Mit seinem Urteil in der Rs. C-300/20 zur Auslegung der SUP-Richtlinie hat der EuGH entschieden, dass LSG-Verordnungen Pläne und Programme im Sinne der SUP-Richtlinie sind. Damit wird künftig zu prüfen zu sein, ob LSG-Verordnungen im Einzelfall hinreichend detaillierte Regelungen über den Inhalt, die Ausarbeitung und die Durchführung von potentiell UVP-pflichtigen Projekten enthalten und somit aufgrund ihrer rahmensetzenden Wirkung eine SUP-Pflicht auslösen. Rechtsakte, mit denen andere Schutzgebietstypen ausgewiesen oder geändert werden (z.B. Naturschutz-, FFH-, Vogelschutz-, Wasserschutz- oder Bodenschutzgebiete), sind mit den LSG-VOen im Hinblick auf ihre (potentielle) SUP-Pflicht möglicher Weise vergleichbar. Daher ist zu untersuchen, ob auch derartige Rechtsakte Pläne und Programme im Sinne der SUP-Richtlinie sind und ob eine rahmensetzende Wirkung und mithin eine SUP-Pflicht in Betracht kommen. Diese Fragestellung ist von weitreichender Bedeutung für den Bestand der umweltrechtlichen Schutzgebietssysteme in Deutschland. Sie bedarf daher neben einer fundierten rechtswissenschaftlichen Betrachtung gerade auch einer umfangreichen empirischen Untersuchung zum tatsächlichen Auftreten rahmensetzender Regelungen in schutzgebietsbegründenden oder -ändernden Rechtsakten des Bundes und der Länder. Ziel der Untersuchung ist es, gesetzlichen Anpassungsbedarf zu ermitteln, unnötigen Prüfaufwand zu vermeiden, klare praxistaugliche Kriterien für die Einzelfallanwendung zu entwickeln und zu Rechtssicherheit beizutragen.
Am 10. November 2014 reichten über 290 Bürgerorganisationen aus ganz Europa Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein. Gegenstand ist die Nicht-Zulassung der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) "Stop TTIP" gegen die Handelsabkommen mit den USA und Kanada, TTIP und CETA. Die Bürgerinitiative fordert die EU-Kommission auf, das Verhandlungsmandat für TTIP aufzuheben und CETA nicht abzuschließen. Mit einer Demonstration von etwa 50 Bürgern vor dem Europäischen Gerichtshof unterstrichen die Initiatoren der Europäischen Bürgerinitiative ihr Anliegen. Sie wenden sich aber auch gegen die Entscheidung der EU-Kommission, die die Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) "Stop TTIP" abgelehnt hatte. Mit der Bürgerinitiative hätten Europäer die EU-Kommission zwingen können, sich mit einem bestimmten Thema zu befassen.
Am 21. November 2017 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), dass Polen umgehend die Abholzungsmaßnahmen im Białowieża-Wald einstellen muss, außer in Ausnahmefällen, die der Wahrung der öffentlichen Sicherheit dienen. Sollte Polen gegen den Beschluss verstoßen, wird der polnische Regierung ein Zwangsgeld von mindestens 100.000 Euro pro Tag zu zahlen an die Europäische Kommission auferlegt. Polen hat nun 15 Tage Zeit darzulegen, wie es dem Beschluss folgen wird.
Am 13. Juli 2017 beschloss die Europäische Kommission, Polen wegen des verstärkten Holzeinschlags im Białowieża-Wald, einem geschützten Natura-2000-Gebiet, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. Da der Holzeinschlag in großem Umfang begonnen hat, beantragte die Kommission beim Gerichtshof zudem einstweilige Anordnungen, um Polen zur Einstellung dieser Tätigkeiten zu veranlassen.
Der Gerichtshof der EU hat falsche Urteile bezüglich des Klagerechts von Verbänden in Umweltangelegenheiten gefällt. Dies geht aus einem am 27. Juni veröffentlichten Entscheidungsentwurf des Compliance-Ausschusses des Aarhus-Übereinkommens hervor. Compliance-Ausschusses des Aarhus-Übereinkommens mahnt außerdem die Umsetzung der Konvention in der EU an. Im Januar 2015 hatte der Europäische Gerichtshof in zwei Urteilen das Klagerecht von Umweltverbänden in Umweltangelegenheiten eingeschränkt. Die Aarhus-Konvention trat im Oktober 2001 in Kraft und soll den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten sicherstellen. Insbesondere eine Erleichterung beim Zugang zu Gerichten in der EU ist bisher nach Auffassung des Ausschusses nicht erkennbar. Der Ausschuss stellte nun offiziell einen Rechtsbruch der EU bei der Aarhus Konvention fest und forderte eine Gesetzesänderung ein.
2010 erließ Deutschland das Kernbrennstoffsteuergesetz. Dieses Gesetz führt für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2016 eine Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoff für die gewerbliche Stromerzeugung ein. Die Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH hat diese Steuer beim Finanzgericht Hamburg angefochten, weil sie der Ansicht ist, dass die deutsche Kernbrennstoffsteuer nicht mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Das Finanzgericht hat den Europäischen Gerichtshof zur Vereinbarkeit dieser Steuer mit dem Unionsrecht zu befragt. Am 4. Juni 2015, antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht einer Steuer wie der deutschen Kernbrennstoffsteuer nicht entgegensteht.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat durch sein Urteil vom 16.10.2014 (Rs. C-100/13 - Europäische Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland) die deutsche Umsetzung des Bauproduktenrechts im Hinblick auf drei unionsrechtlich harmonisierte Normen (EN 681- 2:2000, EN 13162:2008 und EN 13241-1) unter der damaligen (Bauprodukten-)Richtlinie 89/106/EWG vom 21.12.1988 für europarechtswidrig erklärt. Nach den Feststellungen des Urteils verstieß die deutsche Praxis, wonach für die durch die genannten Normen geregelten Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung über die Bauregelliste B Teil 1 zusätzliche Anforderungen für den wirksamen Marktzugang und die Verwendung der Bauprodukte aufgestellt wurden, gegen das in der Richtlinie enthaltene Marktbehinderungsverbot. Nach Maßgabe der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Bauprodukte, welche vom Anwendungsbereich einer harmonisierten Norm erfasst und mit der CE-Kennzeichnung versehen sind, nicht marktzugangsbehindernden nationalen Anforderungen unterworfen werden, ohne dass zugleich die hierfür vorgesehenen unionsrechtlichen Verfahrenswege beschritten werden. Aufgrund der Feststellungen des EuGH-Urteils hat die Bauministerkonferenz mit Beschluss vom 13.05.2016 die Musterbauordnung (MBO) geändert, um die Vereinbarkeit des deutschen Bauproduktenrecht mit den Vorgaben des Unionsrechts, insbesondere mit der nunmehr geltenden (Bauprodukten-)Verordnung (EU) Nr. 305/2011 vom 09.03.2011 (BauPVO) zu gewährleisten und so die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus den Europäischen Verträgen zu erfüllen. Die Musterbauordnung dient hier selbstverständlich nur als Abstimmungsinstrument der Bauministerkonferenz und bedarf der Umsetzung in den jeweiligen Landesbauordnungen, um rechtliche Wirksamkeit zu erlangen. Gleichzeitig soll das bisherige Niveau der Bauwerkssicherheit zur Erfüllung der grundrechtlichen Schutzpflichten im Hinblick auf die sichere Verwendung von Bauprodukten gewährleistet bleiben. Die normativen Änderungen bewegen sich damit im Spannungsfeld zwischen weitreichendem Schutz des europäischen Marktbehinderungsverbots und größtmöglicher Sicherung der Einhaltung der Grundanforderungen an Bauwerke. Die allgemeinen Anforderungen, die nach § 3 MBO an Bauwerke zu stellen sind, sollen in der neuen Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (E MVV TB, Stand: 20.07.2016) konkretisiert werden. Das vorliegende Rechtsgutachten prüft, ob die im Abschnitt A 3.2.1 E MVV TB festgelegten Anforderungen an bauliche Anlagen bezüglich des Gesundheitsschutzes (ABG, Entwurf v. 29.06.2016) und im Abschnitt A 3.2.2 E MVV TB festgelegte Technische Regel Textile Bodenbeläge (TRTB, Entwurf v. 17.06.2016) ausreichend sind, um den Gesundheitsschutz im Bereich der harmonisierten Bauprodukte auf dem bisherigen Niveau sicherzustellen.
Das Graduiertenkolleg soll sich in interdisziplinärer Form dem integrierten Umweltschutz widmen. Ausgangspunkt ist der insbesondere im europäischen Gemeinschaftsrecht verwurzelte Gedanke der Loslösung von einer isoliert auf einzelne Umweltmedien (Wasser, Boden, Luft) zentrierten Regelungskonzeption zu Gunsten einer holistisch etikettierten Sichtweise, die sich zur Aufgabe gestellt hat, die Wechselwirkungen verschiedener Umweltbelastungen bei der rechtlichen Bewertung zu berücksichtigen und auf diese Weise zu einem effektiveren und in sich geschlosseneren Umweltschutz zu gelangen. Normativ angeknüpft werden kann an die mittlerweile in das deutsche Recht transformierte Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl.EG Nr. L 257 v. 10. Oktober 1996, S. 26 - sog. IVU- Richtlinie). Das gemeinschaftsrechtliche Ziel besteht nach dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie darin, Emissionen in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirtschaft soweit wie möglich zu vermeiden und, wo dies nicht möglich ist, zu vermindern, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen. Der zunächst anlagenbezogene Regelungsansatz wird damit zu einem übergeordneten, den gesamten gemeinschaftsrechtlichen Umweltschutz umfassenden Leitmotiv, dessen Operationalisierung naturgemäß erhebliche praktische Schwierigkeiten aufwirft. Vor dem Hintergrund zahlreicher Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof wegen unzureichender Richtlinientransformation ist die deutsche Gesetzgebung in jüngerer Zeit zunehmend dazu übergegangen, durch wortgetreue Wiedergabe des über weite Strecken durchaus nur programmatischen und generalklauselartigen Richtlinientexts immerhin gerichtliche Niederlagen zu vermeiden anstatt durch den Versuch einer sinnhaften Transformation dem materiellen Richtlinienzweck gerecht werden zu können. Dieses Procedere taugt freilich zur wirklichen Bewirkung eines integrierten Umweltschutzes kaum. Vor diesem Hintergrund sucht das Graduiertenkolleg, ausgehend von der möglicherweise auch nur utopischen Prämisse der tatsächlichen Realisierbarkeit integrierten Umweltschutzes, Auslegung und Anwendung der zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe einer näheren interdisziplinären Untersuchung zu unterziehen, um festzustellen, ob und gegebenenfalls in welcher Weise das ambitionierte Ziel des Gemeinschaftsrechts erreicht werden kann. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die gemeinsame Erarbeitung objektiver Bewertungskriterien als verlässliche Grundlage für Normsetzung und Normvollzug. Das ist in der Vergangenheit insbesondere durch den häufig fehlenden intensiven Dialog zwischen Rechts- und Naturwissenschaften nicht ausreichend und zeitnah unternommen worden. Gerade die schnelle Entwicklung naturwissenschaftlicher Bewertungsansätze und Verfahrensweisen erzeugt einen kontinuierlichen Abstimmungsbedarf mit der umweltrechtlichen Normsetzung. usw.