Werte nur bei neun Messstellen auffällig – UBA rät dennoch zu Grenzwert und Überwachung Antibiotika werden in der Intensivtierhaltung in großem Umfang eingesetzt, vor allem bei Schweinen und Geflügel, aber auch bei Rindern. Einen Großteil der Stoffe scheiden die Tiere im Kot und Urin unverändert wieder aus. Kommt derart belastete Gülle auf die Felder, gelangen die Arzneimittel auch in die Umwelt. Wie diese in der Umwelt wirken, ist nicht abschließend geklärt. Aber wie groß ist die Gefahr, dass die Arzneimittel vom Acker in das Grundwasser gelangen? Eine neue Studie des Umweltbundesamtes gibt zunächst Entwarnung: Auch unter besonders ungünstigen Standortbedingungen gelangen die Medikamente nur selten ins oberflächennahe Grundwasser. Dennoch rät UBA-Vizepräsident Thomas Holzmann: „Aus Vorsorgegründen sollten wir den Grenzwert für Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe von 0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/l) im Grundwasser auch auf Tierarzneimittel übertragen. Bei Überschreitungen hätten die Länder so eine Rechtsgrundlage für adäquate Maßnahmen, um das Grundwasser zu schützen. Im Einzelfall denkbar ist etwa, mit der Gülleausbringung zu warten, ganz auf sie zu verzichten oder mit antibiotikafreiem Mineraldünger zu düngen.“ Für die Studie untersuchte das Umweltbundesamt in den Jahren 2012 und 2013 an 48 Messstellen in vier Bundesländern jeweils mindestens zweimal Grundwasserproben auf 23 Wirkstoffe. Bei 39 Messstellen wurden keinerlei Wirkstoffe gefunden. Bei sieben Messstellen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen fanden sich allerdings Sulfonamide. Die Werte waren mit maximal elf Nanogramm pro Liter (ng/l) allerdings sehr gering – zum Vergleich: Der Grenzwert für Pflanzenschutzmittel -Wirkstoffe im Grundwasser liegt zehnfach höher bei 0,1 Mikrogramm/Liter bzw. 100 ng/l. Lediglich bei zwei Messstellen wurde der Wirkstoff Sulfamethoxazol in Konzentrationen von mehr als 100 ng/l gefunden, lag also über dem Grenzwert für Pflanzenschutzmittel oder Biozide im Grundwasser. UBA -Vizepräsident Holzmann: „Wir haben in unserer Studie bewusst ein Worst-case- Szenario genommen und Messstellen ausgewählt, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Grundwasserkontamination durch Antibiotika besonders hoch war. Beruhigend ist, dass wir nur selten fündig wurden und die Belastung keineswegs flächendeckend stattfindet. Allerdings: Ein Eintrag ist möglich und kann dann auch deutlich ausgeprägt sein. Daher müssen wir die Situation genau beobachten. Denkbar wäre, über das bestehende Bund-Länder-Messnetz zumindest unter gefährdeten Böden regelmäßig Proben zu nehmen und zu analysieren. Die Länder könnten dann im Einzelfall einschreiten.“ Als Kriterien für eine hohe Gefährdung von Grundwasser könnte gelten, was das UBA in seiner Studie zugrundelegte: Das Hauptproblem für das Grundwasser in Deutschland ist die zu hohe Belastung mit Nitrat. Dieses kommt etwa mit zu viel stickstoffhaltigem Dünger auf die Felder oder stammt aus der Gülle der Mastställe und den Gärrückständen der Biogasanlagen. Was die Pflanzen nicht brauchen, wird in die organische Substanz des Bodens eingebaut oder endet als Nitrat im Grundwasser. „Rund 50 Prozent aller Grundwasser-Messstellen in Deutschland zeigen derzeit erhöhte Nitrat-Konzentrationen von über zehn Milligramm/Liter – 15 Prozent des Grundwassers hält gar die für Grundwasser geltende Qualitätsnorm von 50 Milligramm/Liter nicht ein. Aus dem Grundwasser gewonnenes Trinkwasser ist jedoch fast allerorten unbelastet – nur 0,08 Prozent der Trinkwasseruntersuchungen liegen in Deutschland über dem Grenzwert von 50 Milligramm/Liter. Es kann problemlos getrunken werden“, so UBA-Vizepräsident Holzmann. Allerdings müssen die Wasserversorger dafür mittlerweile einigen Aufwand betreiben: Manche verdünnen zu stark belastetes Grundwasser schlicht mit unbelastetem Wasser. Immer mehr Versorger sehen die Notwendigkeit, das Nitrat technisch aus dem Rohwasser zu entfernen, weil nicht überall genügend unbelastetes Grundwasser vorhanden ist. Das ist teuer – und erhöht letztlich die Wasserrechnung der Verbraucher. Nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden 2012 in Deutschland rund 1.619 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben, das entspricht etwa dem Zwei- bis Dreifachen des Antibiotikaeinsatzes in der Humanmedizin (630 Tonnen). Die antibiotischen Wirkstoffe werden nur zu einem geringen Anteil im Organismus abgebaut, so dass je nach Wirkstoff etwa 60 bis 80 Prozent der verabreichten Menge unverändert mit dem Kot und Urin der Tiere ausgeschieden wird. Mit der Gülle gelangen sie dann auf die Böden und können in sehr ungünstigen Einzelfällen ins Grundwasser ausgewaschen werden. Bisher gibt es weder einen Grenzwert für solche Stoffe in der deutschen Grundwasserverordnung noch in der Trinkwasserverordnung. Das UBA ist seit 1998 im Rahmen der Zulassung von Tierarzneimittel für die Bewertung möglicher Umweltrisiken verantwortlich. Werden bei der Bewertung Umweltrisiken erkannt, so können für die Zulassung Auflagen zum Schutz der Umwelt erteilt werden. Die Anforderungen an die Umweltrisikobewertung von Arzneimitteln sind seit 2005 (Tierarzneimittel) bzw. 2006 (Humanarzneimittel) in Leitfäden der Europäischen Arzneimittelagentur festgelegt. Für sogenannte „Altarzneimittel“, die bereits vor in Kraft treten der Leitfäden zugelassen waren, muss jedoch keine nachträgliche Umweltprüfung durchgeführt werden. Ein Großteil der eingesetzten Tierarzneimittel gehört zu diesen Altarzneimitteln. Für viele sind die Auswirkungen auf die Umwelt bisher nahezu unbekannt. Das Forschungsprojekt „Antibiotika und Antiparasitika im Grundwasser unter Standorten mit hoher Viehbesatzdichte“ wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt und mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Das Projekt wurde unter Federführung des hydrogeologischen Planungsbüros HYDOR Consult GmbH (Berlin) in Kooperation mit dem Forschungszentrum Jülich GmbH und der INFU TU Dortmund von 2011 bis 2013 bearbeitet. Der Forschungsbericht und kann unter „ Antibiotika und Antiparasitika im Grundwasser unter Standorten mit hoher Viehbesatzdichte “ heruntergeladen und unter der Kennnummer 001897 aus der Bibliothek des Umweltbundesamtes ausgeliehen werden.
Heute ist das ressourcenschonende und umweltfreundliche Schließen von Stoffkreislaufen – weit über den Stoffstrom Bioabfall hinaus – das Umweltgebot der Stunde. Der Gesetzgeber verlässt sich mittlerweile bei der Verwertung von Bioabfall nicht allein auf das Engagement der Hobbygärtner. Die weitaus überwiegende Menge der Bioabfälle aus privaten Haushalten wird in Biotonnen getrennt gesammelt, in zentralen Anlagen vergoren und/oder kompostiert und anschließend als Gärrückstand und Kompost zur Düngung und Bodenverbesserung vor allem in der Landwirtschaft und im Gartenbau verwertet. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz und die Bioabfallverordnung, aber auch die Düngemittelverordnung und die Düngeverordnung regeln die zentrale Behandlung und Verwertung von Bioabfällen. Für die Eigenverwertung der Bioabfälle im eigenen Garten gibt es dagegen kaum verbindliche Vorgaben. In diesem Bereich soll der vorliegende Leitfaden Hilfestellung geben und Fragen beantworten. Veröffentlicht in Ratgeber.
Establishing a quality assurance system for compost and digestate from bio-waste can help to decrease the amount of biodegradable waste being landfilled and to increase material recycling. Germany has been successfully operating such a system since 1989, comprising also an organisation with the competence to control the quality of compost and digestate and to award a quality label, the Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. This brochure introduces to the quality assurance system of compost and digestate in Germany in order to give orientation and to share experiences. It provides information, inter alia, on the legal framework related to bio-waste in the EU and in Germany, on involved organisations and on requirements. This brochure is available in English and in Chinese. Quelle: http://www.umweltbundesamt.de
Establishing a quality assurance system for compost and digestate from bio-waste can help to decrease the amount of biodegradable waste being landfilled and to increase material recycling. Germany has been successfully operating such a system since 1989, comprising also an organisation with the competence to control the quality of compost and digestate and to award a quality label, the Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. This brochure introduces to the quality assurance system of compost and digestate in Germany. It provides information, inter alia, on the legal framework related to bio-waste in the EU and in Germany, on involved organisations and on requirements.
Eine hochwertige bodenbezogene Verwertung von Bio- und Grüngut zeichnet sich dadurch aus, dass die gesamten Verwertungssysteme auf die zu erreichenden Spezifikationen für die Kompostprodukte oder für deren Weiterverarbeitung zur Herstellung von Erden - und Substraten ausgerichtet werden. Die jeweiligen Anforderungen an das Produkt bestimmen die Verwertungstechnik, die Aufteilung in Teilmassenströme unterschiedlicher wertgebender Eigenschaften bis hin zur darauf abgestellten Konzeption von Sammlung und Erfassung sowie zugehöriger Öffentlichkeitsarbeit. Hochwertig ist eine Bioabfallverwertung dann, wenn die wertgebenden Eigenschaften des Bioabfalls möglichst umfassend genutzt werden (in der Regel Kombination aus energetischer Nutzung des erzeugten Biogases mit hohen Wirkungsgraden und einer Verwendung der Komposte und kompostierten Gärrückstände mit hohen Substitutionserfolgen) und auf hohe Emissionsstandards geachtet wird. Im Rahmen der Studie wurden für die Verwertungsprozesse die hierfür zentralen Stellschrauben herausgearbeitet und mit dem in Deutschland erreichten Status Quo verglichen. Auch wenn die Datenlage lückenhaft ist, ergaben sich deutliche Fingerzeige für teilweise dringenden Handlungsbedarf. Um die gewünschte hochwertige Verwertung des Bioabfalls sicherzustellen, bedarf es in vielen Fällen einer Erweiterung und Nachrüstung der Anlagentechnik und Anpassung der Betriebsweisen. Hierfür ließen sich im Rahmen der Studie konkrete Maßnahmenvorschläge ableiten, die auf eine Minderung der Fremdstoffanteile und damit Steigerung der Kompostqualitäten, kombinierte energetisch-stoffliche Nutzung über Vergärung zur Biogaserzeugung und anschließende stoffliche Nutzung der Gärresteprodukte (Mehrfachnutzung), Minderung des Emissionsniveaus, hochwertige Verwertung der Komposte und Gärrückstände und Qualitätssicherung und Güteüberwachung von Anlagen und Produkt abzielen. Quelle: Forschungsbericht
Die Bioenergiehof Röttingen GmbH & Co. KG betreibt auf dem Grundstück mit der Flurnummer 7401/17 der Gemarkung Röttingen eine Biogasanlage. Beim Landratsamt Würzburg wurde durch die Bioenergiehof Röttingen GmbH & Co. KG eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung für die bestehende Biogasanlage nach § 16 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) beantragt. Antragsgegenstand ist die Errichtung und der Betrieb eines zusätzlichen Gärrestlagers (Volumen von 3.633 m3 netto) mit Abfüllfläche auf Flurnummer 7401/9 der Gemarkung Röttingen für den Gärrückstand der Biogasanlage. Das Gärrestlager wird mit einer emissionsmindernden Folienabdeckung (nicht gasdicht) ausgerüstet. Mit dem zusätzlichen Gärrestlager sollen die Vorgaben der novellierten Düngeverordnung erfüllt werden. Die Gärrestlagerkapazität der Biogasanlage wird auf 11,5 Monate erhöht. Nach Zubau des Gärrestlagers fällt die Biogasanlage weiterhin nicht unter den Anwendungsbereich der Störfall-Verordnung (12. BImSchV), da der zusätzliche Behälter nicht gasdicht abgedeckt wird. Hinsichtlich der maximal vorhandenen Menge an Biogas ändert sich damit nichts. Für den zusätzlichen Behälter ist zudem eine Umwallung vorgesehen, die zur Rückhaltung des Behältervolumens ausreichend bemessen ist. Außerdem wird auf Flurnummer 7401/9 ein zusätzliches Fahrsilo errichtet. In diesem werden Einsatzstoffe (CCM) für die Biogasanlage im Umfang von 1.350 m3 gelagert. Im Ersatz für 2 t/d Maissilage sollen zukünftig 2 t/d Zuckerrüben als Einsatzstoff zugelassen werden. Die bereits genehmigte tägliche Einsatzstoffmenge von 23 t wird damit nicht geändert.
Online-Tagung der KBU zum Weltbodentag 2020 „Kunststoffe in der Umwelt – Ein Problem für unsere Böden, oder nur falscher Alarm?“ am 3. Dezember 2020 Kleinste Kunststoffpartikel finden sich bereits in allen Umweltkompartimenten (Boden, Wasser und Luft). In den Boden kann Mikroplastik direkt oder indirekt vor allem aus Quellen wie Kosmetika, Reinigungsmitteln, Kunststofferzeugnissen, Littering, Sekundärrohstoffdüngern und Straßenverkehr gelangen. Boden der uns für die Erzeugung und Produktion von Nahrungsmitteln dient und der als Filter und Schutzschicht unser Trinkwasser schützt. Anhand erster Untersuchungen liegt die Vermutung nahe, dass der Eintrag von Kunststoffen in den Boden beträchtlich ist. Hauptquellen für den Eintrag der Kunststoffpartikel sind nach vorliegenden Untersuchungen vor allem von Straßen abgeschwemmte Reifenpartikel, fragmentierte Plastikfolien aus der Landwirtschaft, Klärschlamm sowie mit Plastikteilchen verunreinigte Biokomposte und Gärprodukte. Im Detail wird dies in den verlinkten Vorträgen ausgeführt. Die Tagung fokussierte auf die folgenden drei Fragen: Wo stehen wir mit unserem Wissen? Was können und müssen wir tun? Wo bestehen Möglichkeiten zur Reduzierung der Einträge in den Boden? Über 300 Teilnehmende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nahmen an der online-Veranstaltung teil. Hier finden Sie das Ergebnispapier . Block 1: Wo stehen wir mit unserem Wissen? Grußwort (Mechthild Caspers, Referatsleiterin im BMU ) Warum dieses Thema? (Prof. Dr. P. Grathwohl, KBU) Kunststoffe in Böden: ja, und? (Dr. C. Schulte, UBA , Leiter der Abteilung II 2 „Wasser und Boden“) Reifenpartikel – vom Fahrzeug bis in den Boden (Prof. Dr. M. Barjenbruch, D. Venghaus, TU Berlin) Mikrokunststoffe in Produkten aus Bioabfall – Einträge in Böden (Prof. Dr. M. Kranert, Universität Stuttgart) Block 2: Dialogforum mit kurzen Eingangsstatements Wie minimiert man Plastik bei der Bioabfall-Sammlung? (J. Ohde u. Y. Eger, GAB Umwelt Service, Pinneberg) Wie entfernt man Plastik aus Kompost? (M. Balhar, Geschäftsführer Gütegemeinschaft Ost) Klärschlamm als Senke für Mikroplastik jetzt und in Zukunft? (Dr. K. Bauerfeld ,TU Braunschweig) Agrarfolien – Verwertung erfolgreich? (M. Dambeck, Geschäftsführer RIGK GmbH) Block 3: Podiumsdiskussion: Nächste Schritte - Was müssen wir tun? Dr. L. Busse UBA, Leiterin des Fachbereichs II (Gesundheitlicher Umweltschutz, Schutz der Ökosysteme); M. Dambeck, Geschäftsführer RIGK GmbH; P. Heldt Verbraucherzentrale NRW; Prof. Dr. M. Kranert, Universität Stuttgart, Institut für Siedlungswasserbau Block 4: Schlussdialog: Prof. Dr. Bernd Hansjürgens (Vorsitzender der KBU) und Prof. Dr. Peter Grathwohl (KBU) Im Ergebnis wurden folgende Punkte aus der Tagung herausgestellt: Vorsorgeprinzip, d.h., Minimierung der Stoffeinträge als wichtigstes Gebot Vorsorge- und Prüfwerte für den Boden Vermeidung persistenter Stoffe, möglichst weniger persistente Materialien in Verkehr zu bringen Stoffströme prüfen und optimieren (Komposte, Gärrückstände usw.) Mikroplastik aus Abfallströmen generieren thermische Verwertung voranbringen Im Bereich Forschung sieht die KBU folgende Schwerpunkte: standardisierte Analytik von Plastik in der Umwelt, mehr Kenntnis über Abbauprozesse im Boden, Wirkungen von Nanoplastik, Prozesse beim Zerfall vom MP unter UV-Strahlung weitere technische Methoden zur Abtrennung von Plastikmaterialien aus den Abfallströmen. Verfahrensentwicklung, um Störströme zu isolieren
Tierarzneimittel – ein neues Problem für das Grundwasser? Werte nur bei neun Messstellen auffällig – UBA rät dennoch zu Grenzwert und Überwachung Antibiotika werden in der Intensivtierhaltung in großem Umfang eingesetzt, vor allem bei Schweinen und Geflügel, aber auch bei Rindern. Einen Großteil der Stoffe scheiden die Tiere im Kot und Urin unverändert wieder aus. Kommt derart belastete Gülle auf die Felder, gelangen die Arzneimittel auch in die Umwelt. Wie diese in der Umwelt wirken, ist nicht abschließend geklärt. Aber wie groß ist die Gefahr, dass die Arzneimittel vom Acker in das Grundwasser gelangen? Eine neue Studie des Umweltbundesamtes gibt zunächst Entwarnung: Auch unter besonders ungünstigen Standortbedingungen gelangen die Medikamente nur selten ins oberflächennahe Grundwasser. Dennoch rät UBA-Vizepräsident Thomas Holzmann: „Aus Vorsorgegründen sollten wir den Grenzwert für Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe von 0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/l) im Grundwasser auch auf Tierarzneimittel übertragen. Bei Überschreitungen hätten die Länder so eine Rechtsgrundlage für adäquate Maßnahmen, um das Grundwasser zu schützen. Im Einzelfall denkbar ist etwa, mit der Gülleausbringung zu warten, ganz auf sie zu verzichten oder mit antibiotikafreiem Mineraldünger zu düngen.“ Für die Studie untersuchte das Umweltbundesamt in den Jahren 2012 und 2013 an 48 Messstellen in vier Bundesländern jeweils mindestens zweimal Grundwasserproben auf 23 Wirkstoffe. Bei 39 Messstellen wurden keinerlei Wirkstoffe gefunden. Bei sieben Messstellen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen fanden sich allerdings Sulfonamide. Die Werte waren mit maximal elf Nanogramm pro Liter (ng/l) allerdings sehr gering – zum Vergleich: Der Grenzwert für Pflanzenschutzmittel -Wirkstoffe im Grundwasser liegt zehnfach höher bei 0,1 Mikrogramm/Liter bzw. 100 ng/l. Lediglich bei zwei Messstellen wurde der Wirkstoff Sulfamethoxazol in Konzentrationen von mehr als 100 ng/l gefunden, lag also über dem Grenzwert für Pflanzenschutzmittel oder Biozide im Grundwasser. UBA -Vizepräsident Holzmann: „Wir haben in unserer Studie bewusst ein Worst-case- Szenario genommen und Messstellen ausgewählt, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Grundwasserkontamination durch Antibiotika besonders hoch war. Beruhigend ist, dass wir nur selten fündig wurden und die Belastung keineswegs flächendeckend stattfindet. Allerdings: Ein Eintrag ist möglich und kann dann auch deutlich ausgeprägt sein. Daher müssen wir die Situation genau beobachten. Denkbar wäre, über das bestehende Bund-Länder-Messnetz zumindest unter gefährdeten Böden regelmäßig Proben zu nehmen und zu analysieren. Die Länder könnten dann im Einzelfall einschreiten.“ Als Kriterien für eine hohe Gefährdung von Grundwasser könnte gelten, was das UBA in seiner Studie zugrundelegte: In der Region ( Einzugsgebiet der Messstelle) findet eine intensive Tierhaltung statt und es werden große Mengen an Gülle ausgebracht, Die Stickstoff-Gehalte im Grundwasser sind hoch, deuten auf intensive landwirtschaftliche Nutzung hin und zeigen, dass eine signifikante Stoffverlagerung ins Grundwasser erfolgt, Die Böden sind sandig und gut durchlässig, d.h. sie bilden nur einen geringen natürlichen Schutz für das Grundwasser Der Grundwasserflurabstand ist gering und Die Grundwasserneubildung bzw. die Auswaschungsrate ist hoch. Das Hauptproblem für das Grundwasser in Deutschland ist die zu hohe Belastung mit Nitrat. Dieses kommt etwa mit zu viel stickstoffhaltigem Dünger auf die Felder oder stammt aus der Gülle der Mastställe und den Gärrückständen der Biogasanlagen. Was die Pflanzen nicht brauchen, wird in die organische Substanz des Bodens eingebaut oder endet als Nitrat im Grundwasser. „Rund 50 Prozent aller Grundwasser-Messstellen in Deutschland zeigen derzeit erhöhte Nitrat-Konzentrationen von über zehn Milligramm/Liter – 15 Prozent des Grundwassers hält gar die für Grundwasser geltende Qualitätsnorm von 50 Milligramm/Liter nicht ein. Aus dem Grundwasser gewonnenes Trinkwasser ist jedoch fast allerorten unbelastet – nur 0,08 Prozent der Trinkwasseruntersuchungen liegen in Deutschland über dem Grenzwert von 50 Milligramm/Liter. Es kann problemlos getrunken werden“, so UBA-Vizepräsident Holzmann. Allerdings müssen die Wasserversorger dafür mittlerweile einigen Aufwand betreiben: Manche verdünnen zu stark belastetes Grundwasser schlicht mit unbelastetem Wasser. Immer mehr Versorger sehen die Notwendigkeit, das Nitrat technisch aus dem Rohwasser zu entfernen, weil nicht überall genügend unbelastetes Grundwasser vorhanden ist. Das ist teuer – und erhöht letztlich die Wasserrechnung der Verbraucher. Nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden 2012 in Deutschland rund 1.619 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben, das entspricht etwa dem Zwei- bis Dreifachen des Antibiotikaeinsatzes in der Humanmedizin (630 Tonnen). Die antibiotischen Wirkstoffe werden nur zu einem geringen Anteil im Organismus abgebaut, so dass je nach Wirkstoff etwa 60 bis 80 Prozent der verabreichten Menge unverändert mit dem Kot und Urin der Tiere ausgeschieden wird. Mit der Gülle gelangen sie dann auf die Böden und können in sehr ungünstigen Einzelfällen ins Grundwasser ausgewaschen werden. Bisher gibt es weder einen Grenzwert für solche Stoffe in der deutschen Grundwasserverordnung noch in der Trinkwasserverordnung. Das UBA ist seit 1998 im Rahmen der Zulassung von Tierarzneimittel für die Bewertung möglicher Umweltrisiken verantwortlich. Werden bei der Bewertung Umweltrisiken erkannt, so können für die Zulassung Auflagen zum Schutz der Umwelt erteilt werden. Die Anforderungen an die Umweltrisikobewertung von Arzneimitteln sind seit 2005 (Tierarzneimittel) bzw. 2006 (Humanarzneimittel) in Leitfäden der Europäischen Arzneimittelagentur festgelegt. Für sogenannte „Altarzneimittel“, die bereits vor in Kraft treten der Leitfäden zugelassen waren, muss jedoch keine nachträgliche Umweltprüfung durchgeführt werden. Ein Großteil der eingesetzten Tierarzneimittel gehört zu diesen Altarzneimitteln. Für viele sind die Auswirkungen auf die Umwelt bisher nahezu unbekannt. Das Forschungsprojekt „Antibiotika und Antiparasitika im Grundwasser unter Standorten mit hoher Viehbesatzdichte“ wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt und mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Das Projekt wurde unter Federführung des hydrogeologischen Planungsbüros HYDOR Consult GmbH (Berlin) in Kooperation mit dem Forschungszentrum Jülich GmbH und der INFU TU Dortmund von 2011 bis 2013 bearbeitet. Der Forschungsbericht und kann unter „ Antibiotika und Antiparasitika im Grundwasser unter Standorten mit hoher Viehbesatzdichte “ heruntergeladen und unter der Kennnummer 001897 aus der Bibliothek des Umweltbundesamtes ausgeliehen werden.
Origin | Count |
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Bund | 449 |
Land | 6 |
Type | Count |
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Förderprogramm | 429 |
Gesetzestext | 2 |
Text | 13 |
Umweltprüfung | 1 |
unbekannt | 10 |
License | Count |
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geschlossen | 24 |
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Language | Count |
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Resource type | Count |
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Unbekannt | 2 |
Webseite | 218 |
Topic | Count |
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Boden | 374 |
Lebewesen & Lebensräume | 420 |
Luft | 269 |
Mensch & Umwelt | 455 |
Wasser | 285 |
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