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TerraChem Projekt

TerraChem will einen systemischen Ansatz zur Bewertung von Schadstoffrisiken für terrestrische Ökosysteme entwickeln. Monitoringdaten zu Chemikalien in Wildtieren und Umweltmodellierung sollen helfen, die Belastung durch anthropogene Chemikalien besser zu verstehen und so potenzielle negative Effekte auf Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen vorherzusagen sowie Regulatorik zu verbessern. Grundidee des TerraChem-Projektes Das übergeordnete Ziel von TerraChem ist es, einen neuartigen systemischen Ansatz zur Bewertung von Schadstoffrisiken auf terrestrische Ökosysteme zu entwickeln und zu erproben. Hierbei sollen analytische Ergebnisse zum Vorkommen von Chemikalien in Wildtieren und Umweltmodellierung kombiniert werden. Dies soll uns in die Lage versetzen, die Belastung (⁠ Exposition ⁠) von an Land lebenden Wildtieren gegenüber menschengemachten (anthropogenen) Chemikalien besser zu verstehen. Dadurch soll es dann möglich werden, potenzielle negative Effekte auf die terrestrische biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen vorhersagen zu können. Dieses Verständnis wird dabei helfen, eine realitätsnähere Umweltrisikobewertung von Chemikalien – insbesondere mit Blick auf die ⁠ Biodiversität ⁠ in terrestrischen Lebensräumen – zu realisieren. Nur mit einem verbesserten Verständnis über Exposition und Effekte können wir negativen Auswirkungen durch Chemikalien effektiv vorbeugen, um somit in Zukunft dem Nullschadstoff-Ziel der EU (Zero Pollution Action Plan - European Commission) näherzukommen. Zunehmender Verlust von Biodiversität? ⁠ Biodiversität ⁠ ist ein komplexer Sammelbegriff und beinhaltet verschiedene Ebenen biologischer Vielfalt . Hierzu zählen die genetische Vielfalt, die Artenvielfalt, die Diversität an Ökosystemen, die funktionale Diversität in Ökosystemen sowie die Diversität an „Dienstleistungen“ durch Ökosysteme (sogenannte Ecosystem Services). Der globale Biodiversitätsverlust ist, zusammen mit der Klimakrise und Umweltverschmutzung, eine der schwersten Umweltkrisen unserer Zeit (vgl. triple planetary crisis – United Nations ). Weltweit verzeichnen wir einen starken Rückgang an biologischer Vielfalt und den Zusammenbruch gesunder Ökosysteme. Der ⁠ Klimawandel ⁠ und die Zerstörung von Lebensräumen werden als die stärksten Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt angesehen. Allerdings gibt es auch zahlreiche Hinweise, dass die Freisetzung von Chemikalien eine große Rolle als Treiber für den Verlust der biologischen Vielfalt spielt (Henn et al. 2024; Groh et al. 2022). Die genaue Größenordnung des Einflusses von Chemikalien auf den Rückgang der Biodiversität ist jedoch noch unbekannt. Dies liegt unter anderem daran, dass, anders als bei Klimavariablen, nur sehr selten gleichzeitig Studien zur biologischen Vielfalt und zur Belastung mit Schadstoffen durchgeführt werden (nicht zuletzt, weil solche Analysen sehr zeitaufwändig und teuer sind). Des Weiteren sind Ökosysteme hoch komplex und unterliegen einer Vielzahl an Wechselwirkungen. Dies macht es schwierig eindeutige Zusammenhänge zwischen Ursache und Effekt (z.B. die Gründe für den Verlust einer Art an einem spezifischen Ort) herzustellen und erschwert somit kausale Aussagen darüber, wie hoch der Anteil von Chemikalien am Rückgang biologischer Vielfalt ist. Unumstritten ist jedoch, dass Chemikalien allgegenwärtig sind und das Potential haben sich sowohl direkt als auch indirekt negativ auf Biodiversität auszuwirken. Direkte negative Wirkungen können von toxischen Effekten von menschengemachten Chemikalien auf empfindliche Organismen ausgehen. Diese können so stark sein, dass sie potenziell zu deren Aussterben führen und damit die biologische Vielfalt verringern. Darüber hinaus können Chemikalien auch indirekt negativ wirken. Sie können Organismen schwächen, wodurch sie weniger tolerant oder empfindlicher gegenüber anderen Stressfaktoren werden (z.B. erhöhte Temperaturen bedingt durch den Klimawandel, andere menschliche Eingriffe in den natürlichen Lebensraum). Durch Chemikalieneintrag können somit anderweitige Stressfaktoren (menschengemachte oder natürliche) noch verschärft werden. Chemikalien haben entsprechend das Potenzial, einen erheblichen Druck auf die biologische Vielfalt auszuüben. Hierzu zählt die Verschmutzung durch ⁠ Pestizide ⁠, Pharmazeutika oder Substanzen aus Industrieprozessen und -produkten. Diese sogenannten „Novel Entities“, neuartige Stoffe, die in die Umwelt gelangen, gehen bereits über die planetaren Grenzen hinaus und übersteigen die bisherigen Möglichkeiten in der Sicherheitsbewertungen und im ⁠ Monitoring ⁠ (Persson et al. 2022). Auf der Grundlage dieses Verständnisses hat die Europäischen Kommission die EU Biodiversitätsstrategie und den Zero Pollution Action Plan initiiert. Speziell wurde auch eine Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit entworfen. Allerdings besteht auch hier weiterhin ein starker Fokus auf landwirtschaftlich genutzte Pestizide. So formuliert die Biodiversitätsstrategie in Bezug auf Chemikalien nur auf Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung durch Pestizide und blendet andere Anwendungen von Chemikalien aus. Obwohl Pestizide zweifellos wichtig sind, sind sie bei weitem nicht die einzige Gruppe von anthropogenen Chemikalien, die Organismen oder Ökosysteme beinträchtigen können. Auch andere Substanzen können toxische, persistente (kaum abbaubar in Umwelt) oder hormonschädigende Eigenschaften besitzen. Anlass zur Sorge geben beispielsweise auch Schwermetalle, flüchtige Luftschadstoffe, polyaromatische Kohlenwasserstoffe, Per- und Polyfluoralkylsubstanzen und andere Industriechemikalien wie polychlorierte Biphenyle oder Arzneimittel. Der voranschreitende Verlust an Biodiversität und der gleichzeitig steigende Eintrag von toxischen Substanzen in die Umwelt verdeutlichen den Bedarf, das gegenwärtige europäische Chemikalienmanagement für verschiedene Anwendungen kritisch zu prüfen und nach Wegen zu suchen, über verbesserte Methoden und regulatorische Ansätze Biodiversitätsverlust und Verschmutzungen vorzubeugen. Bisher existieren jedoch noch zu wenige Studien, die solche Effekte überhaupt untersucht und somit nachgewiesen haben. Hier müssen wesentliche Wissenslücken endlich geschlossen werden. Weiterführende Literatur: Groh, K., vom Berg, C., Schirmer, K., Tlili, A., 2022. Anthropogenic Chemicals As Underestimated Drivers of Biodiversity Loss: Scientific and Societal Implications. Environ. Sci. Technol. 56, 707–710. https://doi.org/10.1021/acs.est.1c08399 Grunewald, K., Bastian, O. 2023, ⁠ Ökosystemleistungen ⁠: Konzept, Methoden, Bewertungs- und Steuerungsansätze, 2. Aufl., Springer. Henn, E.V., Neubauer, M., Hodapp, D., Hepach, H., Hillebrand, H., Marquard, E., Seppelt, R., Settele, J., 2024. Perspektiven eines politikplanenden Biodiversitätsschutzgesetzes: Rechtsrahmen, Ausgestaltung und Forschungsbedarf. NuR. 46, 234–242. IPBES secretariat, 2019. Global assessment report of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. Brondízio, E., Settele, J., Díaz, S., Ngo, H.T. (Eds.). https://zenodo.org/record/6417333#.Yn4DWd-xXmE 2019. TerraChem: neuer Fokus auf terrestrische Biodiversität in der Chemikalienregulation Das EU-Projekt TerraChem nimmt sich der Problematik an, dass ⁠ Biodiversität ⁠, vor allem die terrestrische Biodiversität, innerhalb der europäischen Chemikalienregulation nicht bis kaum in der Umweltrisikobewertung (engl. environmental risk assessment - ERA) und dem Chemikalienmanagement berücksichtigt wird. Durch die bisher praktizierte Form der ERA kommt es zu einer potenziellen Risikounterschätzung, was die terrestrische biologische Vielfalt betrifft. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen basieren die gegenwärtigen ERAs von Chemikalien auf Laborstudien einzelner Arten, von denen dann auf ganze Populationen oder gar Ökosysteme rückgeschlossen wird. Diese Laborstudien bilden nur kurzfristige Effekte ab und nutzen zudem häufig Stellvertreterarten aus aquatischen Kompartimenten (aquatische Trias - Alge, Daphnie und Fisch). Landbasierte Kompartimente bleiben im bisherigen Vorgehen, außer bei der Regulation von Pestiziden, unterbeleuchtet, genauso wie langfristige oder indirekte Effekte durch die ⁠ Exposition ⁠ von Biota und Ökosystemen oder auch Mischungseffekte durch diverse Stoffeinträge. Bisher besteht auch noch kein Abgleich zwischen den berechneten Risikobewertungen und der dann realen Situation im Feld. Potenziale zur Verbindung prospektiver und retrospektiver Risikobewertung bleiben so ungenutzt. Die Problematik hängt u.a. auch mit fehlenden spezifischen Schutzzielen bzgl. Biodiversität in den einzelnen Verordnungen zusammen. Und selbst wenn Biodiversität als Schutzgut benannt wird, wie etwa bei den Pflanzenschutzmitteln (vgl. Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 – EUR-Lex ) und Bioziden (vgl. Verordnung (EU) Nr. 528/2012 – EUR-Lex ), bleibt der Begriff aber gesetzlich weithin unbestimmt. Daher kam es bisher zu keiner Integrierung in entsprechende Risikobewertungspraktiken oder entsprechende Risikomanagementmaßnahmen. Biodiversität bleibt so aus regulatorischer Perspektive ein blinder Fleck. Weiterführende Literatur: Brown, AR., Whale, G., Jackson, M. et al 2017. Toward the defnition of specifc protection goals for the environmental risk assessment of chemicals: a perspective on environmental regulation in Europe: defning Environmental protection goals for chemicals. Integr Environ Assess Manag 13, 17–37. https://doi.org/10.1002/ieam.1797 Fritsch, C., Berny, P., Crouzet, O., Le Perchec, S., Coeurdassier, M., 2024. Wildlife ecotoxicology of plant protection products: knowns and unknowns about the impacts of currently used pesticides on terrestrial vertebrate biodiversity. Environ Sci Pollut Res. https://doi.org/10.1007/s11356-024-33026-1 Johnson, T.F., Beckerman, A.P., Childs, D.Z., Webb, T.J., Evans, K.L., Griffiths, C.A., Capdevila, P., Clements, C.F., Besson, M., Gregory, R.D., Thomas, G.H., Delmas, E., Freckleton, R.P., 2024. Revealing uncertainty in the status of biodiversity change. Nature 628, 788–794. https://doi.org/10.1038/s41586-024-07236-z Mueller, L.K., Ågerstrand, M., Backhaus, T., Diamond, M., Erdelen, W.R., Evers, D., Groh, K.J., Scheringer, M., Sigmund, G., Wang, Z., Schäffer, A., 2023. Policy options to account for multiple chemical pollutants threatening biodiversity. Environ. Sci.: Adv. 2, 151–161. https://doi.org/10.1039/D2VA00257D Sample, B.E., Johnson, M.S., Hull, R.N., Kapustka, L., Landis, W.G., Murphy, C.A., Sorensen, M., Mann, G., Gust, K.A., Mayfield, D.B., Ludwigs, J.-D., Munns Jr., W.R., 2024. Key challenges and developments in wildlife ecological risk assessment: Problem formulation. Integrated Environmental Assessment and Management 20, 658–673. https://doi.org/10.1002/ieam.4710 Sigmund, G., Ågerstrand, M., Antonelli, A., Backhaus, T., Brodin, T., Diamond, M.L., Erdelen, W.R., Evers, D.C., Hofmann, T., Hueffer, T., Lai, A., Torres, J.P.M., Mueller, L., Perrigo, A.L., Rillig, M.C., Schaeffer, A., Scheringer, M., Schirmer, K., Tlili, A., Soehl, A., Triebskorn, R., Vlahos, P., vom Berg, C., Wang, Z., Groh, K.J., 2023. Addressing chemical pollution in biodiversity research. Global Change Biology 29, 3240–3255. https://doi.org/10.1111/gcb.16689 Sylvester, F., Weichert, F.G., Lozano, V.L., Groh, K.J., Bálint, M., Baumann, L., Bässler, C., Brack, W., Brandl, B., Curtius, J., Dierkes, P., Döll, P., Ebersberger, I., Fragkostefanakis, S., Helfrich, E.J.N., Hickler, T., Johann, S., Jourdan, J., Klimpel, S., Kminek, H., Liquin, F., Möllendorf, D., Mueller, T., Oehlmann, J., Ottermanns, R., Pauls, S.U., Piepenbring, M., Pfefferle, J., Schenk, G.J., Scheepens, J.F., Scheringer, M., Schiwy, S., Schlottmann, A., Schneider, F., Schulte, L.M., Schulze-Sylvester, M., Stelzer, E., Strobl, F., Sundermann, A., Tockner, K., Tröger, T., Vilcinskas, A., Völker, C., Winkelmann, R., Hollert, H., 2023. Better integration of chemical pollution research will further our understanding of biodiversity loss. Nat Ecol Evol 1–4. https://doi.org/10.1038/s41559-023-02117-6 Beitrag TerraChem Das größte Problem im Zusammenhang einer realitätsnäheren Risikobewertung und entsprechendem Risikomanagement von Chemikalienexposition sind fehlende Daten und Methoden zu deren Einordnung. Innerhalb unterschiedlicher Arbeitspakete innerhalb des TerraChem Projektes soll dieses Problem nun angegangen werden. Im Arbeitspaket 1 zum Thema „Monitoring der Chemikalienexposition und der Auswirkungen von Gemischen in realen terrestrischen Nahrungsketten“ sollen zum Beispiel Fallstudien durchgeführt werden, bei denen sieben Nahrungsketten in verschiedenen europäischen Ländern in repräsentativen terrestrischen Ökosystemen beprobt werden. Die generierten Daten sollen dann genutzt werden, um Expositionswege gegenüber Chemikalien in der Tierwelt nachzuzeichnen, einschließlich des trophischen Transfers innerhalb ausgewählter Nahrungsketten (vom Boden über Pflanzen, Primär- und Sekundärkonsumenten bis hin zu Apex-Arten). Arbeitspaket 2 arbeitet an verschiedenen „Modellierungen der Pfade von der chemischen Schadstoffquelle bis zur Schädigung in terrestrischen Ökosystemen (Rezeptor)“. Dabei sollen Auswirkungen (ökotoxikologische und anderweitige negative Effekte) auf verschiedene Dimensionen von ⁠ Biodiversität ⁠ modelliert werden: negative Effekte auf die genetische Vielfalt, die Artenvielfalt, funktionelle Vielfalt sowie Einflüsse auf Ökosystemdienstleistungen. Die Ergebnisse dieser beiden Arbeitspakete sollen für die Regulatorik entsprechend aufgegriffen werden und die Überarbeitung gegenwärtiger regulatorischer Instrumente und Praktiken informieren. Eine Aufgabe die dann durch das ⁠ UBA ⁠ in WP3 durchgeführt wird. Spezieller Beitrag des Umweltbundesamtes Das Umweltbundesamt ist in forschender Tätigkeit an TerraChem beteiligt. Das Fachgebiet IV 2.3 leitet das 3. Arbeitspaket in TerraChem zur „Vorbeugung und Abschwächung chemischer Einflüsse auf terrestrische Ökosysteme“. Forscherinnen und Forscher des ⁠ UBA ⁠ werden in enger Kooperation mit der FH Technikum Wien in Österreich in diesem AP aus regulatorischer Perspektive ein neues Priorisierungsschema für eine gefahren- und risikobasierte Identifikation und Priorisierung biodiversitätsgefährdender Stoffe entwickeln. Dieses Schema soll verschiedene empirische Nachweise (Evidenzlinien) zu Effekten von Chemikalien auf molekularer, Organismen-, Populations- und Ökosystemebene einbeziehen und integrieren. Zum Teil basieren diese Nachweise auf KI-gestützten Modellen. Künstliche Intelligenz in Verbindung mit hohen Rechenkapazitäten ermöglicht ein tieferes Verständnis der Wechselwirkungen in Ökosystemen und Nahrungsnetzen, die für die Charakterisierung indirekter Auswirkungen von entscheidender Bedeutung sind. Daneben sollen auch neue Indikatoren für die Effekte von Chemikalien auf die genetische und funktionelle Diversität (aus dem WP2) integriert werden. Die Zusammenführung dieser Erkenntnisse in einem Schema erlaubt dann eine Liste von Stoffen zu generieren, die im Verdacht stehen Ökosysteme zu schädigen und die im Rahmen von europaweiten Monitoringprogrammen fokussiert werden sollten, um ihre Effekte konkret zu bestimmen. Daneben werden gegenwärtige Praktiken der Umweltrisikobewertung auf seine blinden Flecken hinsichtlich der ⁠ Biodiversität ⁠ untersucht und sowohl für die Risikobewertung als auch die Risikomanagementsysteme und -maßnahmen der verschiedenen europäischen Chemikalienregulationen und -gesetzgebungen Verbesserungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Weitere Information zum Projekt finden Sie unter: TerraChem Project Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich gerne an: Dörte Themann (doerte.themann(at)uba.de) Weiterführende Publikationen Using environmental monitoring data from apex predators for chemicals management. Towards better use of monitoring data from apex predators in support of prioritisation and risk assessment of chemicals in Europe. Treu et al. 2022: https://www.norman-network.com/sites/default/files/files/Publications/s12302-022-00665-5.pdf Using environmental monitoring data from apex predators for chemicals management. Towards harmonised sampling and processing of archived wildlife samples to increase the regulatory uptake of monitoring data in chemicals management. Badry et al. 2022: https://enveurope.springeropen.com/counter/pdf/10.1186/s12302-022-00664-6.pdf Addressing chemical pollution in biodiversity research. Sigmund et al. 2023: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/gcb.16689

EU plant Beschränkung der Verwendung von Mikroplastik ab 2022

Mikroplastik wird in der Umwelt immer häufiger nachgewiesen. Grund ist die schlechte Abbaubarkeit der eingesetzten Kunststoffe. Langfristige Effekte auf Umweltorganismen können noch nicht abgeschätzt werden. Deshalb muss der Eintrag von Mikroplastik verringert werden. Die Europäische Chemikalienbehörde hat jetzt einen Vorschlag zur Beschränkung der Verwendung von Mikroplastik veröffentlicht. Kunststoffe gehören seit einigen Jahrzehnten zu den wirtschaftlich und technisch wichtigsten Materialien und werden in fast allen Bereichen des täglichen Lebens verwendet. Die jährliche Kunststoffproduktion allein in der EU erreicht 25 Millionen Tonnen pro Jahr (Quelle: „the problem with microplastics“; ECHA (2019) ). Hergestellt werden nicht nur Erzeugnisse wie Kunststoffflaschen oder Kunststoffgehäuse für Haushaltsgeräte, sondern auch kleinste Partikel, die z.B. aufgrund ihrer abschabenden Wirkung in Polituren oder Körperpflegemitteln Anwendung finden. Auswirkungen des Eintrags von Kunststoffen in die Umwelt Die aus technischer Sicht hervorragenden Eigenschaften von Kunststoffen haben jedoch nicht nur positive Auswirkungen. Kunststoffe sind nachweislich sehr langlebig, wenn sie in die Umwelt freigesetzt werden, und können auch negative Auswirkungen auf Organismen haben. Regelmäßig wiederkehrende Bilder von verendeten Meerestieren, in deren Mägen Kunststofferzeugnisse gefunden werden, weil diese versehentlich für Nahrung gehalten werden, sind der Beweis. Ein weiteres, in der Forschung noch verhältnismäßig junges Problemfeld ist die Verschmutzung der Meere durch sogenannte Mikrokunststoffe. Diese werden manchen Produkten absichtlich zugesetzt oder entstehen in der Umwelt durch mechanische Zerkleinerung größerer Kunststoffteile, aber auch durch biologische und chemisch-physikalische Abbauprozesse. Die Wirkungen dieser Mikrokunststoffe auf Meeresorganismen werden zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gänzlich verstanden und sind Gegenstand einer Vielzahl von Forschungsvorhaben. Bereits jetzt werden in einzelnen Küstenregionen große Mengen von kleinen und kleinsten Kunststoffpartikeln gefunden und Auswirkungen auf die Meeresfauna sind nachgewiesen. In der öffentlichen Diskussion weitgehend unberücksichtigt sind bisher die Einträge von Mikrokunststoffen in Binnengewässer und in den Boden. Diese resultieren vor allem aus Reifenabrieb, aber auch aus absichtlich zugesetzten Mikrokunststoffen in Produkten wie z.B. Kosmetika, Wasch- und Pflegemittel, Farben und Lacke, Baumaterialien oder Arzneimittel. Diese Mikrokunststoffe können vor allem über das Abwasser und Klärschlamm in die Umwelt gelangen und sich dort aufgrund ihrer Langlebigkeit anreichern. Die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft (Düngemittel) führt zur Ausbringung eines Großteils der absichtlich zugesetzten Mikrokunststoffe in den Boden, wo sich die Partikel anreichern. Welche Auswirkungen sich daraus langfristig auf die Nahrungsnetze und letztlich auch auf den Menschen ergeben, ist bisher noch nicht absehbar und ebenfalls Gegenstand von Forschungsvorhaben. Regulierung der Verwendung von Mikroplastik Aus Gründen der Vorsorge und der Risikominimierung haben einige EU-Mitgliedsstaaten bereits auf nationaler Ebene Maßnahmen zur Regulierung der Verwendung von Mikrokunststoff getroffen. Im Auftrag der EU-Kommission hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) die Vielfalt der Mikrokunststoffe untersucht, sowie die zunehmenden Trends ihrer Freisetzung in die Umwelt und deren Folgen. Die Bewertung der Gesundheits- und Umweltrisiken durch die ECHA hat zu einem EU-weiten Beschränkungsvorschlag für absichtlich zugesetzte Mikrokunststoffe geführt, der vor Kurzem veröffentlicht wurde. In den Regelungsbereich dieser geplanten Beschränkung fallen Kunststoffpartikel, die einen Durchmesser von ≤ 5 mm besitzen bzw. Kunststofffasern, die eine Länge von ≤ 15 mm besitzen. Diese sind von der Beschränkung betroffen, wenn sie Produkten für den gewerblichen oder den Verbraucherbereich zugesetzt werden. Die Beschränkung würde ab Inkrafttreten über einen Zeitraum von 6 Jahren spezifische Produktgruppen, die Mikroplastik enthalten, schrittweise verbieten. Die ECHA geht davon aus, dass der Beschränkungsvorschlag bei Verabschiedung in seiner jetzigen Form die Belastung der Umwelt mit Mikrokunststoffen über einen Zeitraum von 20 Jahren um etwa 400 000 Tonnen verringern könnte. Die sozioökonomischen Auswirkungen auf die Industrie wurden in dem Vorschlag berücksichtigt.  Die geplante Beschränkung ist Teil der Anfang 2018 bekannt gegebenen EU-Kunststoffstrategie, die unter anderem darauf abzielt, Kunststoffabfälle zu reduzieren, Kunststoff-Recycling und biologisch abbaubare Kunststoffe zu fördern und die Freisetzung von Kunststoffen in die Umwelt zu reduzieren. Weitere Schritte auf dem Weg zur Beschränkung Als nächste Schritte auf dem Weg zur Umsetzung des Beschränkungsvorschlags prüfen die Ausschüsse für Risikobewertung (RAC) und sozioökonomische Analyse (SEAC) die von der ECHA eingereichten Unterlagen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, im Rahmen von öffentlichen Konsultationen weitere Informationen zu Eigenschaften von Mikrokunststoffen, deren Alternativen und zu potenziellen Folgen der Beschränkung für einzelne Anwendergruppen einzureichen. Das Umweltbundesamt begrüßt grundsätzlich den Beschränkungsvorschlag und prüft derzeit die Einzelheiten des Vorschlags und des Berichts der ECHA. Das Ergebnis dieser Prüfung geht in die deutsche Stellungnahme zu dem Vorschlag ein. Der Stand des Verfahrens kann auf der Web-Seite der ECHA eingesehen werden.

Sonderheft „Human Biomonitoring 2016“ erschienen

Das Sonderheft „Human Biomonitoring 2016“ ist erschienen. Insgesamt 34 Beiträge stellen den aktuellen Stand des weltweiten Human-Biomonitorings (HBM) dar und befassen sich mit wissenschaftlichen, politisch-strategischen, europäischen und globalen Aspekten des HBM. Alle Artikel sind nun ein Jahr lang im Open-Access online frei verfügbar. Das Sonderheft „Human Biomonitoring 2016“, Volume 220/2 Part A der Zeitschrift International Journal of Hygiene and Environmental Health basiert auf den Beiträgen der 2. Internationalen Human-Biomonitoring-Konferenz, Berlin 2016, die unter dem Motto „Wissenschaft und Politik für eine gesunde Zukunft“  gemeinsam vom Umweltbundesamt und dem Bundesumweltministerium durchgeführt wurde. Neben Erkenntnissen aus weltweit bedeutsamen Human-Biomonitoring (HBM) Programmen befassen sich weitere Artikel mit der Entwicklung innovativer HBM-Methoden, dem Einsatz des HBM als Instrument der gesundheitlichen Risikobewertung sowie der europaweiten und internationalen Harmonisierung von HBM-Methoden und Daten. Im HBM-Konferenzbericht werden außerdem die Bedeutung des HBM als einem zentralen Informations- und Kontrollinstrument des gesundheitsbezogenen Umweltschutzes hervorgehoben. Die Titel einiger Artikel seien stellvertretend genannt: An overview of human biomonitoring of environmental chemicals in the Canadian Health Measures Survey: 2007-2019 Human biomonitoring as a tool to support chemicals regulation in the European Union New specific and sensitive biomonitoring methods for chemicals of emerging health relevance The exposome in practice: Design of the EXPOsOMICS project New HBM values for emerging substances, inventory of reference and HBM values in force and working principles of the German Human Biomonitoring Commission Cumulative effects of antiandrogenic chemical mixtures and their relevance to human health risk assessment Die insgesamt 34 Artikel sind nun ein Jahr lang im Open-Access online frei verfügbar.

REACH - Überprüfung 2012 - Begleitung der Erarbeitung einer deutschen Position

Aus Anlass der Überprüfung der europäischen Chemikalienverordnung REACH durch die EU-Kommission wurde ein UFOPLAN-Projekt durchgeführt, um den Prozess aus deutscher Sicht zu begleiten. Unter Projektleitung der national zuständigen Bundesstelle für Chemikalien wurden die diesbezüglichen Dokumente der EU-Kommission analysiert, ein nationaler REACH-Kongress durchgeführt und die Ergebnisse einer öffentlichen Online-Befragung bewertet. Der Abschlussbericht des Forschungsnehmers, der ÖKOPOL GmbH, steht nun zur Verfügung.

Globalansatz zum weiteren Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene zur Umsetzung der 'Neuen EU-Chemikalienpolitik', Teilvorhaben: Guidance Document für Hersteller, Importeure und Stoffanwender zur Auswahl von geeigneten Risikominderungsmassnahmen (in 2005)

A) Problemstellung: Die KOM hat am 29. Oktober 2003 nach mehrjähriger Vorbereitungszeit den Entwurf einer EG-Verordnung zur Neuordnung des Chemikalienrechts verabschiedet. Wesentlicher Inhalt ist die Einführung eines einheitlichen Systems zur Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien (REACH), REACH erfordert ein bisher in der Chemikalienregulierung nicht gekanntes Maß an Eigenverantwortung innerhalb der Chemieindustrie und ihrer nachgeordneten Branchen und verändert die bisherige Rollenverteilung zwischen den Behörden und der Industrie erheblich. Für die Minderung von stofflichen Risiken ergeben sich aus der Neuordnung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben eine Reihe von Fragen. Die Umsetzung der REACH-Vorgaben erfordert Arbeitshilfen für die Hersteller und Stoffanwender, die Antworten und Lösungsvorschläge für die zum Teil sehr offenen und allgemeinen Anforderungen von REACH geben. In Art. 13 (6) werden Risikominderungsmaßnahmen (RMM) als Teil der Stoffsicherheitsberichte erwähnt. Hierzu heißt es: 'Die Hersteller und Importeure ermitteln und treffen die geeigneten Maßnahmen zur angemessenen Kontrolle der Risiken...' Es gibt bislang keine Hilfestellung für die Industrie, wie diese Vorgaben auf konkrete Entscheidungsfragen bei der Abwägung von Alternativen und der Auswahl von RMM anzuwenden sind. Weder ist hinreichend klar, was geeignete Maßnahmen sind, noch was eine angemessene Kontrolle der Risiken beinhaltet. B) Ziel und Handlungsbedarf (BMU; ggf. auch BfS, BfN oder UBA: Ziel der Studie ist zu klären, worauf Entscheidungen zur Risikominderung aufbauen können und wo noch Entwicklungsbedarf ist bzw. Lücken und Inkonsistenzen bestehen. Auf dieser Grundlage werden Arbeitshilfen und Leitfäden für die Industrie geplant und erstellt werden.

Rechtsgutachten: Schnittstellenprobleme zwischen gemeinschaftlichem Stoffrecht und anderem sektoralen Umweltrecht ( Umsetzungshemmnisse bei der Risikominderung von Altstoffen nach 793/93/EG - 'Instrumentenlücke' )

Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Umweltwirkungen. Die dabei erzielten Ergebnisse - vor allem was die Berücksichtigung der stoffrechtlich ermittelten Wirkungsschwellen für den Vollzug anderer Regelwerke angeht2 - lassen sich jedoch weitgehend auch auf den Bereich stoffbezogener Gesundheitswirkungen übertragen.Der dieser Studie vorangegangenen Ausschreibung des Umweltbundesamtes liegt die These zugrunde, mit dem bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Rahmen sei dies nicht adäquat möglich (These von der Instrumentenlücke). Das vorliegende Gutachten geht vor diesem Hintergrund der Frage nach, ob für die Realisierung der altstoffrechtlichen Risikominderungsstrategie auf EG-Ebene ein umsetzungstaugliches rechtliches und administratives Instrumentarium vorhanden ist.Ausgangspunkt der Betrachtung ist das bestehende EG-Altstoffrecht: Auf der Grundlage des EG-Chemikalienrechts sind hier in erster Linie Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung möglich. Für andere stoffinduzierte Risiken, wie sie etwa bei der Herstellung und Weiterverarbeitung der Substanzen entstehen können, gibt es dagegen im EG-Chemikalienrecht bislang keine Handlungsmöglichkeiten. Dies bedeutet aber nicht, dass es für diesen Belastungspfad an gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben vollständig fehlen würde. Vielmehr sind hier etwa die Instrumentarien des gemeinschaftlichen Industrieanlagenrechts (IVU-Richtlinie in Verbindung u.a. mit Luftqualitäts-Standards) oder das EG-Wasserrecht (Wasserrahmen- Richtlinie und weitere Rechtsakte) einschlägig. Neben diesen anlagen- bzw. medienbezogenen Ansätzen gibt es auf EG-Ebene durchaus auch spezifische stoffbzw. stoffgruppenbezogene Regelungen - etwa für flüchtige organische Verbindungen (VOC-Richtlinie). Zu klären ist daher, wie die Schnittstellen zwischen dem EG-Chemikalienrecht und den übrigen sektoralen Regelungen ausgestaltet sind, in deren Anwendungsbereich diejenigen Minderungsmaßnahmen fallen, die nicht auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Chemikalienrechts umzusetzen sind.

Regulative Vorsorgepolitik in ihren Wirkungen auf Innovationen zum nachhaltigen Wirtschaften - am Beispiel der Chemikalienregulierung (Teilprojekte Oekonomie und Soziologie)

1. Das vorliegende Verbundprojekt des UFZ-Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle und der Universitaet Bremen befasst sich mit der Regulierung von Gefahrstoffen. Aus naturwissenschaftlicher, oekonomischer, soziologischer und juristischer Sicht soll untersucht werden, welche Wirkungen die jetzige - aber auch eine modifizierte - Chemikalienregulierung in Bezug auf 'Innovationen zum nachhaltigen Wirtschaften' hat. Als solche Innovationen werden alle Neuerungen angesehen, die einen Beitrag zur Minderung der Zielkonflikte zwischen den einzelnen Nachhaltigkeitsdimensionen leisten. 2. Das Forschungsprojekt gliedert sich in jeweils halbjaehrliche Arbeitsphasen: (1) Beschreibung des jetzigen Regulierungsregimes, (2) Pruefung von dessen Effektivitaet, (3) Analyse von dessen Beitrag zu 'Innovationen zum nachhaltigen Wirtschaften', (4) Ausarbeitung von Reformvorschlaegen. 3. Die mit Praktikern abgeklaerten Forschungsergebnisse duerften eine Basis fuer die Weiterentwicklung der Chemikalienregulierung ergeben.

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