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Verfassungsrechtliche und grundsätzliche Aspekte einer Reform des Straßenverkehrsrechts

Das Gutachten untersucht aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel, ob und auf welche Weise die von der Bundesregierung vorgesehene Reform des Straßenverkehrsrechts zur Berücksichtigung von Zielen des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung umgesetzt werden kann. Für eine solche Reform kann sich der Bund auf die Gesetzgebungskompetenz zum Rechtsgebiet "Straßenverkehr" aus Artikel 74 Absatz 1 Nr. 22 GG stützen. Die Belange des Gesundheits- und Umweltschutzes (einschließlich des Klimaschutzes) sowie die städtebaulichen Belange werden seit jeher von dieser Gesetzgebungskompetenz mit umfasst, denn diese richtet sich nicht nur auf die Gefahren "im" Straßenverkehr, sondern auch auf die Vermeidung und Verminderung von Gefahren, die vom Straßenverkehr auf Außenstehende und die Allgemeinheit ausgehen. Außerdem kann der Gesetzgeber diese Gesetzgebungskompetenz auch mit anderen Kompetenzen kombinieren, insbesondere mit dem Recht der "Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung". Die Berücksichtigung speziell des Klimaschutzes ist nach Artikel 20a GG sogar geboten. Das gleiche gilt für die Berücksichtigung der städtebaulichen Belange mit Blick auf Artikel 28 GG. Hinsichtlich der Ausgestaltung hat der Gesetzgeber große Spielräume. Er kann insbesondere Vorrangregelungen zugunsten umweltverträglicher Verkehrsarten vorsehen und den Gemeinden Antrags- und Mitwirkungsbefugnisse einräumen. Quelle: Forschungsbericht

Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Seit September 2006 unterliegt das Wasserrecht der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Nr. 32 GG, d. h. der Bund ist zur Vollregelung befugt. Die stoff- und anlagenbezogenen Regelungen der §§ 62-64 WHG neu gehören zum abweichungsfesten Kern. Das neue WHG vom 31. Juli 2009 tritt im Wesentlichen am 01. März 2010 in Kraft. Die Vorschriften zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen werden zukünftig in einer Bundesverordnung geregelt.

Forschung zur nuklearen Sicherheit

Forschung zur nuklearen Sicherheit Auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit sind der Kompetenzerhalt und die Verfolgung des Standes von Wissenschaft und Technik wichtige Aspekte der Aufgabenwahrnehmung des BASE. In diesem Zusammenhang führt das BASE Forschung durch. Alle BASE-Forschungsvorhaben und veröffentlichten Ergebnisse zum Thema finden Sie hier. Der Genehmigungsinhaber von Kernkraftwerken ist verpflichtet, die erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb kerntechnischer Anlagen zu treffen. Er handelt dabei nach dem Stand von Wissenschaft und Technik und wird von den zuständigen Länderbehörden im Auftrag des Bundes aufsichtlich überwacht. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ( BMUV ) übt hierbei die Rechts- und Zweckmäßigkeitsaufsicht aus. Ebenso obliegt ihm die Gesetzgebungskompetenz bei der Atomenergienutzung. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung ( BASE ) unterstützt das BMUV bei diesen Aufgaben mit seiner Expertise. Durch seine Arbeit wirkt das BASE an der Weiterentwicklung des gesetzlichen und untergesetzlichen kerntechnischen Regelwerks mit. Es arbeitet aktiv in verschiedenen nationalen und internationalen regelgebenden Gremien sowie wissenschaftlichen Netzwerken. Die Verfolgung des Standes von Wissenschaft und Technik und der Kompetenzerhalt auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit sind wichtige Aspekte der Aufgabenwahrnehmung des BASE . Forschung bildet einen zentralen Baustein zur Bewertung der Sicherheit beim Rückbau von Atomkraftwerken, beim Betrieb von Forschungsreaktoren, von kerntechnischen Anlagen im Ausland und als wesentliche Grundlage für die kompetente Mitarbeit im Rahmen von internationalen Überprüfungsprozessen. Forschungsagenda Themenschwerpunkte der BASE-Forschung können Sie detailliert in der Forschungsagenda nachlesen. Aktuell arbeitet das BASE an einer aktualisierten Version für den Zeitraum 2024 – 2028. Weiterführende Informationen Die Aufgaben der nuklearen Sicherheit in Deutschland Kategorie: Nukleare Sicherheit Themenschwerpunkte der BASE-Forschung Forschungsagenda Label: Broschüre Herunterladen (PDF, 752KB, barrierefrei⁄barrierearm)

Gesetzliche Grundlagen und Arbeitshilfen für den Bodenschutz

Rechtsvorschriften Grundlagen und Arbeitshilfen PFAS-Leitfaden Vollzugshilfe §§ 6 – 8 BBodSchV Weiteres Die geltenden Rechtsvorschriften im Bereich Bodenschutz gliedern sich auf in Bundesrecht und Landesrecht und werden ergänzt um dazugehörige Arbeitshilfen und Merkblätter. Das “Merkblatt zur Verhaltensweise beim Auffinden von Boden- und Grundwasserverunreinigungen” ist hier nachstehend zusätzlich erreichbar: Bis vor wenigen Jahren war der Bodenschutz, sofern keine besonderen Regelungen bestanden (z.B. im Wasser- oder Baurecht), Sache der allgemeinen Gefahrenabwehr und wurde nur im allgemeinen Ordnungsrecht behandelt. Im Land Berlin hatte sich dies bereits durch das Berliner Bodenschutzgesetz (BlnBodSchG vom 10. Oktober 1995) als spezielle Regelung geändert. Das Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenverunreinigungen und zur Sanierung von Altlasten ( Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG ) ist am 17. März 1998 verkündet worden und materiell am 01. März 1999 in Kraft getreten. Damit war das Berliner Bodenschutzgesetz von 1995 weitestgehend obsolet geworden. Durch das Bundes-Bodenschutzgesetz wurden die Voraussetzungen für einen wirksamen Bodenschutz und die Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen geschaffen. Zweck des Gesetzes ist, bundesweit nachhaltig die Funktion des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen. Hierzu sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, der Boden und schädliche Bodenveränderungen sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen. Bei Einwirkungen auf den Boden sollen Beeinträchtigungen seiner natürlichen Funktionen sowie seiner Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte soweit wie möglich vermieden werden. Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 09. Juli 2021 rundete als untergesetzliches Regelwerk das Bundesgesetz ab. Da dem Bundesgesetzgeber für den Bodenschutz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG eine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis zusteht, hatte das Land Berlin die Befugnis zur Gesetzgebung solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht Gebrauch gemacht hatte. Der Spielraum für die Länder ist nunmehr in § 21 BBodSchG (aber auch in §§ 9 Abs. 2 Satz 3, 10 Abs. 2, 11 und 18 Satz 2 BBodSchG) festgelegt. Am 18.09.2019 ist die Novelle des Berliner Bodenschutzgesetzes vom 24.06.2004, zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.09.2019, in Kraft getreten. Das Gesetz füllt seit 2004 den verbleibenden Regelungsrahmen des BBodSchG aus und regelt insbesondere folgende Bereiche: Melde-, Auskunfts- und Duldungspflichten, Ordnungswidrigkeiten, Bodeninformationssysteme. Mit der Novelle zum Berliner Bodenschutzgesetz hat der Berliner Landesgesetzgeber die Einführung einer Ermächtigungsgrundlage (vgl. § 1 Abs. 4 Bln BodSchG) zur Erstellung einer Bodenschutzkonzeption und zur Einrichtung von Bodendauerbeobachtungsflächen geschaffen. Nach § 18 Satz 2 BBodSchG in Verbindung mit § 8 BlnBodSchG ist das Land Berlin vertreten durch die für Bodenschutz zuständige Senatsverwaltung ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Anforderungen an die Sachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnische Ausstattung der Sachverständigen und Untersuchungsstellen, die Aufgaben nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz oder nach dem Berliner Bodenschutzgesetz und den Rechtsverordnungen wahrnehmen, zu regeln. Die erlassene Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen im Sinne von § 18 des Bundes-Bodenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2006 wurde zuletzt mit der Verordnung vom 24.05.2024 geändert.. Im Vollzug des Bodenschutzrechts ergeben sich zahlreiche Aufgaben, mit denen Sachverständige bzw. Untersuchungsstellen betraut werden können, wie z. B. die Gefährdungsabschätzung nach § 9 Abs. 2 BBodSchG, das Erstellen von Sanierungsuntersuchungen und Sanierungsplänen gemäß § 13 Abs. 2 BBodSchG und das Durchführen von Eigenkontrollmaßnahmen nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG. Im Bedarfsfall können sich weitere Tätigkeitsfelder für die Sachverständigen und Untersuchungsstellen ergeben. Die erlassene Verordnung soll gewährleisten, dass im Land Berlin im Vollzug des Bodenschutz- und Altlastenrechts einheitliche Anforderungen für die Sachverständigen und Untersuchungsstellen sowie deren Aufgabenerfüllung gelten, die von fachkundiger Stelle kontrolliert werden. Dies dient der Sicherung einer gleichmäßig hohen Qualität der Arbeiten zur Umsetzung des Bodenschutzrechts und trägt dazu bei, unnötige Kosten durch unsachgemäße Sachverständigentätigkeit bzw. Laborarbeit zu vermeiden. Das Zulassungsverfahren für die Sachverständigen wird von der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK) übernommen; Untersuchungsstellen bedürfen einer entsprechenden Akkreditierung. Für die Beurteilung stofflicher Belastungen von Grundwasser in Berlin hat die Senatsverwaltung die Berliner Liste erarbeitet. Der “Leitfaden zur PFAS-Bewertung – Empfehlungen für die bundeseinheitliche Bewertung von Boden- und Gewässerverunreinigungen sowie für die Entsorgung PFAS-haltigen Bodenmaterials” wurde im Amtsblatt von Berlin mit Datum vom 17. Juni 2022 bekannt gegeben. Als gemeinsame Arbeits- und Vollzugshilfe der sachlich zuständigen Behörden des Landes Berlin sowie aller privaten Akteure enthält der PFAS-Leitfaden wichtige Hinweise zu gesetzlichen Grundlagen, zur Erkundung, zu spezifizierten Analyseverfahren, zu wirkungspfadbezogenen Gefahrenbeurteilungen und repräsentative Fallbeispiele der Sanierung/Sicherung bei bestehenden Boden- und Gewässerverunreinigungen. Mit der Neufassung der BBodSchV (Artikel 2 der Mantelverordnung, BGBl. 2021 Teil I, S. 2716) ist das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden in den §§ 6 – 8 neu geregelt und um den Bereich „unterhalb und außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht“ erweitert worden. Im Auftrag der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) wurde eine LABO-Vollzugshilfe erarbeitet, die die neue Struktur der BBodSchV und die erweiterten und zum Teil geänderten materiellen Anforderungen sowie den erweiterten Anwendungsbereich der §§ 6 – 8 BBodSchV berücksichtigt. Die „LABO-Vollzugshilfe zu §§ 6 – 8 BBodSchV Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden“ mit Stand vom 10. August 2023 wird im Land Berlin zur Anwendung empfohlen. Die Vollzugshilfe steht auf der LABO-Homepage zum Download zur Verfügung. Gem. § 6 Abs. 7 und 8 BBodSchV muss für das Auf- oder Einbringung von Materialien mit einem Volumen > 500 m³ auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht sowie unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht eine Anzeige und eine Dokumentation erfolgen. Dafür wurde ein kombiniertes Musterformular entwickelt. Das Musterformular wird im Land Berlin zur Anwendung empfohlen. Boden wird in verschiedenen Zusammenhängen sehr unterschiedlich definiert. Für den Bodenschutz gilt die Definition des § 2 Abs. 1 BBodSchG : Generelles Ziel nach § 1 BBodSchG ist die Sicherung aller Bodenfunktionen bei Schutz der natürlichen und der Archivfunktion . Die einzelnen Nutzungsfunktionen gem. § 2 Abs. 2 Ziffer 3 BBodSchG schließen sich gegenseitig aus. Welche Nutzung gewählt wird, bestimmt sich zunächst nicht nach dem Anliegen des Bodenschutzes, sondern dem der Raum- und Stadtplanung. Die verschiedenen Nutzungen üben unterschiedlichen Einfluss auf die natürlichen und Archivfunktionen des Bodens aus, so dass der vorsorgende Bodenschutz in die abwägende Nutzungsentscheidung einbezogen werden muss. Bodenschutz ist grundsätzlich Aufgabe der Länder, die allerdings durch das Bodenschutzgesetz und durch die Bodenschutzverordnung des Bundes gebunden sind. Zur Koordination der Länder, auch mit dem Bund, gibt es die “ Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz ” (LABO). Wichtiges Instrument der LABO ist das Länderfinanzierungsprogramm (LFP), aus dem Projekte zur Forschung und Entwicklung für Bodenschutz und Altlastensanierung finanziert werden. Die Ergebnisse dieser Projekte können bei der Geschäftsstelle des LFP heruntergeladen werden. Die EU arbeitet an einer europaweiten Strategie zum Bodenschutz und hat dafür ein Konzept entwickelt.

Rede von Bundesratspräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer auf dem 4. Treffen der Vereinigung der Senate Europas am 28. Februar 2003 in Madrid

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 105/03 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 105/03 Magdeburg, den 28. Februar 2003 Rede von Bundesratspräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer auf dem 4. Treffen der Vereinigung der Senate Europas am 28. Februar 2003 in Madrid Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich vorab Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, ganz herzlich für Ihre freundliche Einladung nach Madrid danken und Ihnen meine Anerkennung für die hervorragende Organisation dieser 4. Tagung unserer Vereinigung aussprechen. Es ist eine besondere Ehre für mich, als Präsident des Bundesrates zum ersten Mal mit Ihnen in diesem Kreis zu einem Gedankenaustausch zusammen zu kommen. Während meiner 1-jährigen Amtszeit werden mir die Pflege und der Ausbau der internationalen Beziehungen des Bundesrates und die Übernahme von Verantwortung auch auf europäischer Ebene besonders am Herzen liegen. Ein eindrucksvolles Erlebnis, das mich in dieser Aufgabe bestärkt hat, waren die gemeinsamen Feierlichkeiten des französischen Senats und des Bundesrates am 22. Januar 2003 in Paris anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Elysée-Vertrages zwischen der Französischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Herr Kollege Poncelet, bei dieser Gelegenheit haben unsere beiden Kammern eindrucksvoll demonstriert, dass sie fest entschlossen sind, zusammen zu arbeiten. Eine solche Zusammenarbeit wünsche ich mir zwischen allen Mitgliedern unserer Vereinigung. Nun zum Thema unserer heutigen Tagung: "Die Kontrolle der Regierungen durch die Zweiten Kammern". Aufgrund des föderativen Staatsaufbaus der Bundesrepublik Deutschland haben die deutschen Länder eine Vielzahl von eigenen Aufgaben und Kompetenzen. Zu der uneingeschränkten Ausnutzung dieser verfassungsmäßig eingeräumten Rechte gehört auch eine Kontrolle der Bundesregierung, deren Handeln vor allem bei der Rechtsetzung vitale Interessen der Länder berühren kann. Nach dem deutschen Grundgesetz wählt allein der Bundestag den Bundeskanzler, der für seine Amtsführung und die seiner Regierung das Vertrauen des Bundestages benötigt. Der Bundesrat als Interessenvertreter der Länder hat keinen direkten Einfluss auf die Bildung oder Abberufung der Regierung. Dennoch ist der Bundesrat neben dem Bundestag ein Kontrollorgan der Bundesregierung. Diese Kontrolle vollzieht sich vor allem bei der Mitwirkung an der Gesetzgebung. In der Bundesrepublik Deutschland gehen die meisten Gesetze auf Gesetzentwürfe der Bundesregierung zurück. Zu diesen Regierungsentwürfen hat der Bundesrat das "erste Wort" in der parlamentarischen Behandlung, weil die Bundesregierung ihre Gesetzentwürfe zunächst dem Bundesrat zuzuleiten hat. Dieser ist dann berechtigt, zu den Vorschlägen Stellung zu nehmen. In der Prüfung und Erörterung der Regierungsentwürfe liegt ein Schwerpunkt der Bundesratsarbeit überhaupt. Die Kontrollfunktion des Bundesrates im föderativen Staatsaufbau wird an dieser Stelle besonders deutlich. Die Stellungnahme des Bundesrates bindet die Bundesregierung in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens noch nicht. Aber dieses "erste Wort" ist ein wichtiges Signal dafür, wie im "zweiten Durchgang" das "letzte Wort" des Bundesrates ausfallen wird. Deshalb kann die Stellungnahme des Bundesrates nicht ignoriert werden. Die Bundesregierung legt anschließend ihre Ansicht zur Haltung des Bundesrates schriftlich in einer "Gegenäußerung" dar. Gesetzentwurf, Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung werden dann beim Bundestag eingebracht. Der vom Bundestag nach eingehenden Beratungen gefasste Gesetzesbeschluss wird danach dem Bundesrat erneut in einem "zweiten Durchgang" zugeleitet. Dabei wird insbesondere geprüft, ob die Stellungnahme des "ersten Durchgangs" berücksichtigt wurde. Gesetze, durch die die Interessen der Länder in besonderer Weise berührt werden, können nur in Kraft treten, wenn ihnen der Bundesrat ausdrücklich zustimmt. Dies gilt insbesondere für alle Gesetze, die die Verfassung ändern, das Finanzaufkommen der Länder berühren oder in die Verwaltungshoheit der Länder eingreifen. In der Praxis sind mehr als die Hälfte der Bundesgesetze Zustimmungsgesetze. Bei jedem zweiten Gesetz ist die Regierung also auf die Zustimmung des Bundesrates angewiesen und muss bei ihren Entscheidungen auf diesen Rücksicht nehmen. Das zeigt die enorme Bedeutung der Kontrollmöglichkeit des Bundesrates. Wenn der Bundesrat seine Zustimmung zu einem Gesetz nicht erteilen will, kann der Vermittlungsausschuss, ein zu gleichen Teilen aus Vertretern des Bundestages und des Bundesrates zusammengesetztes Gremium, eingeschaltet werden, in dem Möglichkeiten für eine Einigung ausgelotet und Kompromisse gefunden werden können. Erst wenn diese Bemühungen scheitern, bedeutet die erneute Verweigerung der Zustimmung das endgültige Scheitern des Gesetzes. Weiterhin ist der Bundesrat auch am Zustandekommen der nicht zustimmungsbedürftigen Gesetze beteiligt. Sie werden als Einspruchsgesetze bezeichnet. Bei diesen kann er in der Regel nur als nachdrücklicher Mahner gegenüber dem Bundestag und der Bundesregierung auftreten. Ein - nach erfolgloser Anrufung des Vermittlungsausschusses - vom Bundesrat mit absoluter Mehrheit beschlossener Einspruch kann mit der absoluten Mehrheit der Stimmen des Bundestages zurückgewiesen werden. Hat der Bundesrat seinen Einspruch mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen, so muss dieser im Bundestag ebenfalls mit einer Mehrheit von zwei Dritteln zurückgewiesen werden. Findet sich jedoch im Bundestag die zur Zurückweisung des Einspruchs erforderliche Mehrheit nicht, dann ist das Gesetz ebenso gescheitert, wie wenn der Bundesrat einem Zustimmungsgesetz die Zustimmung endgültig versagt. Eine weitere wichtige Rolle spielt der Bundesrat bei der Verab­schiedung von Rechtsverordnungen, d. h. allgemein verbindlichen Vorschriften zur Durchführung der Gesetze. Zu den meisten Rechtsverordnungen der Bundesregierung und einzelner Bundesminister ist die Zustimmung des Bundesrates vorgeschrieben. Das Zustimmungsrecht bedeutet, dass der Bundesrat den Inhalt der Rechtsverordnungen gleichberechtigt mitbestimmen kann. Darüber hinaus ist die Bundesregierung nach Artikel 53 unseres Grundgesetzes verpflichtet, den Bundesrat "über die Führung der Geschäfte auf dem Laufenden zu halten". Diese Informationspflicht bezieht sich auf alle Regierungsgeschäfte und betrifft damit nicht nur die Vorhaben auf dem Gebiet der Gesetzgebung und Verwaltung, sondern auch die Unterrichtung über die allgemeine politische Lage, die Außen- und Verteidigungspolitik. Außerdem hat der Bundesrat das Recht, jedes Mitglied der Bundesregierung in seine Plenar- und Ausschusssitzungen zu "zitieren" und Fragen zu stellen. Von diesem Recht macht der Bundesrat, vor allem in Ausschusssitzungen, extensiv Gebrauch. Vertreter der Bundesregierung stehen den Ländern dort bei allen Tagesordnungspunkten, bei denen dies gewünscht wird, Rede und Antwort. Der Bundesrat verfügt damit über zahlreiche Möglichkeiten, auf die Bundesregierung kontrollierend und im Ergebnis sogar mitbestimmend Einfluss zu nehmen. Dies gilt auch für die Europapolitik. Gemäß unserer Tagesordnung soll dieser Punkt erst heute Nachmittag erörtert werden. Leider wird es mir aus terminlichen Gründen nicht möglich sein, an diesen Beratungen teilzunehmen. Erlauben Sie mir daher bereits jetzt kurz einige Ausführungen aus Sicht des deutschen Bundesrates: Nach Artikel 23 Absatz 2 unseres Grundgesetzes wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder in Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und auch den Bundesrat deshalb umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über alle Vorhaben der Europäischen Union zu unterrichten. Zu den so mitgeteilten Entwürfen für Verordnungen und Richtlinien der Europäischen Union gibt der Bundesrat Stellungnahmen ab. Soweit die europarechtlichen Regelungen Materien betreffen, die innerstaatlich in die Zuständigkeit des Bundes fallen, hat die Bundesregierung die Stellungnahmen des Bundesrates bei ihrer Entscheidung in Brüssel schlicht "zu berücksichtigen" - d. h., sie ist nicht daran gebunden. Wenn allerdings im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist die Auffassung des Bundesrates insoweit "maßgeblich zu berücksichtigen", d.h. der Bundesrat hat hier grundsätzlich das Letztentscheidungsrecht über die Festlegung der deutschen Haltung im Ministerrat. Betreffen EU-Regelungen im Schwerpunkt ausschließlich die Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, so kann sogar ein vom Bundesrat benannter Landesminister am Ratstisch in Brüssel Platz nehmen, um die deutsche Position bei den Verhandlungen mit den anderen 14 Mitgliedstaaten zu vertreten. Zusammenfassend kann ich daher Folgendes feststellen: Die Bundesregierung ist in wesentlichen Teilen ihrer Aktivitäten der intensiven Kontrolle und der rechtlichen Mitentscheidung des Bundesrates unterworfen. Man kann sogar sagen, dass der Bundesrat für die Bundesregierung ein schwierigerer Partner als der Deutsche Bundestag ist, da sie mit der Mehrheit des Bundestages in parteipolitischer Identität steht. Im Bundesrat können durchaus andere Parteien und Koalitionen eine Mehrheit bilden - dies ist im übrigen gerade der Fall - und dadurch eine verstärkte Kontrolle der Regierung ausüben. Der Bundesrat als Zweite Kammer kann daher dafür sorgen, dass die Regierung ihr Programm nicht einseitig durchsetzen kann, sondern dem Zwang zur Einigung und zum Kompromiss mit der jeweiligen Bundesratsmehrheit unterworfen ist. Als Inhaber eines solch weitreichenden Kontrollinstruments trägt der Bundesrat natürlich eine große Verantwortung. Die Tatsache, dass in den vergangenen beiden Legislaturperioden von weit über 800 Gesetzesvorlagen nur etwas mehr als 5 Prozent am Widerstand des Bundesrates gescheitert sind, zeigt, dass der Bundesrat sich dessen stets bewusst war. Gleichwohl ist in der Bundesrepublik Deutschland wiederholt Kritik an dieser einflussreichen Position des Bundesrates geäußert worden. Dabei wird insbesondere vorgebracht, dass die Zahl der Zustimmungsgesetze unangemessen hoch sei. Es werden daher Möglichkeiten diskutiert, die Zahl der Zustimmungsgesetze zu verringern und damit die Macht und die Einflussmöglichkeiten des Bundesrates zu beschneiden. Mir ist bewusst, dass nicht alle Mitglieder unserer Vereinigung über derart weitreichende Rechte wie der Bundesrat verfügen. Oft sind die Mitwirkungsmöglichkeiten nur sehr eingeschränkt. Jedoch sollten wir Zweiten Kammern die uns durch die jeweilige Verfassung eingeräumten - wenn auch unterschiedlich ausgestalteten - Mitwirkungsrechte konsequent nutzen. Dabei müssen wir auch Meinungsverschiedenheiten und Konflikte mit den Regierungen in Kauf nehmen. Die Austragung von Konflikten gehört zur Demokratie. Das Ziel aber müssen gemeinsam getragene Lösungen sein. Weder eine uneingeschränkte Unterstützung noch eine Fundamentalopposition gegen die Politik unserer Regierungen ist unsere verfassungsgemäße Aufgabe. Zum Abschluss meiner Betrachtungen möchte ich noch einmal kurz den Blick auf die Diskussion auf Europäischer Ebene lenken: Derzeit werden im Konvent und in der COSAC Vorschläge zur Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente diskutiert. Einigkeit besteht dort, dass dies in erster Linie durch eine verstärkte innerstaatliche Kontrolle der nationalen Regierungen erfolgen muss. Ich denke, damit sind wir auf dem richtigen Weg. Nur durch eine effektive - auf die jeweiligen Besonderheiten der einzelnen nationalen Rechtsordnung abgestimmte - Kontrolle der Regierungen wird es uns gelingen, die Rolle der nationalen Parlamente und dabei insbesondere die der Zweiten Kammern in Europa zu stärken. Voraussetzung ist allerdings, dass wir Zweiten Kammern die uns  - wenn auch in unterschiedlichem Maße zugeteilten - Kontrollbefugnisse über unsere Regierungen konsequent ausnutzen. Auf diese Weise werden wir einen Beitrag zur Verbesserung der demokratischen Legitimation, der Glaubwürdigkeit und letztlich auch der Akzeptanz Europas bei unseren Bürgern leisten. Abschließend möchte ich unser heutiges Treffen zum Anlass nehmen, Sie, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, für das Jahr 2005 - im Anschluss an die schon jetzt ausgesprochenen Einladungen unserer Mitglieder aus der Tschechischen Republik und Polen - zu einer Sitzung der Vereinigung der Senate Europas nach Berlin einzuladen. Zwar werde ich dann - aufgrund der jährlich wechselnden Bundesratspräsidentschaft - nicht mehr im Amt sein, jedoch wird es meiner Nachfolgerin bzw. meinem Nachfolger eine Ehre sein, Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dann in Berlin begrüßen zu können. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Domplatz 4 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Hegelstraße 42 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zu den Anträgen der Fraktion der CDU und der FDVP zu "Zwangsausgesiedelten"

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 081/00 Magdeburg, den 23. Juni 2000 Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zu den Anträgen der Fraktion der CDU und der FDVP zu "Zwangsausgesiedelten" Es gilt das gesprochene Wort! Es ist gut, wenn wir, zehn Jahre nach der Wende, bei den Debatten über Zukunftsfragen unseres Landes von Zeit zu Zeit innehalten und den Blick zurück auf die Opfer des SED-Regimes richten. Die Opfer haben bei allen Alltagssorgen einen Anspruch darauf, dass sie und ihre Probleme nicht vergessen werden! Natürlich müssen wir uns auch immer wieder fragen, ob wir bisher genug für sie getan haben? Ob die Regelungen, die für sie getroffen worden sind, auch greifen? Ob wir uns genug dafür eingesetzt haben, dass unsere Rechtsordnung ihnen zumindest einen kleinen Ausgleich für ihr Schicksal zukommen lässt? Die vorliegenden Anträge geben uns Gelegenheit, erneut in die Debatte einzutreten, wie wir Menschen helfen können, die in besonderem Maße unter der SED-Herrschaft gelitten haben. Worum geht es? Wie von den Einbringern bereits ausführlich dargestellt, kam es in den Jahren 1952 und 1961 im Grenzgebiet der DDR zur Bundesrepublik zu zwei groß angelegten Aktionen. Jeweils in den frühen Morgenstunden wurden die Wohnhäuser politisch missliebiger Bürger von Polizei, Staatssicherheit und Kampfgruppen umstellt. Die Betroffenen wurden aus den Wohnungen geholt, mit dem notwendigsten Hab und Gut auf LKWs oder auf dem nächstgelegenen Bahnhof in Viehwaggons verfrachtet und aus der Grenzregion weggebracht. Ihren Bestimmungsort im Innern der DDR erfuhren sie in der Regel erst während der Fahrt. Am neuen Wohnort wurden sie oft unter primitivsten Umständen untergebracht, manchmal in verlassenen oder verwahrlosten Gebäuden. Den Deportierten war die Rückkehr in das Grenzgebiet verboten. Grund und Boden wurden ihnen weggenommen. Infolge der verleumderischen Begründungen für die Ausweisungen durch die Behörden waren die Menschen an ihrem neuen Wohnort oft als Quasi-Kriminelle stigmatisiert. Mit anderen Worten: Wenn wir über die Zwangsausgesiedelten reden, dann reden wir über Menschen, denen bitterstes Unrecht geschehen ist, Unrecht, das zum Teil über Jahrzehnte angedauert hat! Bei der Entschädigung für diese Menschen handelt es sich um ein sehr sensibles Thema. Zum einen weil die Gruppe der Zwangsausgesiedelten unter der SED-Diktatur in besonderer Form gelitten hat. Zum anderen weil wir diese Frage nicht losgelöst von anderen Opfergruppen diskutieren können. Ich sage es ganz offen: Ich habe die größten Zweifel, ob die Anträge diesen Anforderungen gerecht werden und ob vor allem die geforderten Einzelmaßnahmen mit dem Gesamtgefüge vergleichbarer Regelungen in Einklang stehen. Wenn ich einer einzelnen Gruppe eine Vergünstigung gewähre, muss ich mir die Frage stellen, ob ich dadurch nicht neue Ungerechtigkeiten schaffe. Weil nämlich eine andere Gruppe genauso betroffen ist und ich dieser anderen Gruppe diese Vergünstigung nicht gewähre. Der Gleichheitsgrundsatz der Verfassung gibt uns auf, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Sicherlich begehe ich einen Fehler, wenn ich eine offensichtliche Ungerechtigkeit feststelle und nichts unternehme, um sie zu beseitigen. Ich begehe aber auch einen Fehler, wenn ich einer einzelnen Gruppe etwas Gutes zukommen lasse und sie damit anderen Gruppen gegenüber bevorzuge, die eine ähnliche oder noch schlimmere Benachteiligung geltend machen können. Wenn ich diesen Gedanken auf die SED-Opfer übertrage, so heißt das: Ich darf nicht nur eine Verfolgtengruppe wie die Zwangsausgesiedelten für sich betrachten. Ich muss vielmehr diese eine Verfolgtengruppe im Zusammenhang sehen mit anderen Verfolgtengruppen. Zum Beispiel mit Menschen, die jahrelang aus politischen Gründen im Zuchthaus gesessen haben. Oder mit Personen, die ihre Berufsausbildung aus politischen Gründen nicht beenden durften, die viele Jahre in einer untergeordneten Position tätig waren und deshalb heute nur eine kleine Rente bekommen. Und wahrscheinlich muss ich den Kreis noch weiterziehen und auch die Menschen in die Betrachtung einbeziehen, die vom Krieg und seinen Folgen betroffen sind. Denken wir doch einmal an die Frauen aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße, die beim Einmarsch der Roten Armee brutal vergewaltigt und für Jahre in die Sowjetunion verschleppt wurden und denen, wenn sie danach in die DDR kamen, fast überhaupt keine Ansprüche zustehen! Denken wir an die Kriegsgefangenen, die manchmal jahrelang in Workuta schuften mussten und nach ihrer Rückkehr in die DDR niemals einen Pfennig erhalten haben! Und denken wir an die Vertriebenen aus Schlesien oder dem Sudetenland: Sie haben ihr Vermögen und ihre Heimat verloren. Als einzigen Ausgleich haben sie gerade einmal 4 000 DM bekommen! Kann man da so einfach sagen: Jeder Zwangsausgesiedelte bekommt zusätzlich zur Rückgabe seines Hauses und Grundstücks noch einen Pauschalbetrag von vielleicht 4 000 DM? Müsste dann nicht auch der zu Unrecht in der DDR Inhaftierte pauschal 4000 DM zusätzliche Entschädigung bekommen ? Müsste dann nicht auch die vergewaltigte und verschleppte Frau 4 000 DM bekommen? Müsste dann nicht auch der Kriegsgefangene 4 000 DM bekommen? Müsste dann nicht jeder Vertriebene 4 000 DM zusätzlich bekommen? Denn die Vertriebenenzuwendung soll den Verlust der Heimat und des gesamten, oft beträchtlichen Vermögens abdecken. Die Zwangsausgesiedelten dagegen können jedenfalls seit 1990 wieder an ihren ursprünglichen Wohnort zurückkehren. Und was ihr Vermögen betrifft, so haben sie die privilegierteste Position, die unsere Rechtsordnung SED-Opfern überhaupt einräumt: Ihre Ansprüche richten sich, nach erfolgter Rehabilitierung entsprechend dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, nach dem Vermögensgesetz, das heißt: Rückgabe vor Entschädigung.Dies bedeutet, dass der Alteigentümer, also auch der Zwangsausgesiedelte, grundsätzlich sein Grundstück zurückerhält und sich nicht mit einer Entschädigung begnügen muss. Dieser Grundsatz war äußerst umstritten. Viele meinten, dem Alteigentümer sei damit eine viel zu starke Stellung eingeräumt worden. Kaum einem anderen unter den politisch Verfolgten hat die Rechtsordnung eine derart starke Rechtsposition zugewiesen wie den Rückgabeberechtigten nach dem Vermögensgesetz! Genau dies müssen wir aber bedenken, wenn wir die Ansprüche der Zwangsausgesiedelten bewerten! Denn die Zwangsausgesiedelten gehören genau zu dieser herausgehobenen Gruppe von Verfolgten mit einem Rückgabeanspruch, anders als z. B. die von 1945 bis 1949 Enteigneten. Sie stehen gewissermaßen an der Spitze der Berechtigten, wenn man ihre Rechte mit denen anderer Verfolgter vergleicht. Es kann also keine Rede davon sein, dass der Gesetzgeber das besondere Schicksal der Zwangsausgesiedelten nicht anerkannt hätte. Das Gegenteil ist der Fall! Wie sieht es nun bei uns im Lande konkret aus? Von den bis Ende April diesen Jahres bei den Rehabilitierungsbehörden eingegangenen 583 Anträgen von Zwangsausgesiedelten sind bereits 405 positiv beschieden worden. Für die heutige Landtagssitzung habe ich bei den zuständigen ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen eine Blitzumfrage durchführen lassen. Sie ergab, dass erst 154 Zwangsausgesiedelte Rückübertragungsanträge nach dem Vermögensgesetz gestellt haben. Davon wurden bereits zwischen 60% und 100% der Grundstücke zurückübertragen oder eine Entschädigung bewilligt. Die Betroffenen sind also rehabilitiert worden und haben ihre Grundstücke zurückerhalten bzw. eine Entschädigung bekommen. Ihnen ist es damit viel besser ergangen als vielen anderen Opfern. Was rechtfertigt es, sie im Vergleich zu den anderen Gruppen noch einmal zu entschädigen? Anrede, aber auch wenn ich all das beiseite lasse, frage ich mich: Ist der Landtag überhaupt das richtige Forum für diese Debatte? Ist die Frage der Entschädigung Zwangsausgesiedelter nicht allein eine Angelegenheit des Bundes, die dieser einheitlich für alle Betroffenen hätte regeln müssen und nicht jedes Land für sich? Herr Kollege, die CDU hat doch seit der Wende bis zum Herbst 1998 im Bund regiert. Die gesamte Gesetzgebung zum Vermögensgesetz und zum SED-Rehabilitierungsrecht ist von Ihren Parteifreunden im Bund in der heute noch geltenden Form durchgesetzt worden. Wieso haben Sie das Regelungsdefizit, das Sie jetzt sehen, all die Jahre nicht gesehen? Wieso hat Ihre Partei sogar 1999 noch nichts unternommen? Ihre Parteifreunde im Bund hatten auch noch die Gelegenheit gehabt, Vorschläge zu den Zwangsausgesiedelten einzubringen, als Staatsminister Schwanitz im letzten Jahr dafür sorgte, dass einige Defizite in der Rehabilitierungs-Gesetzgebung beseitigt wurden. Ich darf noch ein Weiteres hinzufügen. Ich habe meine ganz erheblichen Zweifel ob der Vorschlag mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Bund hat die Ansprüche der Zwangsausgesiedelten umfassend geregelt. Er hat von seiner Gesetzgebungskompetenz vollständig Gebrauch gemacht. Auf deutsch: Der Bund hat alles geregelt; die Länder dürfen gar nichts mehr regeln. Sogar Thüringen hat sich deshalb nicht gewagt, ein Landesgesetz zugunsten der Zwangsausgesiedelten zu verabschieden ¿ es wollte nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Aber ist die Thüringer Lösung einer privatrechtlichen Stiftung nicht nur ein Trick, mit dem die für das Land bestehende Regelungssperre umgangen werden soll? Sie fordern nun auch eine vergleichbare bzw. sogar identische Lösung für Sachsen-Anhalt. Im Grunde müsste man dann erst einmal die Frage stellen, ob das Stiftungsrecht solch eine Lösung überhaupt zulässt. Vor der stiftungsrechtlichen Frage steht jedoch erst einmal die politische. Und das Ergebnis ist für uns, wie ausgeführt, eindeutig. Ich fasse zusammen. Die Landesregierung nimmt das Schicksal der Zwangsausgesiedelten und die Frage ihrer gerechten Entschädigung sehr ernst. Aber wir tun diesen Menschen keinen Gefallen, wenn wir ihnen ungerechtfertigte Hoffnungen machen. Die zentralen Fragen bleiben: Ist erstens eine Zusatzleistung für die Zwangsausgesiedelten gerecht, oder werden andere Verfolgtengruppen dadurch unangemessen benachteiligt? Und dürfen wir zweitens als Land eine solche Regelung überhaupt treffen? Beide Fragen können wir guten Gewissens nicht mit ja beantworten. Dementsprechend sind die Anträge abzulehnen. Impressum: Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Halberstädter Straße 1-2 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5516 Fax: (0391) 567-5519 Mail: pressestelle@min.mi.lsa-net.de Impressum:Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-AnhaltVerantwortlich:Danilo WeiserPressesprecherHalberstädter Straße 2 / am "Platz des 17. Juni"39112 MagdeburgTel: (0391) 567-5504/-5514/-5516/-5517/-5377Fax: (0391) 567-5520Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de

Antrittsansprache des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, als Präsident des Bundesrates am Freitag, 8. November 2002, in Berlin

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 703/02 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 703/02 Magdeburg, den 8. November 2002 Antrittsansprache des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, als Präsident des Bundesrates am Freitag, 8. November 2002, in Berlin Herr Bundeskanzler, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gehört zu den guten Traditionen im Bundesrat, dass der für das neue Geschäftsjahr turnusgemäß gewählte Präsident mit einer kurzen Ansprache sein Amtsjahr beginnt. Dabei ist es auch mir ein wichtiges Anliegen, meinem Vorgänger im Amte des Bundesratspräsidenten, Herrn Regierenden Bürgermeister Wowereit, ganz herzlich für seine Amtsführung zu danken. In diesen Dank schließe ich auch die übrigen Mitglieder des Präsidiums und die Mitglieder des Ständigen Beirates ein. Dank gebührt nicht zuletzt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats des Bundesrates. Sie haben die Arbeit des Bundesrates in bewährter und perfekt eingespielter Weise unterstützt. Viele Verfahren sind fest geregelt und so zur Gewohnheit geworden, dass der jährliche Wechsel der Präsidentschaft den inneren Arbeitsablauf kaum noch stört. Nur dadurch ist die Wahrnehmung des Amtes mit den Pflichten eines Ministerpräsidenten in einem entfernt liegenden Land überhaupt vereinbar. Deshalb auch mein Dank für die Einbindung in bewährte und tradierte Arbeitsabläufe. Mein Vorgänger im Amt hat am Ende seiner Präsidentschaft auf eine für ihn schwierige Auslegung einer Verfassungsvorschrift hingewiesen, die jetzt beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. In der Frage, ob Klarheit über die definitive Uneinheitlichkeit einer Stimmabgabe bestanden habe oder ob in zulässiger Weise durch den Präsidenten ein Bewertungsspielraum durch Nachfrage genutzt worden sei, sind wir unterschiedlicher Meinung. Da dieser Meinungsunterschied in direkter Weise mit der Bewertung des Abstimmungsgegenstandes korreliert, ist es sicher für uns alle hilfreich, wenn das Bundesverfassungsgericht jetzt darüber entscheidet. Jeder von uns weiß, dass die Ausübung dieses Amtes für jeden von uns erleichtert wird, wenn Entscheidungen im Rahmen der Sitzungsleitung nicht, aus welcher Perspektive auch immer, angezweifelt werden. Entscheidungen braucht unser Land. Nach der Bundestagswahl vor wenigen Wochen ist Ihnen, Herr Bundeskanzler, erneut dieses Amt übertragen worden. Namens des Bundesrates darf ich Ihnen dazu unseren Glückwunsch aussprechen und Ihnen gute Entscheidungen für unser Land wünschen. Ihre Anwesenheit während der ersten Sitzung des Bundesrates nach Ihrer Wiederwahl möchte ich als Geste der Zusammenarbeit mit dem zweiten Gesetzgebungsorgan unseres Bundesstaates werten. Diese Zusammenarbeit war nicht immer spannungsfrei und wird es im Sinne unseres Demokratieverständnisses wohl auch in Zukunft nicht immer sein. Während der letzten Jahre haben alle meine Vorgänger in diesem Amt auf dringend notwendige Reformen in Deutschland hingewiesen und zu Entscheidungen dazu aufgerufen. Diese Notwendigkeit ist eher größer geworden. Der Bundesrat wird alle ihm zugestellten Vorlagen fristgemäß bearbeiten. Er muss aber seinerseits darauf bestehen, dass regelhaft vereinbarte Zeitabläufe auch respektiert werden und ihm ausreichend Zeit zur Beratung bleibt. Wenn unterschiedliche Mehrheiten zu unterschiedlichen Entscheidungen kommen, stehen wir regelmäßig vor der Wahl, uns gegenseitig zu blockieren und gemeinsam den Stillstand zu beklagen oder in Vermittlungsgremien aufeinander zuzugehen und miteinander einen demokratischen Kompromiss zu finden. Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich sage, dass eine große Mehrheit der Menschen in unserem Land genau dies von uns Politikern erwartet. Auch auf einer ganz anderen Ebene werden wir für Kompromisse werben und darum bemüht sein müssen, wenn wir wenigstens einige für uns wichtige Zielvorstellungen mehrheitsfähig machen wollen. Die vorgesehene Erweiterung der Europäischen Union hat eine lebhafte Diskussion über künftige Strukturen und deren Kompetenzzuordnung ausgelöst. Für den Bundesrat ist unser Kollege Erwin Teufel offizielles Konventmitglied und dort Mitglied der Arbeitsgruppe Subsidiarität. Auch von dieser Stelle aus danken wir ihm für sein großes Engagement und für sein Werben für die Respek­tierung regionaler Parlamente. Mitte November wird in Florenz die Dritte Konferenz der Präsidenten von Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen stattfinden. In acht von 15 Mitgliedsstaaten bestehen 74 Regionen, in denen 56 Prozent der EU-Bevölkerung leben, die über eigene Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis und eigene Regierungen verfügen. Alle politischen Ebenen mit Gesetzgebungsbefugnissen sollten Partner im europäischen Entscheidungsprozess sein und in geeigneter Weise einbezogen werden. Nach unserer Meinung kann die Europäische Union ihre Ziele hinsichtlich Demokratie, Transparenz, Effizienz, Flexibilität, Bürgernähe, Effektivität und politischer Glaubwürdigkeit nur erreichen, wenn sie den Regionen mit Legislativbefugnissen deren Handlungsmöglichkeiten lässt. Diese Sicht wird nicht von allen europäischen Staaten geteilt. Wir sehen in unseren Strukturen eines föderalen Bundesstaates eine Garantie für Demokratie und Stabilität, die wir weiter empfehlen möchten, insbesondere jenen Staaten mit chronischen regionalen Konflikten. Nur totalitäre Staaten sind unfähig, mit föderalen Strukturen zu leben. Das war so, als 1933/34 auf der Grundlage eines Ermächtigungsgesetzes die Länderparlamente aufgelöst und die Länderregierungen als bloßes Verwaltungsorgan der Reichsregierung unterstellt wurden, und das war wieder so, als 1952 im damals sowjetisch besetzten Teil Deutschlands die Länderstrukturen erneut aufgelöst wurden, um einfache nachgeordnete Verwaltungsbezirke zu schaffen. In Respekt vor den bewährten Strukturen der Bundesrepublik hat nach der politischen Wende das erste frei gewählte Parlament der ehemaligen DDR die Wiedereinführung der Länder beschlossen. Neben der Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in ihr alltägliches Wohnumfeld in Dörfern und Städten ist es die Identität mit ihrem Land und die Loyalität zu den gesamtstaatlichen Institutionen, die die Stabilität unserer Staatsform ausmachen. Deshalb glauben wir, diese Erfahrungen auch der Europä­ischen Union empfehlen zu dürfen. Auf diese Weise können auch die Regionen in einem vereinten Europa entscheidend dabei mitwirken, aus der Vielfalt eine politische Einheit wachsen zu lassen. Das setzt aber auch voraus, dass wir unter uns die Strukturen bei tatsächlichen Entscheidungen respektieren, die wir bei feierlichen Anlässen so schätzen. Ich selbst gehöre zu jenen Bürgern, die nicht in diese Strukturen hineingeboren wurden und die sie erst erlernen mussten. Dazu hilfreich waren mir auch die Ansprachen meiner Vorgänger in diesem Amt bei deren Amtsübernahme. Es ist schon beeindruckend zu lesen ¿ und manche unter Ihnen werden sich erinnern ¿ wie von Jahr zu Jahr aus unterschiedlicher Perspektive und in unterschiedlicher Modulation letztlich die gleichen Schwierigkeiten bei der Kompetenzabstimmung der einzelnen Gremien im föderalen System der Bundesrepublik angesprochen wurden. Viele dieser Probleme konnten immer noch nicht einvernehmlich gelöst werden. Deshalb bitte ich es mir nicht als Einfallslosigkeit anzurechnen, wenn ich das eine oder andere noch einmal anspreche. Zum einen, weil der Konflikt immer noch besteht und zum anderen, weil möglicherweise jetzt die Voraussetzungen für eine Lösung günstig sein könnten. Dabei geht es nicht nur darum, dass der Bundeskanzler der fünfte in Folge ist, der vorher Mitglied des Bundesrates war. Bisher wohl erstmalig sind neben ihm noch drei weitere ehemalige Ministerpräsidenten eines Landes in seinem Kabinett. Das sollte uns zu der Hoffnung berechtigen, auf Gesprächspartner zu treffen, die die Probleme der Länder und des Bundesrates sehr genau kennen. Und davon gibt es viele. Es bleibt die ureigenste Aufgabe von Bund und Ländern, sich selbst und ihr Verhältnis zueinander, also die föderale Ordnung so zu organisieren, dass die anstehenden Aufgaben in diesem System bewältigt werden können. Die Rahmenbedingungen, die durch den Staatsaufbau und die Staatsorganisation gesetzt werden, sind natürlich noch nicht selbst die Lösung der gesellschaftlichen Probleme. Sie sind aber eine zentrale Voraussetzung für einen leistungsfähigen Staat und damit auch für die Leistungsfähigkeit und das Innovationspotenzial der Gesetzgebungskörperschaften. Wenn ich von der Reformbedürftigkeit des Föderalismus spreche, meine ich übrigens nicht den Bundesrat selbst. Mit dem Bundesrat verfügt Deutschland über ein Instrument, das gut geeignet ist zur Bewältigung auch großer gesellschaftlicher Herausforderungen. Das beweisen die Eingliederung der neuen Länder, die solidarische Begleitung des gewaltigen Transformationsprozesses in diesen Ländern, die Assimilation völlig unterschiedlicher Sozialstrukturen, und nicht zuletzt das Flutopfer­solidaritätsgesetz zur Behebung der Hochwasserschäden. Bundesrat und Bundestag wirken in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle reibungslos zusammen. Der Bundesrat hat in den vergangenen mehr als fünfzig Jahren eine hohe Anpassungsfähigkeit gezeigt und unterschiedlichste politische Leitbilder und Problemstellungen aufgenommen und verarbeitet. Gefordert sind jedoch Strukturveränderungen bei der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und bei der Finanzverfassung. Auf der Tagesordnung stehen Reformvorhaben zu der Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern einer Reform der Mischfinanzierungstatbestände und der Stärkung der Ge-staltungskompetenzen bei den Landes- und Kommunalsteuern. Es ist zwischen Bund und Ländern unstrittig, dass es ¿ angesichts der zunehmenden Vermischung von Landes- und Bundeskompetenzen und einer inzwischen unflexiblen Finanzverfassung ¿ erforderlich ist, Entflechtungen vorzunehmen, durch die die Eigenverantwortung und die Handlungsspielräume von Bund und Ländern erweitert werden. Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben dazu verschiedene Arbeitsgruppen eingesetzt und beschlossen, die Verhandlungen über die Reformschritte bis Ende 2003 abzuschließen. Die gesetzliche Umsetzung der Reformen soll bis Ende 2004 erfolgen. In Zusammenhang damit steht auch das Thema der Gemeindefinanzreform, für die wir gleichfalls gemeinsam mit dem Bund bis Mitte 2003 Lösungsvorschläge erarbeiten wollen. Es kommt darauf an, den Gemeinden durch die künftige Ausgestaltung des Steuersystems eine gesicherte und eigenständige Finanzierungsbasis zu schaffen. Weitere einseitige Aufkommens- und Lastenverschiebungen vom Bund auf Länder und Kommunen müssen vermieden werden. Die Finanzsituation unserer Kommunen wird bundesweit als katastrophal empfunden. Sie ist dort am schwierigsten, wo die Einnahmen am geringsten, die Wirtschaftskraft am niedrigsten und die Ausgaben wegen jahrelanger hoher Arbeitslosigkeit besonders im Sozialhilfebereich relativ am höchsten sind. Die von vielen geforderte Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe mag formal richtig sein, ist aber ohne eine grundlegende Gemeindefinanzreform nicht denkbar. Mit dem Grundsicherungsgesetz haben wir den Kommunen eine zusätzliche Aufgabe übertragen und eine zusätzliche Summe Geld angeboten. Wenigstens unsere Kommunen rechnen mir vor, dass damit etwa ein Drittel der Ausgabenverpflichtungen erstattet würden, die sie jetzt übertragen bekommen haben. Als Anfang November 1998 der damalige hessische Ministerpräsident Hans Eichel dieses Amt übernahm, ist er in seiner Antrittsrede ausführlich auf diese Probleme eingegangen. Die Beschränkung der Bundesgesetze auf das bundeseinheitlich erforderliche Maß der Regulierung und eine grundsätzliche Anpassung der Finanz- an die Kompetenzstrukturen wurde damals schon von ihm gefordert. Ich will es wenigstens als Hoffnung formulieren, dass die Kenntnis beider Seiten des Problems einer Lösungsfindung eher nützen sollte, als dass es sie erschweren könnte. Es wird andere Probleme geben, bei denen wir unter uns mit den gleichen Begriffen möglicherweise doch nicht das Gleiche meinen. Ich komme aus einem Land und persönlich aus einer Gegend Deutschlands, mit der die Geschichte eigene Wege gegangen ist. Der Begriff der sozialen Gerechtigkeit wurde fast täglich strapaziert mit dem Ziel, die sogenannte soziale Frage mit gesellschaftspolitischen Maßnahmen zu lösen. Der Elitegedanke war verpönt ¿ mit Ausnahme des Sports, wo er außenpolitisch hilfreich sein sollte. Ansonsten war es erklärtes Staatsziel, soziale Gerechtigkeit durch ein hohes Maß an Umverteilung von Eigentum und Entgelten zu erreichen. Die sogenannte zweite Lohntüte, das waren die zur Subventionierung von Preisen weit unter die Herstellungskosten umgesteuerten betrieblichen Abführungen und abgeschöpften Steuern, war am Ende größer als die erste, die der ausgezahlten Löhne. Wir haben erlebt, dass man die Menschen schließlich einmauern musste, um sie auf diese Weise zu beglücken. Wir haben erlebt, dass diese Staatsdoktrin nicht nur nicht erfolgreich war, sondern am Ende in sich selbst zusammengebrochen ist. Ich erinnere nur daran, um zu begründen, dass ein gut gemeintes Ziel noch lange nicht jede Methode rechtfertigt, es zu erreichen. Ich erinnere nur daran, weil wir mit dem Begriff ¿soziale Gerechtigkeit¿ auch heute noch untereinander argumentieren, ohne dass er jemals definiert worden wäre und ohne dass wir sagen könnten, worin denn dieses Ziel besteht und wann denn dieser Zustand erreicht sein könnte. Er ist zur beliebigen, den Leistungswillen demotivierenden Umverteilungsbegründung geworden ¿ und das ist schade. Wir hätten es besser wissen können. Ich bezweifle ausdrücklich nicht die Richtigkeit der Forderung von Willy Brandt, dass in einer solidarischen Gesellschaft die starken Schultern mehr tragen müssen als die schwachen. Dafür sorgt schon die Progredienz der Besteuerungskurve, die schon vor ihm eingeführt worden war. Aber ebenso richtig ist die schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Abraham Lincoln formulierte Mahnung, dass wir die Schwachen nicht stärken, in dem wir die Starken schwächen. Auch wir werden den Menschen nicht auf Dauer helfen, wenn wir als Staat für sie tun, was sie selber für sich tun sollten und können. Als Verantwortliche in einem Staat sollten wir nur dafür sorgen, dass sie es können. Deshalb ist es ein richtiges Ziel, zu fördern und zu fordern. Ich vermute, dass wir in der nächsten Zeit über nicht wenige Vorschläge dazu werden entscheiden müssen. Auch dabei halte ich es für wenig wahrscheinlich, dass wir immer einer Meinung sein werden. Das wiederum war auch schon so, als Anfang November 1997 der damalige niedersächsische Ministerpräsident und heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Antrittsrede als neugewählter Präsident des Bundesrates hielt. Er hat damals deutlich gemacht, dass es kein Versagen der bewährten bundesstaatlichen Ordnung sei, wenn der Bundesrat Vorgaben der Bundesregierung oder des Bundestages ablehnt, sondern nur ein Beweis der Funktionsfähigkeit und der Selbstregulierung in einem föderalen Bundesstaat. Seinem damals geäußerten Verdacht, dass Bundesregierung und Bundestag den Bundesrat nur politisch vorführen und öffentlich diskreditieren wollten, wenn sie ihm Gesetze vorlegen, von denen sie wüssten, dass ihnen eine Mehrheit des Bundesrates nicht zustimmen kann, würde ich - bei allem Respekt vor dem jetzigen Amt - nicht beipflichten wollen. Dass der faire demokratische Meinungsstreit um den besten Weg und die beste Alternative für ein gemeinsam als dringend lösungsbedürftig empfundenes Problem der Sache selbst letztlich mehr dient als ein blauäugiges Konsensbedürfnis, das haben auch jene längst begriffen, die wirklichen demokratischen Parteienpluralismus erst relativ spät miterleben konnten. Aber eine natürliche Skepsis kommt ¿ auch bei mir ¿ immer dann auf, wenn der Streit über eher nebensächliche Unterschiede so groß wird, dass die Sicht auf die Gemeinsamkeit in der Hauptsache verdeckt bleibt. Ich hatte große Mühe zu verstehen, warum es jahrelanger intensiver Gespräche bedurfte, bis es möglich war, in einer betont atheistischen Umwelt zwischen den beiden christlichen Kirchen einen gemeinsamen Religionsunterricht für die wenigen Kinder beider Konfessionen zu organisieren, die das überhaupt noch wünschten. Mir ist das Problem erst deutlicher geworden, als ich mir meinerseits sagen lassen musste, dass aus der Sicht der großen Zahl parteiloser Mitbürger wir in den politischen Parteien uns genau so verhalten würden. Kollege Platzeck aus Brandenburg hat kürzlich in einem öffentlichen Vortrag gesagt, dass die Ostdeutschen in ihrer Mehrheit weder politikverdrossen noch rückwärtsgewandt oder handlungsmüde seien. Aber sie begegnen den parteipolitischen Ritualen mit Ablehnung, weil häufig in dem Meinungsstreit der gemeinsame Problemlösungswille eben nicht mehr erkennbar sei. Ich meine, das trifft auf die Debatten im Bundesrat nicht zu. Parteipolitische Orientierung und Polarisierung ist bisher im Bundesrat keine Dauersituation gewesen. So gilt sein Verhandlungsstil als nicht gerade spektakulär, dafür aber ausgesprochen sachdienlich. Soweit es mir irgend möglich ist, möchte ich alles tun, dass dies auch so bleibt. Ebenso wenig vermag ich es als spektakulär anzusehen, dass ein Vertreter aus einem sogenannten jungen Land jetzt die Funktion des Bundesratspräsidenten übernimmt. Die Einheit der Deutschen in einem einzigen Bundesstaat ist inzwischen unspektakuläre Normalität ¿ sowenig die meisten von uns sich das vor weniger als zwei Jahrzehnten auch vorstellen konnten. Die Entwicklung des Einigungsprozesses war der Beweis für die Überlegenheit föderaler Strukturen. Wir müssen auch den gelegentlich strapazierten Begriff eines Wettbewerbsföderalismus nicht fürchten, wenn wir uns auf die schlichte Selbstverständlichkeit einigen, dass zu einem fairen Wettbewerb Chancengleichheit beim Start gehört. Dies kann noch nicht der Fall sein. Die Vorteile des Föderalismus, aus Ungleichheiten Chancen zu mehr eigener Kreativität abzuleiten, verschwinden durch zunehmende zentralistische Vereinheitlichung. Was in der Wirtschaft schlichte Selbstverständlichkeit ist, gilt im öffentlichen Dienst bereits als Tabubruch. Auch das Recht der Länder, innerhalb bundesstaatlicher Rahmengesetze einen größeren eigenen Gestaltungsfreiraum zu bekommen, würde niemandem schaden, langfristig aber allen nutzen. Insofern wird es auch weiterhin Aufgabe des Bundesrates bleiben, den Vereinheitlichungsverheißungen sogenannter ¿vertikaler Fachbruderschaften¿ zu widerstehen und deutlich zu machen, dass nur aus der Ungleichheit Chancen zu eigener Kreativität erwachsen. Wir sind in vielen unserer öffentlichen Ordnungssysteme überreguliert. Das gilt auch für unsere gemeinsamen Sozialsysteme, für die von uns allen unbestritten dringender Reformbedarf besteht. Da viele dieser Probleme in die Länderkompetenz hineinreichen, muss sich auch der Bundesrat im nächsten Jahr damit befassen. In allen diesen Systemen muss der Weg zu mehr Eigenverantwortung weitergegangen werden. Es wird heut kaum noch verstanden, dass die Einführung der dualen Finanzierung mit der sogenannten Bismarckschen Sozialgesetzgebung ein erster Schritt zur eigenen Mitverantwortung war. Genau diesen Weg werden wir weiter gehen müssen ¿ auch im Interesse aller Länder. Wir sagen zu Recht, dass die Stabilität des Sozialstaates Deutschland in den kommenden Jahren von unserer Fähigkeit abhängen wird, innovativ neue Strukturen durch Reformen zu entwickeln. Die Quelle innovatorischer Entwicklung ist der Wettbewerb auch in einem kooperativen Föderalismus. Die Länder haben die Pflicht, ihre Selbständigkeit und ihre Vielfalt als Quelle dieser Entwicklung zu erhalten. In diesem Sinne tragen wir eine gemeinsame Verantwortung. Im Sinne dieser gemeinsamen Verantwortung hoffe ich als Bundesratspräsident mit dazu beitragen zu können, dass wir gemeinsam Lösungen finden und die Bürgerinnen und Bürger in ihren Erwartungen an die Politik nicht enttäuscht werden. Ich danke Ihnen. Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Domplatz 4 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Hegelstraße 42 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de

"Die Stellung Sachsen-Anhalts in der Gemeinschaft deutscher Länder" Regierungserklärung von Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer in der Landtagssitzungam 16. Februar 2006

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 094/06 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 094/06 Magdeburg, den 16. Februar 2006 "Die Stellung Sachsen-Anhalts in der Gemeinschaft deutscher Länder" Regierungserklärung von Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer in der Landtagssitzungam 16. Februar 2006 Anrede! Eine Regierungserklärung in der letzten Plenarsitzung einer Legislaturperiode kann naturgemäß keinen programmatischen Inhalt haben, wenn sie nicht als Wahlkampf missverstanden werden soll. Der gleiche Verdacht würde aufkommen, wenn sie wie ein Bilanzbericht angelegt werden würde. Beides habe ich nicht vor. Ich möchte am Ende dieser Legislaturperiode die Gelegenheit nutzen, Ihnen einige Gedanken vorzutragen, für die wir uns während der bisherigen gemeinsamen Arbeit kaum Zeit nehmen konnten. Die Staatsqualität Sachsen-Anhalts hat unter allen 16 Bundesländern die kürzeste Geschichte. Als eigenständiges Land hatte Sachsen-Anhalt lediglich von Sommer 1945 bis zum Sommer 1952 bestanden, bevor es mit dem Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 1990 am 14. Oktober 1990 wieder errichtet wurde. Die Reföderalisierung des Gebietes der ehemaligen DDR war nicht nur eine formale Anpassung an die Strukturen der Bundesrepublik, sie entsprach auch dem ausdrücklichen Willen der Bürgerrechtsbewegung in diesem Teil Deutschlands. Die erklärte Absicht, staatlicher Allmacht durch horizontale Gewaltenteilung zukünftig Schranken zu setzen, wurde von den meisten der damals aktiven Gruppierungen vertreten. Anders als in unseren Nachbarländern, die ihre Identität aus einer längeren gemeinsamen Geschichte ableiten, gibt es eine solche historisch gewachsene Landesidentität in Sachsen-Anhalt nicht. Obwohl bei einer Umfrage 1994 in Sachsen-Anhalt nur 45% der Befragten eine Identifikation mit ihrem Land angaben und damit weniger als in allen anderen deutschen Ländern, waren jedoch 78% der Meinung, das Land Sachsen-Anhalt solle auch bei einer eventuellen Länderneugliederung erhalten bleiben. Das muss jede Landesregierung als Auftrag verstehen, wenn sie die Interessen der eigenen Bürger nicht verraten will. Niemand bestreitet trotzdem die Notwendigkeit einer Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung in Deutschland. Weil der Bundestag während der vergangenen mehr als fünf Jahrzehnte immer häufiger von der Möglichkeit der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat, sind die Landtage in ihren Gesetzgebungsbefugnissen ausgeblutet. Sie haben kaum noch eigene Entscheidungsmöglichkeiten. Die Länder wurden mehr und mehr zu Verwaltungsprovinzen, ihr Staatscharakter ist kaum noch erkennbar. Dies wird sehr unterschiedlich wahrgenommen. Die Gesamtheit der alten Bundesländer beklagt diese Entwicklung als eigenen Bedeutungsverlust. Die neuen Bundesländer, die größere eigene Kompetenz nie selbst erlebt haben, sehen dies unterschiedlich. Soweit sie eine eigene Tradition haben, streben sie schon deshalb ebenfalls einen deutlicheren eigenen Staatscharakter an. Soweit sie diese eigene Tradition nicht haben, entsteht gelegentlich der Eindruck, als ob die nur als Verwaltungsprovinz empfundene Eigenständigkeit eine beliebige Spielmasse zur Profilierung sei. Deshalb sollten auch bei uns zukünftige Landesregierungen der eigenen Bevölkerung jenes Maß an Authentizität und Selbstwertgefühl vermitteln, das unsere Nachbarländer ganz selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen. Kritiker missverstehen das absichtlich als kultivieren einer Kleinstaaterei. Dabei geht es allen Ländern nur um die Wahrung eigener Identität in einem gemeinsamen Bundesstaat, den niemand in Frage stellt. Auch dieser Bundesstaat bedarf der Reformen. Die Welt um uns verändert sich rasant. Grundsätzliche technologische und soziologische Entwicklungen während der letzten Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts haben dazu geführt, dass diese Welt nie wieder so sein wird, wie sie einmal war. Andere Nationen holen auf und dominieren in nie da gewesener Weise die Märkte. Uns gelingt es immer weniger, mit diesem Tempo mitzuhalten. Im Wettbewerb der Standorte sind jene Staaten im Vorteil, die schnell entscheiden können. Wir brauchen deshalb für unsere innerstaatliche Ordnung klare Zuständigkeiten beim Bund einerseits und bei den Ländern andererseits. Die Föderalismuskommission hat dazu erste Vorschläge gemacht, die in diesem Jahr umgesetzt werden sollen. Europa ist eine Realität. Mehr als 50 % unseres gesamten Gesetzesrechts, mehr als 80 % unseres Wirtschaftsrechts sind durch Vorgaben der Europäischen Union geprägt oder veranlasst. Der Entwurf eines gemeinsamen Verfassungsvertrages der Europäischen Union ist in zwei Ländern gescheitert. Die Gründe mögen unterschiedliche sein. Verbreitet ist die Sorge, die EU könne sich zu einem zentralistisch organisierten Verwaltungsmoloch entwickeln, in dem die Identität der Regionen verloren geht. 73 Regionen innerhalb der Europäischen Union verfügen über Regierungen und direkt gewählte Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen. Auch wir gehören dazu. Gemeinsam umfassen die Regionen mit eigener Gesetzgebungsbefugnis fast die Hälfte der gesamten Bevölkerung der EU. Auf der sechsten Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten von Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen Ende November vorigen Jahres in München haben diese mit Zustimmung auch Sachsen-Anhalts eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der das Subsidiaritätsprinzip mehr als bisher als Leitgedanke für den Strukturaufbau einer Europäischen Union befürwortet wird. Der wichtige Gedanke der europäischen Gemeinschaft wird nur umgesetzt werden können, wenn er zu einer Einheit in Vielfalt führt und die Regionen ihre Identität nicht verlieren. Das gilt insbesondere für eine Region wie Sachsen-Anhalt, die aus historischen Gründen noch dabei ist, ihre eigene Identität zu finden. Die unterschiedliche Ausgangsposition der Länder innerhalb der Bundesrepublik hat auch in der Föderalismuskommission zu unterschiedlichen Zielvorstellungen geführt. Praktische Politik beginnt immer mit dem Betrachten der Realitäten. Dazu gehörte, dass wir nur die Ziele erreichen werden, die wir gemeinsam vertreten. Bereits am 6. Mai vorigen Jahres haben sich die Ministerpräsidenten auf gemeinsame Verhandlungspositionen geeinigt. Fast jedes Land hat dabei eigene Interessen zurückgestellt und um der Gemeinsamkeit willen andere Positionen mitgetragen, die keine eigene Priorität hatten. Die Zahlerländer im innerdeutschen Finanzausgleich halten eine grundlegende Neuordnung der Finanzverfassung für dringend notwendig. Alle Empfängerländer haben dies erst einmal abgelehnt. Um die erreichbaren Ziele umsetzen zu können, wurde dieses Thema zunächst ausgeklammert. Nach der gesetzestechnischen Verabschiedung der konsensfähigen Reformschritte sind weitere Gespräche über eine Neuordnung der Finanzverfassung vorgesehen. Davor wird noch viel zu klären sein. Bund und Länder bekennen sich zur Fortführung des Solidarpaktes einschließlich der Finanzierung des sog. Korbes II, wie dies bereits 2001 beschlossen wurde. Dafür sind die neuen Länder dankbar. Spätestens jetzt, wo es um die Konkretisierung einzelner Maßnahmen geht, wird deutlich, was Eingeweihte schon von Anfang an wussten, dass diese Einmütigkeit auf den unsicheren Füßen versteckter Undeutlichkeiten steht. Von Anfang an ist undeutlich geblieben, was alles zum Korb II gerechnet wird. Alle Versuche, mit der früheren Bundesregierung darüber in Gespräche zu kommen, sind gescheitert. Wenigstens aus der Sicht des Bundesfinanzministeriums soll alles dazu gezählt werden, was an Finanzierung in die neuen Bundesländer fließt. Das führt dazu, dass uns gelegentlich vorgeworfen wird, wir hätten schon viel zu viel Geld bekommen ¿ nachzulesen in einer kürzlich vom neuen Aufbau-Ost-Minister Tiefensee autorisierten Presseerklärung. Bei dieser Betrachtung wird die Finanzierung aller Bundesaufgaben in den neuen Ländern wie zum Beispiel Investitionen in Bundeswehrstandorte und ähnliches mit eingerechnet. Das entspricht nicht unseren Vorstellungen von der inneren Einheit in Deutschland. Die neuen Länder verstehen sich nicht als ein besonderes Gouvernement in Deutschland, sondern als wesensgleiche Länder in einem Bund. Die Finanzierung von Bundesaufgaben in den neuen Ländern sollte deshalb nicht anders gewertet werden, als eine solche in den alten Ländern. Ich bin dankbar dafür, dass sich die neue Bundeskanzlerin bereit erklärt hat, noch in diesen Monat mit Gesprächen darüber beginnen zu wollen. Niemand kann ein schnelles Ergebnis erwarten. In einem ersten Schritt soll über die Struktur solcher Gespräche entschieden werden. Sofern der Bund im Interesse der neuen Länder in diesem Gebiet seinerseits überproportional investiert, wird dies berücksichtigt werden müssen. Es ist sicher, dass diese Verhandlungen nicht einfach werden. Genauso wichtig sind Gespräche mit der neuen Bundesregierung über die Bewertungskriterien in den sog. Fortschrittsberichten der Bundesregierung über den Aufbau Ost. Ich halte es für selbstverständlich, dass wir über die Verwendung von Sonderbundesergänzungszuweisungen Rechenschaft ablegen müssen. Für die geplanten Föderalismusgespräche über die innerdeutsche Finanzstruktur wird ein Benchmarking der Länderhaushalte angedacht. Dass aber die Behebung von teilungsbedingten Sonderlasten nur mit einem einzigen fiskalischen Parameter gemessen wird, ist nicht sachgerecht. Dies dient einigen Medien regelmäßig zu einer Diffamierung der neuen Länder und bedient Ressentiments in westlichen Ländern. Hierüber mit uns zu sprechen, hat sich die neue Bundesregierung bereit erklärt. Wir wollen noch in diesen Monat das Verfahren dazu verabreden. Dabei sollten wir vor uns selbst nicht verschweigen, dass die Haushaltssituation in den neuen Bundesländern durchaus unterschiedlich ist. Aufgrund konsequenter eigener Politik steht Sachsen wesentlich besser da als wir in Sachsen-Anhalt. Es überzeugt nicht, die Gründe dafür nur bei anderen zu suchen. Wer sie wissen will, muss sich die Protokolle der parlamentarischen Haushaltsberatungen der letzten Jahre durchlesen. Das löst zwar unsere eigenen Probleme nicht, sollte aber vor der Wiederholung gemachter Fehler und politischer Konstellationen bewahren. Eins ist sicher, wir werden unsere selbst gemachten Schulden nicht bei anderen abladen können. Für unsere Position in der Föderalismusdebatte bedeutet dies, dass ein reiner Wettbewerbsföderalismus bei derzeit ungleicher Ausgangsposition für Sachsen-Anhalt völlig inakzeptabel sein muss. Aus der Interessenlage unseres Landes werden wir einen kooperativen Gestaltungsföderalismus anstreben, der - den Wettbewerb in den Bereichen zulässt, in denen zwischen den Ländern Chancengleichheit besteht und - der solidarische Strukturen zwischen den Ländern festschreibt, um die Chancengleichheit zu erhalten und in den Bereichen zu schaffen, wo diese noch nicht besteht. Diese Position wird von einer Mehrheit der Länder geteilt. Sie auszufüllen bedarf noch vieler Vereinbarungen und Absprachen. Unstrittig sind inzwischen die gefundenen Regelungen zu einem nationalen Stabilitätspakt mit einer Neuformulierung des Art. 109 Abs. 5 Grundgesetz (neu) und zur EU-Haftung in Art. 104a Abs. 6 GG (neu). Damit binden sich die Länder in ihre gesamtstaatliche Verantwortung ein. Konkret bedeutet das, dass niemand in einem Land Finanzierungsversprechungen machen kann, die er nicht mit eigenen Einnahmen finanzieren kann ¿ wenigstens solange nicht, so lange es dafür keinen gesamtstaatlichen Konsens gibt. Die übermäßige Verschuldung eines Landes belastet auch die anderen mit. Eine ausschließliche Haftung nach dem Verursacherprinzip wie sie von einigen Ländern gewünscht wurde, würde aber der unterschiedlichen Ausgangssituation nicht gerecht. Für Sachsen-Anhalt habe ich der jetzt gefundenen Kompromisslösung zugestimmt in der Hoffnung, dass sie niemals durch unser Verschulden greifen müsste. Bundesgesetze, die die Länder finanziell verpflichten, werden immer Zustimmungsgesetze bleiben. In einigen Bereichen waren die Länder bereit auf Zustimmungsrechte im Bundesrat zu verzichten, wenn in anderen originäre Gesetzgebungskompetenzen auf die Länder übertragen werden. Nicht allein die Mitwirkung an der Rechtsetzung des Bundes entspricht dem Staatscharakter der Länder, sondern die Gesetzgebung aus eigenem Recht. Das bedeutet, dass eine klare Abschichtung der Kompetenzen von Bund und Ländern nach dem Prinzip der Subsidiarität zu erfolgen hat. Der Staat muss von den Bürgern her gedacht werden. Er muss deshalb von unten nach oben organisiert werden. Nur was die Kommunen nicht leisten können, gehört in die Zuständigkeitsebene der Länder und nur was die Länder nicht leisten können, auch durch Koordination untereinander, gehört in die Zuständigkeit des Bundes. Wenn Chancengleichheit besteht, ermöglicht ein solcher Gestaltungsföderalismus auch einen gesunden Wettbewerb um die besten Lösungen. Dann geht es nicht um eine ungesunde Konkurrenz, sondern um ein lernendes System, das neuen politischen Ideen und Lösungen eine Chance gibt. Auch eine staatliche Ordnung muss innovationsoffen werden. Das geht am besten, wenn unterschiedliche Konzepte regional erprobt werden können. Nach Vollzug der Kreisgebietsneugliederung werden wir in einer zweiten Stufe der Verwaltungsreform nach den gleichen Prinzipien darüber entscheiden, was Gemeinden und Kreise selbst regeln können und was auf der Landesebene verbleiben muss. Die Erfahrungen aus der Finanzsituation mancher Abwasserzweckverbände lehren die Dinge so zu gestalten, dass das Land nicht erst zur Behebung auf der kommunalen Ebene selbst verschuldeter Notlagen in die Pflicht genommen wird. Im Verhältnis zwischen Bund und Ländern soll das gleiche Problem mit einem nationalen Stabilitätspakt eingefangen werden. Unter diesen prinzipiellen Gesichtspunkten soll der Bund künftig auf Regelungen der Behördenorganisation ganz verzichten und die Regelung des Verwaltungsverfahrens den Ländern überlassen. Das gilt prinzipiell für alle nach der Grundgesetzänderung neu vom Bund verabschiedeten, nicht im Bundesrat zustimmungspflichtigen Gesetze. Offen und noch umstritten ist die Anwendung auf bereits bestehende Gesetze. Dafür wird gegenwärtig noch eine Übergangsregelung gesucht. Da die Länder keine Steuergesetzgebungskompetenz haben, wäre es naheliegend, die Steuerverwaltung ausschließlich dem Bund zu überlassen. Das allerdings haben die meisten Länder abgelehnt. Solange das bisherige Verteilungssystem besteht, soll die Steuerverwaltung von Bund und Ländern gemeinsam verantwortet werden. Andererseits soll die Übertragung von haushaltsrelevanten Aufgaben durch den Bund an die Kommunen zukünftig grundsätzlich unterbleiben. Das Projekt der optierenden Kreise in der Arbeitsverwaltung als Bundesaufgabe war insofern die letzte Ausnahme. Ganz offensichtlich scheint sich dieses Modell zu bewähren. In den nächsten Jahren wird dieses Modell noch zu erheblichen grundsätzlichen Diskussionen führen. Solange noch erhebliche Unterschiede in der Steuerkraft und der Arbeitslosenquote unter den Ländern bestehen, sind wir an einer Kommunalisierung der Arbeitsverwaltung ohne Neuverteilung des Steueraufkommens nicht interessiert. Mit Ausnahme von Sachsen waren die neuen Bundesländer bisher nicht aktiv interessiert an der Übernahme der vollen Arbeitgeberkompetenz für die eigenen Beamten. Rechtssystematisch ist das logisch und insofern ist die Forderung der Länder begründet. Andererseits waren es die Länder selbst, die in den frühen 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Tariffindung dem Bund übertragen haben. Aus meiner Sicht wird die jetzt mehrheitlich gewollte Lösung nicht am Votum Sachsen-Anhalts scheitern. Wir werden unsererseits darauf achten, dass die Tarifgemeinschaft deutscher Länder eine Koordinierungsfunktion untereinander übernimmt. Die Verhandlungsführung durch die Länder hat sich ohnehin bewährt. Für den Bund bedeuteten Tariferhöhungen regelmäßig mehr Steuereinnahmen als die Erhöhung der eigenen Personalausgaben ausgemacht hatte. Das ist bei den Ländern umgekehrt, weshalb sie zukünftig für sich selbst verhandeln wollen. Der Bund hat eine Personalquote von unter 20 %, die Ländern von bis zu 50 %. Besonders die südwestlichen Länder fordern deshalb im Sinne der Eigenstaatlichkeit die Organisations- und die Personalhoheit für die eigenen Bediensteten zurück. Ich bin bereit dies mitzutragen, weil wir die Solidarität dieser Länder in anderen für uns existenziellen Fragen brauchen. Für viele Länder war und ist eine umfassende eigene Bildungskompetenz wichtig. Bundesweit vergleichbare Standards, insbesondere bei der Zulassung und den Abschlüssen können die Länder untereinander selbst koordinieren. Gemeinsame Standards in der Qualitätssicherung bedürfen nicht der Einflussnahme des Bundes und dürfen einen notwendigen Qualitätswettbewerb untereinander nicht konterkarieren. Die in Vergleichsstudien festgestellten unterschiedlichen Ergebnisse der Länder können zu einer Ergebnisverbesserung bei allen Ländern führen. Eine zentralistische Bundeseinheitlichkeit führt dagegen eher zu einer Erstarrung des Systems und nicht zu einem sich selbst beflügelnden Wettbewerb um die bessere Lösung. Die ungehinderte Mobilität der Menschen in Deutschland muss darunter nicht leiden, wenn die Koordinierung über die Kultusministerkonferenz funktioniert. Der Wegfall der Mischfinanzierung Hochschulbau ist für die neuen Länder akzeptabel. Mit Art. 143c Abs. 3 GG (neu)  ist eine Übergangsregelung bis zum Auslaufen des Solidarpaktes vorgesehen, nach der zunächst bis Ende 2013 die durchschnittlichen Finanzierungsanteile des Bundes aus dem Referenzzeitraum 2000 ¿ 2008 weitergezahlt werden. Das schafft mehr Planungssicherheit als wir vorher hatten. Es wird von uns selbst abhängen, wie wir in einem solchen Wettbewerb abschneiden. Wenn wir in jeder Legislaturperiode aus ideologischen Gründen grundsätzliche Bildungsstrukturen immer wieder ändern, werden wir verlieren und den eigenen Kindern schaden. Auch das beste System braucht Zeit, um sich bewähren zu können. Nach den letzten Reformen sind wir jetzt gut aufgestellt und brauchen den Wettbewerb mit anderen nicht zu fürchten. Auch für die Hochschulen haben wir bereits mit einer kooperativen Strukturreform und einem gemeinsamen Wissenschaftszentrum die Voraussetzungen für einen Wettbewerb mit anderen geschaffen. Für die Teilnahme an Exzellenzprogrammen brauchen wir noch innovative Formen der Zusammenarbeit. Über das Wissenschaftszentrum des Landes wären sie organisierbar, wenn die einzelnen Einrichtungen ihrerseits zu einer intensiveren Zusammenarbeit bereit sein werden. Die strukturellen Voraussetzungen dazu sind geschaffen. Wir sind gut aufgestellt im Bereich der alternativen Energieerzeugung, sowohl der Photovoltaik als auch aus nachwachsenden Rohstoffen. Für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes wäre es sinnvoll, unsere wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Potentiale auf die Effizienzverbesserung und Kostensenkung im Bereich alternativer Energieerzeugung zu konzentrieren. Das sind absolute Zukunftstechnologien. Das Land, das in diesem Bereich als erstes marktführende Produzenten hat, kann einen erheblichen Standortvorteil daraus machen. Wird sind ebenfalls gut aufgestellt im Bereich der Landwirtschaft und der Ernährungsgüterindustrie. Durch die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems, durch marktgesteuerte Kundenorientierung und durch zunehmende Bioenergiegewinnung sind wir in diesem Bereich auf die Herausforderungen des europäischen Binnenmarktes vorbereitet. Die Produktivität pro Arbeitsplatz ist in dieser Branche im bundesweiten Vergleich am höchsten. Es verwundert deshalb nicht, dass unsere Landwirte bundesweit im letzten Jahr die höchsten Einnahmen je Betrieb hatten. Das trifft mit geringen Einschränkungen auch zu auf die chemische Industrie. Besonders in diesem Bereich ist die Produktivität pro Arbeitsplatz in Sachsen-Anhalt höher als im Bundesdurchschnitt. Wir haben hochmoderne Arbeitsplätze, aber leider noch zu wenig davon. Während man vor zehn bis zwölf Jahren in der chemischen Industrie noch mit einer Kapitalinvestition von ca. 1 Million DM pro neuen Arbeitsplatz rechnen musste, sind es gegenwärtig mehr als 1 Million Euro. Im Vergleich zu den großen internationalen Konzernen sind unsere Standorte noch klein. Durch Einfluss auf die Rahmenbedingungen versuchen wir ihnen zu helfen, selbst zu wachsen. In einem von uns mit initiierten Verband der Chemieregionen der EU hat Sachsen-Anhalt gegenwärtig den Vorsitz. Im Zusammenhang mit der Diskussion zu den so genannten REACH-Vorschriften ist es gelungen, den eigenen Chemiestandort vor Überregulierung zu bewahren. In den anderen Wirtschaftszweigen haben wir in den letzen Jahren durchaus aufgeholt, sind aber im Länderranking noch nicht über Mittelfeldpositionen hinaus gekommen. Nur wer weiß, wo wir vor vier Jahren standen, weiß auch, dass wir uns deutlich verbessern konnten. Die Auswirkungen unserer Arbeit auf den Arbeitsmarkt beginnen erkennbar zu werden. Sachsen-Anhalt ist nicht mehr das Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit und hat alle Chancen, das auch nicht mehr zu werden. Trotzdem sind wir noch lange nicht zufrieden. In den letzten Monaten haben wir bundesweite Aufmerksamkeit gefunden mit innovativen Arbeitsmarktprojekten auf der Grundlage der gegenwärtigen Gesetzgebung. Ich beobachte mit Interesse, wie immer mehr Länder mit geringen Variationen dies nachmachen und als bundesweite Neuerung anbieten. Dadurch ist eine bundesweite, zum Teil sehr grundsätzliche Diskussion über Reformen in der Arbeitsmarktpolitik in Gang gekommen, an der wir uns mit eigenen Erfahrungen beteiligen. Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass es zwischen dem geschützten, mit Sozialtransfer finanzierten, nicht nachfrageregulierten Arbeitsmarkt einerseits und dem freien, tariffinanzierten, wettbewerbs- und nachfrageorientierten Arbeitsmarkt andererseits einen Zwischenbereich geben muss. Das wäre dann ein teils tarif- und teils transferfinanzierter und so gestützter, gemeinwohlorientierter und dadurch wirtschaftsferner Arbeitsmarktbereich. Mehrere Länder suchen gegenwärtig dafür nach Umsetzungsmodellen. Zwangsläufig muss dabei die Frage entschieden werden, welchen Mindesttarif der Arbeitgeber leisten muss als Eigenanteil des Trägers solcher Maßnahmen, und ab welcher Einnahmenhöhe die Stützung durch Sozialtransfers aufhören muss. In diese, sehr grundsätzliche Diskussion, können die neuen Bundesländer eigene Erfahrungen einbringen. In die Infrastrukturentwicklung des Wirtschafts- und des Wissenschaftsstandortes, in die Bildungs- und die Arbeitsmarktpolitik haben wir viel Geld investiert. Inzwischen sind wir aber das Flächenland mit den höchsten Pro-Kopf-Ausgaben im Haushalt und mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung. Dieses statistische Ergebnis ist nur zum geringeren Teil durch die abnehmende Einwohnerzahl bedingt. Ich bin mir sicher, dass bei zukünftigen Haushaltsberatungen Benchmarkingvergleiche zwischen den Ländern wichtiger sein werden als eloquent vorgetragene Ressortforderungen. Das Saarland hat beim Bundesverfassungsgericht geklagt, um die Fortsetzung von Bundesergänzungssonderzuweisungen zu erzwingen. Die Stellungnahme der anderen Landesregierungen dazu sollte zur Pflichtlektüre derjenigen werden, die sich mit Haushaltsfragen beschäftigen. Die bevorstehenden Föderalismusgespräche zur innerdeutschen Finanzstruktur werden sich bis in jedes Parlament auswirken. Wenn in einem anderen Land gleiche oder sogar bessere Ergebnisse, mit geringerem Finanzierungsaufwand erzielt werden, dann ist das kein Finanzproblem mehr, sondern ein Struktur- oder ein Organisationsproblem. Wenn dann daraus die richtigen Konsequenzen gezogen werden, erweist sich der föderalistische Aufbau der Bundesrepublik als ein lernendes und sich selbst optimierendes System, das einem zentralistischen Staatsaufbau überlegen ist. Wir müssen die Chancen nutzen, die in einem solchen System liegen. Bei fast allen Reformen der letzten Jahre haben wir immer geprüft, welche Erfahrungen andere Länder - mit im einzelnen anderen Regelungen ¿ gemacht haben. Das werden wir sowohl auf die Haushaltsstrukturen als auch auf die Haushaltsansätze ausdehnen. Mit der Neuordnung der Programme für die nächste Förderperiode der EU schaffen wir die Voraussetzungen für eine noch effektivere und zielgenauere Förderung von Wachstum und Beschäftigung, als dies im laufenden operationellen Programm möglich ist. Mit mehreren Verwaltungs- und Strukturreformen haben wir unser Land für die Lösung zukünftiger Aufgaben zukunftsfähig aufgestellt. Nach der organisatorischen Umsetzung der Kreisgebietsneugliederung wird in einer zweiten Phase der Verwaltungsreform über die Zuordnung von Aufgaben auf die kommunalen Ebenen neu entschieden werden. Dabei werden wir die modernen Möglichkeiten eines internetbasierten, interaktiven Landesportal ebenso berücksichtigen wie die verwaltungstechnische Kosteneffizienz. Bisher haben sich 17 Kreise dem Landesportal angeschlossen. Die Übrigen arbeiten daran. Die modernen Technologien ermöglichen es, dass Land gleichmäßig zu entwickeln. Raumordnerische Schwerpunkte wird es immer geben; auch innerhalb des Landes soll jede Region ihre Individualität behalten. Es macht Sinn, bei der Wirtschaftsförderung branchenspezifische Schwerpunkte zu begünstigen. Aber es macht keinen Sinn, Wirtschaftsförderung auf wenige Zentren zu konzentrieren, andere Regionen des Landes ausbluten zu lassen und dann mit neuen Förderprogrammen diese Regionen wieder reaktivieren zu wollen. Bei allen Sorgen, die wir noch im Land haben, soll keine Gemeinde und keine Person den Eindruck haben, sie wäre von zukünftigen Entwicklungen abgeschnitten. Am Ende seiner vierten parlamentarischen Legislaturperiode hat Sachsen-Anhalt noch fast alle für die neuen Länder in Deutschland typischen Folgeprobleme eines grundsätzlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozesses. Und wir haben die typischen Selbstfindungsprobleme eines jungen Bundeslandes ohne eigene historische Tradition. Diesen Prozess haben ältere Länder in Deutschland bereits hinter sich. Er wird bei uns nicht anders verlaufen. Wir haben uns gegenseitig in den letzten Jahren bewiesen, dass wir erfolgreich sein können, wenn wir die richtigen Prioritäten setzen. Es ist eine altbekannte Erfahrung, dass Entscheidungen in der Wirtschaft zu 50 % einen psychologischen Hintergrund haben. Wenn es uns darum geht, Sachsen-Anhalt als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort mit kulturhistorisch interessanten Hintergrund und mit nachhaltigkeitsorientierten ökologischen und familienfreundlichen, sozialen Rahmenbedingungen aufzubauen, dann sollten wir dies berücksichtigen. Investoren werden nur dort hingehen, wo die Rahmenbedingungen für das betriebswirtschaftliche Risiko für sie kalkulierbar und das Vertrauen in die eigene Zukunft erlebbar ist. Das trifft ebenso zu auf die individuelle Einzelentscheidung vieler Menschen in unserem Land. Solange wir noch keine wenigstens ausgeglichene Wanderungsbilanz haben, solange haben diese Probleme eine gestaltungspolitische Dimension von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Menschen und Betriebe werden sich dort niederlassen, wo sie Vertrauen in die Zukunft haben. Menschen brauchen Vertrauen in die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und Arbeitgeber brauchen Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Arbeiter und die Fähigkeiten der rahmensetzenden Politik. Nicht nur der Einzelne, auch politische Gemeinschaften und ganze Länder müssen sich selbst wollen und bejahen, wenn sie sich und anderen Vertrauen in die Zukunft vermitteln wollen. Ein Land, das sich selbst aufgibt, kann weder Einzelnen noch Institutionen Vertrauen in die Zukunft vermitteln. Sachsen-Anhalt hat seit seiner Wiedergründung eine sehr schwierige Entwicklung hinter sich. Dies und die gemeinsamen ersten Erfolge machen uns zu einer Schicksalsgemeinschaft, aus der heraus sich eine eigene Identität zu entwickeln beginnt. Im Gegensatz zu alten und manchen neuen Ländern sind wir erst dabei, den partiellen Staatscharakter unseres eigenen Landes zu begreifen. Die Umsetzung der Ergebnisse der Föderalismuskommission, unser gemeinsames Schicksal und unsere gemeinsamen Erfolge werden uns dabei helfen. Sie begründen das Vertrauen in die Zukunft unseres Landes. Wir schulden unserem Land die Förderung und Entwicklung eines Wir-Gefühls. Eigene Verzagtheit darf nicht dazu führen, dem ganzen Land seine Zukunftsfähigkeit abzusprechen. Die Menschen in unserem Land hätten es nicht verdient, wenn gerade wir als ihre gewählten Vertreter ihnen die Zukunftsfähigkeit bestreiten würden. Das Vertrauen in die gemeinsame Fähigkeit, erkennbare Probleme auch zu lösen, begründet unser Vertrauen in die Zukunft unseres Landes und der Menschen, die hier leben. Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Hegelstraße 42 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Hegelstraße 42 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de

Sachsen-Anhalt bringt Gesetz zum Nichtraucherschutz auf den Weg / Gesundheitsministerin Kuppe: Wir wollen rauchfreie Raumluft

Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.: 009/07 Ministerium für Gesundheit und Soziales - Pressemitteilung Nr.: 009/07 Magdeburg, den 25. Januar 2007 Sachsen-Anhalt bringt Gesetz zum Nichtraucherschutz auf den Weg / Gesundheitsministerin Kuppe: Wir wollen rauchfreie Raumluft Der Gesetzentwurf der Landesregierung zu einem Nichtraucherschutzgesetz ist am Donnerstag das erste Mal im Landtag beraten worden. Im Folgenden veröffentlichen wir die Einbringungsrede von Gesundheitsministerin Dr. Gerlinde Kuppe: Die Diskussion um den Nichtraucherschutz bewegt seit geraumer Zeit ganz Deutschland. Wir haben begrenzte Erfahrungen mit freiwilligen Vereinbarungen auf verschiedenen Ebenen gemacht. Die Arbeitsstättenverordnung aus dem Jahre 2003 hat noch keine wesentlichen positiven Resultate gezeigt. Ich freue mich daher, mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf einen wichtigen Beitrag zu einer wirksamen Verbesserung des Schutzes der nicht rauchenden Bevölkerung in unserem Bundesland vorstellen zu können. Schätzungen zufolge werden in Deutschland jährlich 110.000 bis 140.000 Todesfälle durch Tabakkonsum verursacht. Die häufigste Erkrankungs- und Todesursache in diesem Zusammenhang ist Krebs, gefolgt von Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems sowie der Atemwege. Darüber hinaus ist es wissenschaftlich gesichert, dass nicht nur das aktive Rauchen äußerst gesundheitsschädlich ist, sondern auch das unfreiwillige passive Rauchen ein erhebliches Erkrankungsrisiko in sich birgt. Nach derzeitigen Erkenntnissen sind pro Jahr rund 3.300 Todesfälle auf passives Rauchen durch Einatmen von Tabakrauch aus der Raumluft zurückzuführen. Das Passivrauchen ist lange Zeit stark unterschätzt worden. Dabei enthält dieser unfreiwillig eingeatmete Rauch die gleichen giftigen und krebserregenden Substanzen wie der von Raucherinnen und Rauchern inhalierte Rauch, und dies zum Teil in deutlich höherer Konzentration. Da einzelne Komponenten des Passivrauchs lange in der Raumluft verweilen und sich die Partikel an Wänden, Gebrauchsgegenständen und auf Bodenbelägen ablagern und von dort wieder in die Raumluft gelangen, sind Räume, in denen das Rauchen erlaubt ist, eine kontinuierliche Expositionsquelle für die Giftstoffe des Tabakrauchs ¿ selbst dann noch, wenn dort aktuell nicht geraucht wird. Daraus resultiert - wie Untersuchungen belegen -, dass die Einrichtung von Raucherzonen in nicht völlig abgeschotteten Innenbereichen keinerlei Schutz vor dem Passivrauchen gewährleistet. Daher ist ein wesentliches Ziel des Gesetzes, die rauchfreie Innenluft als einzig wirksame Schutzmaßnahme für die Nichtraucher und Nichtraucherinnen zu gewährleisten. Passivrauchen verursacht eine Reihe von akuten und chronischen Krankheiten, einschließlich Lungenkrebs. Herzkrankheiten, insbesondere für bereits erkrankte oder geschwächte Personen, wie z.B. Asthmatiker, ist das Passivrauchen eine konstante Gesundheitsgefährdung. Für Kinder und Jugendliche ist das Passivrauchen aufgrund ihres noch unausgereiften Organismus besonders gefährlich und hat erhebliche Auswirkungen auch auf die körperliche Entwicklung. So besteht bei Kindern ein Zusammenhang zwischen Passivrauchen und Mittelohrentzündungen, einer beeinträchtigten Lungenfunktion, Asthma oder zwischen Passivrauchen und plötzlichem Kindstod. Es besteht also dringender Handlungsbedarf zum Schutz vor den Folgen des Tabakkonsums zu Gunsten der Nichtraucherinnen und Nichtraucher. Die Landesregierung sieht ein Rauchverbot als erforderliche Maßnahme an, um das gesundheitsfördernde Ziel einer rauchfreien Innenluft zu erreichen. Die Zielrichtung des Gesetzes soll durch zwei grundsätzliche Handlungsansätze verwirklicht werden: Zum einen soll die öffentliche Verwaltung bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen zur Wahrung der Gesundheit der Menschen beispielhaft wirken. Daher sieht das Gesetz in den Paragraphen 2 und 3 ein Rauchverbot in den Gebäuden der öffentlichen Verwaltung des Landes vor. Des Weiteren ist es Aufgabe des Staates, basierend auf den gerade skizzierten medizinischen Erkenntnissen, besonders schutzwürdige Personengruppen auch einem besonderen Schutz zu unterstellen. Hierzu zählen neben Kindern und Jugendlichen mit ihrer besonderen Gefährdung durch passives Rauchen auch die auf Grund von Krankheit oder anderen körperlichen Beeinträchtigungen gesundheitlich besonders sensiblen Personen in Krankenhäusern und Heimen für Pflegebedürftige sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Im Rahmen der bundesweiten Diskussion wurde wiederholt über die Zuständigkeitsfrage zwischen Bund und Ländern gestritten. Das Land Sachsen-Anhalt ist zum Erlass eines Gesetzes zur Wahrung des Nichtraucherschutzes berechtigt. Zum Einen lässt sich das Gesetz zur Wahrung des Nichtraucherschutzes unter dem Aspekt der Prävention als eine allgemeine gesundheitsrechtliche Regelung betrachten. In diesem Fall greift die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für einzelne Bereiche des Gesundheitsrechts wie in Art. 74 Abs. Nr. 19 und 19a des Grundgesetzes nicht und der Bereich des allgemeinen Gesundheitsschutzes und des Schutzes vor den gesundheitlichen Gefahren durch Tabakrauch unterliegt der allgemeinen Länderzuständigkeit nach Art. 70 Grundgesetz. Mir ist sehr wohl bewusst, dass das Gesetz zur Wahrung des Nichtraucherschutzes in das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung des Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes bei den Raucherinnen und Rauchern wie auch in einem bestimmten Grade in das Eigentumsrecht privater Betreiber (Art. 18 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) und die freie Berufsausübung (Art. 16 Abs.1 Satz 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) eingreift. Die Beschränkung dieser Grundrechte ist jedoch gerechtfertigt, da gewichtige Gründe des Gemeinwohls vorliegen und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird. Zudem sind die im Gesetz vorgesehenen Rauchverbote unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen, wie mit der Arbeitsstättenverordnung, erforderlich und offenbar das einzig geeignete Mittel, um einen wirksamen Nichtraucherschutz zu gewährleisten. Während in Paragraph 2 des Gesetzentwurfes das allgemeine Rauchverbot in Räumen und Gebäuden normiert ist, besteht eine Ausnahme für Einrichtungen für Kinder und Jugendliche in Paragraph 3 Absatz 1. Dies ist in dem erhöhten gesundheitlichen Risiko für Kinder und auch Jugendliche, aber auch dem pädagogischen Aspekt der Vorbildfunktion, begründet. In Paragraph 4 sind Ausnahmen für verschiedene Bereiche vorgesehen, die auf besondere räumliche und persönliche Situationen eingehen. Dies bezieht sich vor allem auf Personen oder Personengruppen, denen es aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, das Gebäude zum Rauchen zu verlassen wie Patienten und Patientinnen einer Palliativ-Station, immobile Heimbewohner und Heimbewohnerinnen, aber auch Insassen und Insassinnen einer Haftanstalt oder Maßregelvollzugspatientinnen und -patienten. Wie sich aus der Begründung zu Paragraph 4 ergibt, erstrecken sich derartige räumliche Ausnahmen nur auf den ausgenommenen Personenkreis und nicht auf das in den Einrichtungen beschäftigte Personal. Zur Umsetzung des Rauchverbotes stehen den Trägern, Einrichtungs- und Behördenleitungen die Instrumente des Hausrechtes, des Arbeits- und Dienstrechtes zur Verfügung. Nach drei Jahren soll das Ministerium für Gesundheit und Soziales dem Landtag einen Erfahrungsbericht erstatten. Einen Punkt möchte ich betonen: Ein Rauchverbot bedeutet nicht, dass die vielen positiven Bemühungen und Anstrengungen, freiwillig den Nichtraucherschutz zu stärken und den Nikotinkonsum bei den ¿aktiven¿ Raucherinnen und Rauchern zu reduzieren nicht mehr notwendig und wichtig wären. Aber natürlich sind Projekte wie ¿Rauchfreie Schule¿ oder ¿Rauchfreies Krankenhaus¿ wichtig. Das Gesetz ist doch nur ein Baustein im Rahmen eines verbesserten gesundheitlichen Verhaltens der Bürgerinnen und Bürger. Im Übrigen erhoffe ich mir von diesem Gesetz auch einen Impuls, dass Einrichtungen oder Organisationen, die von dem Gesetz nicht erfasst werden, die Intention des Gesetzes aufgreifen und etwa durch Dienstvereinbarungen oder ähnliches an dem Ziel rauchfreier Innenluft zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung mitarbeiten. Ich bitte um Überweisung und Beratung des Gesetzentwurfes im Ausschuss für Gesundheit und Soziales. Impressum: Ministerium für Gesundheit und Soziales Pressestelle Turmschanzenstraße 25 39114 Magdeburg Tel: (0391) 567-4607 Fax: (0391) 567-4622 Mail: ms-presse@ms.lsa-net.de Impressum:Ministerium für Arbeit, Soziales und IntegrationPressestelleTurmschanzenstraße 2539114 MagdeburgTel: (0391) 567-4608Fax: (0391) 567-4622Mail: ms-presse@ms.sachsen-anhalt.de

Landesregelung soll möglichst vor Weihnachten in Kraft treten Kabinett gibt Gesetzentwurf zu Ladenöffnungszeiten zur Anhörung frei

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 399/06 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 399/06 Magdeburg, den 5. September 2006 Landesregelung soll möglichst vor Weihnachten in Kraft treten Kabinett gibt Gesetzentwurf zu Ladenöffnungszeiten zur Anhörung frei Nach der Änderung der bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen steht in Kürze  den Ländern die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich des Ladenschlusses zu. Das Land Sachsen-Anhalt will diese Chance nutzen. Dazu hat das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit eine landesrechtliche Regelung vorgelegt, die heute vom Kabinett gebilligt wurde. Danach würde dem Einzelhändler in sehr viel größerem Umfang als bisher die Möglichkeit der eigenverantwortlichen Bestimmung der Öffnungszeiten seines Geschäfts gegeben. Mit dem Kabinettsbeschluss ist der Gesetzentwurf zur Anhörung von Kirchen, Industrie- und Handelskammern, Einzelhandelsverbänden, Gewerkschaften und kommunalen Spitzenverbänden freigegeben. Die Frist der Anhörung soll am 15. September 2006 enden. Die zweite Kabinettsbefassung soll am 26. September 2006 erfolgen. Danach könnte das Gesetz dem Landtag vorgelegt werden. Dem Handel ist daran gelegen, bereits für das Weihnachtsgeschäft 2006 über die Möglichkeit längerer Öffnungszeiten verfügen zu können. Die Landesregierung setzt alles daran, dass das Gesetz schnellstmöglich in Kraft treten kann. Zum Gesetzentwurf Der vorgelegte Entwurf zum Ladenöffnungsgesetz Sachsen-Anhalt regelt ausschließlich die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen sowie am Heiligabend. Eine Regulierung der Öffnungszeit von Verkaufsstellen an Werktagen findet nicht mehr statt. Das heißt, über den Zeitpunkt der Ladenöffnung an Werktagen entscheiden künftig allein die Händler. Sonn- und Feiertage stehen unter einem besonderen Schutz. Im Gesetzentwurf heißt es, Gemeinden können erlauben, dass Verkaufsstellen aus besonderem Anlass an höchstens vier Sonn- und Feiertagen für maximal fünf Stunden zwischen 11 und 20 Uhr geöffnet werden. Mit Ausnahme des 1. Advent dürfen Sonn- und Feiertage im Dezember nicht frei gegeben werden. Sonn- und Feiertags öffnen dürfen Apotheken, Tankstellen und Verkaufsstellen auf Bahnhöfen, Flugplätzen und Schiffsanlegestellen. An Sonn- und Feiertagen dürfen zudem für fünf zusammenhängende Stunden angeboten werden: Bäcker- oder Konditoreiwaren vom Herstellungsbetrieb, Blumen vom Blumengeschäft sowie Zeitungen und Zeitschriften. In anerkannten Kur- und Erholungsorten mit besonders starkem Fremdenverkehr gelten besondere Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen. Die Verkaufsstelleninhaber können selbst entscheiden, ob sie an 40 Tagen im Jahr jeweils 8 Stunden oder an allen Sonn- und Feiertagen für jeweils 6 Stunden zwischen 11 und 20 Uhr öffnen. Dabei ist auf die Zeit des Hauptgottesdienstes Rücksicht zu nehmen. Von einer Öffnung ausgenommen sind der Karfreitag, der Volkstrauertag und der Totensonntag. In Einzelfällen kann das Landesverwaltungsamt im Einvernehmen mit dem zuständigen Ministerium erlauben, dass Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen geöffnet werden, wenn dies im öffentlich Interesse notwendig ist. Anmerkungen Die Steigerung des Umsatzes und der Zuwachs von Beschäftigung im Einzelhandel werden mit dem Gesetzentwurf nicht verfolgt. Es geht lediglich darum, dem Einzelhändler mehr Freiraum zu geben. Sofern es infolge der Neuordnung der Ladenöffnung zu Umsatzsteigerungen und zu einem Beschäftigungszuwachs kommen sollte, wäre dies angesichts der Entwicklung der Zahlen der vergangenen Jahre ein erfreulicher Nebeneffekt. Mit dem Gesetzentwurf wird den sowohl aus dem Grundgesetz als auch aus der Landesverfassung Sachsen-Anhalts folgenden Anforderungen des Sonn- und Feiertagsschutzes Rechnung getragen. Darüber hinaus wurden Arbeitnehmerschutzgesichtspunkte berücksichtigt und den Erfordernissen und Wünschen nach Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung Rechnung getragen. Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Hegelstraße 42 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Hegelstraße 42 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de

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