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Triturus cristatus (Laurenti, 1768) Kammmolch Amphibien Gefährdet

Der Anteil Deutschlands am Weltareal der Art liegt unter Berücksichtigung der dünnen Besiedlung im flächenanteilmäßig großen Osten des Areals (Kuzmin 2001) zwischen 10 und 30 %; zugleich gehören die deutschen Vorkommen zum Arealzentrum. Deutschland ist deshalb für die weltweite Erhaltung des Kammmolchs in hohem Maße verantwortlich. Obwohl Deutschland im Arealzentrum liegt, kommt der Kammmolch im Bezugsraum nicht flächendeckend vor. Die Schwerpunktvorkommen liegen in der planaren und collinen Höhenstufe Deutschlands. In den Mittelgebirgslandschaften dünnen die Populationen stark aus und die Art erreicht bei ca. 1.000 m ü. NHN ihre Höhenverbreitungsgrenze. Die Rasterfrequenz des Kammmolchs auf der Ebene TK25-Q beträgt für den Zeitraum von 2000 bis 2018 33,35 %. Damit liegt der Kammmolch im oberen Bereich der mäßig häufigen Arten. In den Roten Listen der Bundesländer wird die Art in den Tiefländern als „Gefährdet“ bzw. als Art der „Vorwarnliste“ geführt. In den Roten Listen der Mittelgebirgsländer wird die Art hingegen einheitlich als „Stark gefährdet“ eingestuft. Der langfristige Bestandstrend wird bundesweit als starker Rückgang eingestuft. Ursachen sind der Verlust geeigneter Laichgewässer bzw. die Entwertung geeigneter Gewässertypen wie Weiher und andere Flachgewässer, vor allem durch Fischbesatz. Beim kurzfristigen Bestandstrend wird aufgrund der anhaltenden Gefährdungsursachen (insbesondere dem Fischbesatz) in Deutschland von einer mäßigen Abnahme ausgegangen. Als Ergebnis der Gefährdungsanalyse wird der Kammmolch damit als „Gefährdet“ eingestuft. Gegenüber der letzten RL-Einstufung von 2009 („Vorwarnliste“) kommt es zu einer Verschlechterung der Rote-Liste-Kategorie – die Art wird nun als „Gefährdet“ eingestuft. Der Hauptgrund dafür ist der Kenntniszuwachs hinsichtlich der aktuellen Bestandssituation (siehe Abschnitt „Zusätzlicher Hinweis“), nach der die Art nicht mehr wie 2009 in der Kriterienklasse „häufig“, sondern als „mäßig häufig“ geführt wird. Die Bestandstrends haben sich nicht verändert. Die wichtigsten Gefährdungsursachen für den Kammmolch sind: Im Bereich der Laichgewässer wirken sich vor allem der fortgesetzte Totalverlust oder die Entwertung geeigneter Gewässertypen wie Weiher und Flachgewässer negativ auf die Bestände aus, insbesondere durch Melioration, Sukzession, Beschattung, Verfüllung, zu frühzeitiges und mehrjähriges Trockenfallen aufgrund des Klimawandels sowie das Einbringen von Fischen (selbst in Tümpel) und die stärkere Gewässerbelastung durch Eutrophierung; im Landlebensraum fehlen zunehmend naturnahe Bereiche, wie großflächig extensiv genutzte, kleinstrukturierte und heckenreiche von Wiesen und Weiden geprägte Landschaften mit hohen Grundwasserständen, Ruderalflächen und Ackerbrachen; Vorkommen in Sekundärhabitaten (z. B. Kies- und Tongruben) sind meist stark voneinander isoliert (fehlende Vernetzung); werden Vorkommen oder Teilhabitate durch Straßen getrennt, kommt es häufig zur Gefährdung wandernder Tiere durch den Verkehr; eine weitere Gefährdung der Art könnte vom sich ausbreitenden Chytridpilz Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) ausgehen. Wichtig ist neben dem großflächigen Schutz von Land- und Wasserlebensräumen im Rahmen der Natura-2000-Gebiete auch der Populationsschutz in der „Normallandschaft“ außerhalb der FFH-Gebietskulisse. Besondere Aufmerksamkeit muss dabei auf die Einbindung der in der umgebenden Agrarlandschaft vorhandenen Gewässer gelegt werden. Die Erreichbarkeit von Gehölzbeständen, die wichtige Land- und Überwinterungshabitate sind, muss gesichert sein. Wichtig ist zudem die Anlage von bandförmigen Biotoptypen wie Hecken mit begleitenden Rainen oder Brachestreifen. Gleiches gilt für die Vernetzung mit anderen besiedelten oder neu angelegten Gewässerstandorten. Die Neu- oder Wiederanlage geeigneter, sonnenexponiert liegender Laichgewässer mit üppiger Unterwasservegetation (ohne Fischbesatz) und reich strukturierten Landlebensräumen im direkten Umfeld ist elementar. Diese Habitate sollten in nicht zu großer Entfernung (max. 500 m) zu bestehenden Vorkommen angelegt werden, damit die Vernetzung gefördert wird. Als Beispiele und Finanzierungsinstrument sind hier LIFE-Projekte (L’Instrument Financier pour l’Environnement) zu nennen. Zusätzlicher Hinweis: Durch die Aufnahme in die Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie der Europäischen Union hat die Art eine erhöhte Aufmerksamkeit erhalten. Dadurch sowie durch eine verbesserte Erfassungsmethodik (Wasserfallen) konnte der Erkenntnisgewinn (bzgl. der Nachweishäufigkeit) in den vergangenen 10 Jahren deutlich gesteigert werden. Die höhere Zahl an Nachweisen darf nicht mit Bestandszunahmen verwechselt werden.

Salamandra salamandra (Linnaeus, 1758) Feuersalamander Amphibien Vorwarnliste

In Deutschland sind zwei Unterarten bekannt: Im Norden, Westen und Süden der Fleckenstreifige Feuersalamander (Salamandra salamandra terrestris), im äußersten Südosten Bayerns sowie Sachsens die Nominatform (S. s. salamandra). Im mittleren Deutschland (Teile Hessens, Rheinland-Pfalz, Thüringens, Sachsen-Anhalts und Sachsens) liegt eine breite Übergangszone, in der Mischpopulationen allerdings nur mit genetischen Methoden eindeutig als solche angesprochen werden können. Die Gefährdungsanalyse bezieht sich auf die Art, nicht auf die Unterarten. Der Anteil Deutschlands am Gesamtareal der Art liegt etwas über 10 %. Zudem liegt der Südwesten (Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz) im Arealzentrum und ist zugleich der Arealteil mit der vermutlich höchsten Vorkommensdichte. Deutschland ist daher für die weltweite Erhaltung des Feuersalamanders in hohem Maße verantwortlich. Die TK25-Q Rasterfrequenz im Zeitraum von 2000 bis 2018 beträgt 17,51 % und liegt damit in der Kriterienklasse „mäßig häufig“. Dabei ist die Verbreitung in Deutschland sehr differenziert. Innerhalb des großräumigen Areals ist die Art an Waldgebiete gebunden (Veith 1996, Zöphel & Steffens 2002, Schlüpmann et al. 2006, Rimpp 2007, Westermann 2015), dort aber oft in großer Dichte vertreten. Nördlich der Mittelgebirge fehlt die Art in weiten Teilen. Zwischen Donau und Isar klafft eine historisch bedingte Lücke im Areal. Flächig und dicht besiedelt sind Rheinland-Pfalz, das Saarland, Baden-Württemberg, weite Teile Hessens und die Mittelgebirge Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens und Thüringens. Der langfristige Bestandstrend ist nur schwer zu beurteilen. Tatsächlich schienen die Bestände im Verbreitungsareal über lange Zeit stabil zu sein. Ein mäßiger Rückgang der Bestände durch die Zunahme der Fichtenforste zu Ungunsten der Laubwälder seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist anzunehmen. Der kurzfristige Bestandstrend wird als Abnahme unbekannten Ausmaßes eingestuft. Experten und Expertinnen schätzen in vielen Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen, Sachsen, Niedersachsen) die Bestandsentwicklung negativ, in Nordrhein-Westfalen und Hessen bislang als stabil ein (z. B. Schlüpmann 2008). Die vom Chytridpilz Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) verursachte Salamanderpest (Hautpilzerkrankung) ist aufgrund hoher Mortalitätsraten besonders für den Feuersalamander bedrohlich. Inwieweit dieser Risikofaktor bereits in den nächsten zehn Jahren den Trend signifikant verschlechtern wird, ist schwer abschätzbar. Da aber eine großflächige Ausbreitung von Bsal wahrscheinlich ist (Lötters et al. 2020), wird dieser als potenzieller Risikofaktor genannt, aber bei der Ermittlung der Rote-Liste-Kategorie noch nicht berücksichtigt. Insgesamt ergibt sich die Einstufung in die Rote-Liste-Kategorie „Vorwarnliste“. Die geänderte Bewertung des langfristigen Bestandstrends von der Kriterienklasse „stabil“ (ehemals als „gleich bleibend“ bezeichnet) auf „mäßiger Rückgang“ führt zur Einstufung in die „Vorwarnliste“. Die Veränderungen in der Zusammensetzung der Forste seit 1800 zugunsten der Fichte haben einen nicht zu beziffernden Rückgang der Bestände verursacht. Die naturnahe Waldbewirtschaftung und die Ausweisung von Naturwaldzellen sind räumlich beschränkt und noch ohne signifikanten Einfluss. Angesichts des Waldumbaus im Zeichen des Klimawandels wird eine Reihe von Forsten mit neuen Baumarten begründet, deren Auswirkungen auf die Bestände des Feuersalamanders unbekannt sind. Negativ wirkt sich der vermehrte Maschineneinsatz in den Forsten aus. Dazu kommt, dass auch nachts die Forstwege befahren werden. Die Individuenverluste haben hierdurch sowie durch den allgemeinen Anstieg der Verkehrsdichte lokal erheblich zugenommen. Auch die zunehmende Frühjahrstrockenheit macht sich in den Quellbächen bemerkbar. Die Regenwasserableitung von versiegelten Flächen in Quellbäche verstärkt insbesondere nach Starkregenereignissen die Larvendrift (Thiesmeier & Schuhmacher 1990, Seifert 1991, Pastors 1994, Veith et al. 2019). Das Lückensystem in der Sohle von Waldbächen als wesentliches Teilhabitat des Feuersalamanders im Einzugsgebiet landwirtschaftlicher Nutzflächen und des Bergbaus wird durch den Eintrag von Boden zugeschwemmt. Auch direkte Eingriffe in die Laichhabitate und ihres Umfeldes, etwa zur „Verschönerung“ von Quellen und Wäldern, sind zu nennen. In Nordrhein-Westfalen (Dalbeck et al. 2018, Schulz et al. 2018, Schulz et al. 2020) und Rheinland-Pfalz (Wagner et al. 2019 b) sind erste Auswirkungen der Salamanderpest (Bsal) erkennbar. Im Ruhrgebiet wurden bereits Massensterben beobachtet. In der Eifel ist der Erreger seit mindestens 2004 vertreten. Die Anzahl der Bsal-Nachweise nimmt stetig zu. 2018 wurde der Erreger erstmals auch in Rheinland-Pfalz (an Molchen) nachgewiesen. An vielen Stellen in der Eifel fehlt der Feuersalamander inzwischen, wobei die Ursache noch unklar ist (Wagner et al. 2017, 2019 b). Die rasante Zunahme der Bsal-Nachweise seit 2016 im Ruhrgebiet und das Verschwinden des Salamanders in ganzen Talzügen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen deuten auf eine schnelle Ausbreitung des Pathogens hin. Inzwischen ist Bsal auch in Bayern nachgewiesen worden (Lötters et al. 2020, Thein et al. 2020). Wichtig sind der Erhalt und die Förderung standorttypischer Laubwälder in Feuersalamander-Gebieten, insbesondere im Umfeld von Quellbächen oder stehenden Gewässern, die gelegentlich auch als Laichplätze dienen. Altholz sollte in den Habitaten verbleiben. Auch in den Quellbachregionen sollte es nicht abgeräumt werden, da es die Stau- und Kolkbildung fördert. Die ungebremste Einleitung von Regenwasser in die Quellbäche sollte unterbunden werden. Eine Reihe sinnvoller Maßnahmen wurden in einem Projekt im Thüringer Wald im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt umgesetzt und erprobt (Naturstiftung David o. D.). Um die weitere Ausbreitung von Bsal zu verhindern, müssen Hygienemaßnahmen (Schulz et al. 2018) in allen Gebieten mit Feuersalamander-Vorkommen durchgeführt werden.

Alytes obstetricans (Laurenti, 1768) Geburtshelferkröte Amphibien Stark gefährdet

Die Geburtshelferkröte ist eine westeuropäisch verbreitete Art, welche von Zentralspanien bis an den Rand der Norddeutschen Tiefebene vorkommt. Im äußersten Norden ihres Verbreitungsgebietes dringt sie entlang der Mittelgebirgsschwelle am weitesten nach Osten in kontinentalere Regionen, bis an den östlichen Harzrand, in das Thüringer Becken und den Thüringer Wald vor. Vorkommen existieren in weiten Teilen des Saarlandes, in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, im Süden Niedersachsens und dem angrenzenden Sachsen-Anhalt (Harz und Harzvorland), im westlichen Thüringen sowie im nördlichen Hessen und dem äußersten Nordwesten Bayerns. Von der Schweiz und dem Elsass aus erreicht die Geburtshelferkröte zudem den Süden Baden-Württembergs. Die TK25-Q-Rasterfrequenz (Zeitraum 2000 – 2018) beträgt 4,98 %, daraus folgt die Kriterienklasse „selten“. In zahlreichen TK25-Q wurde die Art nach dem Jahr 2000 nicht mehr nachgewiesen. Dieser Befund wird durch zahlreiche Berichte über einen rapiden Bestandsschwund bei noch vorhandenen Populationen und das Verschwinden ganzer Populationen untermauert (z. B. Kordges 2003, Böll & Hansbauer 2008, Schlüpmann 2009, Kronshage et al. 2011, Brückmann & Thiesmeier 2012, Westermann & Seyring 2015, Uthleb 2016, Wagner et al. 2019 a). Während die Art ein breites Spektrum an möglichst fischfreien Gewässern für die Larven nutzt, stellt sie an das nahegelegene Landhabitat hohe Ansprüche. Bevorzugt werden vegetationsarme bis -freie Böden, die gut besonnt sind. Diese sollten entweder gut grabfähig sein oder als Versteck geeignete Spalten und Hohlräume aufweisen. Traditionell fand die Geburtshelferkröte diese Bedingungen in ausgedehnten Hutelandschaften sowie in Dörfern und auf Höfen. Die Veränderungen in diesen Landschaftsbereichen führten im langfristigen Bestandstrend zu einem starken Rückgang. Aktuell werden die Habitatanforderungen fast nur noch in Abgrabungen erfüllt. Die Konzentration auf wenige große Abbaustellen, Veränderungen in der Abbau-Technologie sowie Rekultivierungen bedingen weitere Bestandseinbußen. Erhöhter Nährstoffeintrag führt zu verstärkter Sukzession, die den Landlebensraum entwertet und den Raumwiderstand für die zunehmend isolierten Populationen erheblich erhöht. Die Art besitzt zudem eine besonders hohe Prävalenz gegenüber dem Chytridpilz Batrachochytrium dendrobatidis (Ohst et al. 2013, Böll et al. 2014), der insbesondere für Metamorphlinge regelmäßig letal ist (Böll et al. 2012). Dies alles führt zu der sehr starken Abnahme im kurzfristigen Bestandstrend. Insgesamt ergibt sich die Rote-Liste-Kategorie „Stark gefährdet“. Sowohl der langfristige Bestandstrend als auch der kurzfristige Bestandstrend wurden um jeweils eine Kriterienklasse schlechter eingestuft als in der letzten Roten Liste. Gründe sind verbesserte Kenntnisse durch eine bessere Datenlage sowie aktuelle Bestandseinbrüche. Damit ändert sich die Rote-Liste-Kategorie von vormals „Gefährdet“ auf „Stark gefährdet“. Die wichtigsten Gefährdungsursachen für die Geburtshelferkröte sind: Rückgang extensiver Beweidung; Verlust von Habitaten in Dörfern und auf Höfen; Fischbesatz in Reproduktionsgewässern; Verfüllung und Rekultivierung von Abbaustätten; Vernichtung von Kleinstrukturen im Offenland, die als Versteck geeignet sind (z. B. unverfugte Steinmauern); Sukzession der Landlebensräume; Ausbreitung des Chytridpilzes Batrachochytrium dendrobatidis durch Vektoren (z. B. durch Fischbesatz); Isolierung verbliebener Vorkommen. Wichtig für die Geburtshelferkröte ist die unmittelbare Nachbarschaft von geeigneten Landlebensräumen und Reproduktionsgewässern (Entfernung möglichst < 100 m). Die Gewässer sollten nur gelegentlich austrocknen, fischfrei sein und Versteckmöglichkeiten für die Larven enthalten. Auf den Einsatz von Agrochemikalien sollte im Umfeld verzichtet werden. Als Landlebensräume werden auch kleinflächige Böschungen und Böschungsanrisse mit lückiger Vegetation genutzt; Böschungssicherungen sollten daher im Landlebensraum möglichst unterbleiben. Analog sollten Hangrutschungen in Abgrabungen zugelassen werden. Abgrabungen sollten nach Nutzungsaufgabe nicht verfüllt werden, sondern dem Artenschutz dienen (siehe Kirschey & Wagner 2013). Durch extensive Pflegemaßnahmen (Mahd, Rückschnitt aufkommender Gehölze) muss der offene Charakter dieser Abgrabungen gewahrt bleiben. Extensive Weideprojekte sind eine hervorragende Schutzmaßnahme, soweit geeignete Gewässer vorhanden sind oder angelegt werden. In Dörfern, auf Höfen und im Wald sollten Kleingewässer mit nahegelegenen steinigen Böschungen, Steinschüttungen und Trockenmauern gefördert werden. Im Wasserbau können durch Revitalisierung von Bächen im Hügel- und Bergland Stillwasserbereiche mit angrenzenden Prallhängen und Uferböschungen geschaffen werden; bereits bestehende Stillwasserbereiche mit den genannten Eigenschaften sollten toleriert werden. Hilfreich ist das Belassen von Totholz im Gewässer. Biber (Castor fiber) schaffen vielfach geeignete Strukturen, indem sie kleine Bäche stauen und durch ihre Baumfällungen besonnte Bereiche entstehen (Dalbeck et al. 2007). Das Wirken dieses „Ökosystemingenieurs“ ist aus Autorensicht in Vorkommensgebieten der Geburtshelferkröte zu fördern.

Amphibienkrankheiten

Einhaltung von Hygieneregeln in NRW durch Umweltministerium festgesetzt - Tödlicher Pilz breitet sich in NRW-Freilandvorkommen des Feuersalamanders weiter aus Infektionskrankheiten sind eine schwerwiegende Bedrohung der globalen Biodiversität. Amphibien sind die dabei am stärksten bedrohte Wirbeltiergruppe. Neben Lebensraumzerstörung, Umweltverschmutzung und klimatischen Veränderungen geht eine große Bedrohung für Amphibien von den Ranaviren und der Infektionskrankheit Chytridiomykose aus. Chytridiomykose wird bei uns durch die krankheitserregenden mikroskopisch kleinen Pilze Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) und durch Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) hervorgerufen. Mittlerweile betrifft diese durch Bsal verursachte Erkrankung alle Schwanzlurcharten der Familie Salamandridae (Echte Salamander und Molche), dies sind bei uns in NRW der Feuersalamander, der Kammmolch und die drei kleinen Molcharten Berg-, Teich- und Fadenmolch. Diese Hautpilz-Erkrankung trägt treffenderweise den Namen „Salamanderpest“ und breitet sich stark aus. Es wird mit gewaltigen Bestandseinbrüchen gerechnet, da die Mortalitätsrate bei Feuersalamandern annähernd 100 % bei infizierten Tieren beträgt. Totfund von einem an Bsal verstorbenen Feuersalamander; Bild: Jürgen Fröchte, Januar 2021 Hygieneregeln Die Ausbreitung von allen Krankheitserregern für die heimischen Amphibien ist unbedingt zu erschweren. Deshalb wurden zur Eindämmung der Salamanderpest von der Universität Trier in Zusammenarbeit mit dem LANUV Hygieneregeln (sog. Hygieneprotokoll ) erarbeitet und durch das Umweltministerium per Erlass verbindlich festgesetzt. Das Hygieneprotokoll richtet sich in erster Linie an alle Personen, die im Gelände Kartierungen und spezielle Tiererfassungen durchführen, aber auch an Erholungssuchende in Wäldern und Feuchtgebieten. Es ist unbedingt erforderlich, dass die Hygieneregeln bei allen Geländearbeiten und sonstigen Arbeiten in den (semi-) aquatischen Lebensräumen der Amphibien (z.B. Wälder und Feuchtgebiete) verbindlich beachtet werden. Das gilt besonders für die Reinigung, Desinfektion und das Durchtrocknen von Stiefelsohlen und Ausrüstungsgegenständen, die mit den Tieren am/im Wasser oder dem Boden in ihren Lebensräumen in Kontakt gekommen sind. Alle zuständigen Behörden sind gebeten darauf hin zu wirken, dass bei Vergaben, Bautätigkeiten, Forstarbeiten, wasserbauliche Maßnahmen usw. in entsprechenden Amphibien- Lebensräumen auf die Einhaltung der Hygienemaßnahmen im Sinne des Hygieneprotokolls geachtet wird. Im Hygienprotokoll finden Sie Hinweise für Erholungssuchende in Wäldern, Synergien mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) Hinweise für wissenschaftlich tätige Personen im Gelände Praxistipps, weitere Informationen und fachliche Erklärungen Hinweise für den Amphibienschutz an Straßen mit Fangeimern an saisonalen Schutzzäunen Die Informationen werden bei neuen Erkenntnissen zeitnah überarbeitet und an dieser Stelle angeboten. Ausbreitung Das seit 2008 in der Provinz Zuid-Limburg (Niederlande) und seit 2014 auch in den Ardennen (Belgien) beobachtete Salamandersterben hat spätestens 2015 die nordrheinwestfälische Eifel erreicht. Das belegen Freiland-Untersuchungen einer Arbeitsgruppe der Universitäten Trier und Braunschweig sowie der Biologischen Stationen Düren und der StädteRegion Aachen. Seit 2016/2017 liegen die neuen Befallsräume im Großraum des Ruhrgebietes und ab 2019/2020 kam das Bergischen Land hinzu. Es ist zu befürchten, dass es zu einer noch weiteren Ausbreitung der Salamanderpest in die Kernverbreitungslebensräume des Feuersalamanders im südwestfälischen Bergland und anderswo kommen wird. Karte: Universität Braunschweig, Stand: 08/2020 Auf der Karte markieren die roten Kreise die Nachweisstandorte der mit dem Chytridpilz Batrachochytrium salamandrivorans positiv getesteten Schwanzlurcharten, i.d.R. Feuersalamander, aber auch Kammmolche, u.a. Die Karte enthält noch nicht die unlängst bekannt gewordenen Seuchenstandorte in Herne/Castrop-Rauxel und im bergischen Städtedreieck Wuppertal/Solingen/Remscheid von Anfang 2021. Ursprung Vermutlich wurde B. salamandrivorans aus den gemäßigten Breiten Ostasiens eingeschleppt. Die dort lebenden Schwanzlurcharten sind gegen diesen Erreger oft resistent. Für unsere heimischen Molcharten Kammmolch, Berg-, Faden- Teichmolch und für Feuersalamander-Populationen sowie für die in Terrarien gehaltenen Schwanzlurche stellt dieser Chytridpilz eine ernst zunehmende Bedrohung dar. Informationen für Tierärzte Ein Übersichtsposter mit dem Titel „ Wie man eine Bsal-Infektion erkennt und behandelt “ zeigt Fotos eines mit Bsal infizierten Feuersalamander und zweier infizierter Bergmolche. Es bietet Tierärzten einen Überblick über Bsal-bedingte Symptome, darunter makroskopische und mikroskopische Hautläsionen, die erforderlichen diagnostischen Test zur Bestätigung der Diagnose und die richtige Behandlung. Das Infomaterial ist von www.BsalEurope.com herausgegeben worden, dort bekommen Sie auch weitere Fachinformationen, Literatur, Diagnose- und Referenzlabore genannt. Handlungsempfehlungen zum Umgang mit seuchenartig verlaufenden Amphibienkrankheiten der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie Forschung Verschiedene Akteure forschen daran die Salamanderpest besser zu verstehen, insbesondere im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts des Bundesamts für Naturschutz (BfN). Diese Teams aus der Wissenschaft, dem Artenschutz und Behörden haben ihren Kenntnisstand in einer Sonderausgabe der Fachzeitschrift SALAMANDRA zusammengefasst. Die insgesamt 11 Artikel sind frei zugänglich. Der Band ist auch als Gesamtes verfügbar unter: Sonderausgabe SALAMANDRA zur Salamanderpest Handelsauflagen Die EU hat die Handelsauflagen für Salamander bis 31.12.2022 verlängert. Durchführungsbeschluss (EU) 2021/361 der Kommission Stand 22. Februar 2021

Citizen Science – Artenmeldungen in Baden-Württemberg 2021

Eine der wichtigsten Voraussetzungen zum Schutz von Arten ist das Wissen über deren Vorkommen. Über das Citizen Science Projekt „Meldeplattformen“ können seit 2013 interessierte Laien ihre Beobachtungen von 5 Arten (Hirschkäfer, Gottesanbeterin, Feuersalamander, Weinbergschnecke und Laubfrosch) an die LUBW übermitteln. Die Daten werden alle auf ihre Richtigkeit überprüft und anschließend in die Datenbank übernommen. Die Daten fließen in verschiedene Projekte ein, wie beispielsweise in die Erstellung und Aktualisierung von Roten Listen oder für die Planung von Artenschutzmaßnahmen. So kann jeder und jede einen Betrag leisten, das Bild über die Verbreitung der Arten im Land zu schärfen. Jetzt, Ende November, kommt die Natur zur Ruhe. Die Tiere haben sich in ihre Winterquartiere zurückgezogen. Zeit um die erste Bilanz des Meldejahres 2021 zu ziehen: In diesem Jahr erreichten uns bis heute über 3000 Meldungen von denen guten 2500 als richtig bewertet in die Datenbank aufgenommen wurden. Im Vergleich zu den Vorjahren ist dies eine durchaus hohe Zahl und damit ein wertvoller Informationsgewinn. Die meisten plausibilisierten Meldungen mit etwa 1250 Funden gingen für den Hirschkäfer ein, gefolgt von Gottesanbeterinnen und Weinbergschnecken mit ca. 450 Meldungen je Art. Feuersalamander liegen in diesem Jahr auf Platz vier in der Anzahl der Meldungen. Bei den Laubfröschen gingen nur 10 Meldungen ein. In den Verbreitungskarten sind alle plausibilisierten Fundmeldungen aus diesem und dem Vorjahr zu sehen. Die Verbreitungskarten können auf den Seiten der „Meldeplattformen“ aufgerufen werden. Seit diesem Jahr können nur noch Meldungen mit einem Fotobeleg abgeschickt werden. Dies erleichtert die Bewertung der Fundmeldungen enorm. Es dient dazu Verwechslungen mit anderen Arten auszuschließen oder, im Fall des Feuersalamanders, gegebenenfalls eine Erkrankung mit dem Hautpilz Batrachochytridium salamandrivorans (Bsal) zu erkennen. Dieser Chytridpilz ist bis jetzt bei Populationen in Baden-Württemberg noch nicht nachgewiesen, stellt jedoch eine Bedrohung dar. Seit mehreren Jahren breitet sich der für Feuersalamander meist tödliche Pilzbefall aus. Totfunde, welche nicht überfahren wurden, könnten wichtig sein. Anhand der diesjährigen Bildnachweise konnte bei keiner Salamandermeldung der Hautpilz erkannt werden. Bild zeigt: Pictogramme der Arten der Meldeplattformen; Zeichnungen von Hirschkäfer, Gottesanbeterin, Laubfrosch, Feuersalamander, Weinbergschnecke und Icon der App "Meine Umwelt" Bildnachweis: LUBW Wollen auch Sie eine der Arten melden? Über das Online-Portal der „Meldeplattformen“ oder über die „Meine Umwelt“ App können die Daten unkompliziert gemeldet werden. Außerdem sind dort zahlreiche Informationen zu den fünf Arten zu finden.

lu-krie_597-602-Feinde-und-Krankheiten.pdf

||||||||||||||||||||| Berichte 5.2.4 des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 4/2015: 597 – 602 Feinde und Krankheiten heimischer Lurche und Kriechtiere Wolf-Rüdiger Grosse und Bernd Simon Allgemeine Übersicht Krankheiten und Parasiten spielen auch in der Biologie der Lurche und Kriechtiere eine nicht zu unterschät- zende Rolle. Für Lurche typisch treten verschiedene niedere Pilze sowie Parasitoiden (Parasiten, die ihre Wirte töten), bei den Kriechtieren eher Ektoparasiten in Erscheinung. Wasserpilze der Gattung Saprolegnia befallen Amphibien in allen aquatischen Entwicklungs- stadien. Durch die Chytridiomykose, verursacht durch die Chytridpilze Batrachochytrium dendrobatidis und Batrachochytrium salamandrivorans, können enorme Verluste eintreten (zu Frosch- u. Salamanderster- ben s. u.). Zu schweren Hautschädigungen kann der Befall mit dem Pilz Mucor amphibiophorum führen. Auch Virusinfektionen (Infektion mit Ranavirus-Erre- ger aus der Gruppe der Iridoviren) können bei Amphi- bien auftreten. Das als „Bauchwassersucht“ bekannte Phänomen ist dagegen auf ein sekundär eintretendes Organversagen zurückzuführen. Zu den bekanntesten Parasitoiden gehört die Krötenfliege. An Endoparasi- ten wurden unter anderem ein Befall mit Lungenwür- mern sowie Larven weiterer Rundwürmer (Nematoda) nachgewiesen. An Lurchen parasitierend treten auch Blut- und Pferdegel auf. Der Befall mit dem Gemei- nen Holzbock ist der häufigste Fall im Auftreten von Ektoparasiten bei Kriechtieren. Daneben können auch andere Ektoparasiten wie Milben auftreten. Feinde unter den Wirbellosen treten insbesondere gegenüber der Laich- und Larvalphase aber auch gegen- über Jungtieren von Lurchen auf. Hier sind vordergrün- dig Libellenlarven, Wasserkäferlarven, Wasserskorpion, Blutegel und räuberische Wasserwanzen zu nennen. Fische treten dagegen als Räuber gegenüber allen Entwicklungsstadien der Lurche auf. Hier sind einer- seits durchaus typische Raubfische wie Wels, Hecht, Zander oder Aal zu nennen, die bis hin zu erwach- senen Seefröschen jeder amphibischen Lebensform (einschließlich Ringelnattern) gefährlich werden kön- nen. Anderseits spielen auch Karpfen und andere „Friedfische“ eine nicht zu unterschätzende Rolle als Laichräuber und verschmähen auch Larvalstadien nicht. Neben den Wildfischen sind Zierfische, wie Goldfische oder Koi-Karpfen insbesondere in Gar- tenteichen ein wesentlicher Problemfaktor für die Reproduktion von Molchen, Kröten und Fröschen. Desweiteren sind Satzfische wie Regenbogenforellen in Zucht- oder Mastgewässern ein Faktor, der oft zum Totalverlust von Laich, Larven und Jungtieren führen kann. Ergänzend zur Gruppe der aquatisch lebenden Feinde sind die Krebse, insbesondere der Amerikani- sche Flusskrebs, der Marmorkrebs und die Wollhand- krabbe zu nennen, wobei die Rolle Letzterer bei Auf- treten in großer Dichte nicht zu unterschätzen ist. Breit ist das Spektrum an Prädatoren aus der Klasse der Vögel. Auf der einen Seite spielen Wildenten, der Häufigkeit entsprechend vordergründig die Stockente, sowie andere Wasservögel wie Blessralle oder Lach- möwe eine wesentliche Rolle als Laichräuber und stehen mitunter auch auf der Liste der Feinde adulter Lurche, wobei hier eher Arten wie Zwerg- und Hauben- taucher und Kormoran zu nennen sind. Andererseits kommt auch den Schreitvögeln eine wichtige Prädato- renrolle zu. Weißstorch, Schwarzstorch und Graurei- her erbeuten Lurche im Wasser und an Land sowie auch Schlangen und Eidechsen, wobei der Weiß- storch auch vor ausgewachsenen Ringelnattern nicht zurückschreckt. Während die Wasservögel fast nur für Lurche von Bedeutung sind, spielen im Nahrungsspektrum der Schreitvögel auch die Kriechtiere eine Rolle. So auch bei den Greifvögeln, die als Prädatoren gegenüber beiden Artengruppen auftreten. Für den Schreiadler sind Lurche und Kriechtiere entscheidender Teil sei- ner Nahrung und auch Schwarzmilan und Rohrweihe finden einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Nahrung in der Herpetofauna, aber auch Arten wie Mausebus- sard, Rotmilan und Turmfalke haben diese im Nah- rungsspektrum. Unter den allesfressenden Krähenvö- geln sind sowohl Kolkrabe und Krähenarten wie Elster, Dohle und Eichelhäher zu nennen, deren Auftreten unter Umständen bei „Krötenregen“ nicht untypisch ist. Schließlich zählen für den Raubwürger Eidechsen, für den Neuntöter junge Eidechsen sowie für Amseln und Drosseln Metamorphoslinge an Land zum Nahrungs- spektrum. Eine wesentliche Rolle im Räuberumfeld der Herpeto- fauna spielen die Säugetiere, wobei manche Arten zu den Hauptwidersachern zählen und einzelne Vertreter insbesondere unter den Neozoen zu erheblichen Ver- lusten führen können. Als Allesfresser kann dabei das Wildschwein für nahezu alle Arten in allen Entwick- lungsformen wie auch im gesamten Lauf des Jahres von Reproduktion über Sommerlebensraum bis Win- terruhe als Fressfeind auftreten. Unter den Raubtieren sind Fuchs, Dachs, Fischotter, Marderhund, Wasch- bär, Mink, Iltis und andere Marder zu nennen. Dabei können Waschbär und Mink zumindest lokal popula- tionsgefährdenden Einfluss ausüben, was keinesfalls unterschätzt werden darf. Weitere Feinde unter den Säugetieren sind Igel sowie Wanderratten (zumindest Alttiere), aber auch Nutrias wie auch in Einzelfällen Wasserspitzmaus und Wasserfledermaus. Keinesfalls unbedeutend als Feinde für Lurche und Kriechtiere sind Vertreter der eigenen Artengruppe, in Einzelfällen bis hin zum Kannibalismus. So haben alle drei heimischen Schlangen Frösche, Kröten und Eidechsen im Nahrungsspektrum. Ähnliches trifft für die Sumpfschildkröte zu, die zumindest Lurche erbeu- tet. Auch exotische Schmuckschildkröten können hier eine Rolle spielen. Der Kammmolch frisst ggf. Larven der eigenen Art, aber auch kleinere Molcharten. Der Seefrosch frisst von Jungtieren der eigenen Art über kleinere Teichfrösche bis hin zu Vertretern anderer Lurche nahezu alles, wessen er habhaft werden kann, was teilweise auch für den Teichfrosch zutrifft. Im unmittelbaren Umfeld des Menschen lebende Haustiere sind gleichfalls als Räuber wirksam. Dabei haben Hauskatzen (verwildert im Außenbereich, in Gartensiedlungen u. a.) speziell auf Eidechsen örtlich nicht zu unterschätzende Auswirkungen; Hunde dage- gen weniger. Im dörflichen Umfeld beeinflusst auch die individuelle Geflügelhaltung die Vorkommen von syn- 597 ||||||||||||| FEINDE und KRANKHEITEN Krankheiten Pilzerkrankungen werden seit langem für das Amphi- biensterben verantwortlich gemacht. Die weltweit ver- breiteten Vertreter der Gattung Saprolegnia, volkstüm- lich Wasserpilze genannt, befallen Amphibien und ihre Entwicklungsstadien in der aquatischen Lebensphase.Am häufigsten fallen sie in Gelegen der Erdkröte oder des Grasfrosches auf. Trotz Verpilzung einzelner Eier schlüpfen meist genügend Larven. Schwieriger wird die Situation, wenn die Wasserqualität schlecht ist oder in Moorbereichen mit niedrigem pH-Werten gelaicht wird. Landesweit wurden solche Verpilzungen regist- riert, selten die Ursachen wirklich untersucht. Auch bei geschwächten, verletzten oder alten Individuen wurde Pilzbefall beobachtet. Ein Weibchen des Bergmolchs wurde am 17.04.2015 an der Wasseroberfläche trei- bend in einem Tümpel in Ballenstedt/Harz gefangen. Es zeigte auf der äußeren Haut den Befall mit Algenpil- zen. Die äußere Haut (Epidermis) befand sich im Kopf- und Rumpfbereich zum Teil in Ablösung (F. Mutsch- mann, pers. Mitt.). Eine Sektion ergab weitere multible Mikronekrosen und granulomatöse Entzündungsherde sowie bindegewebig ummantelte Bohrgänge von Lar- ven von Rundwürmern (Nematoda). Der Totfund eines Abb. 1: Bergmolch-Weibchen von Algenpilzen parasitiert (Foto: W.-R. Grosse).Abb. 2: Oberhaut einer Kreuzkröte mit Chytridien, Färbung: Haematoxilin-Eosin (Foto: F. Mutschmann). Abb. 3: Von Saprolegnia befallener Erdkrötenlaich (Foto: S. Meyer).Abb. 4: Lunge einer Kreuzkröte mit Lungenwürmern, Färbung: May-Grünwald-Giemsa (Foto: F. Mutschmann). Abb. 5: An Nierenversagen verendeter Teichfrosch (Foto: W.-R. Grosse)..Abb. 6: Ein mit dem Ranavirus befallener Teichfrosch (Foto: W.- R. Grosse). anthropen Arten; gemeint sind sowohl Hausenten und auf Dorf- oder Privatteichen gehaltenes Wassergeflü- gel, das insbesondere den Laich dezimiert wie auch Haushühner, die durchaus auch Methamorphoslinge fressen. Der Mensch spielt dagegen in der Gegenwart als „Fressfeind“ keine Rolle mehr, was aber in prähistori- scher Zeit oder auch in Zeiten mit großen Hungersnö- ten (Mittelalter, Kriegsperioden) durchaus anders war. Landespezifische Aspekte 598 FEINDE und KRANKHEITEN Teichmolchs mit schweren Hautschädigungen südlich von Halle im Jahr 2009 war auf den Befall mit dem Pilz Mucor amphibiophorum zurückzuführen (Grosse 2011b). Häufig sterben die Tiere allerdings an Organ- versagen von Leber und Niere, was bei einem Teich- molchweibchen aus der Kiesgrube Gröbers im Jahr 2010 der Fall war. Das Tier fiel durch einen ballonar- tig aufgetriebenen Leib auf. Derartige Beobachtungen einer „Bauchwassersucht“ konnten auch an Grasfrö- schen im Selketal/Harz im Jahr 2008 gemacht wer- den. Teichfrösche aus dem Norden von Halle zeigten im Jahr 2006 nach der Metamorphose ähnliche Symp- tome an Rumpf und Extremitäten. Im Zusammenhang mit dem weltweit zu verzeichnen- den Aussterben von Amphibienpopulationen wird die Chytridiomykose als Ursache genannt (Mutschmann 2010). Der Chytridpilz Batrachochytrium dendroba- tidis (kurz Bd genannt) gilt als Mitverursacher des weltweiten Froschsterbens und Batrachochytrium salamandrivorans (kurz Bs genannt) wird für das Salamandersterben verantwortlich gemacht (vgl. Kap. 5.4 Forschungsbedarf). Auch in Sachsen-Anhalt wird auf den erschreckenden Trend beim Rückgang der Populationen der Geburtshelferkröten aufmerksam gemacht (A. Westermann, pers. Mitt.). Über die Ursa- chen lässt sich im Moment nur spekulieren, möglich ist die Pilzerkrankung Chytridiomykose (vgl. Tobler 2015). Buschendorf (in diesem Buch) schreibt, dass in zunehmendem Maße Erdkrötenbestände durch die tödlich verlaufende Infektion (Chytridiomykose) mit dem Pilz Batrachochytrium dendrobatidis dezimiert werden, worüber allerdings in Sachsen-Anhalt noch keine Beobachtungen vorliegen. Im März 2015 wur- den in Halle im Bereich der Erdkrötenvorkommen Talstraße und Kasernensumpf in der Dölauer Heide gehäuft tote Erdkröten gefunden. Insgesamt fünf Tiere wurden untersucht und auf Bd-Befall getestet, was negativ ausfiel. Alle Tiere zeigten einen Befall mit Lungenwürmern (Rhabdias bufonis), was höchstens zu einer Schwächung der Tiere führte. Auffällig war bei allen Tieren eine deutlich sichtbare Degeneration der Leber, was zu einem Energiedefizit der Individuen führt. Die Ursachen können u. a. in den milden Wit- terungsverhältnissen im Winter 2014/2015 und dem Frühjahr 2015 liegen. Spekulationen der Folgen eines Klimawandels sind bei den Befunden nicht ganz von der Hand zu weisen. Dabei können Amphibien auf- grund ihrer komplexen Ansprüche an den Lebensraum wichtige Bioindikatoren sein. Auch Virusinfektionen werden bei Amphibien landes- weit beobachtet, meist aber nicht erkannt oder gar registriert. So liegen nur wenige Hinweise auf die Infektion mit Ranavirus vor. Am 23.07.2007 wurde im Bassin der Wasserpflanzenanlage im Botanischen Garten Halle ein lebloser aufgetriebener Teichfrosch gefunden. Auffälligstes Merkmal war der ausgestülpte Vorderdarm einschließlich der Zunge. Der Erreger aus der Gruppe der Iridoviren ruft den plötzlichen Tod der Tiere hervor. Nach einer kurzen Inkubationszeit erscheinen die Tiere apatisch, neigen zu Ataxien und verändern ihre Farbe (die Beobachtung zeigt, wenn sie am schönsten aussehen, sterben sie!). Ödembil- dungen, Magenvorfälle, Nierendegenerationen und flächige Hämorrhagien (Red Leg-Symptom) sind sicht- bar. Die Gefahr für Freilandpopulationen besteht in der Existenz latent infizierter Artgenossen, die ebenso wie das Wasser als Infektionsweg in Frage kommen (Mut- schmann 2010). Prädatoren und Kannibalismus Amphibien spielen mit einer Häufigkeit von 10 % an der Gesamtnahrung neben Fischen, Kleinsäugern und Vögeln eine bedeutende Rolle im Beutespektrum des Minks. Im Rahmen einer Studie des Institutes für Zoo- logie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wurden 50 Minke mit Mageninhalt aus Sachsen-Anhalt untersucht. Dabei konnten in den Mägen von fünf Tie- ren Amphibienreste nachgewiesen werden (Zschille & Grosse 2003). Als Nahrungsobjekte konnten Moor- frosch (Deetzer Teich Zerbst) und Seefrosch (Zehnru- tenkolk Dabrun und Deetzer Teich Zerbst) anhand von Knochenresten (Ilium, Frontoparietale) bestimmt wer- den. Der Nachweis der Erdkröte als Beute des Mink (Alte Elbe Gallin sowie Korg’scher Busch Kleinkorga) anhand von Hautresten ist deshalb interessant, weil die Hautgifte adulter Erdkröten die meisten natürlichen Fressfeinde vom Verzehr der Kröten (zumindest der Haut und des Laichs) abhalten (Grosse 1999). Ver- schiedene Untersuchungen zu Nahrungsgewohnhei- ten des Minks im europäischen Raum weisen sogar auf Bevorzugung von Fröschen gegenüber Kröten bei semiaquatischen Marderartigen hin (Sidorovich & Pikulik 1997). In Sachsen-Anhalt spielt entlang grö- ßerer Flüsse wie der der Elbe, aber auch in größerer Entfernung dazu, der Mink zunehmend eine nicht zu unterschätzende Rolle als Prädator. Besonders betrof- fen scheinen Arten zu sein, die zu größeren Laichge- meinschaften neigen. Dokumentierte Funde von vom Mink getöteter Tiere liegen von Erdkröte, Moorfrosch und Kreuzkröte vor. Als Reste der Beutezüge des Minks sind typischerweise von innen nach außen gewendete Hautreste („Krötenhemden“) höchstens mit Resten der Unterschenkel zu finden, aus denen der Mink die Innereien herausgeschüttelt hat. Bei dieser Form der Nahungsbeschaffung kommt dem Räuber die Ana- tomie der Froschlurche entgegen, durch die sich der, insbesondere in der Paarungszeit sozusagen in einem Lymphbett schwimmende Körper, gut von der Haut löst. Der Mink beißt die Tiere auf und schüttelt diese, bis er den „Kern“ heraus hat, der Rest bleibt liegen. Typisch für den Mink ist zusätzlich die Tatsache, dass er oft eine größere Zahl (unter Umständen alle greifbaren) potenti- eller Beutetiere tötet, als er dann frist. Landesweit wird auch der Waschbär für den Rückgang der Amphibienpopulationen verantwortlich gemacht. Dafür liegen eigene Beobachtungen aus dem Harz vor. Wie aus Untersuchungen von Knochenresten im Abb. 7: Haut einer Erdkröte – Fraßreste des Mink; typischer- weise werden Haut und Laich nicht gefressen (Foto: B. Simon). 599

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Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Lurche (Amphibia) Bestandsentwicklung. Stand: April 2015 Thoralf Sy & Frank Meyer Amphibien eroberten im Devon, vor etwa 350 bis 400 Millionen Jahren, als erste Wirbeltiere die Landgebiete unserer Erde und entwickelten eine enorme Diversität an Formen und Arten. Rezent werden drei sehr unter- schiedliche Ordnungen unterschieden: Schwanzlurche (Urodela), Froschlurche (Anura) und Blindwühlen (Gym- nophiona). Die Zahl der bekannten Amphibienarten ist gegenwärtig auf knapp 7.400 zu beziffern, die Webseite amphibiaweb.org gibt eine „tagesaktuelle“ Zahl an. Mit- teleuropa ist ausgesprochen arm an Amphibien, was in erster Linie den Wirkungen der pleistozänen Kaltzeiten zuzuschreiben ist (Hofrichter 1998). Bearbeitungsstand, Datengrundlagen Von den 21 in Deutschland heimischen Amphibien- arten kommen 18 in Sachsen-Anhalt vor. Im Rahmen eines ehrenamtlichen, durch den Landesfachausschuss Feldherpetologie des Naturschutzbundes Deutschland koordinierten Projektes zur landesweiten Kartierung der Herpetofauna Sachsen-Anhalts wurden vor allem im Zeitraum 1995 bis 2001 umfangreiche Daten erho- ben. Diese mündeten schließlich in der Verbreitungs- darstellung der Lurche und Kriechtiere Sachsen-An- halts von Meyer et al. (2004). In den darauffolgenden Jahren erfolgten einerseits vor allem in den FFH-Gebieten Sachsen-Anhalts inten- sivere Erfassungen der Herpetofauna, z. B. im Rahmen der FFH-Managementplanung oder im Zuge meh- rerer Kartierungsprojekte des Landesamtes für Um- weltschutz. In der Regel standen dabei die Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie im Fokus der Erhebungen. Andererseits nahm die Kartierungsinten- sität im Rahmen von Eingriffsplanungen in den vergan- genen Jahren weiter zu. Für viele Arten waren die Tätigkeiten mit weiteren Kenntnisgewinnen verbunden. So ist z. B. für den Laub- frosch (Hyla arborea) im Bereich der Saale-Elster-Aue und im Stadtrandgebiet von Halle ein Ausbreitungspro- zess festzustellen, der momentan anhält. Daneben sind auch in der Altmark neue Fundorte des Laubfrosches bekannt geworden, welche das aktuelle Verbreitungs- bild ergänzen. Dank vermehrter Kartierungsaktivitäten konnte auch für den Bergmolch (Ichthyosaura alpest- ris) der Kenntnisstand im Fläming und Vorfläming verbessert werden. Den Ergebnissen von Berg & Hen- nig (2011) zufolge ist der Bergmolch in den Fläming- Grenzregionen zwischen Sachsen-Anhalt und Bran- denburg deutlich weiter verbreitet als bislang angenom- men. Zugleich gelangen in der nordwestlichen Altmark weitere Funde des Bergmolches (R. Knapp mdl. Mitt.). Auch dieses Vorkommensgebiet ist unter zoogeogra- phischen Gesichtspunkten von besonderem Interesse. Trotz der verbesserten Kenntnislage bezüglich der Verbreitungssituation bleibt die Ableitung konkreter Bestandstrends für die meisten Arten mit z. T. erheb- lichen Schwierigkeiten behaftet. In der Regel fehlen hierfür vor allem flächenkonkrete und quantitative Ver- gleichsdaten oder entsprechende Kenntnisse sind regio- nal sehr begrenzt. Große Unsicherheiten bestehen nach wie vor für die Arten des „Wasserfrosch-Komplexes“. Insbesondere im Fall des Kleinen Wasserfrosches (Pelo- phylax lessonae) erlauben die Schwierigkeiten bei der Determination kaum eine objektive Einschätzung der Bestandsentwicklung. Für den Kammmolch (Triturus cristatus) zeichnet sich in den meisten Schwerpunktgebieten ein mehr oder we- niger stabiles Verbreitungsbild ab. Regional halten sich Neunachweise und erloschene Vorkommen in etwa die Waage, wobei ein Großteil der Neufunde auf die im Ver- gleich zu früheren Erhebungen wesentlich effizienteren Erfassungsmethoden mittels Licht- und Reusenfallen und weniger auf aktive Ausbreitungsprozesse zurückzuführen sein dürfte. Lokal sind aber auch stärkere Bestandsein- brüche zu verzeichnen, wie z. B. am Nordharzrand, wo Der Laubfrosch (Hyla arborea) zeigt in Sachsen-Anhalt regio- nal eine Ausbreitungstendenz, landesweit lässt sich jedoch kei- ne generelle Zunahme konstatieren. Elster-Luppe-Aue, 2005, Foto: T. Sy. 511 viele ehemalige Kammmolch-Gewässer zwischenzeitlich mit Fischen besetzt und als Angelteiche genutzt werden. Gefährdungsursachen Anhaltend rückläufige Trends müssen – wie bereits von Meyer (1999) vermerkt – auch für die früheren „Massenarten“ Erdkröte (Bufo bufo) und Grasfrosch (Rana temporaria) angenommen werden. Wenngleich sich dieser Trend nicht zwingend in einer rückläufigen Rasterfrequenz widerspiegeln muss, sind die Individu- enzahlen an vielen Laichplätzen im Rückgang begriffen. Für diese charakteristischen Explosivlaicher mit ausge- prägten Wanderbewegungen zwischen Winterquartier, Laichgewässer und Sommerlebensraum zählt die fort- schreitende Fragmentierung der Habitate durch Ver- kehrstrassen, Flächenverbrauch und -versiegelung nach wie vor zu den wichtigsten Gefährdungsfaktoren. Da- neben ist zumindest lokal eine zunehmende Bedeutung der Prädation durch Neozoen, wie Mink und Waschbär, als Rückgangsursache anzunehmen. Auch die Bestände der Kreuzkröte (Bufo calamita) und der Wechselkröte (Bufo viridis) sind in Sachsen- Anhalt weiter als rückgängig einzuschätzen. Kaum eine andere Amphibienart ist in so starkem Maße an nut- zungsgeprägte Sekundärlebensräume gebunden wie die Kreuzkröte. Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung des Braunkohlebergbaus, des Sanierungsbergbaus und der Konversion militärischer Übungsplätze hat die Art auch im vergangenen Jahrzehnt weitere Lebensraum- verluste und Bestandseinbußen hinnehmen müssen. Im Norden Sachsen-Anhalts ist die Kreuzkröte im Zuge der Sanierung von Erdgasförderanlagen vielerorts ver- schwunden oder zumindest quantitativ stark zurück- gegangen. Für viele Regionen Sachsen-Anhalts ist der Verlust der „Massenvorkommen“ in den großen Sekun- därlebensräumen charakteristisch, nicht zuletzt auf- grund der Sanierung und Flutung großer Tagebaue. Die Sicherung und Wiederherstellung geeigneter Primärle- bensräume in den Flussauen gewinnt in diesem Zusam- menhang für den langfristigen Schutz der Kreuzkröte in Sachsen-Anhalt zunehmend an Bedeutung. Mehrere Amphibienarten erreichen in Sachsen-Anhalt natürliche Verbreitungsgrenzen, und für die Erhaltung der Arten an ihren Arealrändern kommt dem Land eine besondere Verantwortung zu. Die collin-montan verbreitete Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) sie- delt in Sachsen-Anhalt am nordöstlichen Rand ihres vorwiegend westeuropäischen Verbreitungsgebietes. Ihr Vorkommen ist damit geographisch sehr eng begrenzt. Als Larvalhabitate dienen ihr im hiesigen Vorkommens- gebiet vorwiegend Abgrabungsgewässer und Teiche, im Südharz auch episodisch wasserführende Karstgewässer. Historisch belegte Vorkommen innerhalb von Siedlun- gen sind dagegen weitgehend erloschen. Generell ist für 512 die Art gegenwärtig eine Abnahme der Fundortdichte zu konstatieren, wobei als Ursachen vor allem die Intensivie- rung oder Aufnahme der fischereilichen Nutzung ehema- liger Gewässerhabitate sowie die nicht schutzverträgliche Nachnutzung oder Rekultivierung von Abbaustellen an- zuführen sind (Uthleb et al. 2003). Besorgniserregend ist die Bestandsentwicklung in den Messtischblättern 4232 und 4233 um Thale, Quedlinburg, Gernrode und Ballenstedt. Hier konnten in den letzten Jahren nur noch wenige der ehemaligen Vorkommen bestätigt werden. In zahlreichen Gewässern wurde ein Besatz mit Fischen festgestellt (Prof. Hellriegel-Institut & RANA 2012). Der Erhaltung der Geburtshelferkröte an ihrer nordöstli- chen Arealgrenze muss in den kommenden Jahren ver- stärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden, ggf. auch im Rahmen eines gesonderten Artenhilfsprogrammes. Die überwiegend osteuropäisch-kontinental verbrei- tete Rotbauchunke (Bombina bombina) erreicht in Sach- sen-Anhalt ihre westliche Verbreitungsgrenze und besitzt vor allem im Elbtal noch individuenstarke Vorkommen von bundesweiter Bedeutung. Hier ist ihr Schutz untrenn- bar gekoppelt mit der Erhaltung naturnaher Flussland- schaften und einer weitgehend unregulierten Überflu- tungsdynamik (Sy & Meyer 2001). Im Rahmen der zwi- schen 1999 und 2002 vorgenommenen Studien zu einem landesweiten Artenhilfsprogramm für die Rotbauchunke konnte zunächst die Verbreitungssituation auf einen aktu- ellen Stand gebracht werden. Außerdem wurden Schwer- punkte regionaler und lokaler Rückgänge benannt und entsprechende Maßnahmekonzepte erarbeitet, um weite- ren Bestandseinbußen entgegenzu- wirken (Sy & Meyer 2004). Der generell rückläufige Trend ist vor allem au- ßerhalb der großen Stromauen nicht gestoppt, und es ist aus heutiger Sicht eine besonders dringliche Umsetzung von Maßnahmen des Artenhilfsprogrammes erforderlich. Schwerpunkträume sollten dabei zunächst das Untere Saaletal, die Klebitz-Rahnsdorfer Feldsölle im Vorfläming und Hochfläming, die Elster-Luppe-Population bei Mer- seburg sowie die Vorkommen im Köthener Ackerland und in der Magdeburger Börde sein. Daneben sind große Anstrengungen erforderlich, auch die individuenreichen Populationen des Elbtals langfristig zu sichern. Hierfür sind u. a. die Revitalisierung von Auengewässern, die Op- timierung des Wasserrückhalts in der Überflutungsaue und Deichrückverlegungen geeignete Maßnahmen. Die wesentlichen Rückgangsursachen für die heimi- schen Amphibien sind, zusammenfassend betrachtet, seit vielen Jahren konstant und bekannt. Nach wie vor spie- len die Faktoren der Lebensraumverluste und -degradie- rung, der Landschaftszerschneidung, der Entwertung der Flussauen, der intensiven Nutzung der Landhabitate aber auch der Nutzungsaufgabe von Sekundärlebens- räumen die entscheidende Rolle. Untersuchungsbedarf besteht noch zum Einfluss von Prädatoren, insbesonde- re von Neozoen, auf Amphibienpopulationen. Lurche (Amphibia) Noch weitgehend unbekannt ist der Einfluss des Chytridpilzes Batrachochytrium dendrobatides (Bd) auf heimische Amphibienarten. Der Pilz verursacht Chy- tridiomykose, eine Hauterkrankung, die ursächlich mit einem weltweit beobachteten Amphibienrückgang in Zusammenhang gebracht wird. Der Erreger ist auch inMitteleuropa weit verbreitet und auf vielen Amphibien nachweisbar. Anders als in Amerika, Australien oder Spanien sind aus Deutschland jedoch bislang keine durch Bd verursachten Bestandseinbrüche oder Rück- gänge von Amphibien bekannt geworden (Ohst et al. 2011, Böll et al. 2014). Die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) ist in Sachsen-Anhalt noch relativ weit verbreitet. Geiseltal (Innenkippe), 2010, Foto: M. Schulze.Für die in Sachsen-Anhalt stark gefährdete Rotbauchunke (Bombina bombina) sind dringend weitere Maßnahmen des Artenhilfsprogrammes umzusetzen. Gohrischheide (SN), 2009, Foto: M. Schulze. Literaturrenti, Bielefeld, 239 S. Ohst, T.; Gräser, Y.; Mutschmann, F. & Plötner, J. (2011): Neue Erkenntnisse zur Gefährdung europäisch- er Amphibien durch den Hautpilz Batrachochytrium den- drobatides. – Zeitschr. Feldherpetol. (Bielefeld) 18: 1–17. Prof. Hellriegel-Institut & RANA (2012): Grund- datensatz Naturschutz zur Investitionssicherung – Er- fassungen von Arten der Anhänge II und IV in FFH- Gebieten und in Flächen mit hohem Naturschutzwert: Lurche und Kriechtiere im Harz/Nordharzvorland in Sachsen-Anhalt – Plausibilitätsprüfung der Meldeda- ten, Festlegung dauerhafter Überwachungsflächen. – Unveröff. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, 172 S. u. Anl. Sy, T. & Meyer, F. (2001): Die Rotbauchunke (Bombina bombina) an ihrer westlichen Arealgrenze – zur Ver- breitung und Gefährdungssituation in den Flussauen Sachsen-Anhalts. – In: Kuhn, J.; Laufer, H. & Pintar, M. (Hrsg.): Amphibien in Auen. – Zeitschr. Feldher- petol. (Bochum) 8: 233–244. Sy, T. & Meyer, F. (2004): Bestandssituation und Schutz der Rotbauchunke in Sachsen-Anhalt. – Ber. Landesamt. Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle) SH 3/2004: 1–297. Thüring, M. (2012): Der Fadenmolch Lissotriton helve- ticus (Razoumowsky, 1789) am nordöstlichen Are- alrand – Analyse der ausbreitungslimitierenden Fak- toren unter besonderer Berücksichtigung der Vorkom- men in Sachsen-Anhalt. – Masterarb., Hochschule Anhalt, Bernburg 67 S. Uthleb, H.; Scheidt, U. & Meyer, F. (2003): Die Ge- burtshelferkröte (Alytes obstetricans) an ihrer nord- östlichen Verbreitungsgrenze: Vorkommen, Habitat- Berg, J. & Hennig, R. (2011): Aktuelle Verbreitung des Bergmolches (Ichthyosaura alpestris) nordöstlich der Elbe – eine colline Art im Fläming. – Rana (Rangs- dorf) 12: 13–25. Böll, S.; Tobler, U.; Geiger, C. C. & Hansbauer, G. (2014): Unterschiedliche Bd-Prävalenzen und -Be- fallsstärken verschiedener Amphibienarten und Ent- wicklungsstadien an einem Chytridpilz belasteten Standort in der bayerischen Rhön. – Zeitschr. Feld- herpetol. (Bielefeld) 21: 183–194. Hofrichter, R. (Hrsg.) (1998): Amphibien – Evolu- tion, Anatomie, Physiologie, Ökologie und Verbrei- tung, Verhalten, Bedrohung und Gefährdung. – Na- turbuch-Verl., Augsburg, 264 S. Meyer, F. (1999): Bestandsentwicklung der Lurche (Am- phibia). – In: Frank, D. & Neumann, V. (Hrsg.): Be- standssituation der Pflanzen und Tiere Sachsen-An- halts. – Ulmer, Stuttgart, S. 172–174. Meyer, F. & Buschendorf, J. (2004): Rote Liste der Lur- che (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia) des Landes Sachsen-Anhalt. – Ber. Landesamt. Umweltschutz Sach- sen-Anhalt (Halle) 39: 144–148. Meyer, F.; Mehnert, J. & Nöllert, A. (2001): Verbrei- tung und Situation des Kammolches in den Ländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. – Rana (Rangsdorf), SH 4: 71–82. Meyer, F.; Buschendorf, J.; Zuppke, U.; Braumann, F.; Schädler, M. & Grosse, W.-R. (Hrsg.) (2004): Die Lurche und Kriechtiere Sachsen-Anhalts – Ver- breitung, Ökologie, Gefährdung und Schutz. – Lau- 513

lu-krie_605-608-Forschungsbedarf.pdf

||||||||||||||||||||| Berichte 5.3.2 des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 4/2015: 605 – 608 ||||||||||||| Fachlicher Ausblick und Forschungsbedarf Wolf-Rüdiger Grosse Kartierung der Verbreitung Bei der Erstellung wie auch der Aktualisierung und Pflege von Verbreitungskarten besteht ständig das Problem der Datengrundlage. Die Ergebnisse hängen in starkem Maße von den Basisdaten ab. Der Nach- teil vieler feldherpetologischer Datenbanken liegt in der diskontinuierlichen Gewinnung der Primärdaten- zeitserien. Die Ursachen liegen nicht unbedingt in der Feldarbeit selbst, sondern es finden aufgrund geplan- ter Vorhaben (meist die Erstellung eines Verbreitungs- atlas oder neuerdings FFH-berichtspflichtige Termine) intensive Erhebungen statt, die danach wieder erlah- men. Dadurch werden die Ergebnisse bei zeitlich gestaffelten Datendarstellungen häufig verfälscht und Ausbreitungs- oder Aussterbeereignisse nicht erfasst. Eine kontinuierliche Datengewinnung ist daher zukünf- tig anzustreben. Desweiteren sollte auch die Reptilienerfassung sys- tematisch erfolgen, was teilweise in der jetzt vor- liegenden Fassung der Landesfauna 2015 für die FFH-berichtspflichtigen Arten wie Zauneidechse oder Schlingnatter schon erfolgt ist. Erfolge, wie bei der Amphibienerfassung, stellen sich dann bald ein. Die Reptiliendaten fielen dagegen früher meist „so neben- bei mit an“. In der Auswertung der Fundpunkte zur Landesfauna 2004 hatte das aber fatale Folgen: so lagen über 50 % der Zauneidechsennachweise an Gewässern! Eine Schlussfolgerung sollte in Zukunft darin liegen, regionalspezifische Erkenntnisse auf Art- basis für naturräumliche Einheiten oder Schutzgebiete zu erarbeiten. Die Ausweisung der FFH-Schutzgebiete bildet dazu eine gute Arbeitsgrundlage . Der Vergleich der Rasterfrequenzen der Arten mit den benachbar- ten Bundesländern erwies sich in der Vergangenheit als schwierig, da Erfassungszeiträume, Methoden und Erfassungsgrad nicht übereinstimmten. Dafür wird zukünftig die Artendatenbank der DGHT/AG Feldher- petologie zur Verfügung stehen, und für alle Nutzer erreichbar, Verbreitungskarten zur Verfügung stellen (vgl. dazu Deutschlandkarten in den Artkapiteln 4.3.1ff. bzw. unter http://www.feldherpetologie.de/verbrei- tungsatlas-einheimischer-reptilien-und-amphibien/). Neben der Verbreitung und der Dichte der Vorkom- men in den Naturräumen hat gerade für den prakti- schen Artenschutz die jeweilige Größe der Bestände eine herausragende Bedeutung. Nur so lassen sich die Bestandentwicklung und die daraus resultierenden Handlungen des Naturschutzes exakt darstellen. Hier ist besonders die Grundlagenforschung gefragt rele- vante Methoden zu erarbeiten. Im Vergleich zur letzten Landesfauna 2004 sind wir dabei mittlerweile einen bedeutenten Schritt vorangekommen. Die Grundda- tenerfassung der Anhangs-Arten der FFH-Richtlinie erfolgte nach festen Regeln und methodischen Vorga- ben (Schnitter et al. 2006). Dabei kamen erstmals auch standardisierte Nachweis- und Fangmethoden wie Schlangenbretter oder Wasserreusenfallen flä- chendeckend zum Einsatz. Perspektivisch ergeben sich dabei noch weitere Möglichkeiten. Modernste Methodenliteratur steht dabei zur Verfügung. Hier sind die Bestimmungsschlüssel von Amphibien und deren Larven (Thiesmeier 2014, 2015) oder Methodenüber- sichten (Hachtel et al. 2009, Kronshage & Glandt 2014) zu nennen. Die Untersuchung der Umwelt-DNA (auch e-DNA) ist eine neue Methode, um die Präsenz von Arten in Still- und Fließgewässern nachzuweisen (Schmidt & Ursenbacher 2015). Kleine Wasserpro- ben können im Labor mittels PCR auf DNA-Spuren untersucht werden. Sie können ausreichen, um den Nachweis einer Art in einem Gewässer zu erbringen. Wenn derartige molekulargenetische Methoden aus- gereift und zukünftig bezahlbar sein werden, lassen sich in kürzesten Zeiträumen Habitatanalysen zum Artenspektrum erstellen. In Zukunft lässt sich mit e-DNA-Analysen vielleicht auch die Abundanz einer Art abschätzen – das klingt visionär, ist aber heute bereits im Labortest machbar. Dabei kommt es gar nicht so sehr auf die exakte Zahl der Individuen an, Informationen zur Größenordnung der Population genügen durchaus. Großer Forschungsbedarf besteht weiterhin zur Verminderung der Kenntnislücken über das Überwinterungsverhalten bzw. der Winterquartiere sowie über das Wanderverhalten fast aller Lurcharten. Beide Fragestellungen liefern Daten, die der prakti- sche Naturschutz dringend benötigt. Überwachung der Populationen Die Erkenntnis von der Dynamik von Amphibienpo- pulationen wurde erst im letzten Jahrzehnt in vollem Umfang in die ökologische Forschung und den Natur- und Artenschutz integriert. Bei den Reptilien stehen wir dabei erst am Anfang. Da die Populationen schwer prognostizierbaren und erfassbaren Fluktuationen unterliegen, ist es in der Praxis kaum möglich, diese von stochastischen Umwelteinflüssen inkl. Eingriffen des Menschen zu unterscheiden. Lediglich methoden- konstante Dauerbeobachtungen bringen gesicherte Aussagen zu Bestandstrends, Charakterisierung von Artengemeinschaften in Naturräumen oder Aussagen zu Rückgangs- und Verlustursachen. Die Daten der ersten Phase der berichtspflichtigen Meldungen über Abb. 1: Einsatz von künstlichen Verstecken zu Reptiliennach- weisen in der Mosigkauer Heide (Foto: M. Seyring). 605 FACHLICHER AUSBLICK und FORSCHUNGSBEDARF Abb. 2: Populationsbiologische und molekularge- netische Untersuchungen zum Verwandtschaftsver- hältnis einer isolierten Population des Laubfroschs in der Elster-Luppe-Aue bei Ermlitz/Sachsen-An- halt (Krug & Grosse 2013) – Ergebnis der Bayes- schen Analyse für mehrere genetische Gruppen (K = 2) (Foto: A. Krug).In der grafischen Darstellung stehen gleiche Grautöne für einheitliches geneti- sches Material. die in der FFH-Richtlinie geschützten Arten in Sach- sen-Anhalt liegen vor und zeigen dabei die Richtigkeit und den Erfolg des eingeschlagenen Weges. Arten Feuersalamander: Sachsen-Anhalt hat möglicher- weise zwei Unterarten des Feuersalamanders, wobei die Vorkommen der gefleckten Unterart hochgradig gefährdet sind. Neben Kartierungen sind vor allem Gefährdungsanalysen notwendig, die Grundlage von nachhaltigen Artenhilfsmaßnahmen sein müssen. Die Untersuchung der Fortpflanzungsbiologie steht dabei im Vordergrund. Regional wichtig sind Kenntnisse zur Prädation. Bergmolch: Die Datenlage zu Bestandsgrößen ver- schiedener Populationen ist gering. Bei der Erhe- bung populationsspezifischer Daten ist auf die exakte Untersuchung der Gewässer zu achten. Gerade in Fließgewässer tangierenden Vorkommen ist eine Lar- valüberwinterung häufig und bringt aufgrund größerer Metamorphoslinge möglicher Weise einen entwick- lungsbiologischen Vorteil für die Individuen. Wichtig scheint die Klärung der Frage, welchen Vorteil Bach­ staue in Mittelgebirgslagen unter dem Aspekt der fort- schreitenden Zerstörung der Kleinstgewässer, wie Fahrspurrinnen oder wegbegleitender Gräben, brin- gen. Fehlende Kenntnisse über den Reproduktions- erfolg und den Sommerlebensraum erschweren das Verständnis der Vorkommen der Art in den trockenen Kiefernwäldern des Flämings nach dem Austrocknen der Pfützen in den Fahrspuren. Kammmolch: Die gesamte Phase des terrestrischen Aufenthaltes der Art ist kaum untersucht. In Konsens mit der Gewässerwahl ergeben sich für einen ganz- heitlichen Ansatz im Naturschutz viele Aspekte, die zur Populationsstabilisierung oder Ausbreitung der Art Abb. 3: Knochen in Gewöllen von Greifvögeln geben Infor- mationen über die Art der Beute und ihr Raum-Zeit-Verhalten. Dargestellt ist das Darmbein (Os ilium) des Laubfroschs als Merkmalsträger für die Arterkennung (Foto: W.-R. Grosse). 606 beitragen. Das Zusammenleben der Molche in Gewäs- sern mit Fischen unter verschiedenen Gesichtspunk- ten wie Dichte, Gewässermorphologie oder -bewuchs bedarf weiterer Untersuchungen. Fadenmolch: Über Verhalten und Nahrungsspekt- rum terrestrisch lebender Fadenmolche ist sehr wenig bekannt. Verlässliche Angaben zu Bestandsgrößen in Gewässern fehlen ebenso wie Angaben zur Diffe- renzierung der Gewässer in Aufenthaltsgewässer und Laichgewässer. Die Rolle der Prädatoren wie Wasser- insekten und deren Larven oder auch Wildschweine in den entsprechenden Lebensräumen ist kaum unter- sucht. Die Art kann in kleinsten Gewässern riesige Individuendichten aufbauen. Weiterhin gibt es keine Aussagen zu Wirkungen von Meliorationsmaßnahmen im Bereich der Vorkommen. Teichmolch: Trotz Kenntnissen über die Jahresphä- nologie der Art sind Fragen des Wanderungsbeginns oder der Dauer des Gewässeraufenthaltes nicht unter- sucht. Fressfeinde sind gut bekannt, unklar ist jedoch welche Rolle Teichmolche als Prädator für frisch geschlüpfte Larven beispielsweise in gemeinsamen Vorkommen mit Moor-, Spring- oder Grasfrosch spie- len. Die Vorteile der Auenrenaturierung für die Art sind offensichtlich aber nicht dokumentiert. Geburtshelferkröte: Ehemals eine Art der Bachauen im Berg- und Hügelland wurde die Art immer mehr auf Sekundärstandorte zurückgedrängt. Wichtig ist die Kenntnis der Gesamtheit der Teillebensräume. In Sachsen-Anhalt wahrscheinlich vom Aussterben bedroht (Chytridpilz, Prädation durch Waschbär, u.a. Ursachen), sind Untersuchungen zu Methoden und Möglichkeiten eines Populationsschutzes dringend erforderlich. Es fehlen auch Totfunde, die auf Chytridio­ mykose untersucht werden können, so dass der Pilz- nachweis hierzulande noch aussteht. Rotbauchunke: Da die Arealgrenze elbnah durch Sachsen-Anhalt verläuft, sind die Populationen durch ihre Randlage an der Westgrenze des Areals stets inte- ressant und bedürfen einer langfristigen Überwachung (Auswirkungen von Klima, Landnutzung, Habitatquali- tät und Schutzgebieten). Zur gesicherten Deutung des Beziehungsgefüges zwischen den Teilpopulationen der Rotbauchunke im gewässerarmen Landschafts- raum des Flämings und damit zur Absicherung der Schutzwürdigkeit und -notwendigkeit wären wissen- schaftliche Untersuchungen zum Wanderverhalten und zur Lebensraumnutzung der Art im gesamten Jah- resverlauf mit Schlussfolgerungen für ein zielgerichte- tes Habitatmanagement (z. B. im Managementplan für das FFH-Gebiet) wünschenswert. Infolge des Fehlens ortsansässiger Spezialisten ist dies aber wohl nur über Forschungsaufträge und/oder Masterarbeiten der Uni- versitäten und Hochschulen realisierbar. Knoblauchkröte: Die Bestandssituation der Art ist nur unzureichend bekannt. Die Art weist drastische Populationsschwankungen auf. Unbekannt sind auch die Ursachen der hoch variablen Laichzeit, wenn man FACHLICHER AUSBLICK und FORSCHUNGSBEDARF bedenkt, dass die Art zu den Frühwanderern gehört. Aus der Sicht des Gewässerschutzes sind Nebenlaich- zeiten und im Wasser überwinternde Larven hoch inte- ressant (Bedeutung der Gewässertiefe, temporär oder perennierend). Kenntnisse zu Schutzmöglichkeiten im Landlebensraum sind gerade für die Vorkommen in den Agrargebieten Sachsen-Anhalts von Bedeutung (Bodenbearbeitung, Winterquartiere). Erdkröte: Wichtig ist ein Langzeitmonitoring, über die Angaben von Amphibienschutzanlagen hinausge- hend, in ausgewählten Gebieten, da die Erdkröte als Allerweltsart auch ein hohes Potenzial an Zeigerwir- kung für Umweltveränderungen hat. Kreuzkröte: Informationen über den Erhaltungszu- stand der Art veralten aufgrund ihrer Lebensweise sehr schnell. Notwendig ist ein langfristiges Monitoring in ausgewählten verschiedenartigen und landestypi- schen Lebensräumen. Weiterhin sind Untersuchungen zum Erhalt der Metapopulationen notwendig, denn nur die sichern eine hohe Präsenz. Wichtig sind Untersu- chungen zum Schutz der Art, ihr Überleben in Vernäs- sungsstandorten und die Nutzung terrestrischer Hab- itate betreffend (gilt auch für die Wechselkröte). Wechselkröte: Über die Steuerung der Ruf- und Laich- platzwahl liegen sehr wenig fundierte Kenntnisse vor, was bei einer so wechselhaften Art nicht verwundert. Auch die Phänologie (Wanderungsbeginn im März gemein- sam mit Moor- und Grasfrosch und der Knoblauchkröte) birgt Rätsel. Es fehlen Angaben zur Mindestgröße des Lebensraumes, der Populationen und der Wanderun- gen. Die Art kann über Jahre aus der Landschaft ver- schwinden, um dann wieder in Massen aufzutreten. Laubfrosch: Untersuchungen zum Jahreslebensraum haben in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse gebracht. Dabei können auch Gewöllanalysen genutzt werden, um jahreszeitlich räumliche Zusammenhänge darzustellen. Es fehlen derzeit jegliche Erklärungen dafür, dass Populationen langfristig sowohl in Einzel- vorkommen wie auch in Metapopulationen überleben können. Was sind die Ursachen des Aussterbens oder der Ausbreitungen? Moorfrosch: Die Rolle der Auen in der Moorfrosch­ existenz ist unbestritten. Untersuchungen zu Renatu- rierungsvorhaben der Auen und die Wirkung auf Moor- froschpopulationen sind aktuell dringend notwendig. Dazu gehört auch die Auennutzung, die Beweidung oder der Ackerbau in Auen. Die Ursachen von erstaun- lichen Besonderheiten sind weitgehend ungeklärt: Warum überwintern auch in Sachsen-Anhalt bei Wör- litz oder Frose die Tiere gerade im Siedlungsgebiet? Springfrosch: Diese in Sachsen-Anhalt seltene Art ist möglicherweise an einigen Orten in Ausbrei- tung begriffen (oder wurde vorher dort übersehen?) oder die Bestände sind seit Jahren zumindest stabil. Gerade in südlichen Landesteilen werden agrarisch genutzte Offenlandgebiete als Lebensraum genutzt, was für eine Waldart erstaunlich ist. Wie kommt die Art damit zurecht und wie kann sie in diesem Lebensraum erhalten werden? Grasfrosch: Wichtig sind Fragen der ökologischen Einnischung aller drei Braunfroscharten, die Folgen von syntopen Vorkommen und Populationsschwan- kungen. Teichfrosch: Die Kenntnisse über die Verbreitung und Habitatnutzung unserer einheimischen Grünfrösche ist besonders aufgrund der Zuordnungsschwierigkeiten mangelhaft, auch wenn landesweit keine Gefährdung besteht. Landesweit sollten die Populationssysteme erfasst werden. Konkrete Gefährdungsanalysen für die gesamte Wasserfrosch-Gruppe sind erforderlich. Kleiner Wasserfrosch: Diese Art aus der Wasser- froschgruppe lässt sich mit ausreichenden Grund- kenntnissen (vgl. „Einführung zur Wasserfrosch- gruppe“ in Kapitel 4.3.16 „Teichfrosch“) einigermaßen sicher erfassen, was bei Landeskartierungen zeitnah hinterfragt werden sollte (Datenevaluierungen). Über Jahresphänologie und terrestrischen Lebensraum ist zu wenig bekannt. Molekulargenetische Untersuchun- gen sind in lessonae-esculentus-Populationen zur Klä- rung ihrer artlichen Zusammensetzung und zur Arter- haltung von P. lessonae dringend erforderlich. Seefrosch: Eine genauere Kartierung der Populati- onssysteme ist denkbar, sollte aber Spezialisten vor- behalten bleiben (Verweis auf seefroschfreie Natur- räume). Dabei sind Nachweise im urbanen Bereich immer überprüfungswürdig. Sumpfschildkröte: Weiterhin gezielte Erfassung aller Beobachtungen der Art sind notwendig. Aufgrund der komplizierten Fortpflanzungsbiologie sollten gezielte Schutzmaßnahmen Spezialisten vorbehalten bleiben. Alle in Menschenhand geratenen Sumpfschildkröten müssen sequenziert werden, um über die Bestim- mung des Haplotyps die Erkenntnis der Autochthonie zu gewinnen. Sollten autochthone Sumpfschildkröten entdeckt werden, sind für diese Vorkommen gut durch- dachte Schutzvorkehrungen mit höchster Priorität zu treffen. Zauneidechse: Neben der Füllung von Kartierungs- lücken sind auch die bei Eingriffsregelungen erzielten ökologischen und populationsbiologischen Daten zu sammeln und über ein Monitoringsystem der Öffent- lichkeit zugänglich zu machen. Beutespektrum, Lebensraumnutzung, Reviergrößen und Parasitierung sind für das Überleben der Art wichtige Daten. Das Erfassen des Populationsaufbaus über einen länge- ren Zeitraum an ausgewählten Habitaten ist dringend erforderlich. Mauereidechse: Hier ist eine langfristige Erfassung der Ausbreitung der derzeitigen Vorkommen wichtig. Die Zusammensetzung von Reptilienzönosen kann von dieser Neozoenart beeinflusst werden. Waldeidechse: Obwohl die Kenntnisse zur Verbreitung in Sachsen-Anhalt gut sind, ist über den offensichtli- chen Rückgang (Teilpopulationen wie Individuenzah- len) auch in „unberührten Habitaten“ nichts bekannt. Untersuchungen zu regionalen Nahrungsspektren oder Prädatoren werden gebraucht. Waldumbau und Sukzessionen beeinflussen sicher die Habitate, ohne dass dazu Dokumentationen vorliegen. Blindschleiche: Viele populationsökologische Fragen sind bei dieser Art ungeklärt und alle Daten wichtig. In der Faunistik sollte man schnell von einer Zufalls- kartierung abkommen und gezielt mit Fangmethoden arbeiten. Schlingnatter: Erst im Rahmen der Grundatenerfas- sungen zur Untersuchung der FFH-geschützten Arten wurde eine systematische Erfassung der Vorkommen durchgeführt. Das aktuelle Zustandsbild ist erschre- ckend. Untersucht werden kann eigentlich alles, Anga- ben zur weiteren Verbreitung, Populationsökologie und Schutzmöglichkeiten werden dringend gebraucht. Ringelnatter: Der Wissenstand über die Art ist gut, über ihre ökologischen Ansprüche, besonders was den Sommer- und Winterlebensraum betrifft, ist weni- 607

pdf-Dokument mit Hinweisen zur Kartierung (pdf)

Allgemeine Hinweis e für die K artierung Bevor es ins Gelände geht Wir freuen uns über Ihr Interesse an Amphibien und Reptilien und über Ihre Bereitschaft, ehrenamtlich Daten im Rahmen des Pilotprojekts zu erheben. Vor der eigentlichen Suche im Gelände empfehlen wir folgende Schritte vorzunehmen, damit Sie bestens ausgerüstet starten können. 1. Artbeschreibungen und Kartieranleitungen Zu den zehn Amphibienarten und den drei Reptilienarten können von den Internetseiten der LUBW Steckbriefe abgerufen werden. Diese enthalten Hilfestellungen zur Artbestimmung, zur Verbreitung und Beschreibungen der bevorzugten Lebensräume. Die Kartieranleitungen zu den jeweiligen Kartiergruppen nennen konkrete Tipps, wie die Arten leicht nachzuweisen sind und welche Lebensräume für die Erfassung gezielt aufgesucht werden sollten. Artensteckbriefe: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/fauna-flora- habitat-richtlinie#ffharten 2. Kartengrundlagen erstellen Zur Dokumentation der Nachweise im Gelände sind Kartenausdrucke eine wesentliche Grundlage. In die Ausdrucke werden die Funde eingetragen um sie anschließend in das Eingabeprogramm übertragen zu können. Über folgenden Link können für das jeweilige Kartiergebiet die dazugehörigen Kartenausdrucke erstellt werden: http://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de/projekte/alias.xhtml?alias=lak Im Karten- und Datendienst sind die topographischen Karten und die aktuellen Luftbilder hinterlegt. Ebenfalls sind die gesetzlich geschützten Biotope als Thema aktiv geschaltet. Gesetzlich geschützte Biotope wie Hecken, Gebiete mit Trockenmauern und Steinriegeln, Feuchtgebiete und Bruchwälder bieten eine gute Orientierung als Suchräume für die Erfassung von Amphibien und Reptilien. Konkrete Hinweise zu den jeweiligen Arten finden Sie in den Artbeschreibungen. Zusätzlich kann mit den vorhandenen Themenkarten „Naturschutzgebiete“ und „Naturdenkmale“ geprüft werden, ob im UTM-Raster Schutzgebiete liegen (vgl. Hinweise zum Schutz der Tiere, Seite 3). Mit der Druckfunktion können die Kartenausschnitte als pdf gespeichert und für das Gelände ausgedruckt werden. Eine Anleitung mit Bildern ist auf der Internetseite des Projekts bereitgestellt. Kartiererinnen und Kartierer, die keinen Internetzugang haben, können sich an die Koordinationsstelle wenden. Allgemeine Hinweise für die Kartierung 3. Hilfreiche Ausrüstung Da es sich bei den Amphibien um Lebewesen handelt, die sich gerne in feuchten Bereichen aufhalten, sind wasserfeste Schuhe wie Gummistiefel nützlich. Um die Ausbreitung des Chytridpilzes zu verhindern, ist es wichtig, dass die Gummistiefel oder Schuhe nach dem Geländeeinsatz draußen in der Sonne getrocknet bzw. desinfiziert werden. Der Chytridpilz wird als eine der Hauptursachen für den weltweiten Amphibienrückgang diskutiert und kann zu einem massenhaften Amphibiensterben führen. Der Pilz ist nicht trockenresistent, so dass ein Trocknen der Schuhe an der Luft den Pilz abtötet. Bei der Schlingnatter handelt es sich um eine sehr versteckt lebende Reptilienart, die oftmals nur schwer zu finden ist (vgl. hierzu die Kartieranleitung). Hilfreich ist es, wenn in den geeigneten Lebensräumen sogenannte „Schlangenbretter“ ausgelegt werden, unter denen sich die Schlangen geschützt aufhalten und aufwärmen können. Als Schlangenbretter eignen sich unbehandelte Holzbretter, Bleche und aus Dachpappe zugeschnittene 1m²-Stücke. Dachpappe mit einer Breite von 1m kann kostengünstig in Baumärkten bezogen werden. 4. Gelände-Checkliste  robuste Kleidung  festes Schuhwerk  Klemmbrett  Wasserfester Stift  Erhebungsbogen  Kartenausdrucke  Kartieranleitung  Teilnahmebescheinigung (wird von der Koordinationsstelle zugestellt)  Taschenlampe  Fotoapparat  Kescher (bei Bedarf)  Schlangenbretter (bei Bedarf  Schlingnatter) Seite 2 Allgemeine Hinweise für die Kartierung Grundsätzlich im Gelände zu beachten Nach den ganzen Vorbereitungen soll es nun auch bald möglich sein, dass Sie draußen auf die Suche gehen. Damit diese auch erfolgreich und ohne Schwierigkeiten verläuft, erlauben wir uns noch folgende Hinweise: 5. Hinweise zum Schutz der Tiere Generell sollte bei der Suche im Gelände die Regel gelten: Artenschützer hinterlassen keine Spuren! Amphibien und Reptilien zählen in Deutschland zu den gesetzlich geschützten Arten. Daher beachten Sie bitte, dass Sie bei allen Erhebungen die Tiere nicht stören oder gar verletzen. Dies sollte selbstverständlich auch für alle anderen Arten gelten. Die Erhebungsmethoden sind so aufgebaut, dass ein Fang der Tiere grundsätzlich nicht nötig ist. Das ruhige Beobachten und langsame Abgehen ist daher das Mittel der Wahl. Sofern zur genauen Artbestimmung bei den Grünfröschen dennoch Hautkontakt mit den Tieren erforderlich wird, muss darauf geachtet werden, dass die empfindliche Haut der Amphibien nicht geschädigt wird. Das bedeutet, dass Ihre Hände vorher nicht mit Lotionen, Mückensprays oder ähnlichem in Kontakt gekommen sind. Bei der Geländesuche müssen Sie sich in Naturschutzgebieten und flächenhaften Naturdenkmalen grundsätzlich an das Wegegebot halten. Nehmen Sie bei den Geländebegehungen immer Ihre Teilnahmebescheinigung mit. Die Teilnahmebescheinigung erhalten Sie nach erfolgtem Zuschlag für Ihr Raster von der Koordinationsstelle. 6. Kartierzeiten Bei der Erfassung von Amphibien und Reptilien gilt die Faustregel Keine Hitze, keine Kälte! Generell sollten Sie die Mittagshitze meiden und stattdessen vormittags bzw. in den Nachmittags- bis frühen Abendstunden im Gelände suchen. Manche Amphibienarten lassen sich besonders gut nachts durch ihre Rufe nachweisen. In jeder Kartieranleitung finden Sie Hinweise, zu welchen Tageszeiten die Suche am ehesten Erfolg verspricht und in welchen Monaten die Tiere am aktivsten sind. Tage, an denen es warm ist und gleichzeitig eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, sollten Sie als Geländetage nutzen. Geeignet sind auch die Stunden während (Amphibien) und nach einem warmen Sommerregen (Reptilien). Seite 3

von externer Seite: Umgang mit Amphibienkrankheiten (pdf)

HINTERGRUND | AMPHIBIENKRANKHEITEN Handlungsempfehlungen des BFA (Bun- desfachausschusses) Feldherpetolo- gie/Ichthyofaunistik zur Freilandarbeit in und an aquatischen Lebensräumen Hygienemaßnahmen zur Vermeidung unbeabsichtigter Verbrei- tung von Pathogenen bei der Amphibienkartierung und prakti- schen Amphibienschutzmaßnahmen Zu den zahlreichen Gefährdungsfaktoren für Amphibien gehören auch Pathogene, also Erreger von Amphibienkrankheiten, die entweder in heimischen Amphibienbeständen neu auftreten oder aufgrund veränderter Umweltbedingungen stärkere Auswirkungen auf Populationsebene verursachen. Diese Handlungsempfeh- lungen richten sich an alle in der Freilandarbeit in und an Gewässern tätigen Perso- nen, aber in erster Linie an NABU-Gruppen, ehrenamtliche Amphibienschützer und den beruflich mit Amphibienschutz befassten Biologen. Der Bundesfachausschuss möchte mit diesen Handlungsempfehlungen über die aktuelle Situation der derzeit auftretenden Pathogene informieren und Empfehlungen aussprechen, die einen adä- quaten Umgang mit dieser Problematik bei der Freilandarbeit gewährleisten sollen. 1. Pathogene – eine „neue“ Gefahr? Infektionskrankheiten sind Bestandteil natürlicher Interaktion zwischen Organismen. Zu den Erregern (Pathogenen) gehören Viren, Bakterien und andere Einzeller sowie Pilze und Flechten. Diese haben sich häufig im Laufe einer kontinuierlichen Koevolution mit ihren Wirten entwickelt und sind auch Motoren der Evolution. Allerdings hat der Mensch heute die Umwelt auf vielfältige Weise so verändert, dass Krankheitserreger zu einem Gefährdungsfaktor geworden sind; etwa durch den weltweiten Tierhandel, durch den auch eine Verbreitung von Pathogenen gefördert wird, den Klimawandel, der die Bedin- gungen für die Ausbreitung von Pathogenen begünstigt oder die Bedingungen von Am- phibienpopulationen negativ beeinflusst, oder eine Vielzahl von Stressoren (z.B. Agro- chemikalien), welche die Fähigkeit von Amphibien schwächen, mit Pathogenen „fertig zu werden“. Heute ist klar, Pathogene gehören zu den wichtigsten Faktoren des weltweiten Amphibiensterbens. Auch wenn die Forschung insbesondere in den letzten zwei Jahr- zehnten zu enormen Zuwächsen an Kenntnis über Amphibienkrankheiten geführt hat, so wissen wir heute noch immer vergleichsweise wenig über die Auswirkungen vieler Kontakt NABU Bundesfachausschuss Feldherpetologie/ Ichthyofaunistik Sascha Schleich BFA-Sprecher Dr. Holger Buschmann Stellvertretender BFA-Sprecher Tom Kirschey Stellvertretender BFA-Sprecher Dr. Helmut Winkler Stellvertretender BFA-Sprecher NABU Bundesgeschäftsstelle Charitéstraße 3 10117 Berlin Sascha.Schleich@Amphibienschutz.de Holger.Buschmann@NABU- Niedersachsen.de Tom.Kirschey@NABU.de Helmut.Winkler@uni-rostock.de www.amphibienschutz.de www.NABU.de HINTERGRUND | AMPHIBIENKRANKHEITEN | HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN DES BFA (BUNDESFACHAUSSCHUSSES) FELDHERPETOLOGIE/ICHTHYOFAUNISTIK ZUR FREILANDARBEIT IN UND AN AQUATISCHEN LEBENSRÄUMEN Krankheitserreger und die aktuelle Betroffenheit heimischer Amphibienpopulationen. Pathogene können an Individuen nachgewiesen werden, ohne dass diese im Einzelfall erkranken. Ob die Krankheit bei einem Individuum ausbricht, hängt neben den bereits erwähnten allgemeinen Faktoren auch von der Aggressivität des Pathogens, dem indivi- duellen Ernährungszustand, dem Status des Immunsystems, dem Lebensalter und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab. Bei der so genannten Prävalenzrate spricht man von dem Anteil der Population bzw. der untersuchten Tiere, bei denen das Pathogen nachgewesen werden konnte, unabhängig davon, ob es eine Erkrankung der betroffenen Individuen hervorgerufen hat, oder nicht. Diese Handlungsempfehlungen beschränken sich zunächst auf die drei am besten bekannten und nach allgemeinem Kenntnisstand für Deutschland relevanten Pathogene, die beiden Chytridpilze Bd und Bsal sowie die Ranaviren (aus der Familie der Iridioviren). 2. Pathogene vorgestellt Bd – Batrachochytridium dendrobatidis Seit einigen Jahren wird weltweit über den Amphibien-Chytridpilz (Batrachochtytrium dendrobatidis - kurz genannt Bd) im Zusammenhang mit dem globalen Amphibiensterben berichtet, da diese Infektion zum Auslöschen ganzer Amphibienpopulationen und Arten geführt hat. Bd tritt weltweit auf, über seine Ausbreitung gibt es unterschiedliche Hypo- thesen. Bd wird bei Froschlurchen (Anura, also Fröschen, Kröten und Unken) und bei Schwanzlurchen (Urodela, also Molchen und Salamandern) nachgewiesen. Nach derzeit vorliegenden Erkenntnissen ist der Erreger deutschlandweit verbreitet, ohne dass es bislang zu bekannten Bestandseinbrüchen gekommen wäre. Anders ist die Situation in anderen Teilen Europas, wo bereits Massensterbeereignisse z.B. bei der Geburtshelferk- röte (Alytes obstetricans), Feuersalamander (Salamandra salmandra) und Erdkröte (Bufo bufo) aufgetreten sind. Offenbar sind nicht alle Amphibienarten gleichermaßen betroffen und auch innerhalb des Areals einzelner Arten können große Unterschiede auftreten. Einige Arten sind sogar Bd-tolerant bzw. Bd-immun, wie z.B. der Teichfrosch (Pelophylax esculentus) und der Kleine Wasserfrosch (Pelophylax lessonae). Der optimale Tempera- turbereich von Bd liegt bei 17-25 °C. Die von Chytridpilzen wie Bd verursachte Krankheit wird Chytridiomykose genannt. Chytridiomykose wurde 1998 erstmals in Australien und Südamerika festgestellt, wo die Krankheit Massensterbeereignisse bei Amphibien verur- sacht hat. Bsal – Batrachochytridium salamandrivorans Der Hautpilz Batrachochytridium salamandrivorans (kurz Bs oder Bsal) wurde erst im Jahr 2013 wissenschaftlich beschrieben. Der nach derzeitiger Kenntnis erst vor wenigen Jahren mit dem Lebendtierhandel aus Asien eingeschleppte Pilz wurde seit seiner Ent- deckung in Europa bei einer Reihe von Schwanzlurch-Arten prävalent gefunden, ein- schließlich der auch in Deutschland vorkommenden Arten Bergmolch (Ichthyosaura alpestris), Kamm-Molch (Triturus cristatus), Fadenmolch (Lissotriton helveticus) und Teichmolch (Lissotriton vulgaris). Anlass der Entdeckung war ein Massensterben in einer der letzten niederländischen Populationen des Feuersalamanders (Salamandra salamandra) im Jahr 2010 in Süd-Limburg und die pathologische Untersuchung der tot aufgefundenen Tiere. Weitere Ausbrüche in Belgien, den Niederlanden und Deutschland sind dokumentiert, darüber hinaus bei in Terrarien gehaltenen Tieren in Deutschland, Großbritannien und in der Schweiz. Die verendenden Tiere sitzen tagsüber an der Ober- fläche und sind dadurch relativ gut zu finden bzw. werden von Spaziergängern gemeldet. Dokumentierte Massensterbeereignisse traten bislang „nur“ beim Feuersalamander auf, auch wenn Bsal prävalent unter anderem bei Bergmolchen gefunden wurde. Der optima- 2 HINTERGRUND | AMPHIBIENKRANKHEITEN | HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN DES BFA (BUNDESFACHAUSSCHUSSES) FELDHERPETOLOGIE/ICHTHYOFAUNISTIK ZUR FREILANDARBEIT IN UND AN AQUATISCHEN LEBENSRÄUMEN le Temperaturbereich von Bsal (10-15°C) unterscheidet sich von Bd (17-25°C). Im Unter- schied zu Bd verursacht Bsal im späten Stadium deutlich sichtbare Hautulzerationen, anders als Bd frisst Bsal buchstäblich Löcher in die Haut – der durch die Medien verbrei- tete Name „Salamanderfresser“ ist also durchaus passend. Die Schweiz reagierte bereits mit einem vorübergehenden Einfuhrverbot für asiatische Schwanzlurche, die USA verboten Anfang 2016 den Import fast aller nicht- nordamerikanischen Molch- und Salamanderarten sowie den Transport und Handel in- nerhalb des Landes. In Belgien, den Niederlanden und auf EU-Ebene erfolgen aktuell Abstimmungen zu Handelsbeschränkungen bis hin zum Verbot der Einfuhr von Sala- mandern und Molchen. Ranavirus (Iridioviridae) Im Gegensatz zu vielen bakteriellen Erregern und Pilzen, die oft einen sehr begrenzen Kreis von Wirten befallen (die Wirtsspezifität reicht dabei von art- oder gattungsspezifisch bis hin zur Spezifität auf eine ganze Tierklasse), befinden sich unter den Iridioviren und darunter auch der Gattung Ranavirus Formen, die sowohl Amphibien, als auch Fische und Reptilien (also das gesamte Spektrum exothermer Wirbeltiere) befallen können. Kennzeichnend für virale Erreger allgemein und auch für Ranaviren ist, dass sie sich in relativ kurzen Zeiträumen verändern und neue Stämme bilden können. Das von Ranaviren ausgehende Gefährdungspotenzial ist noch immer unzureichend erforscht. Es gibt Hinweise dass z.B. in Großbritannien ein Bestandseinbruch beim Grasfrosch (Rana temporaria) binnen weniger Jahrzehnte mit hohen Prävalenzraten von FV3-Ranaviren in Verbindung steht. Drei Ranaviren sind aktuell bekannt, welche Amphibien infizieren kön- nen, FV3 (Frog Virus 3), ATV (Ambystoma tigrinum Virus) und BIV (Bohle Iridovirus). Lediglich FV3-ähnliche Viren wurde bislang bei einer Reihe europäischer Arten in ver- schiedenen europäischen Staaten, darunter auch Deutschland nachgewiesen, darunter die Erdkröte (Bufo bufo), die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) und der Teichmolch (Lissotriton vulgaris). Weder Panikmache noch Ignoranz werden dem Problem gerecht! Die Übertragungs- und Ausbreitungswege von Chytridpilzen und Ranaviren sind noch unzureichend erforscht. Bekannt ist, dass alle drei Pathogene durch direkten Kontakt sowie durch Wassertransport verbreitet werden können. Darüber hinaus sind Ranaviren auch auf vollständig abgetrockneten Substraten noch fähig, Wirte zu infizieren. Als Amphibienschützer sollten wir besonnen mit Pathogenen umgehen und die bisweilen durch Medien geschürte Hysterie nicht zum Maßstab unseres Handelns machen. Uns ist bewusst, dass wir als Amphibienschützer nur eine Minderheit unter den in der Landschaft aktiven Menschen sind. Dennoch kann man nur für ein Problem überzeugend sensibili- sieren, wenn man selbst mit gutem Beispiel voran geht und nicht unbeabsichtigt selbst Pathogenen zur weiteren Ausbreitung verhilft und wichtige praktische Amphibienschutz- maßnahmen in Verruf bringt. Daher ist bei der Freilandarbeit an und in Gewässern sowie an Amphibienschutzzäunen die sorgfältige Einhaltung minimaler Hygieneanforderungen geboten. 3. Handlungsempfehlungen Um eine weitere Verbreitung dieser Pathogene zu verhindern oder zumindest nicht als Amphibienschützer unbeabsichtigt zu ihrer Verbreitung beizutragen, empfiehlt der NABU Bundesfachausschuss Feldherpetologie/Ichthyofaunistik folgende Maßnahmen bei der 3

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