Die Entwicklung und Planung klimaresilienter Städte ist ein wichtiger Baustein für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz. Naturbasierte Lösungen für blau-grüne Infrastrukturen spielen bei der Planung klimaresilienter Städte eine besondere Rolle. Veränderungen im Wasserhaushalt, die Verbesserung von Versickerungsmöglichkeiten und Schaffung von grünen Bändern in Städten sind hier einige wichtige Eckpunkte. Gleichzeitig muss bei diesen Maßnahmen aber auch die potentielle Begünstigung der Ansiedelung und Ausbreitung von Lästlingen, Gesundheitsschädlingen und allergieauslösenden Pflanzen mitgedacht werden. Damit eine Transformation urbaner Lebensräume hin zu Orten mit hoher Lebensqualität gelingen kann, müssen nicht-intendierte Nebeneffekte mitberücksichtigt werden. Dies ist besonders bedeutsam vor dem Hintergrund des Auftretens von invasiven Arten (Asiatische Tigermücke, Ambrosia), aber auch heimische Arten können auf die herbeigeführte Veränderung von Lebensbedingungen in urbanen Räumen mit vermehrter Verbreitung reagieren. Es fehlt an einer aktuellen Gesamtschau der gesundheitlichen Effekte, die durch planerische Voraussicht vermeidbar wären. Im Rahmen des Projektes sollen daher die gesundheitlichen Effekte von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Städten und Gemeinden empirisch in Feldstudien an ausgesuchten und möglichst repräsentativen Fallbeispielen untersucht werden. Hierzu sollen mehrere Projekte, in denen urbane Bereiche klimaresilient gestaltet wurden, mit ökologischen Untersuchungen begleitet werden, um die komplexen Folgen planerischen Handelns adäquat zu erfassen. Die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen fließen in einen Leitfaden für die vorrausschauende Planung klimaresilienter Städte ein, in dem der aktuelle Kenntnisstand dargestellt, mögliche positive und negative Wirkungen der Maßnahmen benannt und Empfehlungen formuliert werden. HInweis: Anpassung des VH (Teiling in zwei Teilvorhaben) - FKZ 3723484011+3723484012
<p>Infektionsschutz</p><p>Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt die gesetzlichen Pflichten zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. Im Anerkennungsverfahren gemäß Paragraph 18 Absatz 4 IfSG wird festgelegt, welche Mittel und Verfahren bei behördlich nach Paragraph 17 IfSG angeordneten Bekämpfungsmaßnahmen gegen Gesundheitsschädlinge, Krätzmilben und Kopfläuse eingesetzt werden dürfen.</p><p>Ziel des Infektionsschutzgesetzes in Deutschland ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Verbreitung zu verhindern. Paragraph 17 des Infektionsschutzgesetzes ermächtigt die zuständigen Behörden, Bekämpfungsmaßnahmen gegen Gesundheitsschädlinge, Krätzmilben und Kopfläuse zum Schutz des Menschen vor übertragbaren Krankheiten anzuordnen. Ein Gesundheitsschädling ist gemäß Paragraph 2 Nummer 12 IfSG „ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können“. Bei behördlich angeordneten Bekämpfungsmaßnahmen nach Paragraph 17 IfSG dürfen nur Mittel und Verfahren verwendet werden, die durch das Umweltbundesamt (<a href="https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/u?tag=UBA#alphabar">UBA</a>) anerkannt worden sind. Für eine Anerkennung müssen sie sich als hinreichend wirksam erweisen und dürfen keine unvertretbaren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben.</p><p><strong>Anerkennung der Mittel und Verfahren, Prüfung der Umweltverträglichkeit und Wirksamkeit</strong><br>Das UBA ist die zuständige Bundesoberbehörde für die Anerkennung der Mittel und Verfahren gemäß Paragraph 18 Absatz 4 IfSG. Im UBA werden sowohl die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltrisikobewertung) als auch die Prüfung der Wirksamkeit (Prüflabor Gesundheitsschädlinge) durchgeführt. Anerkannte Mittel und Verfahren werden auf der Homepage des UBA in Form einer§ 18 Liste IfSGveröffentlicht und regelmäßig aktualisiert.<p>Zudem prüft das UBA auch die Umweltverträglichkeit von Mitteln und Verfahren zur Desinfektion nach Paragraph 18 Absatz 3 IfSG. Für die Anerkennung und Listung dieser Mittel und Verfahren ist das<a href="https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Desinfektionsmittel/Desinfektionsmittellist/Desinfektionsmittelliste_inhalt.html">Robert Koch-Institut</a>zuständig.</p><p><strong>Kein geeignetes Mittel/Verfahren verfügbar – was nun?</strong><br>Zuständige Behörden, die im Bekämpfungsfall auf der § 18 Liste IfSG kein geeignetes Mittel oder Verfahren vorfinden, oder aus anderen Gründen beabsichtigen ein nicht gelistetes Verfahren oder Mittel zu nutzen, müssen sich gemäß Paragraph 18 IfSG Absatz 1 die Zustimmung des UBA für die Verwendung anderer als der gelisteten Mittel und Verfahren einholen. Das UBA berät darüber hinaus die zuständigen Behörden über verfügbare Mittel und Verfahren und neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung. Anfragen können anifsg18[at]uba [dot] degestellt werden.<p></p>
Die Rattenbekämpfung in der Kanalisation ist für viele öffentliche und private Kanalnetzbetriebe zu einem Dilemma geworden. Einerseits sorgen die Betriebe bei der Abwasserreinigung dafür, dass Schadstoffe aus dem Wasserkreislauf entfernt werden. Andererseits sind sie in der Regel dazu verpflichtet, Ratten als Gesundheitsschädlinge in der Kanalisation zu kontrollieren. Dazu werden dann für die Umwelt hochproblematische Wirkstoffe in Form von Rattengift in die Kanalisation vom betriebseigenen Personal oder von beauftragten Schädlingsbekämpfungsunternehmen eingebracht. Spätestens seit dem Bekanntwerden der damit verbundenen Umweltrisiken und der Festlegung verbindlicher Vorgaben für die sichere Ausbringung von Ködern hat vielerorts eine rege Diskussion eingesetzt, wie man Ratten wirksam und rechtskonform in der Kanalisation bekämpft, ohne dabei die Gewässer zu belasten. Dass das Rattenmanagement auch ohne den Einsatz von Rodentiziden in der Kanalisation nachhaltig gelingen kann, zeigt das Vorgehen der Stadtentwässerung Erfurt. Im Zentrum steht dabei der Verschluss ungenutzter Anschlussstellen mithilfe von Robotertechnik sowie die Erkenntnis, dass die Kanalbeköderung ohne die Kanalsanierung einen größeren negativen Effekt auf die Umwelt als auf die bestehende Wanderrattenpopulation hat. Quelle: Aufsatz
Faktoren wie Klimawandel und Landnutzung beeinflussen das Vorkommen (Verbreitung, Maximaldichte) gesundheitsgefährdender Nagetierarten. Eine hohe Abundanz infizierter Tiere ist wiederum eng mit einem erhöhten Übertragungsrisiko von Krankheitserregern auf den Menschen verbunden. Mit dem Vorhaben soll der Effekt von Klima und Landnutzung auf die Populationsentwicklung von gesundheitsgefährdenden Nagetieren untersucht und mögliche Anpassungsstrategien abgeleitet werden. Es ist vorgesehen, Zeitserien zum Vorkommen von kommensalen Nagetieren (z.B. Wanderratte) sowie von Wald- und Feldnagern (z.B. Bisam, Wühlmäuse) mit Witterung und Landnutzung der letzten Jahrzehnte in Verbindung zu bringen. Diese Arten sind Träger einer Vielzahl von Pathogenen. Historische Datensätze (Zeitserien) zum Vorkommen von Schadnagern sollen eine große Vielfalt an Landnutzungsformen und klimatischen Gegebenheiten abdecken. Mit den gewonnenen Daten soll das durch den Einfluss des Klimawandels und damit auch einer möglichen veränderten Landnutzung veränderte Risiko eines verstärkten Vorkommens von Nagetieren analysiert und prognostiziert werden. Es gibt weiterhin die begründete Annahme, dass eine höhere Zahl von Kleinsäugerarten in einem Habitat einen Verdünnungseffekt für die Durchseuchung der jeweiligen Schadnagerpopulationen mit Krankheitserregern hat. Entsprechend soll im Zusammenhang mit der Landnutzung die Artenvielfalt untersucht und ihr Einfluss auf die Durchseuchung der gesundheitsschädlichen Zielarten festgestellt werden. Ein auf höhere Artendiversität ausgerichtetes Habitatmanagement kann eine mögliche Anpassungsmaßnahme an ein steigendes Risiko durch Nagetier-assoziierte Erkrankungen darstellen. Dies ist von besonderer Bedeutung, da der Einsatz von Rodentiziden mit der einhergehenden Schädigung von Nichtzielarten (andere Kleinsäuger) in diesem Fall kontraintuitiv im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes wäre.
Globale Veränderungen beeinflussen auch das Vorkommen und die Verbreitung von Gesundheitsschädlingen, Krätzmilben und Kopfläusen. Eine Bekämpfung bei behördlich angeordneten Maßnahmen in Deutschland wird durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) geregelt. Unter anderem dürfen bei angeordneten Bekämpfungsmaßnahmen nur Mittel und Verfahren verwendet werden, die in einer entsprechenden Liste gemäß § 18 IfSG aufgeführt sind. Durch die Novellierung des IfSG ist das Listungsverfahren neu geregelt worden. Wesentliche Änderungen sind die Veröffentlichung der Liste im Internet mit der Möglichkeit einer raschen Aktualisierung, die Berücksichtigung bestehender Zulassungen von Bioziden, Pflanzenschutzmitteln und Arzneimitteln für den Listungsprozess und die Regelung der Aberkennung aufgrund neuer Tatsachen und Erkenntnisse. In der aktuellen Liste finden sich nun auch Medikamente gegen Skabies, Insektizide gegen Stechmücken zur Anwendung im Flugzeug und nicht-chemische Verfahren zur Nagetierbekämpfung. Quelle: UMID : Umwelt und Mensch - Informationsdienst ; Umwelt & Gesundheit, Umweltmedizin, Verbraucherschutz / Boden- und Lufthygiene (Berlin) Institut für Wasser- - (2020), Heft 1, Seite 95
The “Workshop on Ticks and Tick-borne Diseases” took place September 30th to October 2nd , 2014 in Berlin as a joint meeting of the German Society of Medical Entomology and Acarology (DGMEA) and the “Workshop on Tick-borne Diseases” of the National Reference Laboratory for Q Fever of the Friedrich-Loeffler-Institut. This joint meeting was organized by the Umweltbundesamt ( UBA ) - Federal Environment Agency, Section IV 1.4 – Health pests and their control, in close cooperation with the German Society for Medical Entomology and Acarology (DGMEA), the Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), National Reference Laboratory for Q Fever and the Freie Universität Berlin – Free University Berlin, Institute for Parasitology and Tropical Veterinary Medicine. Veröffentlicht in Broschüren.
Ausgangslage/Zielstellung/Methodik des Vorhabens: Klimaänderungen beeinflussen direkt und indirekt die Entwicklung und Verbreitung von Krankheitserreger übertragenden Gliedertieren (Vektoren), deren Entwicklungszyklus sich überwiegend frei in natürlichen Biotopen vollzieht. Schildzecken sind bedeutsam als Überträger der Erreger von z.B. FSME, Lyme Borreliose, Rickettsiose, Babesiose, Ehrlichiose, Anaplasmose. Im Rahmen der Klimafolgenforschung soll ermittelt werden, welchen Einfluss Klimaänderungen auf das Vorkommen und die Verbreitung vektoriell bedeutender Schildzecken in Deutschland haben. Zukünftige Entwicklungen sollen prognostiziert werden können, um Risiken durch vektoriell bedeutsame Schildzecken frühzeitig einschätzen und Risikominderungsmaßnahmen gezielt einleiten zu können. Unter Vorhaben FKZ 3708 49 400 wurden 2009-2010 Daten zum klimaabhängigen Vorkommen und der Aktivität von Ixodes ricinus als in Deutschland am weitesten verbreiteter und vektoriell bedeutsamster Schildzeckenart in verschiedenen Regionen Deutschlands erhoben und die Zecken auf das FSME-Virus untersucht. Beobachtungen im Freiland erfolgten in Abständen von 1 bis etwa 6 Wochen, vor Ort gemessene Wetter- bzw. Klimadaten sowie Daten von Wetterstationen der jeweiligen Regionen wurden für erste Analysen herangezogen. Unter FKZ 3711 48 402 wurde das Projektziel unter Mitarbeit und Vernetzung verschiedener Arbeitsgruppen und Einbindung neuer Methoden weiterverfolgt. Ein Schwerpunkt der Untersuchungen bildeten engmaschige Untersuchungen zur Aktivität von I.ricinus an 6 verschiedenen Waldstandorten in Deutschland. Seit August 2011 wurden bis zu dreimal je Woche Daten erhoben. Dieses Verfahren läßt aussagekräftige Rückschlüsse über die Auswirkungen verschiedener klimatischer Bedingungen und Wettersituationen auf Ixodes ricinus zu. Mit dem Projekt FKZ 3713 48 420 soll das Ziel der Vorgängerprojekte weiterverfolgt werden. (Texte gekürzt)
Klimawandels auf Vorkommen, Verbreitung und Aktivität vektoriell bedeutsamer Schildzeckenarten in Deutschland untersucht. In einer Literaturrecherche wurde der aktuelle Wissensstand zur Biologie und Verbreitung der wichtigsten europäischen Zeckenarten sowie zu Modellierungen bei Zecken zusammengeführt und kritisch bewertet. Auf Basis der erhobenen Daten wurden digitale Europakarten von 17 Zeckenarten erstellt. Darauf aufbauend wurden nach dem BIOCLIM- und dem MAXENT-Klimamodell deutschlandweite Habitatmodelle für D. marginatus und D. reticulatus und europaweite Habitatmodelle für Hy. marginatum erstellt. Diese bilden die potenzielle Verbreitungder jeweiligen Arten ab und geben wichtige Hinweise, wo z.B. im Rahmen eines Monitoringprogramms zur Früherkennung nach den betreffenden Spezies zu suchen wäre. Mithilfe von Klimaszenarien wurden erste Prognosen für Hy. marginatum für das Jahr 2050 erstellt, die auf eine zunehmende Habitateignung für diese Spezies vor allem im Osten Deutschlands hinweisen. Eine Validierung und Weiterentwicklung der genannten Modelle wird empfohlen. Die saisonale Aktivität von I. ricinus wurde mit der Flaggmethode an insgesamt 19 tandorten und mit der neu entwickelten Parzellenmethode (Dautel et al. 2008) an 5 Standorten in verschiedenen Regionen Deutschlands untersucht. Die saisonale Aktivität von adulten Dermacentor wurde an 10 Standorten untersucht. In einem kritischen Vergleich zwischen Parzellenmethode, Flaggmethode und dem Zeckennachweis auf Kleinsäugern wurden die Vor- und Nachteile jeder dieser Methoden bewertet. An den Standorten im Siebengebirge wurden zudem Zecken auf verschiedene Borrelien untersucht. Desgleichen wurde an den Standorten um Leipzig Zecken und Kleinsäuger auf B. burgdorferi s.l. und Rickettsien der Gattung Rickettsia untersucht. Es konnte für D. reticulatus das auf die Monate Juni/Juli konzentrierte saisonale Auftreten der Larven und Nymphen wie auch ihre starke Wirtsbindung an Rötelmäuse (Myodes glareolus) bestätigt werden, und es ergaben sich deutliche Hinweise darauf, dass D. reticulatus in der Region als Hauptvektor für von Zecken übertragene Rickettsien fungieren dürfte. Für D. reticulatus, D. marginatus und I. ricinus wurde erstmals eine Habitatcharakterisierung nach Ellenberg (1996) an 32 Standorten vorgenommen. Die Parzellenmethode erbrachte neue Erkenntnisse zu I. ricinus, die nahelegen, dass dessen Lebenszyklus in unseren Breiten etwa 4-6 Jahre dauert, deutlich länger als gemeinhin angenommen. Sie ermöglichte auch, Häutungsgenerationen als ein neues Konzept vorzuschlagen. Eine Analyse der Wetterabhängigkeit der Aktivität von I. ricinus- Nymphen und Adulti identifizierte v.a. Wärme und Trockenheit als Faktoren, die hauptsächlich im Frühjahr/Sommer temporäre Rückgänge der Zeckenaktivität verursachen. Gleiches gilt für tiefe Temperaturen im zeitigen Frühjahr. Des Weiteren wurden saisonale Grundmuster der Nymphen- und der Adultenaktivität identifiziert, die völlig unabhängig von der Entwicklungshistorie der Zecken auftreten. Auf Basis der gewonnenen Daten ist zu folgern, dass bei zunehmend milderen Wintern mit einer Ausdehnung der Aktivitätszeiten von I. ricinus in die Wintermonate hinein zu rechnen ist. Auswirkungen auf die Dauer des Lebenszyklus sind weniger zu erwarten, allerdings könnte sich bei einer mittleren Temperaturerhöhung um ca. 2 Grad während der Frühjahrs- und Sommermonate der Lebenszyklus bei einem kleinen Teil der Population um ein Jahr verkürzen. Häufiger auftretende Trockenphasen im Frühjahr und Sommer dürften dagegen vermehrt Low-Questing-Verhalten bei Nymphen auslösen, was starke Auswirkungen auf die Zirkulation des FSME-Virus und anderer Erreger hätte, indem es häufiger zum Cofeeding von Larven und Nymphen auf Kleinsäugern käme. Ixodes ricinus wird auch weiterhin die am häufigsten auftretende einheimische Zecke sein, aber Dermacentor reticulatus und D. marginatus werden ihre Verbreitungsgebiete in Zukunft voraussichtlich weiter ausdehnen. Als wichtigste potenziell invasive Art wurde der Hauptvektor des CCHF-Virus, Hyalomma marginatum, identifiziert, gefolgt von Rhipicephalus sanguineus s.l., R. turanicus und Haemaphysalis inermis. Ein vorausschauendes Monitoring einiger Zeckenarten wird empfohlen, und es werden Hinweise gegeben, welche Art des Monitorings jeweils geeignet erscheint. Quelle: Forschungsbericht
Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Heuschrecken (Orthoptera) Bestandsentwicklung. Stand: Juni 2013 Michael Wallaschek (unter Mitarbeit von Björn Schäfer) Die Langfühlerschrecken (Ensifera) mit ca. 9.000 und die Kurzfühlerschrecken (Caelifera) mit ca. 11.000 Ar- ten wurden bis Mitte der 1990er Jahre als Unterordnun- gen der Heuschrecken (Saltatoria) aufgefasst, dann zu eigenständigen Ordnungen erhoben, um nun (erneut) als Unterordnungen der Heuschrecken (Orthoptera) zu gelten (vgl. Ingrisch & Köhler 1998, Köhler 2009). Fossilien von Ensiferen fanden sich bereits in Schich- ten des Oberkarbons, von Caeliferen erst in Ablagerungen der Unteren Trias. Für das Gebiet Sachsen-Anhalt liegen Grillen- und Dornschreckenreste aus den mitteleozä- nen Ablagerungen des Geiseltales sowie Laubheuschre- cken- und Grilleninklusen im oberoligozänen bis unter- miozänen Bitterfelder Bernstein vor. Heute sind 28 Ensiferen- und 34 Caeliferenspezies, also 62 Heuschreckenarten, aus Sachsen-Anhalt bekannt, wobei vier Kurzfühlerschreckenarten ausgestorben oder verschollen sind. Einzelne Arten wurden gelegentlich eingeschleppt, konnten sich aber nicht etablieren. Der Erstnachweis von Meconema meridionale in Sachsen- Anhalt erfolgte im Jahr 2008 (Gottfried & Kästner 2009). Maas et al. (2011) führen in ihrer Gesamtarten- liste für Deutschland 85 Heuschreckenarten (Ensifera: 40, Caelifera: 45). In terrestrischen Ökosystemen sind Heuschrecken meist als Primärkonsumenten, ein Teil auch als Sekun- därkonsumenten von Belang. Im Grasland können die Tiere mit den sprichwörtlichen Sprungbeinen und den teils lautstarken Zirpgesängen zu den dominanten Wir- bellosengruppen gehören. Die heimischen Heuschrecken sind als Indikatoren für den Naturschutz und die Landschaftsplanung von Bedeutung. So gehören in Lebensräumen des Anhangs I der FFH-Richtlinie bestimmte Heuschreckenarten zu den typischen Wirbellosen (z. B. Tetrix subulata auf Schlammbänken der Flüsse, Oedipoda caerulescens in Schwermetallrasen, Meconema thalassinum in Eichen- Hainbuchenwäldern; Wallaschek et al. 2004). Nach Maas et al. (2011) sind Deutschland und damit Sach- sen-Anhalt „in besonders hohem Maße verantwortlich“ für Isophya kraussii, „in hohem Maße verantwortlich“ für Barbitistes serricauda und Nemobius sylvestris sowie „in besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorpos- ten verantwortlich“ für Gampsocleis glabra, Podisma pedestris und Stenobothrus crassipes. Aus dem Huy bei Halberstadt wurde eine neue Exklave von Stenobothrus crassipes bekannt (Schädler 2009), aus der Colbitz- Letzlinger Heide eine neue Exklave von Gampsocleis glabra (Schäfer in Wallaschek 2013). Heuschrecken eignen sich sehr gut zur Bewertung von Lebensräumen und Eingriffen. Dafür erlangen neben der Roten Liste und autökologischen Kenntnissen zunehmend zoogeo- graphische und zoozönologische Fakten an Gewicht, da mit ihnen die ökosystemaren, räumlichen und histo- rischen Bezüge besser berücksichtigt werden können. Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung der Heuschre- cken auf die sinnliche Wahrnehmung der Landschaft. Die Europäische Wanderheuschrecke hat das Lan- desgebiet in Folge der Vernichtung ihrer südosteuropä- ischen Brutplätze schon lange nicht mehr heimgesucht. Dennoch gibt es indigene Heuschreckenarten, die zu- weilen als Pflanzenschädling (Gewächshausschrecke, Maulwurfsgrille) oder als Lästling, Vorrats-, Material- und Gesundheitsschädling (Heimchen) von sich Reden machen. Die Kenntnis der Heuschreckenfauna Sachsen-An- halts im Hinblick auf Zoogeographie, Ökologie, Ge- fährdung, Schutz und Bedeutung konnte in den letzten 20 Jahren erheblich verbessert werden, insbesondere durch das Projekt „Zoogeographische und ökologische Untersuchungen für eine Fauna der Heuschrecken, Ohrwürmer und Schaben des Landes Sachsen-Anhalt“ und nachfolgende Arbeiten zur Aktualisierung (Wal- laschek et al. 2004, 2013: 54120 Art-Fundort-Fundzeit- Datensätze). Im Ergebnis müssen noch immer Wissens- lücken zur Verbreitung indigener Heuschreckenarten in einigen Landschaften sowie zur Ökozoogeographie und Zoozönologie konstatiert werden. Insbesondere hin- sichtlich synanthroper Heuschrecken sind die Fachleute in Schädlingsbekämpfung, Land- und Forstwirtschaft, Kleine Goldschrecke (Euthystira brachyptera). Nordteil der Colbitz-Letzlinger Heide, 25.7.2006, Foto: B. Schäfer. 671 Gartenbau und Lagerwirtschaft aufgerufen, ihre ent- sprechenden Funde zu publizieren oder an die Ortho- pterologen des Landes weiterzugeben. Die Systematik und Nomenklatur richtet sich nach Coray & Lehmann (1998). An Synonymen sind sol- che in der Originalschreibweise angegeben, die für das Verständnis der älteren faunistischen Literatur Sachsen- Anhalts von Bedeutung sind. Ausführliche Listen von Synonyma finden sich in Zacher (1917) und Harz (1969, 1975). Die deutschen Namen folgen Detzel (1995). Die in Wallaschek et al. (2004) für Heuschre- cken errechneten Distributionsklassen waren zwar die Grundlage für die Einschätzung der Bestandssituation, doch wurden im vorliegenden Beitrag die neueren Er- kenntnisse zur Verbreitung (Wallaschek 2013) sowie die Kenntnisse zur ökologischen Zoogeographie derArten einbezogen. Daher weichen die Einstufungen nicht selten um ein bis zwei Klassen nach oben ab. Die Angaben zur Roten Liste der Heuschrecken Sachsen- Anhalts stammen aus Wallaschek (2004). Einige Heu- schreckenarten lebten oder leben in Sachsen-Anhalt aus- schließlich in Exklaven (X) vor der südlicher gelegenen Arealgrenze. Sämtliche Nachweise beruhen auf Walla- schek (2013), weshalb auf die entsprechende Spalte in der Tabelle verzichtet wurde. Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans). Colbitz- Letzlinger Heide (Bauernheide), 19.8.2012, Foto: B. Schäfer.Westliche Beißschrecke (Platycleis albopunctata). Nordteil der Colbitz-Letzlinger Heide, 1.8.2008, Foto: B. Schäfer. Danksagung Den Herren R. Schweigert (Ditfurt) und M. Unruh (Großosida) sei herzlich für die kritische Durchsicht des Manuskripts und für Hinweise gedankt. Warzenbeißer (Decticus verrucivorus). Nordostteil der Colbitz-Letzlinger Heide, 16.8.2013, Foto: B. Schäfer. 672 Heuschrecken (Orthoptera) Literatur Coray, A. & Lehmann, A. W. (1998): Taxonomie der Heuschrecken Deutschlands (Orthoptera): Formale Aspekte der wissenschaftlichen Namen. – Articulata (Erlangen) Beih. 7: 63–152. Detzel, P. (1995): Zur Nomenklatur der Heuschrecken und Fangschrecken Deutschlands. – Articulata (Er- langen) 10 (1): 3–10. Gottfried, T. & Kästner, A. (2009): Erstnachweise der südlichen Eichenschrecke (Meconema meridionale [Costa, 1860]) in Sachsen und Sachsen-Anhalt. – Sächs. entomol. Zeitschr. (Leipzig) 4: 3–9. Harz, K. (1969): Die Orthopteren Europas I. (Unter- ord. Ensifera). – Ser. Entomol., Vol. 5, Junk, The Ha- gue, 749 S. Harz, K. (1975): Die Orthopteren Europas II. (Unterord. Caelifera). – Ser. Entomol., Vol. 11, Junk, The Hague, 939 S. Ingrisch, S. & Köhler, G. (1998): Die Heuschrecken Mitteleuropas. – NBB 629, Westarp Wissenschaften, Magdeburg, 460 S. Köhler, G. (2009): Checkliste der Heuschrecken (In- secta: Orthoptera) Thüringens. 4., aktualisierte und erweiterte Fassung: Stand November 2009. – In: Thü- ringer Entomologenverband e. V. (Hrsg.): Checklisten Thüringer Insekten und Spinnentiere. Teil 17: 11–21. Maas, S.; Detzel, P. & Staudt, A. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Heuschrecken (Saltatoria) Deutsch- lands. 2. Fassung, Stand Ende 2007. – Naturschutz Biol. Vielfalt (Bonn-Bad Godesberg) 70 (3): 577–606. Schädler, M. (2009): Ein neues Vorkommen des Zwerggrashüpfers, Stenobothrus crassipes (Charpen- tier, 1825) (Caelifera, Acrididae), in Deutschland. – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 53 (3–4): 203–206. Wallaschek, M. (unter Mitarbeit von Müller, J.; Oe- lerich, H.-M.; Richter, K.; Schädler, M.; Schä- fer, B.; Schulze, M.; Schweigert, R.; Steglich, R.; Stolle, E. & Unruh, M.) (2004): Rote Liste der Heu- schrecken (Ensifera et Caelifera) des Landes Sach- sen-Anhalt (2. Fassung, Stand: Februar 2004). – Ber. Landesamt. Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle) 39: 223–227. Wallaschek, M. (unter Mitarbeit von Elias, D; Klaus, D; Müller, J.; Schädler, M.; Schäfer, B; Schulze, M.; Steglich, R. & Unruh, M.) (2013): Die Gerad- flügler des Landes Sachsen-Anhalt (Insecta: Derma- ptera, Mantodea, Blattoptera, Ensifera, Caelifera): Aktualisierung der Verbreitungskarten. – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt (Schönebeck) SH 2013: 1–100. Wallaschek, M.; Langner, T. J. & Richter, K. (unter Mitarbeit von Federschmidt, A.; Klaus, D.; Miel- ke, U.; Müller, J.; Oelerich, H.-M.; Ohst, J.; Osch- mann, M.; Schädler, M.; Schäfer, B.; Scharapen- ko, R.; Schüler, W.; Schulze M.; Schweigert, R.; Steglich, R.; Stolle, E. & Unruh, M.) (2004): Die Geradflügler des Landes Sachsen-Anhalt (Insecta: Dermaptera, Mantodea, Blattoptera, Ensifera, Caeli- fera). – Ber. Landesamt. Umweltschutz Sachsen-An- halt (Halle) SH 5/2004: 1–290. Zacher, F. (1917): Die Geradflügler Deutschlands und ihre Verbreitung. – Fischer, Jena, 287 S. Anschriften der Verfasser Björn Schäfer IHU Geologie und Analytik Dr.-Kurt-Schumacher-Straße. 23 39576 Stendal E-Mail: schaefer@IHU-Stendal.de Dr. Michael Wallaschek Agnes-Gosche-Straße 43 06120 Halle (Saale) Tab. 31.1: Bestandsentwicklung der Heuschrecken in Sachsen-Anhalt Zusätzliche Abkürzungen: Rote Liste (RL) Bezug auf Wallaschek (2004) Bemerkungen (Bm) X ausschließlich in Exklaven vorkommend Art Ensifera (Langfühlerschrecken) Acheta domesticus (L., 1758) Barbitistes constrictus Brunner von Wattenwyl, 1878 Barbitistes serricauda (F., 1798) BR BS BE H UV SM mh0ss03.2.4.12.2.5 ss03.2.92.2 RL Ges. Bm Synonym, Deutscher Name A 3 A Gryllulus domesticus L., 1758; Heimchen Nadelholz-Säbelschrecke Odontura serricauda Fischer, 1853; Laubholz-Säbelschrecke 673
Origin | Count |
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Bund | 24 |
Land | 3 |
Type | Count |
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Förderprogramm | 15 |
Text | 5 |
unbekannt | 7 |
License | Count |
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Deutsch | 24 |
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