioindikatoren zu identifizieren, welche die Biotransformation in natürlichen und technischen mikrobiellen Gemeinschaften erklären können. Die in diesem Projekt gewonnenen molekularen Erkenntnisse können dazu beitragen, das Entfernen von Spurenstoffen in Kläranlagen zu optimieren und so die Auswirkungen auf die nachgelagerten Umweltkompartimente zu minimieren, die Entwicklung besser abbaubarer Chemikalien zu unterstützen und die Methoden für die chemischen Risikobewertung zu verbessern. Darüber hinaus wird das Projekt eine Reihe von Ressourcen hervorbringen, darunter die erste bakterielle Stammsammlung aus Belebtschlamm, umfangreiche Daten zu Biotransformationsraten, sowie validierte Enzyme zur Biotransformation. Diese Ergebnisse und Ressourcen werden für weitere Forschungsprojekte zur Verfügung stehen, und insgesamt zu einem verbesserten Verständnis der Biotransformationsprozesse während der Abwasserreinigung und in der natürlichen Umwelt beitragen.
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