Die menschliche Gesellschaft zeichnet sich durch komplexe soziale Organisationsformen aus, die im Laufe der Zeit weltweit vielfältige Siedlungsmuster hervorgebracht haben. Stadtgrenzen markieren eine willkürliche Trennung zwischen einem (urbanen) Innenraum unter starker menschlicher Kontrolle und einem (ruralen) Äußeren, das stärker natürlichen, biophysikalischen Prozessen ausgesetzt ist. Tatsächlich sind aber beide Räume seit jeher eng miteinander verknüpft, und werden mit immer intensiverer Nutzung natürlicher Ressourcen zunehmend durch rural-urbane Transformationsprozesse geprägt. Im Anthropozän haben Urbanisierung und die damit verbundenen sozialen und ökologischen Veränderungen globale Dimensionen erreicht. "Rurales" und "Urbanes" gehen dabei auf verschiedenen Skalenebenen immer wieder neue Beziehungen ein und werden zu einer sich oft selbst organisierenden Einheit von großer wissenschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Bedeutung. Der vorliegende Antrag zur Einrichtung der Forschungsgruppe „Nachhaltige Rurbanität“ befasst sich mit diesem Phänomen und begreift es als einen sich ständig neu erfindenden Zustand des Seins und Werdens. Geleitet von drei übergeordneten Hypothesen nutzen die 10 natur- und sozialwissenschaftlichen Projekte Fallstudien in rurbanen Ballungsgebieten Indiens, Westafrikas und Marokkos, um Wirkmechanismen, Folgen und Steuerungsprozesse von Rurbanität beispielhaft zu untersuchen. Ein interdisziplinärer, sozial-ökologischer Forschungsansatz erlaubt die Schaffung von Synergien zwischen den Fachkulturen und verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, unter Einbeziehung von Perspektiven des Globalen Südens. Dieser gemeinsame Rahmen ist Voraussetzung dafür, kontextuelle empirische Forschung mit theoriegeleiteten analytischen Vergleichen zu verbinden, sowie innovative Methoden für die Systemanalyse und die Synthese der Ergebnisse zu nutzen. Dadurch lassen sich rural-urbane Transformation und das daraus abgeleitete Phänomen der Rurbanität in seiner skalen- und regionsübergreifenden Komplexität verstehen und dessen zentrale Implikationen für eine nachhaltige Landnutzungs- und Gesellschaftsentwicklung bewerten.
In Zusammenarbeit mit dem Anwendungspartner Regierungspräsidium Freiburg - Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) sollen für Baden-Württemberg landesweit räumlich verortete bodenfunktionale Prozesseinheiten (BFPs) ausgewiesen werden. Jede BFP ist dabei durch eine multivariate Bodenparameterverteilung entlang ihres Tiefenprofils gekennzeichnet hinsichtlich derjenigen Bodeneigenschaften, die wichtige Bodenfunktionen steuern. Der methodische Ansatz basiert auf einem Optimierungsverfahren mit einer komplexen Zielfunktion, das BFPs mit der geringsten internen Variabilität und den größtmöglichen Unterschieden untereinander ausweist. Dabei wird die Ähnlichkeit zwischen den Böden einerseits und die Ähnlichkeit der Standortfaktoren andererseits berücksichtigt. Das Projektvorhaben beruht auf Erkenntnissen aus vorherigen Arbeiten zur Ausweisung von BFPs. Basierend auf den dafür entwickelten Data-Science-Ansätzen soll ein erweiterter Ansatz für den landesweiten Bodenparameterraum Baden-Württembergs entwickelt werden. Das resultierende Datenprodukt enthält ortsspezifische Unsicherheitsabschätzungen, und ermöglicht dadurch die reale Schätzung aller bodenfunktionalen Zielgrößen, die auf der Grundlage dieser Bodeninformation abgeleitet werden.
Kürzestfirstvorhersagen der Wind- und PV-Leistung sind wichtige Parameter für die optimale Betriebsführung von Kombikraftwerken (KB). Im Rahmen dieses Vorhabens sollen die notwendigen Kürzestfirstvorhersagen (Wind und PV) für den Zeitbereich 0-60 Minuten mit hoher zeitlicher Auslösung entwickelt werden. Die Kürzestfirstprognosen zusammen mit aus Wettervorhersagen stammenden, langfristigeren Prognosen der Wind- und PV-Einspeisung sowie der Last dienen dann u.a. als Eingangsparameter für das am ZSW vorhandene Modell P2IONEER für eine optimierte Auslegung und Betriebsführung von KB. Nach Entwicklung und Erprobung der neuen Verfahren wird ein mehrmonatiger Onlinetest mit realen Wind- und PV-Anlagen in einem Testgebiet durchgeführt in den auch Anlagenbetreiber und regionale Energieversorger eingebunden werden. Ein Abschlussworkshop mit allen Beteiligten und Interessenten findet am Ende des Vorhabens statt. Für die Windleistungsvorhersagen wird ein Long-Range-Lidar mit einer Reichweite von bis zu 10 km eingesetzt und erprobt. Vorhersagen der Windleistung über den Zeithorizont der Lidarmessungen hinaus werden mit Maschinellen Lernverfahren (ML) erstellt und anhand unabhängiger Daten validiert. Für den Onlinetestbetrieb wird das Lidargerät auf der Gondel einer Windkraftanlage montiert, um für die Onlinevorhersagen Messdaten zu liefern. Für die Einstrahlungs- und PV-Leistungsprognosen wird eine neue Wolkenkamera mit Fischaugenoptik eingesetzt. Die Daten der Wolkenkamera werden mit viertelstündlichen Satellitendaten verschnitten. Zusammen mit Daten von Wettermodellen werden mit ML-Verfahren Kürzestfristprognosen der solaren Einstrahlung und PV-Einspeisung generiert. Für den Onlinetest wird die Wolkenkamera in der Nähe einer PV-Anlage betrieben. Die Prognosen (Wind, PV) dienen als Eingangsparameter für die optimale Regelung und Steuerung von verteilten Kombikraftwerken, die über Strom- und Gasnetz verbunden sind.