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Monte-Carlo-Simulation zur Schätzung der Exposition von Oberflächengewässern durch Abdrift von Pflanzenschutzmitteln

Zur Schätzung der ⁠ Exposition ⁠ von Oberflächengewässern durch ⁠ Pflanzenschutzmittel ⁠ werden PEC-Werte mit Hilfe eines probabilistischen Verfahrens ermittelt. Hierfür werden zunächst verschiedene Regressionsanalysen zur Modellierung der ⁠ Abdrift ⁠ durchgeführt. Anschließend wird die ausgewählte Abdriftverteilung mit verschiedenen Verteilungsansätzen für die Aufwandmenge und das Gewässervolumen kombiniert. Veröffentlicht in Texte | 36/2004.

Reduction of drift in spray application/ nebulization of biocides - derivation of risk reduction measures and device requirements

Biozidprodukte und Pflanzenschutzmitteln gehören zur Gruppe der Pestizide und dienen dem Schutz von Mensch, Tier und Materialien gegen Schädlinge und Ungeziefer. Die meisten auf dem Markt befindlichen Biozidprodukte sind in Deutschland aufgrund von Übergangsbestimmungen im Rahmen der Biozid-Verordnung 528/2012 noch nicht bewertet worden, so dass geringe Kenntnisse darüber vorhanden sind, wie Biozidprodukte verwendet werden. Ziel dieser Studie war es Anwendungen mit hohem Abdriftpotential zu identifizieren und zu untersuchen. Es zeigte sich, dass die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners (EPS) mit Sprühgeräten und die Bekämpfung von fliegenden und kriechenden Insekten an Gebäuden mit einem Rückensprühgerät die Bereiche mit dem höchsten Abdriftpotential sind. Ergebnisse der Abdriftmessungen zeigen, dass bei allen Anwendungen die Abdrift exponentiell mit der Entfernung vom der behandelten Bereich abnahm. Darüber hinaus wurden die höchsten Abdriftwerte bei der Bekämpfung des ESP mit einer Sprühkanone am Waldrand, etwas niedrigere Abdriftwerte in der Allee und deutlich niedrigere Abdriftwerte an einem Einzelbaum gefunden. Bei der Verwendung eines Hubschraubers wurden um 50% geringe Abdrifteckwerte beobachtet, wenn eine Düse mit größeren Tropfen verwendet wurde. Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass eine Abdrift in Nicht-Zielflächen wahrscheinlich ist. Es werden Möglichkeiten dargestellt, wie die Abdrift durch die Auswahl abdriftmindernder Technik reduziert werden kann. Um die Abdrift während der Bekämpfung von kriechenden Insekten an Hauswänden zu messen, wurden erste Tests durchgeführt. Unabhängig von der Windrichtung war die gemessene Abdrift direkt vor der behandelten Fläche sehr gering. In seitlicher Entfernung zur behandelten Fläche war die Abdrift bei paralleler Windrichtung geringer als bei orthogonaler Windrichtung. Im Allgemeinen ist es wichtig die Geräte näher zu betrachten, die zur Ausbringung von Bioziden verwendet werden. Quelle: Forschungsbericht

Bewertung des Eintrags von Pflanzenschutzmitteln in Oberflächengewässer - Runoff, Erosion und Drainage

Im Projekt wurde das Konzept GERDA (GEobased Runoff, Erosion, and Drainage risk Assessment for Germany) entwickelt, mit dem zukünftig im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln (PSM) in Deutschland die Exposition von Oberflächengewässern durch Wirkstoff-Einträge über Runoff und Erosion, Drainage, Abdrift und atmosphärischen Transport bewertet werden kann. Zentrales Element in GERDA bildet die statistisch fundierte, Perzentil-basierte Auswahl der Boden-Klima-Szenarien, mit denen mittels der Modelle PRZM und MACRO (als Bestandteil von GERDA) die Expositionsabschätzung für einen Wirkstoff im Rahmen der Zulassungsprüfung durchgeführt wird. Die mit GERDA ermittelten PECs (Predicted Environmental Concentrations) liegen für verschiedene Wirkstoffe im Bereich des 83. bis 93. Perzentils, bezogen auf die räumlich-zeitliche Grundgesamtheit der rd. 132.000 kṃ potenziellen PSM-Applikationsfläche in Deutschland und der Wetterzeitreihe 1982Ń2011. Zur Anwendung im Zulassungsverfahren wurde das Softwaretool GERDA v.1 entwickelt.Vergleichsrechnungen für 13 Beispielsubstanzen mit GERDA und dem derzeit verwendeten Modell Exposit zeigen die bedeutende Relevanz der Eintragspafde Runoff und Erosion im Vergleich zu Spraydrift und Drainage. Die Expositionsab-schätzung für Oberflächengewässer in Deutschland mit GERDA führt häufig zu strengeren Risikomanagementmaßnahmen im Vergleich zum derzeit verwendeten Modell EXPOSIT. Der Bericht umfasst weiterhin die methodischen Grundlagen der Entwicklung von Boden-Klima-Szenarien spezifisch für Deutschland, eine Schwachstellenanalyse des FOCUS-Ansatzes zur Expositionsabschätzung sowie die Analyse des Modells VFSMOD als Option zur Risikominderung durch Filterstreifen im Zulassungsverfahren. Quelle: Forschungsbericht

Pestizide im Wasser: Da schwimmt was mit

Umweltfachleute weisen regelmäßig nach, wie stark Flüsse, Seen, Küstengewässer und Grundwasser durch Pestizide belastet sind. Die Schadstoffe stammen häufig aus der Landwirtschaft und gelangen durch Versickerung, Oberflächenabfluss und Abdrift in die Gewässer. Quelle: https://www.boell.de/

Can the fungicide penconazole alter the community composition of the aquatic mycobiome on Alnus glutinosa leaf litter?

Excerpt of an upcoming publication. Abstract: Aquatic fungi (AF) play a key role in the turnover of organic matter in freshwater ecosystems, such as leaf litter in streams. Fungicides that reach streams via spray drift or surface runoff from agricultural activities may endanger the diversity of AF. In the present proof-of-principle study, we used high throughput sequencing (HTS) of total DNA to investigate composition changes of a natural leaf litter associated aquatic mycobiome in stream channels and in flask microcosms that were treated with 250 (micro)g/L of the azole fungicide penconazole. Treated samples were compared with control samples from untreated systems and samples from the reference stream over a period of three weeks. The community composition (in terms of presence/absence) in fungicide treated and control samples was comparable on leaves, which were conditioned for two weeks in the reference stream prior to fungicide exposure. Here, only the read numbers of two key taxa indicated an abundance shift that was most likely related to the fungicide effect. However, strong diversity effects were observed during the following long-term recolonization (85d) of sterilized leaves under penconazole influence (starting with 160 (micro)g/L a. s.), in which key taxa were significantly reduced in their presence or even absent in fungicide treated stream channels. Results imply, that HTS of total DNA seems to be particularly effective to detect changes in AF communities during the colonization of leaf litter. Future effect studies could consider recolonization under different conditions and RNA sequencing of preconditioned leaves to corroborate the findings of the present study. Quelle: https://www.researchgate.net/

VEB Lacke und Farben

Das Gelände ist Teil eines seit 1871 durch die chemische Industrie- und Farbenproduktion geprägten Industriebereiches entlang der Schnellerstraße im Bezirk Treptow-Köpenick. Durch die Chemischen Fabriken Kunheim wurde ab 1889 neben Schwefelsäure mit der Produktion von Rotkali, Gelbkali, Berliner-, Pariser- und Stahlblau begonnen. Als Grundstoff wurden die Abfallprodukte aus der Gasgewinnung (Gaswässer, Reinigermassen und Teere) herangezogen. Ab 1993 erfolgte der Rückbau der industriellen Anlagen im Rahmen des ÖGP(Ökologisches Großprojekt.). Zukünftig wird das Gelände als Verwaltungsstandort sowie für Lagerhaltung und Verkauf genutzt. Am Standort gelangten Schadstoffe über Havarien, Handhabungsverluste und als Aufschüttungsmaterial nach Kriegsschäden in den Boden und in das Grundwasser. Eine akute Schädigung des Grundwassers mit Cyaniden und Arsen bis in die Rohwassergewinnungsanlagen des Wasserwerkes Johannisthal ist nachgewiesen. In den Schadenszentren liegen Kontaminationen des Bodens bis zu 3 g/kg an Cyaniden und bis zu 7 g/kg an Arsen vor. Die Belastungen des Bodens reichen bis in eine Tiefe von 10 m unter GOK(Geländeoberkante.). Zum Schutz der Trinkwassergewinnung im Bereich des Wasserwerkes Johannisthal waren erhebliche Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen erforderlich bzw. sind in Form einer hydraulischen Abstromsicherung weiterhin notwendig. Um sowohl den Zufluss von Spreewasser in die kontaminierten Bodenschichten zu vermindern als auch den Transfer von Schadstoffen in die Spree zu unterbinden, erfolgte 1995 bis 1996 die Errichtung einer bis in eine Tiefe von 31,8 m reichenden einwandigen Schlitzwand entlang der Spree und des Britzer Zweigkanals auf einer Länge von ca. 1.000 m. Außerdem wurde im Jahr 1995 partiell stark kontaminierter Boden im Rahmen eines Neubaus einer Lagerhalle ausgehoben. Ab 1998 fand auf den nicht mehr mit nutzbaren Gebäuden belegten Flächen eine Tiefenenttrümmerung statt. Zur Verhinderung weiterer Schadstoffverlagerungen in das Grundwasser wurde die Regenwasserkanalisation erneuert, die Freiflächen wurden mittels Kunststoffdichtungsbahnen abgedeckt und anschließend begrünt. Die Verkehrsflächen erhielten eine neue Oberflächenabdichtung aus Asphalt. Die Versiegelungsmaßnahmen konnten 2004 mit der Revitalisierung der “Alten Grünfläche” abgeschlossen werden. Die Abstromsicherung wird seit 1996 durch den Betrieb einer Grundwasserreinigungsanlage mit derzeit 19 Sicherungsbrunnen gewährleistet. Der obere, ca. 15 m mächtige 1. Grundwasserleiter wird allein mit 15 Brunnen gesichert. 2012 wurde die Anzahl der Sicherungsbrunnen im 2. Grundwasserleiter auf vier verdoppelt, um ein weiteres Abdriften von arsenbelastetem Grundwasser zu vermeiden. Die Grundwasserreinigungsanlage wurde letztmalig 2012 an neuem Standort, am Fuße der ehem. Betriebsdeponie, errichtet und reinigt nun ca. 80 m³/h. In diesem Zusammenhang wurden 2011 die Zuleitungen zur Reinigungsanlage erneuert. Die Betriebsdeponie wurde schon 1997 mittels Kunststoffdichtungsbahnen abgedichtet und begrünt. Nach der Errichtung der Minna-Todenhagen-Brücke“ über die Spree im Jahr 2017, erfolgt 2018 bis 2020 die abschließende Oberflächenversiegelung auf den angrenzenden Grundstücken mit gleicher historisch bedingter Bodenbelastung. Die Gesamtkosten der Maßnahmen belaufen sich auf insgesamt ca. 6,2 Mio. € für den Zeitraum von 1991 bis 2010. Davon entfielen u.a. 1,85 Mio. € auf die Herrichtung der Verkehrsflächen einschließlich des Neubaus der Regenwasserkanalisation, 1,5 Mio. € anteilig auf die Schlitzwand, 1,78 Mio. € auf die Tiefenenttrümmerung und Oberflächenversiegelung sowie 300.000 € auf die Boden- und Grundwasseruntersuchungen. In den Jahren 2011 bis 2012 betrugen die Investitionen am Standort und den Nachbargrundstücken 0,9 Mio. €. Der Abschluss der Oberflächenversiegelung auf den Nachbargrundstücken bedingt bis 2020 weitere Investitionen von ca. 6 Mio €.

Technische Lösungen zur Senkung der Umweltbelastung durch Biozide

Technische Lösungen zur Senkung der Umweltbelastung durch Biozide Insektizide oder Grünbelagsentferner werden im Außenbereich häufig versprüht. Dabei hängt es insbesondere von den verwendeten Geräten ab, wie stark die Chemikalien durch Abdrift auch in Bereiche getragen werden, die eigentlich nicht behandelt werden sollen. Durch die richtige Geräteauswahl kann die Belastung der Umwelt reduziert und der Gebrauch der Produkte effektiver gestaltet werden. Im Auftrag des Umweltbundesamts führte das Julius Kühn-Institut großangelegte Messungen zur ⁠ Abdrift ⁠ von Biozidanwendungen mit hohem Abdriftpotential durch, um die Auswirkungen auf die Umwelt und mögliche Risikominderungsmaßnahmen zu evaluieren. Zu diesen Anwendungen gehören beispielsweise die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners, die Bekämpfung von fliegenden und kriechenden Insekten und die Entfernung von Algen auf Terrassen und Wegen. Ein Exkurs enthält eine Literaturrecherche mit Geräten, die zur Moskitobekämpfung eingesetzt werde können. Diese Recherche zeigt die Unterschiede zwischen Geräten zur Vektorbekämpfung und Geräten zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Zur Messung der Abdrift bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners wurden sowohl in einem vorhergehenden als auch in diesem Projekt in verschiedenen Anwendungsbereichen, wie Einzelbaum, Allee und Waldrand, und mit verschiedenen Geräten, wie Sprühkanone, Hubschrauber und UAV, Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis ist eine Liste von empfohlenen Abdrifteckwerten, die in Zukunft bei der Expositionsbewertung im Rahmen der Produktzulassungen verwendet werden können. Zur Messung der Abdrift bei der Bekämpfung von fliegenden und kriechenden Insekten und bei der Entfernung von Algen wurden erste Untersuchungen mit einer Rückenspritze an einer Hauswand und auf einem gepflasterten Weg durchgeführt. Basierend auf allen Ergebnissen werden Empfehlungen zur Expositionsbewertung und möglichen Maßnahmen zur Driftreduktion gegeben. Diese beinhalten einen Wechsel von Sprühkanonen mit pneumatischer Zerstäubung zu Sprühkanonen mit hydraulischer Zerstäubung mit drift-reduzierenden modernen Düsen oder den Wechsel von Hohlkegeldüsen zu Flachstrahldüsen bei der Verwendung von Rückenspritzen. Die Ergebnisse der Versuche zum Run-off zeigten zudem hohe Verluste von bis zu 50%, die minimiert werden könnten, indem bei vertikaler Applikation angemessene Aufwandmengen empfohlen werden. Diese Ergebnisse können in der Praxis angewendet werden, um die Belastung der Umwelt zu reduzieren. Ein Factsheet des UBA fasst die Ergebnisse der zwei Forschungsvorhaben knapp zusammen.

Mosel-Apollofalter: Weinbau und Artenschutz zusammenbringen

Mosel-Apollofalter: Weinbau und Artenschutz zusammenbringen In aktuellen Genehmigungsverfahren für 16 Fungizide zum Ausbringen per Luftfahrzeug in Weinbausteillagen hat sich das UBA für Auflagen ausgesprochen, um eine vom Aussterben bedrohte Schmetterlingsart zu schützen. Es sind aber bereits viele Mittel ohne Auflagen genehmigt. Wichtig für den Erhalt der Falterart ist die Wiederherstellung seiner Lebensräume. Das soll die Auflagen mittelfristig ablösen. Update vom 12.03.2024: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat am 11.03.2024 in einer Fachmeldung bekannt gegeben, dass es die aktuellen Genehmigungen für die Anwendung von Fungiziden mit Luftfahrzeugen in Weinbausteillagen ohne Anwendungsbestimmungen zum Schutz des vom Aussterben bedrohten Mosel-Apollofalters erteilt hat. Damit wurde eine Entscheidung gegen das hier dargelegte Votum des Umweltbundesamtes getroffen. Aktuell ist das ⁠ UBA ⁠ in 26 Genehmigungsverfahren zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen in deutschen Weinbausteillagen eingebunden. Eine spezifische Bewertung der Risiken für den weltweit nur noch im Weinbaugebiet des unteren Moseltals vorkommenden Mosel-Apollofalter ergab für 16 der Mittel eine so hohe Toxizität, dass eine Anwendung nur mit einem Sicherheitsabstand von – je nach Mittel – 5 bis 30 Metern zu Vorkommen des Schmetterlings vertretbar ist. Die letztendliche Entscheidung, ob die Mittel für die Anwendung mit Luftfahrzeugen genehmigt werden und ob die vom UBA vorgeschlagenen Auflagen übernommen werden, trifft das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Das UBA kann in Anbetracht der aktuellen Datenlage zum dramatischen Bestandsrückgang des Falters bei der Beurteilung der neuen Anträge nicht mehr auf die Forderung nach Mindestabständen verzichten. Alle bisher genehmigten ⁠ Pflanzenschutzmittel ⁠ zur Anwendung mit Luftfahrzeugen haben solche Auflagen nicht. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Genehmigung dieser Mittel schienen diese nicht nötig zu sein. Die bereits genehmigten Mittel sind also vorerst weiter für die Anwendung an Weinbausteilhängen verfügbar. Wenn für die Ausbringung der Pflanzenschutzmittel Drohnen statt Hubschrauber verwendet werden, verringert sich das Risiko für den Apollofalter. Die genehmigten Drohnentypen können tiefer als Hubschrauber über die Reben fliegen. Dadurch werden die Mittel zielgenauer und mit weniger ⁠ Abdrift ⁠ auf angrenzende Flächen ausgebracht. Die notwendigen Mindestabstände zu angrenzenden Flächen sind deshalb für die Drohne geringer als für den Hubschrauber. Ein vollständiger Umstieg auf Drohnen ist jedoch nicht kurzfristig möglich. Es müssen zum Beispiel erst Genehmigungen eingeholt, Geräteführer angelernt und Landeplätze eingerichtet werden. Der hohe Aufwand erfordert langfristige Planungssicherheit für die Anwender. Der erste Einsatz von Drohnen auf einer kleinen Fläche im Moseltal ist für das Frühjahr 2024 geplant. Die wichtigste Maßnahme für das Überleben des Mosel-Apollofalters ist jedoch die Wiederherstellung seines ursprünglichen Lebensraums in den Flächen, welche an die Rebzeilen angrenzen. Dieser Lebensraum ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts um die Hälfte geschrumpft. Solche Flächen können durch entsprechende Pflegemaßnahmen (z.B. Mahd, Beweidung) geschaffen werden. Hier sind regionale Akteure und die zuständigen Behörden des Bundeslandes gefragt. Auf kleinen Flächen wurden solche Schutzmaßnahmen bereits durchgeführt. Sobald wieder ausreichend Raum für den Arterhalt des Mosel-Apollofalters zur Verfügung steht, kann sich die Population erholen und wäre damit widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Pflanzenschutzes. Dann könnte von den Auflagen zur Einhaltung von Mindestabständen beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln voraussichtlich abgesehen werden. Auch eine Übertragung der Auflagen auf die schon früher genehmigten Mittel wäre dann nicht nötig. Die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen ist in Deutschland aufgrund der sehr hohen Abdrift in umliegende Flächen grundsätzlich verboten. Für den Anbau in Weinbausteillagen gelten jedoch Ausnahmeregelungen. Fungizide (Pflanzenschutzmittel gegen Pilzkrankheiten) dürfen hier mit Hubschraubern oder Drohnen ausgebracht werden. Im Jahr 2023 wurden die Rebflächen im Moseltal durchschnittlich acht Mal mit Fungiziden aus Luftfahrzeugen behandelt. Werden bei der Risikobeurteilung bestimmte Werte überschritten, kann ein Mittel nicht oder nur mit Auflagen zugelassen werden. Solche Auflagen können beispielsweise Mindestabstände zum Schutz angrenzender Naturräume sein. Die zu behandelnden Rebflächen an Steilhängen sind jedoch sehr schmal und die Übergänge zu den angrenzenden Naturräumen verlaufen nicht geradlinig. Bei Einhaltung der Mindestabstände unter solchen Gegebenheiten kann demnach ein großer Teil der Rebflächen, auf oder neben denen der Apollofalter vorkommt, nicht behandelt werden. Mehrjährige Untersuchungen in Rheinland-Pfalz zeigten in der Vergangenheit, dass, trotz der langjährigen Pflanzenschutzpraxis, die Bestände ausgewählter Tierarten in den Weinhängen stabil waren. Aufgrund dieser Tatsache hat das UBA bisher auf Abstandsauflagen verzichtet. Doch mit dem Bekanntwerden der drastischen Bestandseinbrüche des Apollofalters musste die bisherige Genehmigungspraxis in Frage gestellt werden. Weinbau an der Mosel (Rheinland-Pfalz, Saarland) hat etwas Besonderes. Es ist das weltweit größte Anbaugebiet, in dem Wein in extrem steilen Hanglagen kultiviert wird. Der Einsatz von Traktoren und anderer Technik ist in solchen Steillagen nicht möglich. Pflegearbeiten und Traubenernte sind mühsam und arbeitsaufwendig. Solche Produktionsbedingungen sind oft nicht mehr wirtschaftlich, deshalb wurden viele dieser Weinhänge aufgegeben. Doch gerade diese Hänge, mit ihren nach Süden ausgerichteten Trockenmauern und den freiliegenden Felsen, sind besonders wertvolle Lebensräume für wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten. An solchen Steilhängen lebt auch der Mosel-Apollofalter ( Parnassius apollo vinningensis ), eine Unterart des Apollofalters. Der schöne Falter, 2024 zum Schmetterling des Jahres gekürt, ist endemisch. Das heißt, sein Vorkommen im unteren Moseltal ist weltweit das Einzige und Deutschland hat somit eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Unterart. Deren Vorkommen beschränkt sich auf eine Fläche von ungefähr 400 Hektar. Davon werden 80 Hektar weinbaulich genutzt, das sind etwa ein Prozent der Weinbaufläche an der Mosel. Zum Überleben ist der Falter auf ganz bestimmte Pflanzen angewiesen. An den Felsen und auf den Trockenmauern findet er die wichtigste Futterpflanze für seine Raupen, die Weiße Fetthenne (Sedum album, auch Weißer Mauerpfeffer genannt). Der Falter ist in der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) im Anhang IV gelistet und somit „streng geschützt“. Laut Bundesnaturschutzgesetz § 44 Absatz 4 darf sich der Zustand der in Anhang IV gelisteten Arten durch eine Bewirtschaftung der Flächen nicht verschlechtern. Trotzdem gehen die Bestände des Mosel-Apollofalters stark zurück, an manchen Orten um bis zu 90 Prozent im Zeitraum von 1981 bis 2020. Insbesondere seit 2012 sinken die Bestände fortwährend dramatisch. Der Schmetterling ist auf der Roten Liste Deutschlands als „stark gefährdet” und auf der Roten Liste von Rheinland-Pfalz als „extrem selten“ eingestuft. Der Rückgang des Mosel-Apollofalters hat mehrere Ursachen, welche in ihrer Summe zum baldigen Aussterben dieser Unterart führen könnten. Eine Ursache ist der Verlust der Lebensräume des Falters. Wenn Weinbau in den Steillagen aufgegeben wird und die Flächen nicht durch Pflegemaßnahmen offengehalten werden, verbuschen diese und gehen dadurch als Lebensraum verloren. Als eine weitere Ursache wird der ⁠ Klimawandel ⁠ vermutet. Ist der Herbst zu warm, kann das zu einem früheren Schlupf der Raupen im Frühling führen. Ist der Frühling dann wiederum zu kalt, überleben das viele Raupen nicht. Zusätzlich wird der Apollofalter durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gefährdet. Im Weinbau führen insbesondere Pilzkrankheiten, wie zum Beispiel der Falsche Mehltau, zu hohen Ertragsverlusten. Deshalb werden die meisten Behandlungen mit Fungiziden durchgeführt. Einige der Mittel sind giftig für Arthropoden (das sind z.B. Käfer, Schmetterlinge, Spinnen) und damit auch für den Apollofalter. Würde man jedoch auf Fungizide verzichten, wäre der Weinbau aufgrund der geringen Erträge nur noch dann wirtschaftlich, wenn Verbraucher*innen den so angebauten Wein mit einem höheren Preis honorieren würden. Andernfalls wird die Bewirtschaftung der Flächen aufgegeben. Perspektivisch wäre der Umstieg auf neue pilzwiderstandsfähige Sorten (sogenannte PIWIs) eine Alternative. Eine solche Umstellung durch Neuanpflanzungen braucht jedoch Zeit. Der Mosel-Apollofalter profitiert also vom Offenhalten der Flächen durch den Weinbau, und der Weinbau braucht Fungizide, um wirtschaftlich produzieren zu können. Die Ausbringung von Fungiziden gefährdet aber, zusammen mit den anderen genannten Faktoren, die Bestände des streng geschützten Falters. Der Weinbau hat also gleichzeitig positive und negative Auswirkungen auf den Mosel-Apollofalter. Die Wiederherstellung der Lebensräume durch Biotoppflegemaßnahmen würde die Population des Mosel-Apollofalters widerstandfähiger gegen die Auswirkungen der Pflanzenschutzmittel machen. Zusammen mit einem Umstieg auf Drohnen bei der Ausbringung wäre zukünftig eine Verringerung beziehungsweise sogar ein Aussetzen der Mindestabstände möglich. Um gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten, ist ein weiterer Dialog zwischen allen Akteuren, den Behörden von Bund und Ländern sowie den Winzer- und Naturschutzverbänden notwendig. So kann es gelingen, Weinbau und Artenschutz miteinander zu vereinbaren.

Geräteauswahl kann Umweltschäden durch Insektizide reduzieren

Geräteauswahl kann Umweltschäden durch Insektizide reduzieren Um den Eichenprozessionsspinner zu bekämpfen, sind Insektizide nicht immer vermeidbar. Können Raupen und Nester nicht abgesaugt werden, werden die Mittel beispielsweise mit Sprühkanonen an befallenen Eichen ausgebracht. Sie verwehen dabei in die Umgebung und können andere Insekten schädigen. Eine UBA-Studie hat untersucht, wie Risiken für die Umwelt durch die Geräteauswahl reduziert werden können. Insektizide zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners zum Schutz der menschlichen Gesundheit (sogenannte Biozide) sollten nur verwendet werden, wenn alternative Maßnahmen wie Warnschilder, Absperren der Bereiche, Absaugen nicht ausreichen. Chemische und biologische Bekämpfungsmittel töten nicht nur Schadinsekten, sondern können auch andere zum Teil geschützte Tierarten schädigen. Über die Luft driften sie auch in die Umgebung, in Nicht-Zielflächen, ab. Dies kann dazu führen, dass dort lebende Insekten sterben. Deshalb ist es wichtig, ihren Einsatz auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken. Die Studie untersucht die Ausbringung von Bioziden zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners mit Hilfe von einer üblicherweise verwendeten Sprühkanone und einem Helikopter. Die Messungen wurden an einer freistehenden Eiche, einem Waldrand und einer Eichenallee durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass mit beiden Techniken die umgebenden Flächen durch ⁠ Abdrift ⁠ belastet werden können. Die Ausmaße der Verwehungen sind jedoch verschieden und noch nicht abschließend für alle Einsatzgebiete untersucht. So war die Abdrift bei der Ausbringung mit dem Hubschrauber an einer Allee deutlich geringer als mit der getesteten Sprühkanone vom Boden. Auch die Auswahl der Hubschrauberdüse hat einen Einfluss auf die Höhe der Abdrift. Dieses Beispiel zeigt, wie die Auswahl der Technik Umweltrisiken in Zukunft verringern kann. Ein Folgeprojekt soll weitere Vergleichsmessungen liefern. Erst dann wird es möglich sein, konkrete Empfehlungen zur Geräteauswahl zu geben. Die Geräte, mit denen Biozide ausgebracht werden, unterliegen bislang keiner gesetzlichen Regulierung. Aus diesem Grund ist wenig über die verwendeten Techniken bekannt. Zum Zusammenhang zwischen verwendeten Geräten und der damit verbundenen Abdrift in die Umwelt gab es ebenfalls bisher keine Informationen. Das Umweltbundesamt hat deshalb untersuchen lassen, wie hoch die Abdrift bei ausgewählten bioziden Anwendungen ist. Die Analysen führte das Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz des Julius Kühn-Instituts durch. Weiteres Vorgehen Die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners ist nicht die einzige Biozidanwendung, bei der die Abdrift zu Umweltrisiken führen kann. In der vorliegenden Studie wurden deshalb bereits erste Voruntersuchungen durchgeführt, um weitere Anwendungsbereiche zu analysieren. Diese Experimente finden aktuell im Rahmen eines Folgeprojekts (FKZ 3719 67 404 0) statt. Das Umweltbundesamt wird die Ergebnisse beider Studien zum einen in die Risikobewertungen bei der Zulassung von Biozidprodukten einfließen lassen. Zum anderen wird das Umweltbundesamt die Erkenntnisse für Überlegungen zu einer möglichen Regulierung oder Empfehlung von Geräten zur Ausbringung von Biozidprodukten verwenden.

24_Steinfliegen

Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Eintags- und Steinflie- gen (Ephemeroptera, Plecoptera) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Dirk BÖHME unter Mitarbeit von Friedemann GOHR, Matthias HOHMANN, Martina JÄHRLING, Wolfgang KLEINSTEUBER und Lutz TAPPENBECK (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Eintags- und Steinfliegen verbringen als merolim- nische Insekten den überwiegenden Teil ihres Lebens, nämlich das Ei- und Larvenstadium, in Gewässern. Ihr imaginales Dasein ist zeitlich kurz und beschränkt sich auf Partnersuche, Paarung und Eiablage. Mit dieser Lebensweise sind sie im ökologischen Sinne der Gewässerfauna zuzurech- nen. Hier haben sie oft sehr enge Bindungen an bestimmte Umweltqualitäten entwickelt. Ihr Vor- kommen bzw. Fehlen kann deshalb im Rahmen von Bioindikationssystemen zur Feststellung von Störungen des Sauerstoff- und Säurehaushaltes der Gewässer herangezogen werden. 2004 in Vorb., HOHMANN 2004 in Vorb., BRETTFELD & BELLSTEDT 2003), so dass nunmehr 66 Epheme- roptera und 55 Plecoptera aus Sachsen-Anhalt bekannt sind. Regionale Kenntnislücken bestehen vor allem bei den Ephemeroptera von Standge- wässern, für die im Gegensatz zu den Fließge- wässern im Rahmen des GÜSA (Gewässerüber- wachungsprogramm Sachsen-Anhalt) keine Un- tersuchungen des Makrozoobenthos durchgeführt wurden. Hier zogen und ziehen zudem meist an- dere, reicher vertretene Artengruppen wie Libel- len oder Wasserkäfer die Aufmerksamkeit der Faunisten auf sich. Die meisten Arten beider Ordnungen nutzen rasch strömende, gut belüftete Fließgewässer als Le- bensraum. Gleichwohl finden sich unter den Ephe- meroptera auch Arten, die langsam strömende oder Standgewässer bevorzugen. Die Dispersion ist über Abdrift und aktive Aufwanderung der Lar- ven sowie aktiven Flug und Windverfrachtung bei flugfähigen Imagines möglich. Jedoch sind insbesondere die Plecoptera als Gruppe mit sehr geringer Ausbreitungsenergie zu charakterisieren. Alle in naturnahen Gewässern vorhandenen Sub- strate mit Ausnahme von Faulschlamm und trei- bendem Feinsand werden von jeweils speziell angepassten Formen und/oder Entwicklungssta- dien besiedelt. Als Sekundärproduzenten sind beide Gruppen zumindest in der Oberen Forel- len- bis Äschenregion produktionsbiologisch re- levant, indem sie unter naturnahen Verhältnissen gemeinsam um 20-60 % der Biomasse des Mak- rozoobenthos stellen können. Dabei werden häu- fig Individuendichten in einem Bereich von ca. 5x102 bis 3x103 Tieren/m2 erreicht. Datengrundlagen Im Vergleich zur Situation bei Erscheinen der ers- ten Fassung der Roten Liste für Sachsen-Anhalt (REUSCH et al. 1993) hat sich die Datengrundlage durch intensivere Sammel- und Publikationstätig- keit quantitativ und qualitativ bedeutend verbes- sert. Zudem sind einige noch in der ersten Fas- sung berücksichtigte Arten ohne Beleg vom Lan- desgebiet oder wurden inzwischen revidiert. HOH- MANN & BÖHME (1999) stellten für das Land Sach- sen-Anhalt eine Checkliste der Ephemeroptera und Plecoptera auf. Seitdem ergaben sich einige Neunachweise und Ergänzungen (BÖHME et al. '& Abb. 1: Landschaftsgliederung Sachsen-Anhalt. In der Taxonomie wird bei den Plecoptera REUSCH & WEINZIERL (1999) gefolgt. Bei den Ephemeropte- ra liegt weitgehend die Deutschland-Liste von HAY- BACH & MALZACHER (2002) zugrunde. Lediglich bei der Gliederung der Heptageniidae auf generischem bzw. subgenerischem Niveau wird zugunsten der allgemein genutzten Gattungen auf die nicht un- umstrittene weitere Aufgliederung verzichtet. Funde aus dem Harz werden auch in dieser Ro- ten Liste wieder gemeinsam mit den Hügelland- funden denen aus dem Tiefland gegenüber- gestellt. Die Abgrenzung des Tieflandes vom Hü- gelland wurde aktualisiert (Abb. 1) und in der vor- liegenden Form auch der Roten Liste der Tricho- ptera zugrundegelegt (HOHMANN in diesem Heft). Gefährdungsursachen Tatsächliche und mögliche Gefährdungsursachen für merolimnische Insekten und ihre Lebensräu- me stellte WAGNER (1989) zusammen. Mit spezifi- schem Landesbezug wird dieser Problemkomplex in den regionalen Arten- und Biotopschutzpro- grammen (BÖHME 1997, KLEINSTEUBER 1998, TAP- PENBECK & BÖHME 1997, GOHR 2001) behandelt. Unbefriedigend ist hierbei, dass zwar etliche Stör- quellen und Belastungspfade benannt werden, deren lokale und zeitliche Relevanz jedoch kaum landesweit systematisch und quantitativ verfolgt werden kann. Hier fehlen bislang Untersuchun- gen mit klarem Bezug zu Gewässertyp, typspezi- fischer Taxozönose und Wiederbesiedlungspoten- zial, die aktuelle und realistische Be- und Entlas- tungsszenarien für Gewässer und Einzugsgebie- te berücksichtigen. Deshalb können in diesem Abschnitt nur Tendenzen aufgezeigt werden, die sich aus den Erfahrungen der Bearbeiter plausi- bel ableiten lassen. Seit der Bearbeitung der ersten Roten Liste der Ephemeroptera und Plecoptera traten z.T. erhebli- che Veränderungen der Gewässergütesituation auf. Die Belastung der Fließgewässer mit leicht abbaubaren organischen Stoffen ging landesweit zurück (MLU LSA 2002). Einleitungen von toxi- schen Produktionsrückständen und Industrieab- wässern reduzierten sich seit 1990 überwiegend durch Betriebsstilllegungen und -verkleinerungen sowie Neuerrichtung wesentlich ressourcenscho- nenderer Anlagen. Hingegen wird in der Landwirt- schaft nach wie vor intensiv mit Dünge- und Pflan- zenschutzmitteln gearbeitet, die sich zwangsläufig im Gewässernetz wiederfinden. Die anthropogene Aufsalzung einzelner Gewässersysteme ist insgesamt zurückgegangen, aber regional für ein- zelne Gewässerabschnitte im Saalegebiet immer noch ein bedeutendes Besiedlungshindernis und lokal (Untere Bode und Ohre) ein akuter Gefähr- dungsfaktor. Seit 1990 wird verstärkt über anthropogene Ver- sauerungserscheinungen in Bächen des östli- chen Hochharzes berichtet (GAHSCHE 1992, KAM- MERAD & TAPPENBECK 1995, LANGHEINRICH et al. 2002, STÖCKER 1991). Der Zeitraum des Erscheinens dieser Arbeiten ist jedoch auf die seit 1990 gege- bene allgemeine Zugänglichkeit des früheren Grenzgebietes und die seitdem uneingeschränk- te Publizität von augenscheinlichen Umweltbelas- tungen („Waldsterben“) zurückzuführen. Ähnliche Wirkungen sind für die immissionsbedingten Wald- schadensgebiete der Dübener Heide dokumen- tiert (MEY 1978). In Verbindung mit Nadelforst-Mo- nokulturen in den Einzugsgebieten bestehen er- hebliche und nur sehr langsam zu behebende Schädigungen von Gewässerchemismus und Bio- zönose. Als erst in den letzten Jahren vertieft untersuchte Stoffklasse sind die Rückstände von endokrin wir- kenden Arzneimitteln und Kontrazeptiva zu nen- nen (ARGE Elbe 2003, THALER 1998, UBA 1997). Diese belasten kommunale Abwässer und sind mit herkömmlicher Klärtechnik kaum zurückzuhalten. Begründete Hinweise auf Störungen der Gona- denentwicklung und des Vermehrungserfolges von aquatischen Tieren liegen zwar vor, jedoch ist die Relevanz dieses Wirkpfades für die beiden hier besprochenen Gruppen noch völlig ungeklärt. Die Strukturgüte zahlreicher Gewässer Sachsen- Anhalts steht derzeit in einem deutlichen Missver- hältnis zur erreichten Wasserqualität. Direkte Ver- luste von besiedelbaren Gewässern durch Ver- rohrung, Kanalisierung, Verlegung und Überstau waren seit Beginn der Industrialisierung bis 1990 quantitativ relevant. Die strukturell zerstörten Ge- wässer unterlagen oft gleichzeitig massiven Ein- trägen von Nähr- und Zehrstoffen, Industrie- und Agrarchemikalien. Im Einzelfall sind neue, direk- te Lebensraumverluste auch heute nicht ausge- schlossen. Allerdings haben sich die materiellen und rechtlichen Schwellen für derartige Eingriffe deutlich erhöht. Dies ist einerseits erfreulich, andererseits gelten diese aktuellen Restriktionen gleichermaßen für die Renaturierung und Auflas- sung von Gewässern zur natürlichen Eigendyna- mik. Daraus resultiert die nur punktuelle, zögerli- che bis halbherzige Aktivität der Unterhaltungs- und Ausbaupflichtigen bei der strukturellen Revi- talisierung des Gewässernetzes. Die qualitative Lebensraumentwertung durch Strukturverar- mung und Errichtung von Hindernissen (Quer- bauwerke, Stauanlagen usw.) ist im Nachhinein, anhand der Rest-Biozönose, oft nicht mehr von der Lebensraumentwertung durch Wasserver- schmutzung zu trennen. Nach erfolgreicher ab- wassertechnischer Sanierung manifestieren sich die strukturellen Defizite deutlicher, indem die Wiederbesiedlung solcher Gewässerabschnitte qualitativ eingeschränkt und/oder zeitlich stark ver- zögert wird. Störungen einzelner Gewässerstre- cken sind durch Reaktivierung und Neuerrichtung von Wasserkraftanlagen an den größeren Fließ- gewässern zu erwarten. Auch wenn sie auf bereits bestehende Staustufen beschränkt bleiben, so sind diese Projekte doch meist mit Stauzielerhö- hungen verbunden und beeinträchtigen damit den Fließgewässercharakter der Rückstaubereiche. Die Verdrängung des gewässerheimischen Ar- tenspektrums durch Neozoen ist vor allem in den Binnenwasserstraßen relevant. Hier sind in Deutschland mittlerweile mehr als 35 z.T. sehr kon- kurrenzstarke Fremdarten aus nahezu allen Erd- teilen heimisch geworden (TITTIZER et al. 2000). Konkurrenzeffekte bzw. die Blockierung entlas- tungsbedingt freiwerdender ökologischer Nischen für die heimische Fauna sind zumindest zu ver- '' 0 Eintagsfliegen Tiefland Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Bergland Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Steinfliegen Tiefland Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Bergland Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Eintagsfliegen Tiefland Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Bergland Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) Gefährdungskategorie R 1 2 3 Rote ListeGesamt 44 1236315 2,34,56,813,66,834,1 71331428 11,71,75,05,223,346,7 --42410 --22,211,122,255,5 4234821 7,73,85,87,715,440,4 Kategorien G DSonstige GesamtGesamt V-41544 -9,12,311,4-235 -3,35,08,3 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Eintags- und Steinfliegen Sachsen-Anhalts. 60 18 52 Tab. 2: Übersicht zur Einstu- fung in die sonstigen Kategori- en der Roten Liste. 60 Die Kategorie „V“ -Vorwarnliste- wurde nicht vergeben, da hierfür die Datengrundlage derzeit nicht ausreichend ist. muten (TITTIZER et al. 1990) und bedürfen näherer Untersuchung. Bei einer Erhebung an der Saale im Stadtgebiet von Halle im Jahr 2003 betrug der Anteil von Arten dieser Gruppe je nach Substrat zwischen 25 % und 90 % der Gesamtindividuen- zahl (BÖHME unveröff.). Die Reversibilität dieser Prozesse ist fraglich, da Invasionen von einmal erfolgreich angesiedelten Fremdarten (egal ob Tier oder Pflanze) bislang selbst unter Einsatz von nachträglich eingeführten Feinden und Parasiten sowie mit hartem Chemikalieneinsatz kaum zu beherrschen waren. Bestandsentwicklung Die Biozönosen der Berglandgewässer waren in ihrer Gesamtheit nie so flächendeckend geschä- digt wie die größeren Gewässer (Hyporhithrale und Potamale) im Hügel- und Tiefland. Demzu- folge ist der qualitative Sprung für die letztgenann- ten Gewässer um so größer, und hier fallen die früheren Verluste wie auch die Neu- bzw. Wieder- besiedlung durch anspruchsvollere Arten am meisten auf. Die Gruppe der typischen Unterlaufbewohner, die in den letzten Jahren wieder in z.T. erstaunlich hoher Individuendichte angetroffen werden konn- ten, umfasst u.a. die Ephemeroptera Baetis bu- ceratus, Heptagenia sulphurea, H. flava, H. coe- rulans, Oligoneuriella rhenana und Potamanthus luteus. Offenbar konnten kleine Restbestände aus einzelnen Zuflüssen von Elbe, Schwarzer Elster, Saale und Mulde die plötzlich verfügbaren freien  Nischen nutzen und sich zügig wiederausbreiten. Dem weiteren Vordringen dieser Arten in andere Zuflüsse stehen jedoch oft Besiedlungshindernis- se entgegen: Wanderungsbarrieren wie Wehre und Stauanlagen, naturfremde Ausbaustrecken mit ungeeigneten Substraten sowie Abschnitte mit noch unzureichender Wasserqualität. Zu den ersten in den größeren Tief- und Hügel- landgewässern wieder auftretenden Plecoptera gehört die euryöke Leuctra fusca. Von den eigent- lichen Fluss-Plecoptera sind Siphonoperla bur- meisteri und Marthamea vitripennis in Sachsen- Anhalt ausgestorben. Weitere Arten mit ähnlicher längszonaler Bindung kamen oder kommen in den Nachbarländern vor, ohne dass Altnachweise aus Sachsen-Anhalt vorliegen. Aus den ökologischen und biogeographischen Verhältnissen ist keine plausible Begründung derartiger Verbreitungslü- cken abzuleiten (ZWICK 1992) – es handelt sich wohl eher um historische Bearbeitungslücken. Deshalb dürfte das Spektrum unbemerkt ver- schwundener Arten also deutlich größer sein. Ei- ner Wiederbesiedlung durch diese Arten in abseh- barer Zeit stehen die großen Distanzen zwischen den in Mitteleuropa verbliebenen Restvorkommen und die geringe Dispersionskapazität der Plecop- tera entgegen. Immerhin lassen überraschende Neufunde von Brachyptera braueri (Plecoptera) in der Saale (BRETTFELD & BELLSTEDT 2003) hoffen, dass noch Restbestände vorhanden sind. Die Unterläufe der größeren Harzgewässer un- terlagen nach Eintritt in das Harzvorland ebenfalls

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