In Agrarlandschaften werden mit dem Ziel einer Ertragssteigerung Pestizide in Kulturpflanzen angewendet, um sogenannte Schadorganismen zu kontrollieren. Allerdings werden dabei zwangsweise auch Nicht-Zielarten gegenüber diesen Chemikalien exponiert. Blütenbesuchende Insekten (Flower-visiting insects (FVI)) stellen eine funktionelle Gruppe von Insekten dar, die auf Grund ihrer Mobilität und ihrer Fouragier-Aktivität sowohl auf behandelten Anbauflächen als auch auf benachbarten Flächen besonders gegenüber Pestiziden exponiert sind. Zudem wächst die Beweislast, dass FVI-Bestände weltweit abnehmen. Als einer der Gründe für diese Entwicklung wird der Einsatz von Pestiziden diskutiert. Blütenbesuchende Insektenarten tragen nicht nur zur Biodiversität und zum ästhetischen Wert einer Agrarlandschaft bei, sondern sind darüber hinaus auch wichtige Bestäuber von Kultur- und Wildpflanzen. Um den ökologischen Wert von Agrarökosystemen zu erhalten und eine stabile Bestäubung sicher zu stellen, sind daher sowohl eine Bewertung als auch ein Management des pestizidbedingten Risikos für diese Insektengruppe notwendig. In diesem Forschungs- und Entwicklungsprojekt haben wir die wissenschaftliche Literatur zu FVI bezogen auf ihre Ökologie, toxikologische Sensitivität und Exposition gegenüber Pflanzenschutzmitteln sowie auf potentielle Risikominderungsmaßnahmen betrachtet und analysiert. Durch den Vergleich des aktuellen Stands der Wissenschaft mit dem regulatorischen Status Quo konnten wir generelle Defizite in der aktuellen FVI-Risikobewertung aufzeigen. Zudem identifizierten wir relevante Insektengruppen innerhalb der FVIs und charakterisierten ihre Habitate. Die taxonomischen Gruppen wurden in ökologische Kategorien eingeteilt und ihre Vulnerabilität wurde anhand von ökologischen Merkmalsdaten beurteilt. Darauf aufbauend entwickelten wir Expositionsszenarien für FVI-Habitate, identifizierten expositionsrelevante Merkmale und fassten den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu Pestizidrückständen in FVI-Individuen und in ihren Habitaten zusammen. Außerdem stellten wir Abschätzungsmethoden für alle relevanten Expositionsszenarien und Nachweise für Effekte von Pflanzenschutzmitteln aus Studien mit unterschiedlicher Komplexität zusammen und beschrieben die Bandbreite der letalen und subletalen Effekte. Zudem wurden die Empfindlichkeiten von blütenbesuchenden Insektenarten gegenüber Pestiziden miteinander verglichen und es wurde eine Auswahl von möglichen Stellvertreterarten diskutiert. Anhand dieser Informationen wurden Empfehlungen für ein Risikobewertungsschema für FVIs abgeleitet. Zudem wurden mögliche Risikominderungsmaßnahmen zur Reduzierung der Exposition gegenüber Pestiziden und zur Förderung von FVI-Populationen in der Agrarlandschaft beschrieben und es wurden ihre Effektivität, ihre Durchführbarkeit und die Akzeptanz der Maßnahmen durch Landwirte beurteilt. Basierend auf dieser Analyse wurden Empfehlungen für die Weiterentwicklung von Risikomanagementmaßnahmen entwickelt. Zusätzlich wurde ein Überblick über Fördermöglichkeiten von Risikominderungsmaßnahmen zum einem auf EU-Ebene (z.B. im Rahmen des Greening-Programms) und zum anderen auf nationaler Ebene am Beispiel ausgewählter Agrar-Umwelt-Programme erstellt. Abschließend wurden bestehende Wissenslücken identifiziert und es wurden Vorschläge für weitere Forschung skizziert, die einen Beitrag zur Vertiefung unseres Verständnis der Effekte von Pestiziden auf FVIs und zur Verbesserung existierender regulatorischer Risikobewertungsverfahren leisten soll. Quelle: Forschungsbericht