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Weltklimarat in China: die Themen stehen, der Zeitrahmen nicht

Ende Februar haben sich die wichtigsten Köpfe der internationalen Klimawissenschaft und die Mitgliedsstaaten des IPCC („Weltklimarat“) in China getroffen, um den 2023 begonnenen siebten Berichtszyklus zum Sachstand des Klimawandels zu diskutieren. UBA-Mitarbeitende waren Teil der deutschen Delegation. Ein besonders brisanter Diskussionspunkt in China: der Zeitrahmen des siebten Sachstandsberichts. Vom 23. Februar bis 1. März hat der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change - ⁠ IPCC ⁠) zum 62. Mal getagt, diesmal in Hangzhou, China. Zum IPCC gehören 195 Mitgliedsstaaten. In China kamen etwa 400 Delegierte aus 130 Ländern zusammen, um die dringendsten Fragen zum weiteren Ablauf des siebten Berichtszyklus zu klären. Zum Zeitrahmen konnte während der langwierigen und kontroversen Verhandlungen jedoch auch nach einer Verlängerung um 30 Stunden erneut keine Einigung gefunden werden. Die deutsche Delegation bestand aus Vertretern des Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (⁠ BMBF ⁠), der deutschen IPCC-Koordinierungsstelle und des Umweltbundesamtes (⁠ UBA ⁠). Zeitrahmen für siebten Sachstandsbericht weiterhin unklar Besonders umstritten ist noch immer der Zeitrahmen des siebten Sachstandsberichts (Seventh Assessment Report, AR7). Nach dem Plan der führenden IPCC-Wissenschaftler*innen und sehr vielen Ländern, darunter auch Deutschland, sollte der Bericht spätestens bis zur „Zweiten Globalen Bestandsaufnahme“ (Second Global Stocktake - GST2) im Jahr 2028 fertig gestellt werden. Die GST bewertet alle fünf Jahre den kollektiven Fortschritt bei der Umsetzung der Ziele des Übereinkommens von Paris (ÜvP). Die Informationen aus dem AR7 sollten als Grundlage für die Zweite Globale Bestandsaufnahme und für ambitioniertere Beschlüsse zum globalen ⁠ Klimaschutz ⁠ beitragen. Dies betrifft in erster Linie die Ausgestaltung der nationalen Beiträge zum Klimaschutz (Nationally Determined Contributions – NDC) unter dem ÜvP, aber auch die künftigen Verhandlungen unter der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) . Dass der Klimaschutz international an Fahrt aufnimmt wird immer dringender, weil sich das Zeitfenster für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels von Paris sehr bald zu schließen droht. Einige Entwicklungs- und Schwellenländer, wie unter anderem Indien und Saudi-Arabien, bewerten den Zeitrahmen für die Fertigstellung des AR7 bis 2028 allerdings als zu ambitioniert. Sie argumentieren, dass sie nicht die nötige Zeit bekommen würden, um sich in die Erstellung des Berichts gleichberechtigt einzubringen. Generell nutzen aber gerade die OPEC-Staaten jedes denkbare Argument, um im Interesse ihrer Geschäftsmodelle wirksame globale Klimaschutzanstrengungen möglichst lange hinauszuzögern. Andere Entwicklungsländer, wie unter anderem kleine Inselstaaten, lateinamerikanische Staaten sowie auch viele besonders arme afrikanische Länder, fordern gerade wegen ihrer starken Betroffenheit durch den ⁠ Klimawandel ⁠ eine möglichst schnelle Fertigstellung des AR7, damit die GST2 und die dritte Runde der NDCs endlich zu einer wirksamen Begrenzung der Klimaschäden beitragen. Aufgrund der erheblichen Interessenkonflikte konnte bei der Sitzung in China keine Entscheidung zum Zeitplan für die Fertigstellung des AR7 getroffen werden. Der aktuell auf 2028 hinauslaufende Zeitplan wurde aber für die nächsten Arbeitsschritte zunächst beibehalten, sodass die Fertigstellung zur Zweiten Globalen Bestandsaufnahme theoretisch weiterhin möglich bleibt. Berichte im siebten Zyklus zum Sachstand des Klimawandels Wie in jedem Zyklus werden im AR7 die neuesten Erkenntnisse zu den Schwerpunktthemen der drei Arbeitsgruppen des Weltklimarats zusammengetragen: Naturwissenschaftliche Grundlagen (Arbeitsgruppe I), Folgen, Anpassung und ⁠ Verwundbarkeit ⁠ (Arbeitsgruppe II) und Minderung des Klimawandels (Arbeitsgruppe III). Neben dem zusammenfassenden Sachstandsbericht sind in diesem siebten Zyklus ein Methodikbericht zur Inventarisierung von kurzlebigen klimawirksamen Substanzen (SLCF), ein Sonderbericht zu Klimawandel und Städten sowie ein Methodikbericht zur Inventarisierung von ⁠ CO2 ⁠-Entnahme sowie CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung geplant. Die Veröffentlichung der drei Berichte ist bisher für 2027 vorgesehen. Wichtige Diskussionen und Entscheidungen in China Wichtige Beschlüsse konnten in China zu Struktur und Inhalten des siebten Sachstandsberichts getroffen werden. Die Delegierten einigten sich auf Kapitelthemen sowie die Gliederung der Kapitel. Neben den üblichen Themen wird es im AR7 beispielsweise auch ein eigenes Kapitel zu Kipppunkten geben. Sehr kontrovers gestaltete sich die Diskussion um die Inhalte des Methodikberichts zur Inventarisierung von CO2-Entnahme, der als Ergänzung der 2006 bis 2019 veröffentlichten IPCC-Richtlinien zu nationalen Treibhausgasinventaren dienen soll. Der Bericht soll verschiedene Sektoren abdecken, darunter Energie, industrielle Prozesse und ⁠ Landnutzung ⁠. Direkte CO2-Entnahme aus Ozeanen wurde besonders kontrovers diskutiert, da viele Länder, wie auch Deutschland, große Wissenslücken und Risiken gegenüber geringem bis gar keinem Minderungspotenzial bei diesen völlig neuen Technologien sehen. Wenige Länder, vor allem Saudi-Arabien und andere OPEC-Mitglieder, sehen mehr Potenzial und wünschten sich einen eigenständigen Band ( Volume ) zu dem Thema. Die Diskussionen dazu müssen nun auf der nächsten IPCC-Plenarsitzung fortgesetzt werden. USA nicht mit in China dabei Erstmalig war keine Delegation aus den USA zur IPCC-Sitzung angereist. Auch die Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe III, Katherine Calvin von der NASA, konnte nicht persönlich an der Plenarsitzung teilnehmen. Zudem wurde den US-Mitarbeitenden der Technical Support Unit (TSU) durch die US-Regierung gekündigt, welche die Co-Vorsitzende in ihrer Arbeit unterstützt. Dadurch wurde die organisatorische Arbeit der Arbeitsgruppe III kurzfristig massiv erschwert. Mit Unterstützung der sieben stellvertretenden Vorsitzenden konnte jedoch durch die zweite Co-Vorsitzende Joy Pereira aus Malaysia und den Vize-Vorsitzenden Jan Fuglestvedt (Norwegen) die Arbeitsfähigkeit der Arbeitsgruppe III während der Plenarsitzung gesichert werden. Derzeit wird auf mehreren Ebenen versucht, einen möglichen dauerhaften Ausfall der USA zu kompensieren. Im vierten Quartal 2025 tagt der Weltklimarat voraussichtlich in Peru, dann zum 63. Mal.

Globale Bestandsaufnahme zeigt Klimaschutzlücken und -lösungen

Die Globale Bestandsaufnahme bewertet alle fünf Jahre die weltweiten Fortschritte beim Erreichen der Ziele des Übereinkommens von Paris. Die erste Globale Bestandsaufnahme hat gezeigt: Es gibt große Lücken aber auch klare Lösungswege zum Erreichen der internationalen Klimaschutzziele. Im Auftrag des UBAs analysierten Forschende die Beiträge der Vertragsstaaten. Die erste Globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake – GST) war ein zweijähriger Prozess, in dem die nationalen Klimaschutzpläne (Nationally Determined Contributions – NDCs) sowie Fortschritte zur ⁠ Anpassung an den Klimawandel ⁠, zur Ausrichtung von Finanzströmen an Klimaschutzziele, zur Unterstützung und zur internationalen Zusammenarbeit beim ⁠ Klimaschutz ⁠ kollektiv ausgewertet wurden. Die Ergebnisse des GST wurden auf der Klimakonferenz in Dubai im Dezember 2023 (COP28) in einem Beschluss (1/CMA.5) der Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris zusammengefasst. Im Auftrag des Umweltbundesamtes haben Forschende des Öko-Instituts, Wuppertal-Instituts, NewClimate Instituts und von DLR Projektträger die Globale Bestandsaufnahme fachlich begleitet und Klimaschutzlücken sowie Handlungsoptionen für ambitioniertere Minderungsmaßnahmen aufgezeigt . Globale Bestandsaufnahme: Lücken und Lösungen Eine Analyse der nationalen Klimaschutzpläne und wichtigsten internationalen Berichte kam zu drei zentralen Ergebnissen: Die derzeitigen NDCs reichen nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, die Vertragsparteien werden die Ziele ihrer Klimaschutzpläne mit den gegenwärtig durchgeführten und geplanten Minderungsmaßnahmen insgesamt nicht erreichen, und Technologien zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sind in jedem Sektor verfügbar und ihre Kosten sind erheblich gesunken. Um die Lücken beim Klimaschutz zu schließen, beschlossen die Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris als Ergebnis des GST konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Dazu zählen die Verdreifachung der Kapazität an erneuerbaren Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz, beides bis 2030, sowie die Abkehr von fossilen Brennstoffen bis 2050. Der Beschluss fordert außerdem, die Entwaldung und Schädigung der Wälder bis 2030 zu stoppen und umzukehren und zu nachhaltigen Lebensstilen, Verbrauchs- und Produktionsmustern sowie Kreislaufwirtschaftskonzepten überzugehen. Neues Tool macht Fortschritte beim Klimaschutz detaillierter sichtbar Die Globale Bestandsaufnahme hat den Auftrag, den kollektiven, und nicht den individuellen, Fortschritt der Länder bei der Erreichung der Ziele des Übereinkommens von Paris zu bewerten. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde daher das „ Performance Distributions Tool “ entwickelt, das Möglichkeiten bietet, den kollektiven Fortschritt zur Verringerung der Treibhausgasemissionen differenzierter zu bewerten. Bei einer „Performance Distribution“ (Leistungsverteilung) handelt es sich um ein Histogramm, das Länder auf der Grundlage eines bestimmten Indikators gruppiert – zum Beispiel den Treibhausgasemissionen pro Kopf, oder nach bestimmten Sektoren. So können, außerhalb des GST-Prozesses, auch einzelne Vorreiter und Nachzügler sowie Raum für ambitionierte Maßnahmen aufgezeigt werden. Transformative Minderungsmaßnahmen im Überblick Die Ergebnisse der Globalen Bestandsaufnahme dienen den Vertragsparteien auch als Grundlage für die Ausarbeitung ihrer neuen nationalen Klimaschutzpläne, die 2025 fällig sind. Sie sollen bei der Formulierung neuer und besserer Klimaschutzmaßnahmen und der Unterstützung der Vertragsparteien berücksichtigt werden sowie zu einer besseren internationalen Zusammenarbeit beitragen. Basierend auf verfügbaren Veröffentlichungen, wie Forschungspapieren und ⁠ IPCC ⁠-Berichten, wurde ein knapper Überblick über die wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen erstellt. Ein kürzlich veröffentlichtes UBA-Diskussionspapier zeigt auf, welche dieser Minderungsmaßnahmen im Rahmen der Globalen Bestandsaufnahme beschlossen wurden und erörtert, wie sie in die neuen NDCs einfließen können. Gerechtigkeitsfragen bei der Globalen Bestandsaufnahme Das Prinzip der Gerechtigkeit spielt bei der Globalen Bestandsaufnahme eine wichtige Rolle. Denn ehrgeizige kollektive Klimaschutzmaßnahmen, die den Schutz zukünftiger Generationen berücksichtigen, sind nur dann möglich, wenn alle ihren fairen Beitrag leisten. Eine Analyse der vier Gerechtigkeitskonzepte Verantwortung, Fähigkeiten/Möglichkeiten, Egalitarismus und Genügsamkeit, die im Rahmen des Forschungsprojekts erstellt wurde, hat gezeigt, dass gerechte und ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen das Anwenden mehrerer Konzepte erfordert. In allen Bereichen des Klimaschutzes ist es von entscheidender Bedeutung, die von Land zu Land und innerhalb der Länder unterschiedlichen Fähigkeiten zu berücksichtigen. Dabei sollten alle verfügbaren Möglichkeiten für mehr Klimaschutz genutzt und ausgeweitet werden. Und jetzt? Die Ergebnisse des Global Stocktake nutzen Ein im Auftrag des UBAs erstellter Bericht kommt zum Schluss, dass erhebliche Koordinierungs- und Kommunikationsanstrengungen unternommen werden müssen, um die Ergebnisse der Globalen Bestandsaufnahme für verstärkte Klimaschutzmaßnahmen nutzen zu können. Die nationalen Regierungen sind zwar verpflichtet, die Ergebnisse des GST aufzugreifen, aber viele von ihnen sind möglicherweise nicht in der Lage oder bereit, dies zu tun. Interessierte Akteure sollten daher differenzierte Strategien entwickeln, um die verschiedenen Phasen der Ausarbeitung der neuen nationalen Klimaschutzpläne (NDC) zu beeinflussen. Dabei sollten auch die unterschiedlichen Zielgruppen, Kanäle, Botschaften und Tonalitäten berücksichtigt werden, um eine effektive Kommunikation für jede Phase zu gewährleisten. Koalitionen aus gleichgesinnten Akteuren aus Politik, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen und Forschung können hier unterstützen. Sie sollten sich auf positive Botschaften konzentrieren, Chancen hervorheben, die sich aus ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen ergeben, und sich von anderen Ländern inspirieren lassen. Im Vorfeld der zweiten Globalen Bestandsaufnahme, die in einem zweijährigen Prozess von 2026 bis 2028 stattfindet, wird es besonders interessant sein, die Kommunikation und den Einfluss der Ergebnisse der ersten Globalen Bestandsaufnahme auf die nächste Runde der NDCs zu beobachten und zu bewerten.

How can the Global Stocktake be leveraged for enhanced climate action?

The study analyses strategies and offers recommendations for leveraging the Global Stocktake’s (GST) outcomes for national climate action, especially for Nationally Determined Contributions (NDCs). It emphasizes the need for coordinated efforts to ensure the results of the GST influence national political discourse. It proposes communication strategies tailored to the different stages of the NDC policy process and diverse target audiences. Drawing on a wide range of examples, the paper advocates for a nuanced and strategic approach to communication and emphasizes the importance of legitimacy and complexity in engaging stakeholders at different levels of decision-making.

Support to the technical and political phase of the first Global Stocktake under the Paris Agreement

The Global Stocktake (GST) under the Paris Agreement periodically assesses the collective progress towards achieving the long-term goals of the Agreement. A project commissioned by the German Environment Agency accompanied all phases of the first GST with analysis focused on mitigating greenhouse gas emissions and examined the GST’s implications for climate action. Analyses of transformative mitigation actions, the distribution of greenhouse gas emissions, equity considerations and a wide range of inputs to the GST provide valuable insights for the first and future GSTs, and help inform the Nationally Determined Contributions (NDCs) that are due to be submitted following the GST.

Transformative mitigation actions as an outcome of the Global Stocktake

Die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels reichen bei weitem nicht aus, um das Temperaturziel des Übereinkommens von Paris in Reichweite zu halten. Für die Globale Bestandsaufnahme im Rahmen des Übereinkommens von Paris wird es von entscheidender Bedeutung sein, klare Botschaften zur Verstärkung von Minderungsanstrengungen zu formulieren. Diese Botschaften sollten prägnant sein, spezifische Maßnahmen und Ziele benennen und die Vertragsparteien bei der Aktualisierung und Erweiterung ihrer Maßnahmen unterstützen. Es wird vorgeschlagen, dass die wichtigsten Minderungsmaßnahmen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und -suffizienz, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und den damit verbundenen Subventionen, Maßnahmen in den Bereichen Verkehr, Gebäude und Industrie, Kreislaufwirtschaft, die Verringerung von Methanemissionen, Maßnahmen im Landsektor und nachhaltige Ernährungssysteme umfassen. Die vorgeschlagenen Minderungsmaßnahmen und -ziele könnten als Schlüsselbotschaften in die Mantelentscheidung der Konferenz der Vertragsparteien aufgenommen werden, die als Tagung der Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris (CMA) dient. Ziele könnten auch in Erklärungen als Teil der Ergebnisse der globalen Bestandsaufnahme aufgenommen werden. Schließlich könnten in einem technischen Anhang zusätzliche Informationen über wichtige Minderungsmaßnahmen bereitgestellt werden. Die Botschaften zur Minderung müssen sich sowohl auf den Zeithorizont bis 2030 zur Abwendung eines katastrophalen Klimawandels als auch auf den Zeithorizont bis 2035 für neue NDCs beziehen. Quelle: Forschungsbericht

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