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Klimaänderungsuntersuchungen mit Hilfe der Bayesischen Statistik

Das Projekt "Klimaänderungsuntersuchungen mit Hilfe der Bayesischen Statistik" wird/wurde gefördert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft. Es wird/wurde ausgeführt durch: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Meteorologisches Institut.Der Nachweis und die Zuordnung von anthropogenen Klimaänderungen ist von großer Bedeutung, da Maßnahmen zur Abminderung oder Vermeidung zukünftiger Klimaänderungen dadurch begründet werden. Wegen der verbundenen ökonomischen Werte sind statistisch belastbare Aussagen zwingend. Die Anwendung der Bayesischen Statistik auf Klassifikationsprobleme zeigt einen Weg auf, den Nachweis und die Zuordnung anthropogener Klimaänderungen zu bestimmten Ursachen einheitlich durchzuführen. Basierend auf eigenen Vorarbeiten und vorhandenen Klimasimulationen ist deshalb die Erweiterung des bestehenden Bayes-Verfahrens auf regionale Temperatur- und Bodenluftdruckverteilungen das methodische Ziel. Wissenschaftliches Ziel ist die Quantifizierung der Unsicherheit bei der Zuordnung der Beobachtungen zu den Modellsimulationen der natürlichen Variationen bzw. der Szenariobeschreibungen anthropogener Klimaänderungen unter Berücksichtigung der Unschärfen, die durch die unterschiedlichen Formulierungen verschiedener Klimamodelle entstehen. Ein wissenschaftspolitisches Ziel ist es, einen fundierten und belastbaren Beitrag zum geplanten vierten Sachstandsbericht des IPCC zur Nachweis- und Zuordnungsproblematik zu liefern.

Weltklimarat in China: die Themen stehen, der Zeitrahmen nicht

Ende Februar haben sich die wichtigsten Köpfe der internationalen Klimawissenschaft und die Mitgliedsstaaten des IPCC („Weltklimarat“) in China getroffen, um den 2023 begonnenen siebten Berichtszyklus zum Sachstand des Klimawandels zu diskutieren. UBA-Mitarbeitende waren Teil der deutschen Delegation. Ein besonders brisanter Diskussionspunkt in China: der Zeitrahmen des siebten Sachstandsberichts. Vom 23. Februar bis 1. März hat der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change - ⁠ IPCC ⁠) zum 62. Mal getagt, diesmal in Hangzhou, China. Zum IPCC gehören 195 Mitgliedsstaaten. In China kamen etwa 400 Delegierte aus 130 Ländern zusammen, um die dringendsten Fragen zum weiteren Ablauf des siebten Berichtszyklus zu klären. Zum Zeitrahmen konnte während der langwierigen und kontroversen Verhandlungen jedoch auch nach einer Verlängerung um 30 Stunden erneut keine Einigung gefunden werden. Die deutsche Delegation bestand aus Vertretern des Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (⁠ BMBF ⁠), der deutschen IPCC-Koordinierungsstelle und des Umweltbundesamtes (⁠ UBA ⁠). Zeitrahmen für siebten Sachstandsbericht weiterhin unklar Besonders umstritten ist noch immer der Zeitrahmen des siebten Sachstandsberichts (Seventh Assessment Report, AR7). Nach dem Plan der führenden IPCC-Wissenschaftler*innen und sehr vielen Ländern, darunter auch Deutschland, sollte der Bericht spätestens bis zur „Zweiten Globalen Bestandsaufnahme“ (Second Global Stocktake - GST2) im Jahr 2028 fertig gestellt werden. Die GST bewertet alle fünf Jahre den kollektiven Fortschritt bei der Umsetzung der Ziele des Übereinkommens von Paris (ÜvP). Die Informationen aus dem AR7 sollten als Grundlage für die Zweite Globale Bestandsaufnahme und für ambitioniertere Beschlüsse zum globalen ⁠ Klimaschutz ⁠ beitragen. Dies betrifft in erster Linie die Ausgestaltung der nationalen Beiträge zum Klimaschutz (Nationally Determined Contributions – NDC) unter dem ÜvP, aber auch die künftigen Verhandlungen unter der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) . Dass der Klimaschutz international an Fahrt aufnimmt wird immer dringender, weil sich das Zeitfenster für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels von Paris sehr bald zu schließen droht. Einige Entwicklungs- und Schwellenländer, wie unter anderem Indien und Saudi-Arabien, bewerten den Zeitrahmen für die Fertigstellung des AR7 bis 2028 allerdings als zu ambitioniert. Sie argumentieren, dass sie nicht die nötige Zeit bekommen würden, um sich in die Erstellung des Berichts gleichberechtigt einzubringen. Generell nutzen aber gerade die OPEC-Staaten jedes denkbare Argument, um im Interesse ihrer Geschäftsmodelle wirksame globale Klimaschutzanstrengungen möglichst lange hinauszuzögern. Andere Entwicklungsländer, wie unter anderem kleine Inselstaaten, lateinamerikanische Staaten sowie auch viele besonders arme afrikanische Länder, fordern gerade wegen ihrer starken Betroffenheit durch den ⁠ Klimawandel ⁠ eine möglichst schnelle Fertigstellung des AR7, damit die GST2 und die dritte Runde der NDCs endlich zu einer wirksamen Begrenzung der Klimaschäden beitragen. Aufgrund der erheblichen Interessenkonflikte konnte bei der Sitzung in China keine Entscheidung zum Zeitplan für die Fertigstellung des AR7 getroffen werden. Der aktuell auf 2028 hinauslaufende Zeitplan wurde aber für die nächsten Arbeitsschritte zunächst beibehalten, sodass die Fertigstellung zur Zweiten Globalen Bestandsaufnahme theoretisch weiterhin möglich bleibt. Berichte im siebten Zyklus zum Sachstand des Klimawandels Wie in jedem Zyklus werden im AR7 die neuesten Erkenntnisse zu den Schwerpunktthemen der drei Arbeitsgruppen des Weltklimarats zusammengetragen: Naturwissenschaftliche Grundlagen (Arbeitsgruppe I), Folgen, Anpassung und ⁠ Verwundbarkeit ⁠ (Arbeitsgruppe II) und Minderung des Klimawandels (Arbeitsgruppe III). Neben dem zusammenfassenden Sachstandsbericht sind in diesem siebten Zyklus ein Methodikbericht zur Inventarisierung von kurzlebigen klimawirksamen Substanzen (SLCF), ein Sonderbericht zu Klimawandel und Städten sowie ein Methodikbericht zur Inventarisierung von ⁠ CO2 ⁠-Entnahme sowie CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung geplant. Die Veröffentlichung der drei Berichte ist bisher für 2027 vorgesehen. Wichtige Diskussionen und Entscheidungen in China Wichtige Beschlüsse konnten in China zu Struktur und Inhalten des siebten Sachstandsberichts getroffen werden. Die Delegierten einigten sich auf Kapitelthemen sowie die Gliederung der Kapitel. Neben den üblichen Themen wird es im AR7 beispielsweise auch ein eigenes Kapitel zu Kipppunkten geben. Sehr kontrovers gestaltete sich die Diskussion um die Inhalte des Methodikberichts zur Inventarisierung von CO2-Entnahme, der als Ergänzung der 2006 bis 2019 veröffentlichten IPCC-Richtlinien zu nationalen Treibhausgasinventaren dienen soll. Der Bericht soll verschiedene Sektoren abdecken, darunter Energie, industrielle Prozesse und ⁠ Landnutzung ⁠. Direkte CO2-Entnahme aus Ozeanen wurde besonders kontrovers diskutiert, da viele Länder, wie auch Deutschland, große Wissenslücken und Risiken gegenüber geringem bis gar keinem Minderungspotenzial bei diesen völlig neuen Technologien sehen. Wenige Länder, vor allem Saudi-Arabien und andere OPEC-Mitglieder, sehen mehr Potenzial und wünschten sich einen eigenständigen Band ( Volume ) zu dem Thema. Die Diskussionen dazu müssen nun auf der nächsten IPCC-Plenarsitzung fortgesetzt werden. USA nicht mit in China dabei Erstmalig war keine Delegation aus den USA zur IPCC-Sitzung angereist. Auch die Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe III, Katherine Calvin von der NASA, konnte nicht persönlich an der Plenarsitzung teilnehmen. Zudem wurde den US-Mitarbeitenden der Technical Support Unit (TSU) durch die US-Regierung gekündigt, welche die Co-Vorsitzende in ihrer Arbeit unterstützt. Dadurch wurde die organisatorische Arbeit der Arbeitsgruppe III kurzfristig massiv erschwert. Mit Unterstützung der sieben stellvertretenden Vorsitzenden konnte jedoch durch die zweite Co-Vorsitzende Joy Pereira aus Malaysia und den Vize-Vorsitzenden Jan Fuglestvedt (Norwegen) die Arbeitsfähigkeit der Arbeitsgruppe III während der Plenarsitzung gesichert werden. Derzeit wird auf mehreren Ebenen versucht, einen möglichen dauerhaften Ausfall der USA zu kompensieren. Im vierten Quartal 2025 tagt der Weltklimarat voraussichtlich in Peru, dann zum 63. Mal.

Nitrous oxide - the underestimated greenhouse gas

This fact sheet summarizes the results and content of the status report from the project “Meta-analysis - Global nitrous oxide/N₂O-sources: Inventories, trends, consideration in ⁠IPCC⁠ scenarios”. The properties of nitrous oxide (N₂O) as a greenhouse gas with an impact on the climate and the different methods for accounting of nitrous oxide sources and sinks will be briefly described. Additionally, the quantitative development of various anthropogenic and natural sources on a global and regional level is illustrated. Ultimately, options for reducing anthropogenic nitrous oxide emissions are identified.

Lachgas – das unterschätzte Treibhausgas

Dieses Factsheets fasst die Ergebnisse und den Inhalt des Sachstandsberichtes aus dem Vorhaben „Metaanalyse – Weltweite Lachgas/N₂O-Quellen: Bilanzierungen, Veränderungen, Berücksichtigung in ⁠IPCC⁠-Szenarien“ zusammen. In Kürze werden sowohl die Eigenschaften von Lachgas (Distickstoffoxid, N₂O) als klimawirksames ⁠Treibhausgas⁠ und die unterschiedlichen Methoden zur Bilanzierung der Lachgasquellen und -senken aufgeführt, als auch die mengenmäßige Entwicklung verschiedener anthropogener sowie natürlicher Quellen auf globaler und regionaler Ebene geschildert. Letztendlich werden auch Optionen zur Minderung anthropogener Lachgasemissionen benannt.

Metaanalyse – Weltweite Lachgas/N₂O-Quellen

Der vorliegende Bericht enthält eine umfassende Meta-Analyse zur Rolle von Lachgasquellen und -senken im globalen ⁠Klimasystem⁠ und bietet eine detaillierte Bilanzierung der weltweiten natürlichen und anthropogenen N2O-Emissionen. Anhand präziser Daten des „Global Carbon Project“ werden Herausforderungen und Ansätze zur Reduzierung dieser Emissionen und potenzielle Minderungsstrategien aufgezeigt. Gestützt auf aktuelle Forschungen und die Berichte des ⁠IPCC⁠ bietet diese Studie damit einen Einblick in die komplexe Dynamik von Lachgas als dritthäufigstem ⁠Treibhausgas⁠ in der ⁠Atmosphäre⁠ und zeigt auf, dass trotz der Zunahme der globalen N2O-Emissionen um fast 35% seit 1980, die konsequente Umsetzung von Minderungsmaßnahmen die Lachgasemissionen deutlich senken könnte und damit einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels geleistet werden könnte.

Internationale Klimapolitik

Der Klimawandel ist ein globales Phänomen, das nur durch internationale Kooperation bewältigt werden kann. Die Klimapolitik auf internationaler Ebene beschäftigt sich mit der Ausgestaltung von Strategien und Maßnahmen zum Schutz des Klimas durch die Vermeidung von Treibhausgasen und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Internationale Klimapolitik Der ⁠ Klimawandel ⁠ macht nicht vor nationalen Grenzen Halt. Er ist aufgrund seiner Ursachen und seiner Folgen eine globale Herausforderung, die internationale Lösungen und die Kooperation aller Staaten erfordert. Die Internationale Klimapolitik beschäftigt sich damit, mit welchen Maßnahmen effektiver ⁠ Klimaschutz ⁠ erreicht werden kann. Eines der zentralen Handlungsfelder ist die Vermeidung und Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen (Minderung). Zudem erarbeiten die internationalen Staatenvertreter Lösungsstrategien, wie die nicht mehr vermeidbaren Folgen des Klimawandels bewältigt und eingedämmt werden können ( Anpassung ) und wie mit den nicht zu vermeidenden Schäden und Verlusten in Folge des Klimawandels umgegangen werden kann. Die Finanzierung der hierfür notwendigen Maßnahmen ist ein wichtiger und kontrovers diskutierter Punkt. Übergeordnetes Ziel der internationalen Kooperation zum Klimaschutz ist es, eine für Menschen und Ökosysteme gefährliche Störung des Klimasystems zu verhindern. Der heute bereits eintretende Klimawandel hängt mit der globalen Erwärmung zusammen. Der zunehmende Ausstoß von Treibhausgasen durch den Menschen, insbesondere seit Beginn der Industrialisierung, erhöht den ⁠ Treibhauseffekt ⁠ und ist die Hauptursache dieser Erwärmung. Die globale Erwärmung aufzuhalten und den Klimawandel und seine Folgen einzudämmen erfordert eine deutliche Reduktion des Treibhausgasausstoßes weltweit – kurzfristig sowie in den kommenden Jahren und Jahrzehnten Das maßgebliche völkerrechtliche Vertragswerk zum internationalen Klimaschutz ist die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, ⁠ UNFCCC ⁠)sowie das von der Klimarahmenkonvention ausgehandelte Übereinkommen von Paris. Heute umfasst die Klimarahmenkonvention 198 Mitgliedsstaaten und das Übereinkommen von Paris 195 Mitgliedsstaaten, sowie die EU als regionale Wirtschaftsorganisation. Damit haben sich fast alle Länder der Welt zu den Zielen und Prinzipien dieser völkerrechtlichen Vereinbarungen bekannt. Konkrete Einigungen sind aufgrund der Vielzahl von Interessen jedoch oft nur schwer zu erzielen. Die Entscheidungen, die die Mitgliedstaaten auf den jährlichen Konferenzen nach Konsensprinzip verabschieden, genießen dafür jedoch eine umso höhere Legitimation und Bindungskraft. Neben der Klimarahmenkonvention und dem Übereinkommen von Paris gibt es auch andere internationale politische Bemühungen, Klimaschutz in Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern weiter voranzubringen. Sie unterscheiden sich vor allem in ihren Themenschwerpunkten und dem Kreis der Mitglieder. Temperatur- und Emissionsziele Geeint werden die klimaschutzpolitische Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft seit der Verabschiedung des Übereinkommens von Paris auf ein verabschiedetes gemeinsames Politikziel: die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, möglichst jedoch auf 1,5 °C, gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dieses Ziel ist eine aus der Wissenschaft begründete ( siehe Sonderbericht des Weltklimarates über 1,5 °C globale Erwärmung ) und politisch festgesetzte Schwelle, bei deren Überschreitung gefährliche, nicht mehr tragbare Klimaänderungen für Mensch und Umwelt angenommen werden. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts bis 2020 hat sich die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche bereits um circa 1,1 Grad Celsius erwärmt. Laut des umgangssprachlich als „Weltklimarat“ bezeichneten Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change) , wäre mit einer Fortschreibung der bis 2020 umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen eine mittlere globale Erwärmung von 3,2 °C im Jahr 2100 zu erwarten. Dies hätte verheerende Folgen für Menschen und Ökosysteme auf der ganzen Welt, insbesondere aber für die ärmsten Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Zur Stabilisierung des Klimas auf einem als gerade noch „verträglich“ eingeschätztem Niveau müssen die weltweiten Treibhausgasemissionen unmittelbar und langfristig stark gesenkt werden. Wesentliche Erkenntnisse zur notwendigen Reduktion der Treibhausgasemissionen gibt der 2023 erschienene sechste Sachstandbericht des Weltklimarates . Für eine langfristige Klimastabilisierung, bei der die Erwärmung auf 1,5 °C mit einer 50 prozentigen Wahrscheinlichkeit nicht oder nur geringfügig und begrenzt überschritten würde, wird eine Reduktion um 43 % bzw. 60 % der globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 bzw. 2035 gegenüber dem Niveau von 2019 als notwendig angesehen. Das Jahr maximaler globaler Treibhausgasemissionen liegt für die Emissionspfade, die eine 50 prozentige Wahrscheinlichkeit der Einhaltung 1,5 °C Ziel voraussetzen zwischen 2020 und 2025. Das heißt, der Gipfelpunkt der globalen Treibhausgasemissionen muss vor 2025 erreicht und der ⁠Trend⁠ ab diesem Zeitpunkt rückläufig sein (⁠ IPCC ⁠ 2023). Die den 1,5°C- bzw. 2°C-Pfaden entsprechenden, verbleibenden ⁠ CO2 ⁠-Budgets nach 2019 betragen 510 (330-710) Gigatonnen (Gt) CO2 bzw. 890 (640-1160) GtCO2. 2022 wurden mit 57,4 GtCO2 äquivalente (eq) ein neuer Höchststand erreicht ( UNEP 2023 ). Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen beträgt die Lücke zwischen den bisherigen Maßnahmen und dem was nötig wäre um 2030 bzw. 2035 das Langfristziel von 1,5 °C in Reichweite zu halten 24 GtCO2eq bzw. 31 GtCO2eq. Diese Differenz zu verringern, bedarf weltweiter, sofortiger und ehrgeiziger Anstrengungen die über das hinausgehen, was die Staaten bisher an ⁠Treibhausgas⁠-Reduktionen umgesetzt beziehungsweise bis 2030 zugesagt haben.

Catalogue of Earthquake Hypocenters for Northern Chile from 2007-2021 using IPOC (plus auxiliary) seismic stations

IPCC-Synthesebericht macht Aktionsdruck für 1,5°C noch deutlicher

Extremwetterereignisse werden mit verschärftem Klimawandel viel häufiger auftreten, so der Weltklimarat (IPCC) in seinem neuesten Bericht. Die globalen Treibhausgasemissionen müssen bis 2030 halbiert werden, um die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. An Lösungen dafür mangelt es nicht, doch die derzeitigen Maßnahmen reichen nicht aus. Nötig sind drastische Maßnahmen und zwar sofort. Es ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen, dass steigende Treibhausgasemissionen durch menschliche Aktivitäten die globale Erwärmung verursacht haben. Die globale Oberflächentemperatur lag im letzten Jahrzehnt rund 1,1 °C über dem vorindustriellen Niveau, mit weiter steigender Tendenz. Besonders in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Geschwindigkeit vieler Änderungen im ⁠ Klimasystem ⁠ nochmals zugenommen. Daraus resultieren weltweit gefährliche und zunehmend irreversible Verluste und Schäden in der Natur und sämtlichen Volkswirtschaften. Der ⁠ Klimawandel ⁠ gefährdet dadurch das Leben von Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt. Die zunehmenden klimabedingten Risiken werden zusätzlich verstärkt durch andere menschliche Einflüsse, wie Umweltverschmutzung, Fragmentierung, Verlust und ⁠ Degradierung ⁠ von Lebensräumen. Insgesamt drohen das Aussterben von zehntausenden von Spezies und damit immense Verluste an ⁠ Biodiversität ⁠. Um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen und eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen auf dieser Welt zu ermöglichen, sind sofortige und drastische Minderungen der Treibhausgasemissionen notwendig. Global müssen die Treibhausgasemissionen ihren Scheitelpunkt schon im nächsten Jahr erreichen und bereits bis 2030 im Vergleich zum heutigen Niveau fast halbiert werden, also in nur sieben Jahren. Die CO 2 -Emissionen müssen bis 2050 sogar auf Netto-Null sinken. Schon heute gibt es in jedem Sektor wirtschaftliche Maßnahmen und Optionen, um dies zu erreichen. Die Technologien dafür sind alle verfügbar, insbesondere bei Solar- und Windenergie sowie der Batterietechnik. Viele weitere Informationen zu Minderungsoptionen, deren Potenzialen und Kosten finden sich im vorliegenden ⁠ IPCC ⁠-Synthesebericht - sehr gut zusammengefasst in der sogenannten „Summary for Policymakers“ und dort in der Abbildung „Figure SPM.7“ (siehe unten). Weitere wichtige Erkenntnisse aus dem Bericht: Insbesondere Personen mit hohem sozioökonomischen Status tragen überproportional zum Klimawandel bei und haben das größte Potenzial, ihre Emissionen zu mindern: Die 10 % der Haushalte mit den global höchsten Pro-Kopf-Emissionen verursachen 34-45 % der weltweiten Treibhausgasemissionen, während die unteren 50 % nur 13-15 % zu den Gesamtemissionen beitragen. Allein schon nachfrageorientierte Maßnahmen (insbesondere in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Ernährung) können die gesamten THG-Emissionen bis 2050 um 40-70 % senken. Dazu zählen auch die systemische Reduzierung von Lebensmittelverschwendung, verbessertes Recycling und energieeffizientere Gebäude. Es gilt nun, alle verfügbaren Klimaschutzmaßnahmen möglichst schnell umzusetzen, denn bereits jede weitere geringfügige Erhöhung der globalen Mitteltemperatur erhöht auch die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Vielzahl von Risiken für Mensch und Umwelt. Aus diesem Grund ist es auch so, dass 1,5 °C Erwärmung deutlich erträglicher wären als 1,6 °C, und diese wiederum als 1,7 °C, und so weiter. Es zählt daher jede Tonne an Treibausgasemissionen. Es gibt zwar unerprobte Technologien, um CO 2 nachträglich wieder aus der ⁠ Atmosphäre ⁠ zu entfernen, jedoch sind diese, im Vergleich zu anderen Maßnahmen, mit viel höheren Kosten sowie außerdem einer Reihe von Risiken verbunden. Zudem sind sie kein Ersatz für sofortige, tiefgreifende und nachhaltige Emissionsminderungen. Denn falls wir die Grenze einer Erwärmung um 1,5 °C überschreiten, drohen neben den bereits erwähnten irreversiblen Schäden auch Rückkopplungs-Mechanismen („Feedback-Effects“), die vom Klimawandel ausgelöst werden, diesen aber auch wiederum weiter verstärken. Dazu zählen etwa großflächige Waldbrände, das Absterben des Amazonas-Regenwaldes oder das Auftauen von Permafrostböden, was mit einer immensen Freisetzung von Methan verbunden wäre. Ambitionierte Bemühungen zur Verminderung der Emissionen von Treibhausgasen sind absolut notwendig – und doch nur eine Seite der Medaille. Die andere heißt: Anpassung. Je weniger ambitioniert der ⁠ Klimaschutz ⁠ ausfällt, umso stärker werden Klimarisiken zunehmen, insbesondere Extremereignisse wie Hitzewellen, Dürren und Starkniederschläge, sowohl global als auch regional. Die Hitzewellen und Überschwemmungen der letzten Jahre sind auch vielen Menschen in Deutschland noch sehr deutlich vor Augen. Insgesamt erhöht sich die Notwendigkeit zur Anpassung an den nicht mehr vermeidbaren Klimawandel. Gleichzeitig verringert sich aber die Effektivität von Anpassungsmaßnahmen bei höheren Erwärmungsniveaus. Klimarisiken und Anpassungsmaßnahmen müssen dabei im Kontext mit weiteren gesellschaftlichen Entwicklungen gesehen werden, z. B. veränderte ⁠ Landnutzung ⁠, wirtschaftliche Entwicklung, Lebensstile und Konsumverhalten. Viele Maßnahmen, zum Beispiel Hitzeaktionspläne oder die wassersensible Stadtentwicklung, sind bereits in der Umsetzung. Besonders wichtig ist die ökosystembasierte Anpassung, zum Beispiel Moorschutz oder Renaturierung von Flüssen. Solche Maßnahmen verbinden idealerweise Klimaanpassung und Klimaschutz: Sie wirken als Kohlenstoffsenken und machen Ökosysteme resilient gegenüber dem Klimawandel. Sofortiges Handeln ist entscheidend, denn der IPCC-Bericht zeigt klar: In einigen Regionen und Sektoren können auch Grenzen der Anpassung für Ökosysteme und Gesellschaften erreicht werden, insbesondere bei starkem Klimawandel. Fazit: Die Entscheidungen und Maßnahmen, die wir jetzt treffen, werden sich über Tausende von Jahren auswirken. Die bisherigen Bemühungen, die Treibhausgasemissionen zu mindern, reichen bei weitem nicht aus und würden in den nächsten 70 Jahren auf eine 3,2 °C wärmere Welt hinauslaufen, mit katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt. Es liegt also an allen, aber besonders an den wohlhabenden Teilen der Welt, jetzt einen konsequent an Klimaschutz ausgerichteten ⁠ Entwicklungspfad ⁠ einzuschlagen, mit all seinen Herausforderungen aber auch Chancen für eine gerechtere Welt. Wenn die globalen Treibhausgasemissionen nicht sofort, schnell und in großem Umfang reduziert werden, wird es nicht mehr möglich sein, die globale Erwärmung auf 1,5 °C oder sogar auf 2 °C zu begrenzen und damit eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. Das Umweltbundesamt hat an der Erstellung und Verabschiedung aller Berichte des IPCC im 6. Berichtszyklus mitgewirkt. Zuletzt unterstützten ⁠ UBA ⁠-Mitarbeitende als Teil der Deutschen Delegation die Verabschiedung des Syntheseberichts auf der 58. IPCC-Plenarsitzung in Interlaken. Mit der kommenden 59. IPCC-Sitzung im Juli 2023 in Nairobi wird der 6. Berichtszyklus abgeschlossen und der neue siebte Berichtszyklus gestartet.

IPCC Synthesebericht: Fingerzeig und erhobener Zeigefinger

Der Synthesebericht des IPCC zum sechsten Sachstandsbericht ist erschienen. Grundlage hierfür sind die IPCC-Berichte der vergangenen Jahre. Deswegen kann er keine „neuen“ Erkenntnisse enthalten – aber auf erhöhte Dringlichkeit im Umgang mit dem Klimawandel hinweisen. Auch für Deutschland ist der Bericht für die Einordnung von Risiken und Begründung von Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen relevant. Regulär hätte der Synthesebericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (⁠ IPCC ⁠), auch als Weltklimarat bekannt, bereits Ende 2022 erscheinen sollen. Doch das Team von Autorinnen und Autoren hat ihn in wesentlichen Teilen neu geschrieben. „Ich sehe das ausnahmslos positiv, weil sich die Autorinnen und Autoren noch einmal überlegt haben: Wie können wir die Punkte aus den umfangreichen Berichten am besten zusammenfassen, wie kann eine Synthese gelingen? Was ist besonders wichtig? Das zeugt für mich von Qualität“, sagt Dr. Achim Daschkeit, der sich beim Umweltbundesamt (⁠ UBA ⁠) intensiv mit allen Berichten des IPCC auseinandersetzt. Der IPCC ist eine Institution der Vereinten Nationen mit aktuell 195 Mitgliedsländern. Seit seiner Gründung 1988 veröffentlicht der Weltklimarat im Abstand von durchschnittlich sechs Jahren ausführliche Sachstandsberichte zum ⁠ Klimawandel ⁠ und zusätzlich Sonderberichte. Für den aktuell sechsten Sachstandsbericht wertete ein Kernteam von knapp 280 Autorinnen und Autoren aus 65 Ländern mehr als 18.000 Studien zum Thema aus. Die Ergebnisse erschienen in drei Teilen über einen mehrmonatigen Zeitraum von 2021 bis 2022. Die drei Bände sind unterteilt in „Naturwissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels“, „Folgen des Klimawandels, Anpassung und Verwundbarkeit“ sowie „Minderung des Klimawandels“. Für den jetzt erschienenen IPCC Synthesebericht wurden außerdem die Sonderberichte „1,5°C globale Erwärmung“, „Ozean und Kryosphäre“ sowie „Klimawandel und Landsysteme“ hinzugezogen. Andere Fokussierung, stärkere Betonung: Das zeigt der Synthesebericht Im Unterschied zu den bisher veröffentlichten Einzelberichten setzt der Synthesebericht eigene Akzente: Er betont, dass sich der Klimawandel nicht nur beschleunigt hat, sondern die Geschwindigkeit in Zukunft vermutlich sogar noch anziehen wird. Die Wahrscheinlichkeit, die globale Erwärmung von 1,5°C langfristig zu überschreiten, ist im Vergleich zum 1,5°C -Sonderbericht von 2018 bereits gestiegen. Der Synthesebericht zeigt auf, welche Schäden und Risiken diese Entwicklung nach sich ziehen wird. „Wir werden künftig verstärkt über Kaskaden sprechen, die der Klimawandel direkt oder indirekt verursacht. Also, dass beispielsweise starke Hitze Schienen- und Straßenverkehr beeinträchtigt - was Lieferketten beeinflusst; was sich wiederum auf die wirtschaftliche Produktion und Verteilung von Gütern und Ähnliches auswirkt. Gleichzeitig ist in manchen Berufen auch die Arbeitsproduktivität beeinträchtigt“, sagt Daschkeit. Der Klimawandel verursacht bereits heute weit verbreitete, gefährliche und irreversible Schäden in der Natur und für die Gesellschaft. Je stärker der Klimawandel wird, desto mehr wird die Welt von Hitze, Dürren, ⁠ Starkregen ⁠ und Überflutungen betroffen sein. Dennoch gehört zu den zentralen Botschaften der IPCC-Berichte, dass die Einhaltung des 1,5°C-Ziels trotz des rasanten Voranschreitens des Klimawandels nach wie vor möglich ist. Voraussetzung dafür wäre allerdings die schnelle und erhebliche Reduktion von ⁠ Treibhausgas ⁠-Emissionen – und zwar weltweit und in allen Sektoren. Aktuell sind diese laut IPCC höher als jemals zuvor – auch wenn sie zuletzt etwas langsamer gestiegen sind. Der Energiesektor spielt zur Eindämmung der Folgen und zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels laut Bericht eine große Rolle: Allein das, was derzeit an fossiler Energiegewinnung betrieben wird und künftig noch geplant ist, werde die Begrenzung auf 1,5°C Erderwärmung unmöglich machen. Die Investitionen in diesen Bereich liegen nach wie vor höher als die in ⁠ Klimaschutz ⁠ und Anpassung. Dabei müssten Investitionen in Klimaschutz und Anpassung nach Berechnungen allein zwischen 2020 und 2030 um den Faktor drei bis sechs steigen, um überhaupt die 2°C-Erwärmungsgrenze einzuhalten. Die Zeit zum Handeln ist demnach knapp – für lange Überlegungen sei erst gar keine mehr da. Wie der IPCC-Bericht für Klimaanpassung in Deutschland verwendet wird Die Berichte des IPCC geben keine konkreten Lösungswege oder Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung des Klimawandels vor – aber sie sind die evidenzbasierte Grundlage für politische Entscheidungen, zum Beispiel auf Weltklimakonferenzen oder auch auf nationaler Ebene. Als globale wissenschaftliche Quelle ist der IPCC-Bericht daher auch für die Arbeit an Klimaschutz und Klimaanpassung in Deutschland relevant, weil er unter anderem Hinweise liefert, ob beziehungsweise welche Risiken zunehmen, welche Anpassungen funktionieren und welche Maßnahmen erfolglos bleiben. Hieraus lassen sich ganz konkrete Schlussfolgerungen ziehen, worauf künftig geachtet und was getan werden sollte. Dr. Inke Schauser beschäftigt sich beim UBA mit bundesweiten Klimarisiken. Ihr hilft der IPCC-Bericht zur Weitung der Perspektive und Einordnung, inwieweit Deutschland betroffen sein kann: „Der Meeresspiegelanstieg ist ein Beispiel dafür. Wenn das Eis an den Polkappen schneller schmilzt, hat das auch große Auswirkungen auf deutsche Küsten. Der IPCC-Bericht ist sozusagen ein Fingerzeig, außerdem Inspirationsquelle für uns: für die Methodik, die Darstellung, die Definitionen, die Kommunikation. Und natürlich beobachten wir wichtige und neue Themen, die sich auf Europa und somit auf Deutschland auswirken können.“ Die Ergebnisse und Erkenntnisse fließen in die Klimawirkungs- und Risikoanalyse (KWRA) ein, die zuletzt 2021 erschien und eine wichtige Grundlage für die Deutsche ⁠ Anpassungsstrategie ⁠ bildet. Diese bundesweite Klimarisikoanalyse kann auf die kommunale Ebene heruntergebrochen werden; dort, wo der Klimawandel schon jetzt passiert und die Menschen direkt betrifft. Wo Hitzewellen und Starkregenereignissen mit ganz konkreten Maßnahmen begegnet werden kann, wie etwa mit besserem Schutz der Ökosysteme vor Übernutzung und Verschmutzung, bodenschonender ⁠ Landnutzung ⁠ und Wasserrückhalt in der Fläche, wassersensibler Siedlungsentwicklung und Entsiegelung, mehr Bäumen und Fassadenbegrünung in den Städten. Die nationale Wasserstrategie, das nationale Hochwasserschutzprogramm, die Förderung von Waldumbau hin zu naturnahen, standortgerechten Mischwäldern sowie von Klimaanpassungsmaßnahmen in sozialen Einrichtungen oder von Grün in den Städten sind positive Beispiele für erfolgversprechende Klimaanpassung, die auf den Weg gebracht wurden. Dringender Nachholbedarf besteht dagegen zum Beispiel beim Schutz der Böden und der ⁠ Biodiversität ⁠, sowie bei der konkreten Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen. Naturbasierte Lösungen – global wie regional gefordert Dieser Nachholbedarf deckt sich mit dem, was auch der IPCC-Synthesebericht nach Ansicht von Daschkeit hervorhebt: naturbasierte Lösungen für Klimaschutz und Klimaanpassung. „Wer den Schutz von Ökosystemen und der Natur an den Anfang stellt, hat am Ende der Risikokette, also zum Beispiel bei Gebäuden oder der menschlichen Gesundheit, weniger Schäden, weniger negative Effekte – also auch geringere Kosten“, sagt Daschkeit. Das sei keine neue Erkenntnis und werde auch durch viele Studien belegt. „Schutz der Ökosysteme dient nicht nur der Biodiversität an sich, sondern kann zumindest teilweise auch die Kaskaden-Effekte des Klimawandels bremsen. Wird Wasser in der Landschaft gehalten, schützt das zum Beispiel vor Dürreperioden. Intakte Ökosysteme puffern Starkregenereignisse ab“, ergänzt Schauser. Dass Starkregenereignisse oder Hitze- und Trockenperioden künftig zunehmen, ist ziemlich sicher. Bis zu welchem Grad naturbasierte Lösungen bei den Folgen eines schwerwiegenden Klimawandels ausreichen, ist gegenwärtig eine Forschungsfrage, die mit ziemlicher Sicherheit auch der IPCC weiterhin aufgreifen wird. Ebenso sicher ist: Je ambitionierter der Klimaschutz ist, umso besser kann auch die ⁠ Anpassung an den Klimawandel ⁠ gelingen – oder besser noch: gar nicht erst nötig werden. Und je ambitionierter die Klimaanpassung für den nicht mehr vermeidbaren Klimawandel umgesetzt wird, umso mehr Schäden können wir vermeiden. Autorin: Sandra Lindenberger in Zusammenarbeit mit Achim Daschkeit und Inke Schauser (UBA) Dieser Artikel wurde als Schwerpunktartikel im Newsletter ⁠ Klimafolgen ⁠ und Anpassung Nr. 83 veröffentlicht. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

Minderung des Klimawandels – Was notwendig und möglich ist

Mit dem 3.Teil des 6. IPCC-Sachstandsberichts wurden die Fortschritte in der Begrenzung globaler Treibhausgas-Emissionen und des Spektrums an Minderungs- und Handlungsoptionen in allen Sektoren bewertet. Ohne eine rasche politische Umsetzung ist das globale Temperaturziel von 1,5°C bis 2100 nicht mehr erreichbar. Ambitionierter Klimaschutz ist zudem die Voraussetzung für gelingende Klimaanpassung. Anfang April wurde der dritte Teil des 6. Sachstandsberichts (AR 6) des Weltklimarats der Vereinten Nationen, „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (⁠ IPCC ⁠), veröffentlicht. Etwa 18.000 wissenschaftliche Studien wurden ausgewertet, um den AR 5 aus den Jahren 2013/14 zu aktualisieren. Eine zentrale Erkenntnis des IPCC-Berichts ist, dass derzeit noch die Möglichkeit besteht, die globale Erwärmung langfristig auf 1,5°C zu begrenzen. Das CO 2 -Budget, das uns dafür noch verbleibt, ist aber angesichts der aktuellen, internationalen Klimapolitik kaum noch einzuhalten. Ein wichtiger Hebel für den ⁠ Klimaschutz ⁠ ist nachhaltige Entwicklung: Die reichsten 10% der Privataushalte verursachen bis zu 45% der ⁠ Treibhausgas ⁠-Emissionen weltweit. Gleichzeitig zeigt der Bericht, dass Minderungsansätze auf der Nachfrageseite, Naturschutz und nachhaltige Systemtransformationen immense Emissionsminderungen ermöglichen. Wir müssen entscheiden, ob wir auf unsichere zukünftige Technologien vertrauen oder mit den verfügbaren Mitteln einen ambitionierten und nachhaltigen Klimaschutz umsetzen. Zentrale Botschaft des IPCC Berichtes Die wohl wichtigste Botschaft des ⁠ IPCC ⁠ Berichtes ist, dass es technisch und ökonomisch nach wie vor möglich ist, die globale Erwärmung entsprechend des Pariser Klimaabkommens auf 1,5°C bis 2100 zu begrenzen (siehe Abb. 1). Dafür sind allerdings eine sofortige globale Trendwende sowie tiefgreifende ⁠ Treibhausgas ⁠ (THG)-Minderungen in allen Weltregionen und allen Sektoren nötig– d.h. in Energiesystemen, in Städten, in Land- und Forstwirtschaft, in der ⁠ Landnutzung ⁠, bei Gebäuden, im Verkehr und in der Industrie –. Besonders kostengünstige und nachhaltige Technologien sind im Energiesektor verfügbar, allen voran Solar- und Windenergie (siehe Abb. 2). Sofortige und mit dem Pariser Abkommen kompatible Klimaschutzmaßnahmen würden auch das globale BIP-Wachstum nur geringfügig verringern. Dabei sind die so potentiell vermiedenen Schäden durch den ⁠ Klimawandel ⁠ noch gar nicht berücksichtigt, genauso wenig, wie die vermiedenen Anpassungskosten. Damit bietet der dritte Teil des 6. IPCC-Sachstandsberichts mit dem Titel „Mitigation of Climate Change“ („Minderung des Klimawandels“) eine international abgestimmte und objektive Grundlage für wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen im ⁠ Klimaschutz ⁠. Der Bericht analysiert die verschiedenen Optionen auch im Kontext der nachhaltigen Entwicklung. Globale THG-Emissionen modellierter Pfade und prognostizierte Emissionsergebnisse aus kurzfristigen politischen Bewertungen für 2030. Übersetzt und verändert nach IPCC, 2022: Summary for Policymakers, Figure SPM.4. In: Climate Change 2022: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Die aktuellen Nationalen Minderungspläne (NDCs) führen zu einer globalen Erwärmung von 2,8°C (2,1°C-3,4°C) bis 2100. Der Bericht zeigt eine Umsetzungslücke, eine Emissions- (bzw. Ambitions-)Lücke und indirekt damit auch eine Glaubwürdigkeitslücke. Um unter einer Erderwärmung von 1,5°C zu bleiben, müssen die Emissionen ihren Scheitelpunkt vor 2025 erreicht haben und 2030 gegenüber 2019 um 43% gemindert werden. Um unter einer Erderwärmung von 2°C zu bleiben, müssen die Emissionen ihren Scheitelpunkt ebenfalls vor 2025 erreicht haben und 2030 gegenüber 2019 um 27% gemindert werden. Die Kernaussagen des IPCC-Berichts Die THG-Emissionen sind seit 2010 mit etwa 1,3% pro Jahr langsamer angestiegen als im vorherigen Jahrzehnt (2,1% pro Jahr); damit sind sie aber noch immer höher als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Zunehmende wirtschaftliche Aktivitäten in allen Sektoren übertreffen die wachsenden Klimaschutzmaßnahmen. Die Wahrscheinlichkeit in den Szenarien-Ensembles, 1,5°C globale Erwärmung langfristig zu überschreiten, ist damit größer als noch im ⁠ IPCC ⁠ 1,5°-Sonderbericht von 2018. Die historischen kumulativen Netto-CO 2 -Emissionen zwischen 1850 und 2019 belaufen sich auf etwa vier Fünftel des gesamten Kohlenstoffbudgets (zentraler Schätzwert etwa 2900 Gt CO 2 ), um die globale Erwärmung mit einer 50%-igen Wahrscheinlichkeit auf 1,5°C zu begrenzen. Das nach 2019 noch verbleibende CO 2 -Budget beträgt ca. 510 Gt CO 2 890 Gt CO 2 bei 1,5°C- bzw. 2°C-Pfaden. Allerdings übersteigen schon allein die bestehenden und derzeit geplanten Infrastrukturen für fossile Energie bereits das globale CO 2 -Budget für 1,5°C. Mit den bei der ⁠ UNFCCC ⁠ bis 11.10.2021 eingereichten NDCs für 2030 wird eine globale Erwärmung von 2,1°C-3,4°C bis 2100 erwartet. Das bedeutet, je geringer die Reduktion von THG-Emissionen ausfällt, desto stärker werden die Klimarisiken für Menschen und Ökosysteme. Damit die ⁠ Anpassung an den Klimawandel ⁠ gelingen kann, ist ein möglichst ambitionierter ⁠ Klimaschutz ⁠ notwendig. Unterschiedliche THG-Emissionen pro Kopf spiegeln die Einkommensungleichheiten in den Weltregionen und zwischen den Privathaushalten wider. Die 10% reichsten Privathaushalte weltweit, von denen sich etwa zwei Drittel in entwickelten Ländern befinden, tragen 34-45% zu den globalen THG-Emissionen bei. Für 1,5°C-Pfade müssen die globalen CO 2 -Emissionen gegenüber 2019 um 48% bis 2030 und um 80% bis 2040 sinken sowie bis Anfang der 2050er Jahre in allen Sektoren und Regionen auf Netto-Null Emissionen abfallen (Netto-Null CO 2 bedeutet, dass alle durch Menschen verursachten CO 2 -Emissionen im gleichen Zeitraum über CO 2 -Entnahmemaßnahmen wieder aus der ⁠ Atmosphäre ⁠ entfernt werden). Entscheidende Maßnahmen sind die Transformation des Energiesystems, das Beenden von Subventionen für fossile Brennstoffe, Emissionsreduktionen im Industrie- und Gebäudesektor – u.a. durch kompaktere Bebauung – sowie die Schaffung von CO 2 -Senken durch Grün- und Wasserflächen, der Ausbau der Niedrigemissionstechnologien im Verkehrssektor und nachfrageseitige Minderungsoptionen im Land- und Forstsektor. Klimaschutz geht idealerweise Hand in Hand mit der Anpassung an den Klimawandel: Ausweitung von Grün- und Wasserflächen in Großstädten beispielsweise steigert zusätzlich die Lebensqualität, indem der Wärmeinseleffekt in Städten reduziert wird; ein nachhaltiger Waldumbau kann Schäden durch Extremereignisse wie Stürme oder Hitzeperioden verringern. Lösungsansätze auf der Nachfrageseite, z.B. im Verkehrs- und Gebäudesektor sowie im Ernährungssystem, könnten 40-70% zur Emissionsreduzierung bis 2050 beitragen. Sie sind außerdem mit der Verbesserung des grundlegenden Wohlergehens für alle vereinbar (z.B. durch gesündere Ernährung). In fast allen 1,5-2°C Szenarien wird die Entnahme von CO 2 aus der Atmosphäre ( Carbon Dioxide Removal , CDR) und ein teilweise beträchtlicher Umfang an Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (Carbon Capture and Storage, ⁠ CCS ⁠) angenommen. Die Einführung von CDR und CCS in großem Maßstab stößt jedoch auf erhebliche Machbarkeits- und Nachhaltigkeitsprobleme und ist in absehbarer Zukunft äußerst kostenintensiv (siehe Abb. 2). Die einzigen weit verbreiteten CDR-Optionen bestehen derzeit in der Stärkung natürlicher Senken (z. B. durch Wiederaufforstung, Agroforstwirtschaft und verbesserte Waldbewirtschaftung). Die Höhe negativer Emissionen – und damit unsere Abhängigkeit von unsicheren oder wenig nachhaltigen CDR-Optionen – variiert in den Modellrechnungen jedoch stark. Insgesamt gilt: Je größer und früher die Emissionsminderungen, desto kleiner der Bedarf an CDR-Optionen. Für den Klimaschutz sind erhebliche Investitionen notwendig. Für 2°C Erwärmung liegt der Investitionsbedarf gemittelt über die Dekade von 2020-2030 um den Faktor drei bis sechs höher als das derzeit vorhandene Niveau. Eine beschleunigte finanzielle Unterstützung der Entwicklungsländer durch Industrieländer und andere, auch private Quellen, ist ein entscheidender Faktor für die Verstärkung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, v.a. für einkommensschwache gefährdete Regionen. Die Investitionen aus öffentlicher und privater Hand in fossile Energien sind immer noch höher als die Investitionen in Klimaschutz und Anpassung. Die kostengünstigsten Minderungsoptionen mit dem größten Klimaschutzpotential sind Solar- und Windenergie (siehe Abb. 2). Investitionen in fossile Ressourcen oder Infrastrukturen sind zudem mit Verlustrisiken ( stranded assets ) verbunden. Allein schon die zu erwartenden wirtschaftlichen Vorteile sind bei 2°C-Pfaden größer als die Minderungskosten. Minderungsmaßnahmen für 2⁰C-Pfade verlangsamen das globale BIP-Wachstum nur sehr wenig (im Jahre 2050 wäre das globale BIP um 1,3-2,7% kleiner als durch das theoretisch erwartete Wachstum auf mehr als 200%), wobei hier vermiedene Klimawandel-Schäden und vermiedene Anpassungsmaßnahmen sowie Zusatznutzen von Klimaschutz noch gar nicht berücksichtigt sind. Potentieller Beitrag zur Nettoemissionsminderung im Jahr 2030 beispielhaft für verschiedene Bereiche des Energiesektors (sichtbar anhand der Balkenlänge, angegeben in Gigatonnen CO2-Äquivalent pro Jahr) sowie bilanzierte Kosten einzelner Optionen (sichtbar anhand der rötlichen Farbabstufung, angegeben in US-Dollar je Tonne CO2-Äquivalent). Der lange Weg von der Erstellung bis zur Verabschiedung des IPCC-Berichts Über drei Jahre hatte ein Kernteam von 278 Autor*innen aus 65 Ländern mehr als 18.000 wissenschaftliche Studien ausgewertet und daraufhin den Bericht erstellt. Dieser wurde im Rahmen von drei Begutachtungsrunden durch Expert*innen und Regierungen evaluiert. Zur Verabschiedung des Gesamtberichts diskutierten Delegationen der 195 ⁠ IPCC ⁠-Mitgliedsstaaten Satz für Satz die ca. 60-seitige Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger*innen ( Summary for Policymakers, SPM) mit anwesenden Autor*innen. Das Plenum verabschiedete nach 2-wöchigen Beratungen am 04.04.2022 die SPM und damit auch den 3675 Seiten starken Gesamtbericht. Allerdings verzögerte sich die Verabschiedung des Berichtes um drei Tage, da wenige Delegationen mit zahlreichen und sich teilweise wiederholenden Interventionen sehr viel Redezeit beanspruchten. Dadurch ergab sich vor allem für sehr kleine (teils 1-köpfige) Delegationen aufgrund durchgängiger Sitzungen am Ende ein deutlicher Nachteil innerhalb der Verhandlungen gegenüber personenstarken Delegationen. Fazit zu Teil III des 6. IPCC-Berichts Wegen der formellen Zustimmung aller ⁠ IPCC ⁠-Mitgliedsländer haben die Berichte in der internationalen und nationalen Klimapolitik politisch ein großes Gewicht. Einige Klimaschutzszenarien verlassen sich auf eine bisher äußerst kostenintensive und unsichere groß-skalige Anwendung von ⁠ CCS ⁠ und CDR. Damit erhöhen sie bereits heute die Gefahr, dass umfassende THG-Minderungen mit heute verfügbaren Minderungsoptionen zugunsten unsicherer zukünftiger Technologien abgeschwächt werden (sogenannte ⁠ Mitigation ⁠ Deterrence). Für eine nachhaltige Entwicklung ist nun jedoch ein beschleunigter und sozial wie global gerechter ⁠ Klimaschutz ⁠ entscheidend. Weltweit verbesserte Rahmenbedingungen wie politische und regulatorische Instrumente, internationale Zusammenarbeit, Marktinstrumente (z.B. CO 2 -Bepreisung), Investitionen, Innovationen, Technologietransfer, Kapazitätsaufbau sowie klimafreundliche Lebensstile bieten hingegen eine Grundlage, um System-Transformationen im Einklang mit nachhaltiger Entwicklung zu verbessern. Armutsbekämpfung und eine gesicherte Energieversorgung können damit ohne signifikante Emissionssteigerungen erreicht werden. Die wichtigsten Optionen liegen dabei in der Nutzung von Sonnenenergie und Windkraft, sowie im Mobilitäts-, Gebäude- und Ernährungs-Sektor, aber auch besonders im Schutz von Ökosystemen (vor allem Schutz der globalen Wälder und Moore). Neu im Bericht ist unter anderem der Fokus auf energie- und emissionssparendes Verhalten in Unternehmen und im Alltag. Dabei wird betont, dass Klimaschutz keine Bürde sein muss, sondern auch zu mehr Lebensqualität führen kann. Zudem verdeutlicht der Bericht den Zusammenhang zwischen Klimaschutz, nachhaltiger Entwicklung und der ⁠ Anpassung an den Klimawandel ⁠. Autor*innen: Mathias Ulrich, Larissa Kleiner, Tobias Herzfeld, Jens Tambke, Achim Daschkeit, Frederik Pischke

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