Antarktische Schelfeissysteme werden als besonders klimasensitiv eingestuft, da schon geringe Änderungen der Randbedingungen (Meeresspiegelhöhen; Akkumulationsraten) zu einem Vorstoß bzw. Rückzug der Eisfront und zu stellenweisen Gründen bzw. Aufschwimmen des Eiskörpers führen können. Mit einem erweiterten numerischen Schelfeis-Inlandeis-Fließmodell soll die glaziale Entwicklung solcher Systeme für verschiedene Klimaszenarien erstmals detailliert simuliert werden. Dadurch sind neue grundlegende Erkenntnisse über Art und Ausmaß der Auswirkungen unterschiedlicher Veränderungen auf die Fließdynamik und Geometrie des Eiskörpers zu erwarten. Sensitivitätsstudien für Schelfeissysteme mit stark vereinfachter Geometrie sollen dazu beitragen, insbesondere die Rolle von Eiskuppeln, Eishöckern und Bruchstrukturen bei sich ändernden klimatischen/glaziologischen Randbedingungen besser zu verstehen und quantitativ beschreiben zu können. Darauf aufbauend liegt eine weitere Zielsetzung dieses Vorhabens in der Abschätzung der Reaktion des Filchner-Ronne-Schelfeises auf veränderten Massenfluss zwischen Eiskörper und Ozean. Wir gehen davon aus, dass die so gewonnenen Erkenntnisse sich auch auf andere west- und ostantarktischen Saumschelfeise anwenden lassen. Damit wird ein Beitrag zum besseren Verständnis der Reaktion westantarktischer Schelfeise auf großskalige anthropogene Klimaänderungen erbracht.
Das Gesamtprojekt hat das Ziel, Zusammenhaenge zwischen der Veraenderung der grossen Eismassen und der Schwankung des Meeresspiegels herauszuarbeiten. Dazu wird das Alfred-Wegener-Institut mit Arbeiten zur numerischen Modellierung des Groenlaendischen Inlandeises und mit Feldmessungen zur Eisdicke eines der grossen Auslassgletscher in Nordostgroenland beitragen. Im Vordergrund steht die Frage der Wechselwirkung zwischen den grossen schwimmenden Gletscherzungen und dem Ozean. Bei einer Abschaetzung der Massenbilanz des Groenlaendischen Inlandeises, speziell in Nord- und Nordostgroenland, stellt man fest, dass die Niederschlagsbetraege hoeher sind als die ablativen Beitraege aus Oberflaechenschmelzung und Kalbung, ohne dass gleichzeitig eine dynamische Reaktion des Eisschildes in Form von Dickenzunahme registriert werden kann. Die Frage ist also, ob die bisher nicht beruecksichtigte subglaziale Ablation die Bilanz ausgleichen kann. In der vorhergehenden Projektphase wurden eingehende Studien zur Energiebilanz und zur Ablation an der Gletscheroberflaeche durchgefuehrt.