Aufgrund von Datensaetzen aus Mitteleuropa, dem Mittleren Osten und dem westlichen Mittelmeerraum geht es darum, den mit Radar und anderen Mitteln erfassten Zugablauf in Raum und Zeit sowie das Zugverhalten verschiedener Vogelgruppen moeglichst umfassend zu charakterisieren und mit den oertlichen Umweltbedingungen (insbesondere Geomorphologie, Wetter und Vegetation) in Verbindung zu bringen. Im Rahmen des Teilprojektes 1 wurde ein neuer Datensatz aus dem westlichen Mittelmeerraum beschafft, um insbesondere den Zugablauf via Iberische Halbinsel bzw. ueber das westliche Mittelmeerbecken zu vergleichen und Rueckschluesse auf die Sahara-Ueberquerung zu ziehen.
Das frühe Auffinden invasiver Forstschadinsekten ist für den Erfolg von Tilgungsmaßnahmen von hervorragender Bedeutung. Wird ein Befall nicht binnen kurzer Zeit nach der Einschleppung entdeckt, kann sich ein Schadinsekt etablieren. Das Insekt kann selbst massive Schäden an Gehölzen verursachen, wie dies etwa beim Asiatischen Laubholzbockkäfer (invasiv in einigen Ländern Europas und Nordamerika) oder dem Asiatischen Eschenprachtkäfer (invasiv in Nordamerika und dem Europäischen Russland) der Fall ist, oder als Vektor für gefährliche Krankheitserreger fungieren, wie z.B. Monochamus-Arten für den Kiefernholznematoden, Verursacher der Kiefernwelke (Iberische Halbinsel und Ostasien). Die meisten dieser Schadinsekten sind mit bestimmten Einschleppungswegen, wie Rundholz, Holzverpackungsmaterial, oder Pflanzenmaterial verbunden. Entsprechend lassen sich Hochrisikogebiete, wie rund um Handelshäfen, Importbetriebe (für Steine, Holz, etc.) oder Baumschulen identifizieren. Ziel des EUPHRESCO-Projektes ist, verbesserte Techniken zur Überwachung mittels Lockstofffallen in den Mitgliedsstaaten zur Verfügung zu stellen. Der Focus liegt dabei auf als sehr gefährlich eingestuften Arten holz- und rindenbrütender Käfer. Die Ergebnisse aus dem Projekt sollen Basis für effiziente Überwachungsprogramme einer möglichst großen Zahl von Arten sein, in denen Fallen mit spezifischen sowie mit generalistischen Lockstoffen eingesetzt werden. Die spezifischen Ziele sind: - Zusammenstellung der verfügbaren Fallensysteme sowie Lockstoffe, sowohl auf Basis pflanzenbürtiger Volatile als auch Pheromonen oder Kairomonen - Beurteilung der Effizienz und des möglichen Einsatzbereiches der unterschiedlichen Fallen und Lockstoffe - Testen von generalistischen Multiplex-Lockstoff Systemen im Vergleich zu spezifischen Systemen - Aufzeigen von Problemen des Falleneinsatzes in Hochrisikogebieten und Erarbeitung von Lösungsansätzen - Entwicklung von international abgestimmten Methoden zum effizienten Monitoring für mehrere Schädlingsarten. Dazu wird das Gesamtprojekt in drei Arbeitspakete aufgeteilt, zu denen jeweils alle Projektpartner Beiträge leisten.
In Baden-Württemberg sind 200 Brutvogelarten heimisch und brüten regelmäßig. Die neu erschienene Rote Liste der Brutvögel gibt einen aktuellen Überblick über ihre Bestandssituation und Entwicklung. Von 200 Arten sind 82 als ungefährdet eingestuft. Dazu gehören zum Beispiel häufig zu beobachtende Brutvögel wie die Amsel oder die Kohlmeise. Dem gegenüber stehen 118 Arten, die bereits auf der Vorwarnliste stehen oder einer der fünf Gefährdungskategorien der Roten Liste zugeordnet werden , darunter auch ausgestorbene Arten. Seit der vorherigen Fassung der Roten Liste mussten drei Arten in diese Kategorie überführt werden. Arten die merklich zurückgegangen, aber noch nicht gefährdet sind, stehen auf der so genannten Vorwarnliste. Dazu gehört zum Beispiel der Eisvogel, der Mauersegler, aber auch der Haussperling. Insgesamt 29 Arten sind entweder gefährdet oder sogar stark gefährdet, 28 Arten sind vom Aussterben bedroht. In diese Kategorie fallen auch das Braunkehlchen und das Rebhuhn. Nur durch gezielte Schutzmaßnahmen können die Vorkommen dieser Arten gehalten werden. Dass dies gelingen kann, zeigt ebenfalls ein Blick in die aktuelle Rote Liste, denn seit der letzten Fassung der Roten Liste konnten bei einigen Arten auch positive Tendenzen festgestellt werden. Hierzu zählt zum Beispiel der Weißstorch, der mittlerweile als ungefährdet gilt. Grafik zeigt: Anzahl der baden-württembergischen Brutvogelarten in der jeweiligen Einstufung der Roten Liste (Stand 2019). Bildnachweis: LUBW Ein heller Streif über den Augen und eine orangerote Brust kennzeichnen das Braunkehlchen ( Saxicola rubetra ). Es überwintert im tropischen Afrika und kehrt zu uns zum Brüten im April zurück. Nach einer Zugstrecke von mehr als 5.000 Kilometern sind die Tiere auf blüten- und insektenreiche Wiesen und Brachen angewiesen, in denen sie ihre Bodennester anlegen. Nutzungsintensivierung, Umbruch und Entwässerung von Grünland zeigten auch in Baden-Württemberg ihre Wirkung: Gab es Ende der 1970er-Jahre etwa 2.600 Reviere, waren es im Zeitraum von 2012 bis 2016 nur noch 200 bis 320. Nach einer aktuellen Auswertung gab es in Baden-Württemberg im Jahr 2020 landesweit nur noch sieben Gebiete mit einem Bestand von jeweils mehr als 20 Paaren. Das Braunkehlchen ist ein trauriges Beispiel für eine hoch bedrohte Vogelart des Offenlandes, die bereits seit Jahren in der höchsten Gefährdungskategorie der Roten Liste geführt wird und die kritische Bestandsgröße längst erreicht hat. Bild zeigt: Braunkehlchen, Bildnachweis: Szymon Bartosz/shutterstock.com Er gilt als Glücksbote und jeder kennt die Geschichte vom Baby-bringenden „Klapperstorch“. Der Weißstorch ( Ciconia ciconia ) hat eine hohe symbolische und naturschutzfachliche Bedeutung und ist besonders gut erforscht. In Baden-Württemberg hat sein Bestand von nur 15 verbliebenen Brutpaaren im Jahr 1974 auf nun fast 1.800 Neststandorte zugenommen. Aus der aktuellen Roten Liste der Brutvögel kann er somit als ungefährdet entlassen werden. Dies ist den intensiven Schutzbemühungen – vor allem von ehrenamtlich Engagierten - zu verdanken. Für den starken Bestandsanstieg werden allerdings auch andere Ursachen gesehen. Und zwar kürzere Zugstrecken sowie eine geringere Wintersterblichkeit. Denn die nach Südwesten ziehenden Weißstörche fliegen heute kaum noch nach Afrika, sondern verbringen den Winter zunehmend auf der Iberischen Halbinsel. Dort ernähren sie sich auf Mülldeponien und in Reisfeldern. Im Detail verstanden sind diese Ursachen allerdings nicht und die Faktoren unterliegen einem Wandel. Daher unterstützt das Land die alljährliche Erfassung der Bestände. Da es mit der steigenden Zahl der Störche auch zu Konflikten zwischen Mensch und Nistplatz-suchenden Störchen kommt, stehen in vielen Kommunen Storchenbeauftragte zur Beratung zur Verfügung. Bild zeigt: Weißstorch, Bildnachweis: Piotr Krzeslak/stock.adobe.com Ursprünglich war das Rebhuhn ( Perdix perdix ) ein Steppenvogel. Als Kulturfolger ist es erst mit der Entwicklung der Landwirtschaft bei uns heimisch geworden. Es wurde zu einem Charaktervogel der strukturreichen Feldflur und auch zu einer beliebten Jagdbeute. Mit dem Wandel in der Agrarlandschaft verschwindet es infolge von Nutzungsintensivierungen zunehmend wieder. Auf Grundlage überlieferter Tagebücher von Vogelkundlern und von Jagdstrecken erscheint ein Bestand von etwa 50.000 Rebhuhn-Revieren für die 1950er-Jahre in Baden-Württemberg realistisch zu sein. Am Ende des 20. Jahrhunderts lag dieser noch bei etwa 2.500 Revieren. Der seitdem weiter anhaltende negative Bestandstrend führte schließlich zu 500 bis 800 Reviere im Erfassungszeitraum von 2012 bis 2016. Das Überleben des Rebhuhns und vieler weiterer Tier- und Pflanzenarten unserer Feldflur ist maßgeblich von Vorgaben der Europäischen Agrarpolitik abhängig. Derzeit gibt es verschiedene Initiativen zum Rebhuhnschutz, die nur durch gemeinsame Bemühungen von Landwirten, der Jägerschaft, der zuständigen Behörden und mit Unterstützung der Öffentlichkeit zum Erfolg führen können. Bild zeigt: Rebhuhn, Bildnachweis: Red Squirrel/shutterstock.com Mehr zum Thema:
Für kaum eine Vogelart ist die Bestandsentwicklung so gut untersucht wie beim Weißstorch. Wurden 1934 auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland rund 9.000 Brutpaare gezählt, ergab eine Bestandserhebung 1988 gerade noch 2.949 Brutpaare. Dank intensiver Schutzbemühungen hat sich der Bestand seitdem wieder erholt: 1994 wurden bundesweit 4.155 Brutpaare gezählt, 2017 waren es 6.756 Brutpaare. Im Jahr 2019 belegten in Baden-Württemberg 1.334 freifliegende Weißstorch-Paare ein Nest. Das sind 137 Paare mehr als noch im Vorjahr. 1.287 der Paare brüteten auch, die übrigen begannen keine Brut, bzw. war dies nicht zweifelsfrei festzustellen. An der Spitze der Horstbelegungen stand dabei der Kreis Karlsruhe, gefolgt vom Ortenaukreis. Der Weißstorch bevorzugt insbesondere Flussniederungen mit Feuchtwiesen und Teichen sowie landwirtschaftlich extensiv genutztes Grünland. Lange Zeit lebten die meisten unserer Störche in den ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Inzwischen gibt es in den alten Bundesländern knapp 1.000 Brutpaare mehr als in Ostdeutschland. Die Ursachen für den starken Bestandsanstieg der westdeutschen Population liegen vor allem am veränderten Zugverhalten. Die nach Südwesten ziehenden Weißstörche fliegen heute kaum noch nach Afrika, sondern verbringen den Winter zunehmend auf der Iberischen Halbinsel. Dort ernähren sie sich vorwiegend auf Mülldeponien und auf Reisfeldern. Dies hat wahrscheinlich eine geringere Wintersterblichkeit zur Folge: Die Bestände stiegen an und die Population breitete sich nach Norden aus. Die Gründe für den Bestandstrend der Ostpopulation sind weniger eindeutig. Diese Vögel müssen jedoch für die längere Zugroute, die sie teils bis nach Südafrika führt, deutlich mehr Kraft aufwenden. Zudem sind die Gefahren und Verluste auf der Langstrecke deutlich höher. Die LUBW betreut das landesweite Monitoring von Weißstörchen in Baden-Württemberg. Die Karte des Monats Mai zeigt die Horststandorte der Jahre 2015 bis 2019. Mehr zum Thema: - Mehr über das Brutvogelmonitoring erfahren sie hier . - Angaben über Vorkommen, Verbreitung und Bestandentwicklung von Tier- und Pflanzenarten werden über verschieden Projekte erhoben, dazu gehört auch das Insektenmonitoring und die Landesweite Artenkartierung der weiter verbreiteten Amphibien- und Re ptilienarten. Karte zeigt: Von Weißstorchpaaren besetzte Horststandorte 2015-2019, Bildnachweis: LUBW
Salzgitter - Dass der Klimawandel immer wieder für neue Arten in heimischen Gefilden sorgt, ist für Walter Wimmer, Leiter des Regionalen Naturschutzes und der Betriebsstelle Süd des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Braunschweig, nichts Neues. Er beobachtet und dokumentiert derartige Veränderungen in Flora und Fauna bereits seit Jahrzehnten. Deshalb fiel ihm die etwa dreieinhalb Zentimeter lange Raupe, die er westlich von Salzgitter Bad an einem Eichenstamm fand, sofort auf. „Die typische Färbung und die kurzen Haare kennzeichnen das Tier als Spanische Flagge, und die kam hier bisher gar nicht vor“, weiß der Biologe. Dr. Alexander Pelzer, als Referent im landesweiten Naturschutz des NLWKN unter anderem auch für Schmetterlinge zuständig, bestätigt die Besonderheit des Funds: „Soweit wir wissen, ist das der erste Fortpflanzungsnachweis in Niedersachsen außerhalb des Wesertals.“ Im Land ist der Falter bisher nur von dort bekannt. Seinetwegen gab es 2018 sogar schon einen runden Tisch im niedersächsischen Umweltministerium. Dass der Klimawandel immer wieder für neue Arten in heimischen Gefilden sorgt, ist für Walter Wimmer, Leiter des Regionalen Naturschutzes und der Betriebsstelle Süd des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Braunschweig, nichts Neues. Er beobachtet und dokumentiert derartige Veränderungen in Flora und Fauna bereits seit Jahrzehnten. Deshalb fiel ihm die etwa dreieinhalb Zentimeter lange Raupe, die er westlich von Salzgitter Bad an einem Eichenstamm fand, sofort auf. „Die typische Färbung und die kurzen Haare kennzeichnen das Tier als Spanische Flagge, und die kam hier bisher gar nicht vor“, weiß der Biologe. Dr. Alexander Pelzer, als Referent im landesweiten Naturschutz des NLWKN unter anderem auch für Schmetterlinge zuständig, bestätigt die Besonderheit des Funds: „Soweit wir wissen, ist das der erste Fortpflanzungsnachweis in Niedersachsen außerhalb des Wesertals.“ Im Land ist der Falter bisher nur von dort bekannt. Seinetwegen gab es 2018 sogar schon einen runden Tisch im niedersächsischen Umweltministerium. Denn die Spanische Flagge, auch Russischer Bär genannt, ist im Anhang II der FFH-Richtlinie, die Richtlinie zur Erhaltung von Fauna, Flora und Habitaten der EU, enthalten. Das heißt, der Schutz des Tieres ist eine europaweite Verpflichtung. Da der Falter in Niedersachsen bislang nur in einem winzigen Verbreitungsgebiet, den Weserklippen bei Polle, nachgewiesen wurde, ist er hierzulande eine Art mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen. Seine Verbreitung erstreckt sich von der Iberischen Halbinsel bis nach Kleinasien und Russland. Insgesamt besiedelt er verschiedene Biotope. Auch die Nahrungspflanzen der Raupen sind vielfältig. Nur warm möchte er es haben. So verwundert es nicht, dass der auffällige Falter in den vergangenen sehr warmen Jahren immer wieder am Harzrand und in dessen Vorland beobachtet wurde, auch schon in Salzgitter. Vermutlich kamen die Tiere aus Sachsen-Anhalt, wo die Art im und am Harz vorkommt. „Bisher sind wir davon ausgegangen, dass es einzelne Tiere waren, die neue Gebiete erkundeten“, erklärt Wimmer. „Nun dürfen wir aber vermuten, dass es auch an anderen Orten, an denen in den vergangenen Jahren Falter gesehen wurden, schon Nachwuchs geben kann.“ Ob es sich hierbei bereits um eine dauerhafte Arealerweiterung handelt oder nur um eine vorübergehende Folge der warmen Jahre, bleibt vorerst offen. „Die nächsten Jahre werden uns das zeigen“, fasst Alexander Pelzer die Situation zusammen. Für Naturschützer bleibt es auf jeden Fall spannend.
Um die Besiedlungsgeschichte Nordost-Marokkos und die interkontinentalen Kontakte mit der Iberischen Halbinsel besser zu verstehen, soll der zeitliche Rahmen auf das späte Pleistozän ausgedehnt werden. Dadurch überlappen sich die Teilprojekte chronologisch, was zu einer noch engeren Zusammenarbeit beider Projekte führen wird. Die Gewinnung von Primärdaten wird auf Marokko beschränkt, wo im Bereich des östlichen Rif exzellente spätpleistozäne Archive zur Verfügung stehen. Mit einem zweiten PI wird die geowissenschaftlich Expertise gestärkt. Geoarchäologische on- und off-site-Archive werden auf Spuren klimatischer Signale (LGM, Heinrich 1, Jüngere Dryas) untersucht, um ihren vermuteten Einfluss auf die Entwicklung der spätpleistozänen Besiedlung Nordafrikas zu analysieren. Die Archive umfassen Höhlen und Abris, Wadi-Terrassen sowie ephemere Seen und Lagunen.
Die Auswirkungen der spätpleistozänen bis mittelholozänen Klimaschwankungen auf Lebensgemeinschaften, speziell der Technokomplexe von Neanderthalern und anatomisch modernen Menschen des späten Mittelpaläolithikums und des Jungpaläolithikums, auf deren Lebensbedingungen und auf die Umwelt sollen im westlichen Teil der Iberischen Halbinsel untersucht werden. Dazu werden möglichst komplette, kohärente sedimentäre Archive benötigt. Diese sollen aus Seen und Lagunen des humiden Portugals und den wesentlich trockeneren Klimazonen der Extremadura und Andalusiens gewonnen und mit einem multidisziplinären Ansatz analysiert werden. Dabei wird angestrebt, auch die Umwelt-auswirkungen von kurzzeitigen Ereignissen, wie den Heinrich Events oder den Dansgaard/Oeschger Events, in diesen ökologisch unterschiedlichen Räumen zu erfassen, um unsere Arbeitshypothese einer klimatisch ausgelösten Zwangssituation für Neanderthaler und anatomisch modernen Menschen sowie deren Reaktion darauf zu überprüfen.
Bremsen (Diptera: Tabanidae) Bestandssituation. Stand: Mai 2015 Konstantin Bäse & Matthias Jentzsch (unter Mitarbeit von Wolfgang Bäse, Thomas Glinka, Timm Karisch & Judith Link) Die Bremsen gehören zu den blutsaugenden Dipte- ren. Besonders in den Tropen und Subtropen übertra- gen die Imagines Krankheiten und besitzen deshalb so- wohl aus human- als auch aus veterinärmedizinischer Sicht große Bedeutung. Bearbeitungsstand, Datengrundlagen Von den weltweit etwa 3.500 Arten kommen in Deutschland nur 58 vor (Schacht 1999). Für die Bezirke der ehemaligen DDR legte Jeremies (1982, 1989) auf der Grundlage von Literaturauswertungen und Sammlungs- material eine Checkliste vor. Für die Bezirke Halle und Magdeburg, deren Territorien größtenteils dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts entsprachen, nannte er insgesamt 34 Arten, darunter auch alle von Loew (1857) und Jänner (1937) aufgeführten Tabanidae. Völlger (1983, 1984) ergänzte zwei Spezies. Insgesamt zwei Taxa fließen vorerst nicht in die Check- liste ein, da nach derzeitigem Kenntnisstand ein Vorkom- men in Sachsen-Anhalt bezweifelt werden muss oder die taxonomische Einordnung unklar ist. So erwähnt Rapp (1942) einen Nachweis von Chrysops parallelogrammus Zeller, 1842 vom Süßen See bei Eisleben. Nach Je- remies (1982) bedarf diese Angabe der Überprüfung. Allerdings erwähnt der Autor den gleichen Nachweis in einer anderen Arbeit ohne diesen kritischen Hinweis (Jeremies 1989). Kühlhorn fing die Art am 16.6.1930 bei Eisleben (Jeremies in litt.), aber auch hier zweifelt Jeremies die Richtigkeit der Bestimmung an, da C. parallelogrammus ein Faunenelement Südeuropas sei. Des Weiteren nennt Rapp (1942) ein Weibchen von Männchen der Regenbremse Haematopota pluvialis. Foto: W. Rutkies. 1082 Silvius variegatus (F., 1805) unter der alten Bezeichnung Chrysozona variegata für das Rödel-Plateau bei Naum- burg. In der deutschen Checkliste (Schacht 1999) ist S. variegatus nicht aufgeführt. Es dürfte sich um eine Fehl- bestimmung oder falsche Etikettierung handeln, weil die Art bislang nur aus südlichen Gegenden (Nordafrika, Iberische Halbinsel, griechisches Festland) bekannt ist (Chvála 2012). Außerdem erwähnt Lassmann (1934) Tabanus solstitialis (Meigen, 1820) (aktueller Name Hybomitra solstitialis) für Halle. Auch diese Art gehört bislang nicht zur deutschen Checkliste. Es lohnt sich jedoch die Fahndung nach dem Präparat in altem Sammlungsmaterial, denn aktuell kommt die Art u. a. in verschiedenen Anrainerstaaten Deutschlands (Polen, Frankreich, Belgien, Dänemark) (Chvála 2012) vor und dies könnte ein Hinweis sein, dass die Art zumindest ehe- mals zur Tabaniden-Fauna Deutschlands zu zählen war. Somit beträgt die Gesamtzahl der für Sachsen-An- halt bislang bekannten Tabaniden-Arten insgesamt 42. Das sind 72 % des deutschlandweiten Artenbestandes. Vermutlich bergen noch zahlreiche Sammlungen der Museen und Institute, aber auch private Kollektionen Bremsen aus Sachsen-Anhalt, deren Auswertung bis- lang aussteht. Insgesamt konnten für Sachsen-Anhalt aktuell nur 27 Arten nach 2000 festgestellt werden (47 % des deutsch- landweiten Artenbestandes), darunter mit Haematopota scutellata und Chrysops divaricatus zwei für das Bundes- land bisher nicht erwähnte Spezies (Bäse 2011, 2015b). Für Hybomitra lurida und Tabanus quatuornotatus gelan- gen seit Rapp (1942), für Hybomitra aterrima var. auri- pila seit 1956 (Bäse 2013), für Haematopota crassicornis, Hybomitra tropica und Tabanus glaucopis seit Jeremies (1982) und für Atylotus rusticus, Tabanus bromius und Tabanus maculicornis seit Völlger (1983, 1984) aktu- elle Nachweise. Aufgrund des noch mangelhaften Erfas- sungsstandes ist eine Häufigkeitseinschätzung für die meisten Arten derzeit nur ungefähr möglich. Als jün- gere Veröffentlichungen sind nur AK Diptera (2006), Bäse (2011, 2013, 2015a, b) und Jentzsch & Steinborn (2007) zu nennen. Viele Arten, die mit „A“ bewertet wurden, sind vermutlich eher als verschollen, denn als ausgestorben zu betrachten und es ist künftig mit Wie- derfunden zu rechnen. Die mit Abstand häufigsten Spe- zies sind nach derzeitigem Kenntnisstand Chrysops re- lictus, Haematopota pluvialis und Tabanus bromius. Die Nomenklatur orientiert sich an Schacht (1999). Keine der Bremsenarten unterliegt besonderem gesetzlichem Schutz. Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Hybomitra bimaculata (Männchen). Wilhelmsthal, 16.6.2013, Foto: K. Bäse. Die Bremsenarten Chrysops caecutiens (Weibchen, links) und C. viduatus (Weibchen, rechts). Dobien bei Wittenberg, 18.6.2012, Foto: K. Bäse.Weibchen der Goldaugenbremse Chrysops relictus. Foto: W. Rutkies. Danksagung(Olsufjev, Moucha & Chvála, 1964) und Wieder- fund von Hybomitra lurida (Fallén, 1817) in Sach- sen-Anhalt (Diptera: Tabanidae). – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt (Schönebeck) 19 (2): 51–52. Bäse, K. (2013): Wiederfund von Hybomitra aterrima var. auripila (Meigen, 1820) in Sachsen-Anhalt (Di- ptera: Tabanidae). – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 57 (1/2): 62. Bäse, K. (2015a): Die Bremsen (Diptera: Tabanidae) im Genthiner Land (Sachsen-Anhalt). – In: EVSA (Hrsg.): Entomofaunistische Untersuchungen im Genthiner Land. – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt (Schönebeck) SH: 221–227. Bäse, K. (2015b): Chrysops divaricatus Loew, 1858 – neu für Sachsen-Anhalt (Diptera: Tabanidae). – In: Recht herzlich bedanken wir uns bei Herrn W. Schacht † von der Zoologischen Staatssammlung Mün- chen für die Überprüfung zahlreicher Hybomitra-Nach- weise und bei Herrn M. Jeremies (Cunewalde) für Fund- daten und Hinweise zu einzelnen Arten. Literatur AK Diptera (2006): Exkursionsergebnisse zur Tagung des AK Diptera 2006 in Stedten (Sachsen-Anhalt). – http://www.ak-diptera.de/tagungen/nachweisanz.php (Download 11.9.2006). Bäse, K. (2011): Neufund von Haematopota scutellata 1083 EVSA (Hrsg.): Entomofaunistische Untersuchungen im Genthiner Land. – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt (Schönebeck) SH: 228. Chvála, M. (2012): Fauna Europaea: Tabanidae. – In: Pape, T. & Beuk, P. (2012): Fauna Europaea: Di- ptera: Brachycera. Fauna Europaea version 2.5, http: //www.faunaeur.org Jänner, G. (1937): Diptera, Fliegen (1), Tabanidae. – In: Rapp, O. (Hrsg): Die Natur der mitteldeutschen Land- schaft Thüringen. Beiträge zur Fauna Thüringens 3. – Selbstverl., Erfurt, S. 14–16. Jentzsch, M. & Steinborn, E. (2007): Dipteren-Nach- weise aus dem Naturschutzgebiet „Sprohne“ und sei- ner Umgebung. – Naturschutz Land Sachsen-Anhalt (Halle) 44: 38–44. Jeremies, M. (1982): Beitrag zur Tabaniden-Fauna der DDR. – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 26 (1): 8–13. Jeremies, M. (1989): Der derzeitige Stand der Tabani- den-Faunistik in der DDR (Dipt.). – Verh. des elften internationalen Symposiums für die Entomofaunis- tik Mitteleuropas (SIEEC) 19.–23. Mai 1986 Gotha, Dresden, 361–365. Jeremies, M. & Müller, J. (1985): Ein weiterer Fund von Hybomitra expollicata (Dipt., Tabanidae) vom Gebiet der DDR. – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 29 (1): 23–24. Lassmann, R. (1934): Beitrag zur Dipterenfauna von Halle und Umgebung. – Mitt. Entomol. Ges. Halle (Halle) 13: 8–23. Loew, H. (1857): Eine dipterologische Razzia auf dem Gebiete des naturwissenschaftlichen Vereins für Sach- sen und Thüringen. – Zeitschr. gesammt. Naturwiss. (Berlin) 8: 97–112. Rapp, O. (1942): Tabanidae. – In: Die Fliegen Thürin- gens unter besonderer Berücksichtigung der faunis- tisch-ökologischen Geographie. – Die Natur der mit- teldeutschen Landschaft Thüringen 4. – Selbstverl., Erfurt, 574 S. Schacht, W. (1999): Tabanidae. – In: Schumann, H.; Bährmann, R. & Stark, A. (Hrsg.): Entomofauna Ger- manica 2. Checkliste der Dipteren Deutschlands. – Stu- dia dipterol. (Halle) Suppl. 2: 113–114. Völlger, E. (1983): Erste Ergebnisse eines Einsatzes von Personenkraftwagen zum Fang von Bremsen (Dipt., Taba- nidae). – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 27 (4): 171–173. Völlger, E. (1984): Die Bremsenfauna des Kreises Zerbst (Dipt., Tabanidae). – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 28 (5): 221–222. Anschriften der Verfasser Konstantin Bäse Belziger Straße 1 06889 Lutherstadt Wittenberg E-Mail: konstantin.baese@gmx.de Prof. Dr. Matthias Jentzsch Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden Fakultät Landbau/Landespflege Pillnitzer Platz 2 01326 Dresden E-Mail: matthias.jentzsch.2@htw-dresden.de Wolfgang Bäse Belziger Straße 1 06889 Lutherstadt Wittenberg E-Mail: WBaese@t-online.de Judith Link, Thomas Glinka Bernburger Straße 28 39418 Staßfurt E-Mail: thomas_glinka@gmx.de; judith225@gmx.de Timm Karisch Tiefer Grund 39 06842 Dessau-Mildensee E-Mail: Timm.Karisch@naturkunde.dessau.de Tab. 69.1: Bestandssituation der Bremsen in Sachsen-Anhalt Zusätzliche Abkürzungen: Bemerkungen (Bm) NF Neunachweis für Sachsen-Anhalt WF Wiederfund für Sachsen-Anhalt Nachweis Bezug auf einen möglichst aktuellen Nachweis (Jahr und Sammler benannt, soweit bekannt) MFNMD Museum für Naturkunde Magdeburg SDEI Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut ArtBS Bm Nachweis Atylotus fulvus (Meigen, 1804)A1983 leg. Müller Atylotus plebeius (Fallén, 1817)A1979 leg. Müller Atylotus rusticus (L., 1761)mh2014 leg. W. Bäse 1084
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Bund | 28 |
Land | 33 |
Wissenschaft | 4 |
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Förderprogramm | 24 |
Taxon | 4 |
Text | 16 |
unbekannt | 17 |
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